Auszug - Vorstellung des Bauvorhabens Kudamm-Karree durch den Investor und den Architekten  

 
 
79. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung
TOP: Ö 2
Gremium: Ausschuss für Stadtentwicklung Beschlussart: erledigt
Datum: Fr, 22.01.2016 Status: öffentlich
Zeit: 16:35 - 18:00 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Kudamm-Karree
Ort: Kurfürstendamm 209, 10719 Berlin
 
Wortprotokoll
Beschluss

Das Wort erhalten Herr Schaaf, Geschäftsführer der Cells Bauwelt GmbH, und Herr Kleihues von der Kleihues + Kleihues Gesellschaft von Architekten mbH. Der Istzustand des Kudamm-Karrees stelle sich erdgeschossseitig über 100 Meter ohne Abwechslung in der Fassade am Kurfürstendamm dar. Die Theater, tagsüber geschlossen, und die trostlose Eingangssituation zur Passage machten eine umfassende Umgestaltung hin zur Schaffung einer Adresse und Sichtbarkeit des Büroturmes zum Kurfürstendamm und zur Gestaltung eines Ensembles erforderlich. Ebenso lang wie trostlos gestalte sich die Situation an der Uhlandstraße, auch der extra gestaltete Eingang zur Lietzenburger Straße ziehe niemanden in die Passage. Die einstmals im Rahmen der Pläne für eine Schnellstraße zurückgesetzte Baufluchtlinie werde wieder in ihrem ursprünglichen Verlauf an der Lietzenburger Straße aufgenommen und die Passage zum Kurfürstendamm hin geöffnet. Die Ecken hier sollen rund gestaltet werden, um eine Sichtbarkeit des Eingangsbereiches und des im Inneren geplanten Stadtplatzes, der von allen drei Seiten aus erreichbar sein wird, zu schaffen. Für die Ansiedlung des künftigen Theaters wurden verschiedene Varianten entwickelt. Ein Pavillon mit einem großzügigen Flutdach auf dem Stadtplatz, in dem Eingang und Kasse, durch Gastronomie ergänzt, zum im Untergeschoss geplanten Theater liegen, sei die nunmehr favorisierte Lösung. Die Abriss- und Neubauplanung zum Karree wird anschließend visualisiert, der Turm bleibe in seiner jetzigen äußeren Form erhalten, lediglich die Fassade werde neu gestaltet. Die Funktionen teilten sich auf in ein Warenhaus mit Restaurant auf dem Dach rechts des künftigen Eingangs liegend, in Büro-, Kindertagesstätten- sowie Hotel- und Einzelhandelsnutzung im Turm, der über den Stadtplatz künftig ebenfalls aus allen drei Richtungen erreichbar sein wird. Bestimmend für den Baukörper Uhlandstraße bleibe die Büro- und Parkplatznutzung, neu kämen eine Fahrradgarage und –café sowie mehr Einzelhandel hinzu. Die Ein- und Ausfahrt in das Parkhaus erfolge in der Uhlandstraße nur noch zu dessen oberirdischem Teil, die Tiefgarage werde einfahrtsseitig über die Lietzenburger Straße und ausfahrend über die Knesebeckstraße bedient. Der Baukörper links des Passageneingangs stehe für Haustechnik, Büro und Handel zur Verfügung. Materialseitig werden die Fassaden am Kurfürstendamm durch Naturstein geprägt, in der Uhlandstraße wird dieser mit Metallen verbunden sein, die wiederum die Gestaltung an der Lietzenburger Straße dominierten.

Herr Dr. Lautsch attestiert dem Theater einen legitimen, modernen Ansatz, möchte aber Details, die die bisherigen Spielstätten charakterisierten, mitgenommen wissen. Auch sei die den Kudamm prägende und für seine Belebung elementare Mischung von Büro, Wohnen und Gewerbe im vorliegenden Konzept nicht erkennbar. Herr Kleihues verweist auf den Entwurfsstand der Planungen, für die eigens ein Theaterplaner hinzugezogen wurde, und darauf, dass Entscheidungen bezüglich der künftigen Gestaltung des Theaters noch nicht getroffen seien. Herr Schaaf stellt die Überlegungen zur Schaffung von 128 Wohnungen im Turm vor, die schon allein aus baulichen Gesichtspunkten das Wohnen dort teuer und damit auch nur für einen bestimmten Kreis von Interessenten bezahlbar machten. Dies wirke sich wiederum auf die Zahl der dauerhaft bewohnten Einheiten aus, die geschätzt mit nur 30 bis 40 eine geringe Frequentierung der Anlage zur Folge hätte. Um eine hohe Benutzendenfrequenz zu erhalten, fiel die Entscheidung zugunsten des Hotels aus. Zur Nachfrage von Frau Wieland wird ausgeführt, dass die Gespräche über den Betrieb des Theaters liefen und auch der aktuelle Betreiber involviert und eine gemeinsame Zukunft möglich sei. Das Theater würde aber auch so zu planen sein, dass es multifunktional verwendbar wäre. Die mit dem Platz im Kranzler-Eck verglichene Situation stelle sich bei einem vermieteten Bürohaus anders, nämlich durch die hohe Frequentierung des hiesigen Platzes, dar. Die von Frau Dr. Timper hinterfragte Zukunft der Story of Berlin soll durch die Schaffung eines „Roten Fadens sichergestellt werden, der Zugangsbereich wird ebenfalls über den Stadtplatz erfolgen, die Flächen der Ausstellung allerdings nicht Eins zu Eins übernommen, aber insgesamt in ihrer Größe dem heutigen Stand entsprechend erhalten bleiben. Herr Daberto, für die Planung des Theaters zuständig, erläutert sein berufliches Tätigkeitsfeld und Grundsätze der künftigen Theaterfunktionalität. Man stehe noch in der Vorplanung eines Boulevardtheaters. Dies stehe im Fokus, wenngleich der Begriff eher einen Programmtypus denn einen Bautypus kennzeichne. Die Planung sehe die Unterbringung der Probebühnen in den Zwischenbereichen vor, die Verwaltungsbereiche würden im Bürogebäude untergebracht und unterirdisch mit dem Theater direkt verbunden sein. Frau Centgraf kritisiert, dass nunmehr deutlich werde, wie sich jahrelange Planungs- und Beratungsarbeit als vergebens herausstelle und keines der bestehenden Theater mehr erhalten bleiben solle. Herr Herz hätte nicht aus der Presse erfahren wollen, dass Räumungsklagen gegen die Theater anhängig seien. Dass man mit einem Boulevardtheater plane, sei zwar zu begrüßen, erklärungsbedürftig bleibe, was eine multifunktionale Fläche sei.

Das Wort erhält Herr Richter, Schauspieler, der es für gut hält, dass die Theater nicht an dieser Stelle ganz verschwinden. Als Berliner fragt er kritisch in die Runde, ob es gut sei und wie man es künftig erklären wolle, dass der Skandalturm des Kudamm-Karrees erhalten bleibe, die von Max Reinhardt gegründeten Bühnen aber verschwinden werden. Auch Herr Wölffer, Theaterbetreiber, erinnert eindringlich an die politische und kulturelle Geschichte der Bühnen. Herr Lauer, Präsident des Berliner Theaterclub e.V., weist auf das Ergebnis des Bürgerentscheides für den Erhalt der Bühnen hin, der von rund 29 000 Menschen gefordert wurde und der zeige, dass auch künftig beide Bühnen gebraucht würden. Herr Schaaf erläutert die Entscheidungsgründe, die zur Theaterverlagerung führten. Auch sei es dem künftigen Betreibenden freigestellt, Elemente der alten Theater mitzunehmen. Für Frau Monn, Schauspielerin, gehe es auch um die Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit, in der Max Reinhardt vertrieben wurde. Es gehe um ein großes Paket, nicht nur um einen Einzelnen, das zu erhalten sei.

Herr Dr. Lautsch pocht auf eine Zeitschiene und eine verlässliche Zusage seitens des Investors, ob er bauen oder nur spekulieren wolle. Herr Schaaf bestätigt, das Objekt gekauft zu haben, um es zu halten. Als Referenz nennt er ein von seiner Firma am Hausvogteiplatz erworbenes Objekt, das sich mittlerweile rentiere und seinen Wert vervielfacht habe, aber im Bestand des Unternehmens bleibe. Auch die Finanzierung sei gesichert, sobald eine Baugenehmigung vorliege, würden die Arbeiten beginnen. Frau Rouhani stellt in Frage, dass der Bestandserhalt der Theater jemals ernsthaft geprüft wurde. Frau Dr. Timper erinnert gleichfalls an die politische und kulturelle Bedeutung der Bühnen. Es sei jedoch nicht die Absicht, das Erbe Max Reinhardts auslöschen zu wollen, so Herr Daberto, und erinnert an die weiteren, noch vorhandenen Orte, an denen dieser wirkte. Herr Schulte weist auf den eindeutigen Auftrag der BVV zum Erhalt des Theaterstandortes hin, der Grundlage der Gespräche mit dem Investor sei. Das Bezirksamt hoffe auf eine einvernehmliche Lösung mit den Woelfer-Bühnen, baurechtlich ließe sich jedoch hier nichts durchsetzen, allenfalls könne damit der politische Entscheidungsprozess beschleunigt werden. Nicht vergessen in der aktuellen Diskussion werden sollte, wie man mit dem Block insgesamt umgehe. Als Beispiele seien der Zugang von der Lietzenburger Straße aus oder der ehemalige Elektromarkt am Kurfürstendamm genannt. Es bestehe die Chance im Entwurf, hier einen attraktiven Ort zu schaffen. Das Herzstück bilde der Eingangsbereich zum Theater, sonst werde das Konzept nicht funktionieren. Prämisse des BVV-Beschlusses war es, Theater zu erhalten, die Schaffung von Wohnraum sei jedoch nicht vorrangig zu betrachten gewesen. Eine Weiterentwicklung durch die Aufnahme historischer Elemente sei ebenso wünschenswert wie die Anpassung an moderne Entwicklungen im Theater. Daraus könne nunmehr ein Kompromiss entwickelt werden. Herr Häntsch erinnert die Fraktionen an das vom Bezirksamt nunmehr benötigte Votum, das nach Möglichkeit in einer der nächsten Sitzungen gegeben werden solle.


 

 
 

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