Auszug - Kriminalprävention bei der Gestaltung öffentlicher Parks und Grünanlagen am Beispiel der Planung für den Olivaer Platz Referentin: Frau Hermannsdörfer vom LKA, Prävention  

 
 
34. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Straßen- und Grünflächen
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Straßen- und Grünflächen Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 07.01.2015 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:20 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: 2000
Ort: Hohenzollerndamm 174-177, 10707 Berlin
 
Wortprotokoll
Beschluss

Vorab berichtet zunächst Herr Schulte vom Arbeitskreis, der sich am Nikolaustag des letzten Jahres auf dem Olivaer Platz traf und zu dem neben Vertreterinnen und Vertretern der Bezirksverwaltung auch die Anrainerinnen und Anrainer sowie Herr Rehwaldt geh

Vorab berichtet zunächst Herr Schulte vom Arbeitskreis, der sich am Nikolaustag des letzten Jahres auf dem Olivaer Platz traf und zu dem neben Vertreterinnen und Vertretern der Bezirksverwaltung auch die Anrainerinnen und Anrainer sowie Herr Rehwaldt gehörten. Im Ergebnis bleibe festzuhalten, dass mehr Bäume im Bereich des Imbisses und der Promenade erhalten bleiben sollen. Ferner solle geprüft werden, ob Staudenpflanzungen erhalten bleiben können. Bezüglich der Konkurrenzsituation zwischen Platane und Kastanie in der Platzmitte wird geprüft, welchem Baum letztendlich der Vorzug zu geben ist. Im Bereich der Durchwegungen und der Netzstation können entsprechend der Planung Bäume gefällt werden.

Das Wort erhält Frau Herrmannsdörfer vom Landeskriminalamt Berlin. Sie erläutert zunächst die Ziele ihres Aufgabengebietes, der städtebaulichen Prävention, die sich insbesondere auf die Inhalte der sogenannten Broken-Windows-Theorie stütze und sich mit Verwahrlosungstendenzen und Kriminalität sowie Aspekten der Sicherheit im öffentlichen Raum beschäftige. Der Olivaer Platz habe in seiner jetzigen Gestaltung kriminalitätsbegünstigende Strukturen, da er aufgrund seiner Unübersichtlichkeit einerseits Täterverstecke vorhalte, andererseits Rückzugsmöglichkeiten für unerwünschte Nutzungen biete. Auch Angriffsflächen für Vandalismus seien vorhanden, wie die Graffitis an den Wänden und die zerstörten Bänke zeigten. Die Bodendecker böten Verstecke für Drogenhandel, die mangelnde Barrierefreiheit grenze Gruppen, die den Park auch nutzen wollten, aus oder verunsichere sie, da sie sich auf die Überwindung der Barrieren konzentrieren müssten und dabei leichter zu Opfern werden könnten. Konkret seien vor Ort ein Anstieg der Betäubungsmittel- und Kraftfahrzeugdelikte zu verzeichnen sowie eine Zunahme bei Sachbeschädigungen, Taschendiebstählen und Körperverletzungen. Im Rahmen ihrer Beteiligung als Sachverständige im Wettbewerbsverfahren sei sie mit dem Ergebnis zufrieden gewesen, das sich zwar nicht in allen Einzelheiten mit den Maximalforderungen städtebaulicher Prävention decke, insgesamt aber dem aus polizeilicher Sicht dringend notwendigen Veränderungsbedarf entspreche. Der Entwurf biete unter anderem Offenheit und Nutzungsvielfalt, im jetzigen Gestaltungsplan vermisse sie jedoch einige der positiven Aspekte. So wurden Sichtachsen aufgehoben und versetzt, wodurch Wege quasi ins Nichts, konkret hin auf Bäume zu und ins Grün, führten. Auch seien dadurch praktisch nicht nutzbare Flächen zwischen den Querungen entstanden. Neben insgesamt fehlenden Fahrradabstellmöglichkeiten würden auch insbesondere im nördlichen Platzbereich Sitzgelegenheiten fehlen. Hierbei sei auch auf deren Vandalismussicherheit und Geeignetheit für Seniorinnen und Senioren zu achten.

Herr Reich bedankt sich für den sehr guten Vortrag, der die allgemeine Problematik der Verwahrlosung öffentlicher Räume treffend darstelle. Andererseits sei zu bedenken, nicht jeder Winkel in einer Grünanlage stelle auch gleichzeitig ein Schlupfloch dar. Das dargestellte Dilemma beträfe jedoch nicht nur den Olivaer Platz, so Herr Fenske. Auch liege es nicht allein an dessen Gestaltung aus den 1960er Jahren, es fehle vielmehr an den notwendigen Mitteln für die Grünrückschnitte. Da sich dies mit einer Umgestaltung nicht ändern werde, sei der Platz in seiner heutigen Gestaltung zu belassen. Zur Nachfrage von Herrn Herz über die Auswirkungen der Gestaltung und zu Verdrängungseffekten wird von Frau Herrmannsdörfer ausgeführt, dass sich das Verhalten der Parknutzenden insgesamt geändert habe, was sowohl bei der willkürlichen Müllentsorgung als auch beim Auslassen von Frustration an der Stadtmöblierung deutlich werde. Auf diese Auswirkungen gesellschaftlicher Probleme sei zu reagieren. Bestimmte Strukturen der Gestaltung begünstigten die Etablierung krimineller Strukturen, bekanntestes Beispiel dafür sei der Görlitzer Park. Im Rahmen des Wettbewerbsverfahrens sei ihr gegenüber von vielen Anwohnerinnen und Anwohnern das Wort Verunsicherung im Zusammenhang mit dem Olivaer Platz genannt worden. Frau Pinkvoß-Müller gegenüber wurde seitens der Polizei bestätigt, dass die Unübersichtlichkeit des Platzes Aufbrüche von Kraftfahrzeugen begünstige und der ausufernde Alkoholkonsum der Unsicherheit bei Nutzerinnen und Nutzern Vorschub leiste. Die Realisierung des Bebauungsplans sei daher nicht nur aus städtebaulichen Gründen, sondern auch aus Sicherheitsgründen notwendig. Erinnerungen an ihre Kindheit, die sie hier verbrachte, reflektiert Frau Wieland. Zu dieser Zeit sei der Platz bereits kein einladender Ort mehr gewesen und wurde gerade von Kindern gemieden, trotz der damals besseren Voraussetzungen für die Pflege. Frau Schmitt-Schmelz berichtet von ihren Gesprächen im Rahmen der Veranstaltungen zur Umgestaltung, bei denen ihr ein Vater bestätigt habe, seinen Kindern das Betreten des Platzes verboten zu haben. Der Bezirk sollte daher die Mittel zur Umgestaltung nutzen, um den Platz zu verändern und damit auch mehr Sicherheit für alle Nutzerinnen und Nutzer zu schaffen. Herr Häntsch hinterfragt, ob die signifikante Steigerung der genannten Delikte nur hier und auch im Vergleich zu anderen Plätzen deutlich wird. Frau Herrmannsdörfer erläutert dazu, dass stadtweit eine Steigerung bei Wohnungseinbrüchen und Fahrraddiebstählen zu verzeichnen sei.

Das Wort erhalten betroffene Anwohnerinnen und Anwohner. Herr Beckbach habe bei seinen Nachfragen zur Kriminalitätsentwicklung am Olivaer Platz gegenteilige Auskünfte erhalten. Ferner erfüllten die Wände auch eine Lärmschutzfunktion und seien nicht nur Verstecke. Frau Kirchner kritisiert zunächst die mangelnde Beteiligung der Betroffenen im gesamten Planungsprozess und weist auf die massiven Einwände im Bebauungsplanverfahren hin. Sie prophezeit einen Kriminalitätsanstieg trotz des Umbaus, wenn die öffentliche Hand den Platz nicht pflegt. Die Barrierefreiheit bestehe und sei nicht das Kriterium dafür, dass ältere Anwohnerinnen und Anwohner den Platz nicht besuchten. Dass der Lehniner Platz also im Sinne der Kriminalprävention idealtypisch sei hinterfragt Herr Schneider, was wiederum von Frau Herrmannsdörfer unter Hinweis auf den nicht existierenden Idealtypus vor dem Hintergrund einer individuellen Betrachtungsnotwendigkeit verneint wird. Dies werde insbesondere beim von Herr Sprößner angesprochenen Alexanderplatz deutlich, der weder bezüglich der Anwohnendensituation noch bezüglich seiner Rolle als Verkehrs- und Tourismusknotenpunkt vergleichbar sei. Auch gehe es im Moment noch nicht um die Verdrängung bestimmter Szenen, es gehe bei der Diskussion um Vorbeugen.

Das Wort erhält ferner Herr Jahnke, MdA. Er habe sich die dargestellte Entwicklung zur Kriminalitätssteigerung durch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport bestätigen lassen. Er empfiehlt daher, die Ratschläge zur Umgestaltung zu berücksichtigen.

Herr Schulte führt aus, dass Barrierefreiheit mittels gestalterischer und konstruktiver Vorgaben klar geregelt sei und sich in dieser Form aktuell nicht auf dem Olivaer Platz widerspiegele. Ein Großteil der im Bebauungsplanverfahren erhobenen Einwände beschäftige sich nicht mit der Gestaltung, sondern spreche sich gegen den Parkplatzwegfall aus. Es müsse aber auch betrachtet werden, welche Vorteile die Planung hat, um Pflegeleichtigkeit und Nachhaltigkeit herzustellen. Der Unterhalt des Stils der 1960er Jahre sei heute nicht mehr finanzierbar. Insgesamt werde verstärkt die Einbindung ehrenamtlichen Engagements notwendig, wie die Beispiele Gerhart-Hauptmann-Park und Bundesplatz zeigten. Die heute gegebenen Impulse der Polizei werden in die weitere Planung aufgenommen, deren Fortschreibung auch seitens des Planers dankenswerterweise mit großer Offenheit erfolge, was nicht selbstverständlich sei. Die Diskussion solle konstruktiv fortgesetzt werden, was bereits im gesamten, nunmehr viereinhalbjährigen Prozess einer breiten Öffentlichkeit ermöglicht wurde.


 

 
 

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