Auszug - Platz nach Rabbiner Schneerson benennen  

 
 
18. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Tiefbau und Grünflächen
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Tiefbau und Grünflächen Beschlussart: ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen
Datum: Fr, 24.05.2013 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 18:25 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: 1138
Ort: Fehrbelliner Platz 4, 10707 Berlin
0295/4 Platz nach Rabbiner Schneerson benennen
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDU-Fraktion 
Verfasser:Klose/Halten-Bartels 
Drucksache-Art:AntragBeschluss
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Herr Herz erläutert den Antrag

Herr Herz erläutert den Antrag, mit dem das Andenken an den vielfach geehrten Rabbiner Schneerson erhalten bleiben soll, der in Berlin lebte und die Stadt nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten verlassen musste.

Das Wort erhalten die Gäste Herr Rabbiner Teichtal, Herr Dr. Brumlik, Frau Dr. Runge, Frau Dr. Eljaschewitsch und Frau Dr. Schapiro. Sie stellen den Lebenslauf des Rabbiners Schneerson sowie seine Bedeutung für die Bewegung Chabad Lubawitsch dar, die ihrerseits einen maßgeblichen Anteil am Wiederaufbau jüdischen Lebens im Nachkriegsdeutschland und in Berlin habe. Öffentliche Kritik an der Bewegung, die bis hin zu Sektenvorwürfen und zur Unterdrückung von Frauen gehe, weisen sie entschieden zurück und schildern das Leben in der Gemeinde.

Herr Schulte weist darauf hin, dass eine Umbenennung der Straße nicht möglich ist, bei wohlwollender Auslegung der Vorschrift käme die Benennung einer Teilfläche des Bürgersteiges in Frage. Dies hätte aber keinerlei postalische Auswirkungen. Alternativ könne ein Gebäude auf dem Gemeindeareal benannt werden, was wiederum keine Auswirkungen auf die Postanschrift und die betroffenen Anlieger hätte. Aus mehreren Gründen steht Herr Tillinger dem Benennungswunsch kritisch gegenüber. Dazu zählt er neben der aktuellen Situation der Frauen im orthodoxen Judentum auch die nur kurze Zeit des Wirkens von Rabbiner Schneerson in Berlin, die entsprechend der Drucksache 1464/3 "Weiterhin mehr Frauennamen ins Stadtbild, aber Ausnahmen möglich machen!" zu beurteilen wäre. Auch lehnte der Rabbiner zu Lebzeiten Ehrungen grundsätzlich ab. Dass nun wiederum ein kleiner, nach ihm benannter Flecken seinem Andenken gerecht werden sollte, sei dagegen fast beleidigend. Herr Herz äußert sein Unverständnis darüber, dass hier Nebensächlichkeiten und Zweitrangiges dermaßen vorgekehrt würden, obwohl die Verdienste scheinbar unstrittig seien. Auch Herr Dr. Heise weist darauf hin, dass Rabbiner Schneerson Berlin nicht freiwillig verlassen habe und unter anderen Umständen auch hier sein Wirken entfaltet haben könnte. Berlin habe Liberalität notwendig, Symbolik dazu gehe auch von Straßennamen und Denkmalen aus. Sollte die BVV die Umbenennung verhindern, wäre das ein Akt dagegen. Frau Dr. Timper wünschte sich zur Bereicherung der Diskussion, dass ein Vertreter des liberalen Judentums anwesend gewesen wäre. Sie zitiert aus Medienberichterstattungen zu Chabad Lubawitsch, die ein kritisches Licht auf die Bewegung werfen, und stellt die Ablehnung des Antrages durch ihre Fraktion in Aussicht, was wiederum seitens der Gäste als Zeichen intoleranten Fraktionszwanges verurteilt wird. Die unterschiedliche Haltung der Mitglieder ihrer Fraktion legt Frau Wieland dar, die auch durch einen intensiven Diskussionsprozess nicht zur einheitlichen Meinungsbildung führte. Diese unterschiedlichen Positionen fänden sich auch innerhalb der jüdischen Gemeinde. Frau Cieschinger kritisiert an der von Herrn Dr. Heise beschworenen Symbolik, dass diese nicht die deutliche Minderheit von Frauennamen in Straßenbenennungen beachtet und dies umso deutlicher bei der fehlenden Ehrung jüdischer Frauen werde. Auch er sei vielfach darauf angesprochen worden, besser einen Platz nach der im Konzentrationslager ermordeten ersten Rabbinerin Regina Jonas zu benennen, so Herr Gusy. Den vorliegenden Antrag stuft er als nicht hilfreich ein, alle Facetten jüdischen Lebens in Berlin sichtbar zu machen. Dass die Namensgebung im öffentlichen Raum männlich dominiert sei, habe aus Sicht von Herrn Huwe zunächst historische Gründe. Man sei sich jedoch dessen bewusst und auch dabei, dies zu ändern. Nichtsdestotrotz müssten Ausnahmen, wie durch den vorliegenden Antrag vorgeschlagen, weiterhin möglich sein. Zu der von Frau Dr. Eljaschewitsch geübten Kritik über die Haltung der Fraktion der SPD und den zitierten Aussagen gibt Frau Dr. Timper eine persönliche Erklärung ab, in der sie ihre Aussagen erläuternd vertieft. Nachdem die Sitzung von 18.01 bis 18.07 Uhr zu Beratungszwecken unterbrochen wurde, wird die Drucksache mit 7:6:2 Stimmen angenommen.


Der Ausschuss für Tiefbau und Grünflächen empfiehlt der BVV, die BVV möge beschließen:

Das Bezirksamt wird aufgefordert, das Areal vor dem Bildungszentrum Chabad Lubawitsch, Münstersche Straße 6, nach dem Rabbiner Menachem Mendel Schneerson (1902-1994) zu benennen.

Der BVV ist bis zum 30.07.2013 zu berichten.


Abstimmungsergebnis:

 

dafür:              7              dagegen:       6                Enthaltung:              2

 
 

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