Auszug - Hurra, die Touris kommen!  

 
 
50. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.2
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 17.03.2011 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 22:00 Anlass: ordentliche Sitzung
2027/3 Hurra, die Touris kommen!
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDU-Fraktion 
Verfasser:Schmitt/Evers 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss


 

Zur Beantwortung Herr BzStR Schulte:

 

Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren, die Große Anfrage beantworte ich gerne und natürlich bewerten wir die steigenden Tourismuszahlen als äußerst positiv und auch wenn diese Überschrift der Große Anfrage ein wenig an Milva erinnert hat, an einen Liedtitel, kann man es trotzdem Unterstützen „Hurra, die Touris kommen“.

 

Unser Bezirk ist bei einem Berlinbesuch erfreulicherweise immer noch ein Muss. Die Gedächtniskirche, der Zoo und der Ku`damm gehören in jedem Reiseführer zu den TOP Ten. Fast 23 % aller gewerblichen Übernachtungen, das hatten wir ja auch schon im Juni diskutiert anlässlich einer Großen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen entfallen auf unseren Bezirk. Die Zahl der Übernachtungen steigt weiter deutlich an, weitere Hotels entstehen, wie z. B. das Waldorf-Astoria.

 

Nach den neusten Zahlen des Statistischen Landesamtes Berlin-Brandenburg haben sich die Übernachtungen im Bezirk von 3,077 Mio. im Jahres 2003 auf 4,298 Mio. im Jahr 2009 entwickelt. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer liegt dabei bei 2,3 Tagen.

 

Zu 2.

Der Tourismus ist sowohl für den Bezirk wie auch für das Land Berlin ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die vorhandenen berlinweiten Statistiken dokumentieren eine deutliche Steigerung. So hat sich der durch Tourismus bewirkte Umsatz von 5,84 Mrd. Euro im Jahr 2003 auf 8,99 Mrd. Euro im Jahr 2008 gesteigert, eine Steigerung um über 50 % in nur fünf Jahren. Dieser Umsatz teilt sich auf die Bereich Gastgewerbe (43 %), Einzelhandel (40 %) und Dienstleistungsunternehmen aus den Bereichen Kultur, Freizeit und Verkehr (17 %) auf.

Erfreulicherweise gehört ja der Tourismus auch zu den beschäftigungsintensiven Branchen. Kennzeichnend ist, dass die dort Beschäftigten nicht ausschließlich vom Tourismus leben, sondern ebenso natürlich Leistungen für einheimische Bewohnerinnen und Bewohner  erbringen. Eine genaue Zählung der Beschäftigten der Tourismusbranche ist daher nicht möglich. Geschätzt werden aber für das Jahr 2008 232.000 Personen, die in dieser Branche tätig sind. Zum Vergleich, im Jahre 2003 waren es nur 170.000, und es ist immerhin die siebenfache Anzahl von den Leuten, die im Land Berlin als Lehrer beschäftigt sind, also insofern, glaube ich, eine recht große Anzahl.

 

Ebenfalls spielt der Tourismus für die Steuereinnahmen des Landes Berlin eine große Rolle. 2008 betrugen die Steuereinnahmen aus Tourismusaktivitäten geschätzte 1,85 Mrd. Euro.

 

Zu 3.

Dem Bezirksamt sind grundsätzlich alle Gäste in der Stadt willkommen, soweit sie in friedlicher Absicht anreisen.

 

Zu 4.

Der Imageschaden durch die in den letzten Tagen und Wochen geführte Diskussion ist in der Tat eingetreten und unerfreulich.

Verstärkter Tourismus führt zu Veränderungen in etlichen Quartieren. Wird ein Hotel eröffnet, gibt es natürlich überraschenderweise An- und Abreiseverkehr. Wie aber angesichts der eben dargestellten positiven Effekte plötzlich und das ist auch so geschehen auf einer Wirtschaftsstadträtesitzung, wo wir von Visit Berlin die neue Tourismusstrategie präsentiert bekommen haben, die ersten beiden Wortmeldungen von Wirtschaftsstadträten sich damit auseinandersetzten, wie schädlich und wie schlimm es doch sei, dass Rollkoffer auf Kopfsteinpflaster wirken und man dann dasteht und denkt, das kann doch nicht wahr sein, dass Wirtschaftstadträte als erstes bei der Frage Tourismus darüber diskutieren, was Rollkoffer auf Kopfsteinpflaster für Lärm machen.

 

Der grundsätzliche Konflikt und die Fragestellung, inwieweit zu einer urbanen Kultur Lärm in bestimmten Bereich dazu gehört, war hier schon häufiger Thema. Ich nenne hier nur das Beispiel Savignyplatzfest. Für dieses Problem ist aber nicht der verstärkte Tourismus alleine ursächlich. Wenn wir z. B. die Admiralbrücke in Friedrichshain-Kreuzberg nehmen, ist dort durch Zählung ja auch erwiesen worden, dass 85 % der Nutzerinnen und Nutzer dort aus Berlin kommen, und auch aus Charlottenburg-Wilmersdorf, das sind dann sozusagen die Ausflügler, da eine ganz besondere Art der Touristen, die dann nach Kreuzberg gehen.

 

Das veränderte Freizeitverhalten von Besucherinnen und Besuchern, die Stadt umsonst oder zumindest preiswert  und draußen  und möglichst bis spät in die Nacht zu erleben, ist natürlich auch für Einheimische interessant. Dass es hier an etlichen Plätzen in der Stadt zu Kompromissen kommen muss und ein Ausgleich gefunden werden muss, liegt, denke ich, auf der Hand.

Ich bin aber der festen Überzeugung, dass eine weltoffene Metropole, wie Berlin, von solchen Veränderungen grundsätzlich profitiert und wir müssen in dieser Frage, finde ich auch, lärmfreundlicher werden und bestimmte Ausnahmen auch zulassen und bestimmten Lärm auch akzeptieren und Feste zulassen. Insofern halte ich die derzeitige politische Diskussion, die manchmal doch sehr provinziell wirkt, in der Tat für Image schädigend und manchmal wirklich recht kleinkariert.

 

Zu 5.

Eine Bettensteuer wird, das zeigt das Beispiel Köln, jugendliche Touristen nicht abhalten, nach Berlin zu kommen. Die Attraktionen der Stadt und insbesondere das einzigartige Nachtleben, sind die entscheidenden Motivationsgründe  für einen Aufenthalt. Im Vergleich zu den sonstigen Kosten, die allein dann für Alkohol anfallen, fällt eine Bettensteuer nicht ins Gewicht.

 

 
 

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