Auszug - Konsequenzen aus den OVG-Urteilen zur Englischen Straße/Württembergische Straße  

 
 
54. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung
TOP: Ö 7
Gremium: Ausschuss für Stadtplanung Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 22.12.2010 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:55 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: 1138
Ort: Fehrbelliner Platz 4, 10707 Berlin
 
Wortprotokoll
Beschluss

Als Auswertung zu den OVG-Urteilen stellt Herr Latour folgendes dar:

Als Auswertung zu den OVG-Urteilen stellt Herr Latour folgendes dar:

 

Die BauNVO weist mit der Formulierung von § 17 ein strukturelles Defizit auf: Die Änderung von 1990 erfolgte unter Umweltgesichtspunkten und verschärfte Abweichungsmöglichkeiten von den GFZ-Obergrenzen ("städtebauliche Rechtfertigung" geändert zum "städtebaulichen Erfordernis"). Die Änderung des BauGB / EAG zur Stärkung der Innenentwicklung wurde in der BauNVO nicht nachvollzogen. Das OVG Berlin-Brandenburg richtet wie auch andere Obergerichte explizit die Aufforderung an den Bundesverordnungsgeber zur Änderung der BauNVO.

 

Mittlerweile besteht durch Bundesländer und kommunale Verbände eine breite Unterstützung der Initiative zur Änderung der BauNVO. Das BMVBS hat seine grundsätzliche Bereitschaft zu einer Änderung erklärt. Ob hiermit - wie vom OVG gefordert - das "Regel- / Ausnahmeverhältnis" zwischen § 17(1) sowie (2) und (3) BauNVO umgekehrt werden wird, ist noch nicht bekannt.

 

Wegen verschiedener Kritikpunkte zum Urteil Bebauungsplan IX-46-2 ist durch die Beigeladene gegenüber dem OVG eine Tatbestandsberichtigung beantragt worden. Weiterhin wurde eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die auch von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angekündigt wurde, nachdem diese die Zuständigkeit für den Rechtsstreit übernommen hat. Die genannten Kritikpunkte beziehen sich auf die fehlende Unterscheidung von "städtebaulichen Gründen" (§ 17(2)) und "besonderen städtebaulichen Gründen". Weiterhin wurden gegebene Umstände als Ausgleich für die Dichteüberschreitung (speziell Nahverkehrserschließung und Angebot von wohnungsnahen Grünflächen) nicht anerkannt. Für die Berechnung der GFZ wurde ein verfehlter Berechnungsmodus zugrunde gelegt, in dem die Fläche des über ein Gehrecht gesicherten Gehweges aus der anzusetzenden Fläche herausgenommen wurde.

 

Von der nunmehr ständigen Rechtsprechung des OVG zu § 17 BauNVO sind im Bezirk potentiell 15 laufende und 5 aktuell neue Verfahren betroffen. Bei 5 laufenden Verfahren weisen 3 Verfahren im Rahmen der öffentlichen Auslegung keine einklagbaren Bedenken auf, innerhalb von 2 Auslegungen wurden Bedenken vorgetragen.

 

Die Handlungsmöglichkeiten des Bezirks sind äußerst beschränkt. Mit der neuen Rechtsprechung des EuGH erscheinen Umstellungen auf vorhabenbezogene Bebauungspläne möglich, die formell nicht an die BauNVO gebunden sind. Eine Aufgebung festgesetzter Bebauungspläne mit nachgehender Beurteilung auf Basis von § 34 BauGB löst einen Verfahrensaufwand aus, der ggf. in Einzelfällen gerechtfertigt ist. Ein Regressverzicht durch den Begünstigten einer Baugenehmigung dürfte in der Regel an den Konditionen einer privaten Investitionsfinanzierung scheitern. Eine zeitliche Zurückstellung von Planen bis zum Erlass einer neuen Baunutzungsverordnung ist unrealistisch. Eine angestrebte Konsensbildung mit Planungsbetroffenen dürfte unrealistisch sein, da Berlin wegen der Haltung des OVG durch Partikularinteressen faktisch erpressbar wird, auch wenn diese zugrunde liegenden Interessen keine Chance auf rechtliche Durchsetzung aufweisen.

 

Der Ausschuss verständigt sich, die betroffenen Planverfahren im Einzelfall gründlich zu erörtern.

 


 

 
 

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