Drucksache - 1784/V  

 
 
Betreff: Stärkere Ausrichtung der bezirklichen Angebote der Wohnungslosenhilfe auf die Bedürfnisse von Obdachlosen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Neugebauer, Schneider, Kurt und die übrigen Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin
21.03.2019 
26. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVE-STREAM) überwiesen   
Soziales und Gesundheit Entscheidung
09.04.2019 
28. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
16.05.2019 
27. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
30.04.2020 
37. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin - mit LIVESTREAM - mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag Grüne vom 12.03.2019
2. BE SozGes vom 09.04.2019
3. Beschluss vom 16.05.2019
4. VzK SB vom 20.04.2020
5. Anlage

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin Datum: .03.2020

Stadtentwicklung, Soziales und Gesundheit Tel.: 44600             

 

Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.: 1784/V 

Mitte von Berlin 

 

_____________________________________________________________________________ 

 

 

Vorlage - zur Kenntnisnahme -

 

über

 

Stärkere Ausrichtung der bezirklichen Angebote der Wohnungslosenhilfe auf die Bedürfnisse von Obdachlosen

 

Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 16.05.2019 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 1784/V):

 

Das Bezirksamt wird ersucht, zur verstärkten Ausrichtung der bezirklichen Angebote der

Wohnungslosenhilfe auf die Bedürfnisse von wohnungs- und obdachlosen Personen

zu prüfen,

 

  1. wie gemeinsam mit einem Träger eine Befragung obdachloser Menschen in Mitte

durchgeführt werden kann, warum diese die bestehenden Angebote der

Wohnungslosenhilfe (soziale Wohnhilfe, Kältehilfe, Wohnungslosentagesstätten)

nicht annehmen und welche Veränderungen notwendig wären, damit sie diese

annehmen.

 

  1. in den vom Bezirksamt (mit)finanzierten Wohnungslosentagesstätten eine Befragung

der BesucherInnen durchzuführen, welche Angebote sie dort nachfragen und welche

weiteren Angebote sie für erforderlich halten, um ihre prekäre Situation zu

überwinden.

 

 

Das Bezirksamt hat am 31.03.2020 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:

 

Auf der Grundlage der Ergebnisse der von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales am 10.01.2018 ins Leben gerufenen Berliner Strategiekonferenz zur Wohnungslosenhilfe wurde beschlossen, eine Obdachlosenstatistik einzuführen. Dazu wurde eine Zählung der Obdachlosen im Jahr 2019 angekündigt, deren Ziel es sein sollte, die Planung entsprechender Angebote für obdachlose Menschen qualitativ und quantitativ zu verbessern. In Anbetracht dieser Ankündigung wurde seitens des Bezirksamtes Mitte keine eigene Befragung geplant.

Im Rahmen der „Nacht der Solidarität“ hat in der Nacht vom 29. auf den 30.01.2020 in der Zeit von 22.00 bis 01.00 Uhr eine Befragung und Zählung von im öffentlichen Raum angetroffenen obdachlosen Menschen im gesamten Stadtgebiet stattgefunden. Wenn möglich wurden die Obdachlosen zu folgenden Kerndaten, die größtenteils bereits durch die AG 1 „Wohnungslosenstatistik“ der Strategiekonferenz festgelegt worden waren, befragt:

  • Geschlecht
  • Alter (nach Altersgruppen)
  • Herkunft (deutsch, EU-Ausland, außerhalb EU)
  • Dauer der Wohnungslosigkeit
  • Haushaltsstatus (alleinlebend, in Partnerschaft, mit oder ohne Kinder

Erste Ergebnisse aus dieser Zählung/Befragung für das gesamte Stadtgebiet können Sie der Anlage entnehmen.

Die jeweiligen bezirklichen Daten werden nach Informationen der Sen IAS zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufbereitet und ausgewertet. Die Präsentation der bezirklichen Ergebnisse ist für die 12./13. Kalenderwoche geplant. Der Bezirk Mitte hat diesbezüglich bereits eine Einladung für den 23.03.2020 erhalten. Aufgrund der Corona-Pandemie musste diese jedoch verschoben werden auf unbestimmte Zeit.

Über die Ergebnisse der Zählung für den Bezirk Mitte wird das Amt für Soziales die Bezirksverordnetenversammlung im Rahmen der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit im April 2020 informieren.

Inwieweit die in der „Nacht der Solidarität“ erhobenen Daten für den Bezirk brauchbar sind, um die Hilfsangebote für Obdachlose besser zuschneiden und quantitativ anpassen zu können, wird sich zeigen.

 

Grundsätzlich ist die Befragung von Obdachlosen mit viel größeren Schwierigkeiten verbunden als jede andere Sozialbefragung, da die Personen schwer erreichbar sind – eben weil sie nicht einfach angerufen oder in ihrer Wohnung aufgesucht werden können. Zudem bestehen Kommunikations- und Kontakthemmnisse, die es bei der Befragung zu überwinden gilt (Sprache, Vertrauen).

Die erforderliche Weiterentwicklung der Angebote kann aber nur erfolgen, wenn neben der Anzahl der Obdachlosen mehr Informationen über die betroffenen Personen vorhanden sind. Nur wer die Ausgangslage der Probleme kennt, kann entsprechende Lösungen finden.

 

Im Prinzip gibt es über die bereits im Amt für Soziales geführten Statistiken hinaus vier Möglichkeiten, Daten über die Anzahl der Obdachlosen und deren personenbezogene Daten zur Weiterentwicklung der Angebote zu erhalten:

 

  1. Generierung eigener Daten aus der KdU/Sozialleistungen
  2. Aus den sozialräumlichen Daten der Erhebung des Mikrozensus und des Sozioökonomischen Panels
  3. Über die Träger der Kältehilfe
  4. Über die Träger der Wohnungslosentagesstätten

 

Die ersten drei Möglichkeiten sind aus Sicht des Amtes für Soziales nicht geeignet, hier eine schnelle und umfassende Erhebung vorzunehmen, weil:

 

Zu 1.:

Nicht alle Obdachlosen erhalten Sozialleistungen und wenden sich auch gar nicht an das Amt für Soziales. Damit lassen sich keine umfassenden Zahlen generieren.

 

Zu 2.:

Beide Datensätze enthalten nur unzureichende Informationen über wohnungslose Personen und keine Informationen über Obdachlose. Sicherlich wäre es sinnvoll, beide Instrumente um die Zielgruppe der Obdachlosen zu erweitern, da hier professionelle Meinungsforscher tätig sind. Aber es braucht mehrere Jahre der Vorbereitung, sodass mit schnellen Ergebnissen nicht zu rechnen wäre.

Zu 3.:

Die Kältehilfe ist ein niedrigschwelliges anonymes Angebot und kann damit als Aufgabe nicht eine umfangreiche Datenerhebung/Befragung haben, auch wenn dort gewisse Grunddaten erhoben werden.

Zu 4.:

Eine Wohnungslosentagesstätte bietet zwar auch ein niedrigschwelliges anonymes Angebot, ist aber noch am ehesten geeignet, die Hemmnisse einer Befragung zu überwinden sowie einen Zugang zu den obdachlosen Personen und damit zu ihren Problemen, Bedürfnissen und Wünschen zu erhalten.

 

Damit hält das Amt für Soziales eine von der BVV geforderte Befragung der Besucher*innen der Wohnungslosentagesstätten auch für sehr sinnvoll, um hier relativ schnell verwertbare und belastbare Zahlen zu erhalten, damit die Hilfsangebote weiterentwickelt werden können und den betroffenen Menschen noch zielgerichteter dabei geholfen werden kann, ihre Notlage zu überwinden.

Um die notwendigen Daten über die Anzahl, Lebensumstände und Bedürfnisse der obdachlosen Menschen in den Wohnungslosentagesstätten erfassen zu können, sollte ein anonymisierter Fragebogen nach den bisherigen Vorstellungen des Amtes für Soziales folgende Parameter enthalten:

 

  • Anzahl der Besucher*innen insgesamt
  • Anzahl der Besuche (Anzahl der Besuche pro Tag, Anzahl der Besuche pro Besucher*in)
  • Alter
  • Geschlecht
  • Herkunftsland
  • Bildungsgrad
  • Individuelle finanzielle Situation
  • Bekommen die Besucher*innen Sozialleistungen/andere Hilfen?
  • Art des Wohnungsnotfalls (wohnungslos, von Wohnungslosigkeit bedroht, prekäre Wohnsituation)
  • Dauer der Obdachlosigkeit
  • Ursache der Obdachlosigkeit
  • Gesundheitliche Selbsteinschätzung
  • Notwendigkeit einer ärztlichen Versorgung?
  • Körperliche/geistige Beeinträchtigungen der Besucher*innen (z. B. Rollstuhl, Psychose, seelische Beeinträchtigungen)
  • Ggf. Anzahl der Kinder
  • Haustiere
  • Nutzung der bisherigen Angebote, auch Übernachtungsangebote
  • Was muss getan werden, dass Besucher*innen Hilfe annehmen, vor allem auch vom Bezirksamt?
  • Bedürfnisse (neue Angebote?)
  • Was benötigt der Träger

 

Diese Kriterien müssen dann um Fragen zur Einrichtung selbst (z.B. Anzahl der Plätze, Anzahl ehrenamtlicher Helfer*innen etc.) ergänzt werden.

 

Wie das Amt für Soziales aus den Sachberichten der Wohnungslosentagesstätten im Rahmen des Zuwendungsverfahrens weiß, erheben die Tagesstätten bereits teilweise sehr umfangreiche Daten über ihre Besucher*innen, um ihre eigene Arbeit danach auszurichten.

Dies möchte das Amt für Soziales nutzen und wird sich daher mit den Wohnungslosentagesstätten in Verbindung setzen, um den Parameterkatalog abzugleichen und zu vereinheitlichen. Es soll eine für alle Wohnungslosentagesstätten verbindliche Mustererfassung entworfen werden, die in 2020 auf freiwilliger Basis als Pretest ausgeführt und ab 2021 als Verpflichtung in den Zuwendungsbescheid aufgenommen werden soll, sofern keine datenschutzrechtlichen Bestimmungen entgegenstehen.

 

Die Auswertung dieser Daten muss anschließend um die Ergebnisse aus anderen Datenerhebungen ergänzt werden. Dazu gehören beispielsweise die Ergebnisse aus:

 

-          den Statistiken der Fachstelle für Soziale Wohnhilfe inkl. der aufsuchenden Sozialarbeit

-          den bisherigen und weiteren Zählungen im Rahmen der „Nacht der Solidarität“

-          den Statistiken der Kältehilfe

-          einem geplanten Clearing auf öffentlichen Plätzen im Auftrag des Amtes für Soziales

 

Aus dieser Datenlage können dann mit großer Wahrscheinlichkeit Rückschlüsse auf die Anzahl und die Bedürfnisse der obdachlosen Personen und damit auch auf die quantitative und qualitative Ausrichtung der bezirklichen Angebote der Sozialen Wohnhilfe gezogen werden.

 

Da die Drucksache 1784/V quasi in der Drucksache 2282/V aufgeht und eine Doppelung vermieden werden soll, betrachtet das Bezirksamt den oben ausgeführten Bericht als Schlussbericht r die Drucksache 1784/V und wird über den Ausgang der Bemühungen zur Erstellung einer verbindlichen Mustererfassung r die Wohnungslosentagesstätten im Rahmen der Drucksache 2282/V berichten.

 

A) Rechtsgrundlage:

 

 § 13 i.V. mit § 36 BezVG

 

B) Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:

 

 a.  Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

 

  keine
 

 b. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

 

  keine
 

Berlin, den 31.03.2020

 

 

Bezirksbürgermeister von Dassel Bezirksstadtrat Gothe

 
 

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