Drucksache - 0097/IV  

 
 
Betreff: Erlass einer Veränderungssperre mit der Bezeichnung 1-60/21 (Alexander/Schillingstraße)
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Bezirksamt Mitte von BerlinBezirksverordnetenversammlung Mitte
   
Drucksache-Art:Dringlichkeitsvorlage BeschlussfassungBeschluss
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Vorberatung
15.12.2011 
3. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin überwiesen   
Stadtentwicklung Entscheidung
21.12.2011 
2. öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Sanieren, Bauen und Bebauungspläne ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
19.01.2012 
4. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Dringlichkeitsvorlage zur Beschlussfassung vom 13.12.2011
VzB Veränderungssperre 1-60 Anlage
VzB 1-60 Veraenderungssperre-Anlage-Uebersichtsplan
2. BE Stadtentwicklung vom 21.12.2011
3. Beschluss vom 20.01.2012

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

(Text liegt vor)


Bezirksamt Mitte von Berlin

Abteilung Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung

 

 

Bezirksverordnetenversammlung                                                                         Drucksache Nr.0097/IV

Mitte von Berlin

 

 

Dringlichkeitsvorlage - zur Beschlussfassung -

 

über

 

den Erlass einer Veränderungssperre mit der Bezeichnung 1-60/21 (Alexander-/Schillingstraße) für die im Geltungsbereich des im Verfahren befindlichen Bebauungsplanentwurfs 1-60 liegenden Flurstücke 399 und 400 (Gemarkung Mitte, Flur 818) sowie eine Teilfläche der Schillingstraße im Bezirk Mitte, Ortsteil Mitte sowie Entscheidung über den Entwurf der Rechtsverordnung über den Erlass der Veränderungssperre.

 

Die Bezirksverordnetenversammlung wolle beschließen:

 

  1.                  Für die im Geltungsbereich des im Verfahren befindlichen Bebauungsplanentwurfs 1-60 liegenden Flurstücke 399 und 400 (Gemarkung Mitte, Flur 818) sowie eine Teilfläche der Schillingstraße im Bezirk Mitte, Ortsteil Mitte wird eine Veränderungssperre mit der Bezeichnung 1-60/21 beschlossen.

 

  1.                 Über den Entwurf der Rechtsverordnung über den Erlass der Veränderungssperre wird gem. § 12 Abs. 2 Nr. 4 BezVG entschieden.

 

 

 

Begründung zu I, II:

 

Das Bezirksamt Mitte von Berlin hat am 17. Februar 2009 die Aufstellung des Bebauungsplanes
1-60 beschlossen (Beschluss-Nr. 602). Im räumlichen Geltungsbereich dieses Bebauungsplanes befinden sich die von der Veränderungssperre betroffenen Flurstücke 399 und 400 (Gemarkung Mitte, Flur 818) sowie eine Teilfläche der Schillingstraße. Der Aufstellungsbeschluss wurde gemäß § 2 Abs.1 Satz 2 des Baugesetzbuches am 27. März 2009 im Amtsblatt für Berlin auf der Seite 805 ortsüblich bekannt gemacht.

 

Das Plangebiet des Bebauungsplanverfahrens 1-60 umfasst insgesamt einen ca. 21.000 m² großen Teilbereich des zwischen Strausberger Platz und Alexanderplatz im Bereich der
Karl-Marx-Allee errichteten Wohngebiets „Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt“, welcher als der erste „sozialistische Wohnkomplex“ gilt. Charakteristisch für das Wohngebiet ist das Ordnungsgefüge, d.h. die offene Bauweise, als räumlicher Zusammenhang von Wohnblöcken, Gemeinschaftseinrichtungen sowie Versorgungs- und Kultureinrichtungen, welche durch entsprechend zugeordnete Freiflächen ergänzt werden. Bedingt durch die Grundstücks- und Eigentumsbildung im Plangebiet ist in der Zeit nach 1990 ein bodenrechtliches Grundraster entstanden, in dem sich die strukturbildenden Merkmale des Wohnkomplexes mit heutigen potentiellen Baulandflächen überlagern. Die städtebaulichen Konflikte liegen damit im Gebiet selbst, wobei die besondere Lage des Gebiets, unmittelbar an den Alexanderplatz angrenzend, zusätzlichen Veränderungsdruck birgt.

 

Es hatte sich in der Vergangenheit gezeigt, dass eine strukturverträgliche Nachverdichtung, bei der ein Ausgleich zwischen der bestehenden Bebauungs- und Raumstruktur des Wohngebiets sowie potentiellen Baulandflächen sichergestellt wird, im Plangebiet mit der geltenden planungsrechtlichen Situation (unbeplanter Innenbereich gemäß § 34 BauGB) nicht gewährleistet werden kann. Insbesondere hinsichtlich des Nutzungsmaßes und der Einordnung von Neubaukörpern in das Plangebiet erwies sich das bauplanungsrechtliche Instrumentarium des § 34 BauGB nicht als ausreichend, um unerwünschte städtebauliche Fehlentwicklungen zu vermeiden und Nachverdichtungspotentiale adäquat zu steuern.

 

Ziel des Bebauungsplans 1-60 ist es daher, zur Wahrung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung die Voraussetzungen für eine strukturverträgliche Nachverdichtung im Plangebiet zu schaffen und die auf das Plangebiet einwirkenden Einflüsse und Veränderungstendenzen bauleitplanerisch zu steuern.

 

Das Amt für Planen und Genehmigen Mitte hatte im Jahr 2008 zur Umsetzung dieser Planungsziele ein Gutachten zur städtebaulichen Entwicklung ausgewählter Teilbereiche des gesamten Wohngebiets Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt erstellen lassen.

 

Für den räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans 1-60 sah das Konzept des begutachtenden Büros vor, entlang der Alexanderstraße zu Füßen der Hochhäuser auf dreieckigen Grundflächen (gleichseitige Dreiecke mit ca. 45 m Seitenlänge) zwei Solitäre mit einer Höhe von maximal 18 m zu errichten. Einer der Solitäre befand sich hierbei größtenteils im Bereich des von der Veränderungssperre betroffenen Flurstücks 399. Lediglich ein ca. 30 m² großes Teilstück des im Bestand als Verkehrsfläche genutzten Flurstücks 256 (Teilfläche der Schillingstraße) sollte zusätzlich durch den Solitär in Anspruch genommen werden können.

 

Die beiden Solitäre sollten den Straßenraum definieren, sich von den besonnten Wohnseiten der Hochhäuser abwenden und Flächen für gewerbliche Nutzungen schaffen. Zugleich sollte damit eine bauliche Fassung des U-Bahn-Zugangs ermöglicht werden. So sollte die Urbanität des Ortes und die Privatheit der Wohnbereiche durch die partielle Fassung des Straßenraumes gestärkt werden. Durch die klare Geometrie der Baukörper sollte ein eigenständiges, aber dennoch verwandtes Strukturelement zum Tragen kommen, das die Hochhausgruppe weiterbaut. An der Holzmarktstraße (auf dem Standort des ehemaligen Supermarktes) sah das Gutachten einen Einzelkörper in derselben Höhe von 18 m vor, aber hier mit orthogonalem Grundriss. Mit diesem Konzept sollte zu den drei im Plangebiet stehenden Hochhäusern eine Gruppe von drei in ihrer Masse ähnlichen, freistehenden Kuben als Fußbebauung gestellt werden, um ein zweites Ensemble auf anderer Ebene zu schaffen.

 

Die Ergebnisse dieses Gutachtens flossen in das Bebauungsplanverfahren 1-60 ein. Auf dieser Grundlage wurden im Oktober 2009 die Verfahrensschritte nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 BauGB durchgeführt. Aufgrund der Stellungnahmen der Öffentlichkeit sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange ergab sich jedoch das Erfordernis, das Ergebnis des Gutachtens einer erneuten Prüfung zu unterziehen. Nachdem der zwischen den Hochhäusern Holzmarktstraße 73 und 75 vorgesehene Solitär u.a. aufgrund der eigentumsbedingt fehlenden Flächenverfügbarkeit und der für die Umsetzung der Planung erforderlichen Neuordnung des Kinderspielplatzes auf absehbare Zeit nicht zu realisieren gewesen wäre, wurde das gutachterliche Strukturprinzip, zu den drei im Plangebiet stehenden ähnlichen Hochhäusern eine Gruppe von drei in ihrer Masse ähnlichen, freistehenden Kuben als Fußbebauung zu stellen, obsolet und war erneut zu überprüfen.

 

Die Bezirksverordnetenversammlung Mitte hatte zwischenzeitlich am 16.12.2010 ein Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen, nach dem das Gebiet Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt mit Hilfe der verbindlichen Bauleitplanung in seiner städtebaulichen Eigenart gesichert werden soll (Drucksachen-Nr. 1679/III). Begründet wurde dieses Ersuchen u.a. damit, dass die Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt als Fortsetzung der Frankfurter Allee zum Alexanderplatz und als in sich geschlossener Stadtteil mit einigen architektonisch bedeutenden Sonderbauten eines der wichtigsten Zeugnisse der Städtebaukunst der DDR sei. Durch Weiterveräußerung von Teilflächen und durch Baugesuche neuer Eigentümer sei die Gesamtanlage in ihrer derzeitigen baulichen Ausprägung gefährdet.

 

Im Jahr 2011 entschloss sich der Bezirk daher, das Wohngebiet Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt einer nochmaligen differenzierteren Betrachtung zu unterziehen und hierfür unter Einbindung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und externer Experten ein städtebauliches Workshop Verfahren zum Gebiet Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt durchzuführen.

 

Auf der Grundlage des vorhandenen Städtebaus mit den Komponenten Scheibe (8-11 Geschosse), Zeile (5 Geschosse) und Punkt (Pavillon mit 1-2 Geschossen oder Hochpunkt mit 14-18 Geschossen), sollten konzeptionelle Überlegungen zur Weiterentwicklung des Wohngebiets formuliert werden, welche dessen städtebauliche Eigenart respektieren. Die aktuelle Situation verdeutlichte die Notwendigkeit einer ergebnisorientierten fachlichen Diskussion, die insbesondere auch das Thema der planerischen Instrumente zur Sicherung der städtebaulichen Eigenart des Wohngebiets bei gleichzeitiger Öffnung für eine behutsame konzeptionelle Weiterentwicklung behandeln sollte.

 

Das auf das Gesamtgebiet der Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt bezogene Workshop Verfahren brachte das Ergebnis, dass neben der einheitlichen Höhenentwicklung aller Neubauten im Wohngebiet Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt (max. 5 Geschosse) die städtebauliche Grundform zukünftig durch die Orthogonalität der Baukörperstellung geprägt sein soll. Als städtebauliche Komponenten werden Scheibe (8-11 Geschosse), Zeile (5 Geschosse) und Punkt (Pavillon mit 1-2 Geschossen oder Hochpunkt mit 14-18 Geschossen) festgelegt. Die offene städtebauliche Struktur ist zu respektieren.

 

Bezüglich des Plangebietes des Bebauungsplanverfahrens 1-60 werden – wie für andere Teilbereiche auch – im Ergebnis des Workshop Verfahrens sehr genaue Konzeptaussagen in Bezug auf den Standort, die Nutzung und die Gestaltung getroffen.

 

Zum einen soll der Einzelhandelsstandort an der Holzmarktstraße berücksichtigt werden, zum anderen sollen an dem Standort Holzmarktstraße weitere Nutzungsarten (z.B. Hotel, Büros/Praxen) in den Obergeschossen möglich sein. Die damit verbundenen Erschließungsverkehre sollen über die Holzmarktstraße oder evtl. über die Schillingstraße geführt werden. Anstelle der dreieckigen Baukörperausweisung an der Alexanderstraße/Ecke Schillingstraße, also im Bereich des Flurstücks 399, ist eine maximal 2-geschossige Pavillonbebauung vorzusehen. Die südliche Verdichtungsfläche zwischen den Gebäuden Holzmarktstraße 73 und 75 im Bereich des bestehenden Kinderspielplatzes entfällt ersatzlos.

 

Die Ergebnisse des Workshop Verfahrens bilden die städtebauliche Grundlage für die zukünftige Fortführung des Bebauungsplanverfahrens 1-60. Zudem wurde durch Beschluss Nr. 1290 des Bezirksamtes Mitte vom 10.05.2011 die Aufstellung der Bebauungsplanverfahren 1-82 und 1-83 beschlossen, deren Geltungsbereiche sich über die Bereiche nördlich bzw. südlich der Karl-Marx-Allee erstrecken und gleichfalls der Umsetzung der Workshopergebnisse dienen sollen.

 

 

Für die im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre 1-60/21 liegenden Flurstücke 399 und 400 sowie eine Teilfläche der Schillingstraße wurden mit Schreiben vom 04.03.2011 zwei Vorbescheidsanträge auf die Erteilung von Vorbescheiden für den Neubau eines Hotels mit Tiefgarage gestellt. Die Anträge gingen am 18.03.2011 beim Amt für Planen und Genehmigen ein.

 

Die erste Variante sieht im Bereich des Flurstücks 399 sowie einer ca. 30 m² großen Teilfläche des momentan als Verkehrsfläche genutzten Flurstücks 256 im unmittelbaren Eckbereich der Alexander- und Schillingstraße einen Baukörper mit neun Vollgeschossen und einer Oberkante (OK) von 27,70m über Gelände vor, welches über ein zusätzliches Untergeschoss verfügt, das sich auch auf das südlich angrenzende Flurstück 400 erstreckt und neben Funktionsräumen eine Tiefgarage mit 20 Stellplätzen aufnehmen soll. Die Bruttogeschossfläche beträgt nach den Antragsunterlagen 6.001 m² (oberirdisch) bzw. 7.214 m² (inkl. UG). Als Art der Nutzung war ein Betrieb des Beherbergungsgewerbes vorgesehen.

 

Die zweite Variante sieht im Bereich des Flurstücks 399 sowie einer ca. 30 m² großen Teilfläche des momentan als Verkehrsfläche genutzten Flurstücks 256 im unmittelbaren Eckbereich der Alexander- und Schillingstraße einen Baukörper mit neun Vollgeschossen und einer OK von 28,50m über Gelände vor, welches über ein zusätzliches Untergeschoss verfügt, das sich auch auf das südlich angrenzende Flurstück 400 erstreckt und neben Funktionsräumen eine Tiefgarage mit 18 Stellplätzen aufnehmen soll. Die Bruttogeschossfläche beträgt nach den Antragsunterlagen 7.893 m² (oberirdisch) bzw. 9.130 m² (inkl. UG). Als Art der Nutzung war ein Betrieb des Beherbergungsgewerbes vorgesehen.

 

Im Rahmen der Vorbescheidsanträge wurde u.a. die Frage gestellt, ob das jeweilige Vorhaben gemäß § 34 BauGB genehmigungsfähig sei. Durch Vorbescheide Nr. 2011/1005 und 2011/1006 vom 26.07.2011, zugestellt am 29.07.2011, wurde die Genehmigungsfähigkeit der Vorhaben auf Grundlage des § 34 BauGB verneint. Mit Schreiben vom 26.08.2011 (Posteingang: 29.08.2011) erhob die Antragstellerin u.a. Widerspruch gegen die negative Beantwortung der Einzelfragen nach der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens auf Grundlage des § 34 BauGB.

 

Im Rahmen der Abhilfeprüfung wurde jedoch deutlich, dass die Ausgangsentscheidungen nicht aufrecht erhalten werden können und beide Vorhaben planungsrechtlich nach Maßgabe des
§ 34 BauGB als genehmigungsfähig einzustufen sind.

 

Mit Abhilfebescheiden vom 24.10.2011 wurden die beiden Vorbescheide daher hinsichtlich der negativ beantworteten Einzelfragen aufgehoben und gleichzeitig zur erneuten Bescheidung an den Fachbereich Bau- und Wohnungsaufsicht zurückgereicht. Durch Bescheide Nr. 2011/1005/Z und Nr. 2011/1006/Z vom 24.10.2011 wurden die Vorhaben gemäß § 15 Abs. 1 BauGB für den Zeitraum von zwölf Monaten, gerechnet ab dem 18.05.2011, zurückgestellt. Die Zurückstellungen wurden mit der Sicherung der Planungsziele des Bebauungsplans 1-60 begründet.

 

Wie oben bereits dargestellt, wurden im Rahmen des städtebaulichen Workshop Verfahrens bezüglich des Plangebietes des Bebauungsplanverfahrens 1-60 sehr genaue Konzeptaussagen in Bezug auf den Standort, die Nutzung und die Gestaltung getroffen, die der Bebauungsplanung im weiteren Verfahren zugrunde gelegt werden. Bezogen auf die betroffenen Flurstücke 399 und 400 sieht das städtebauliche Konzept eine maximal 2-geschossige Pavillonbebauung im Bereich des Flurstückes 399 an der Schillingstraße vor. Die Erteilung eines Vorbescheides für einen Baukörper mit neun Vollgeschossen würde die Ziele der Bebauungsplanung, zur Wahrung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung die Voraussetzungen für eine strukturverträgliche Nachverdichtung im Plangebiet zu schaffen und die auf das Plangebiet einwirkenden Einflüsse und Veränderungstendenzen im Sinne einer abgestimmten städtebaulichen Planung bauleitplanerisch zu steuern, unmöglich machen.

 

Die Karl-Marx-Allee, als Teil der in der ehemaligen DDR geplanten zentralen Achse zwischen Brandenburger Tor und Frankfurter Tor, die zum bestimmenden Element des Wiederaufbaus in Berlin Mitte nach dem II. Weltkrieg und der Gründung der DDR wurde, bildet zwischen Alexanderstraße und Frankfurter Tor ein in die Denkmalliste Berlin eingetragenes Denkmalensemble. Im Rahmen der denkmalschutzrechtlichen Untersuchungen wurde auch der Bereich Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt als schützenswert erkannt, aber die Möglichkeit einer angemessenen, das Ensemble nicht beeinträchtigenden Nachverdichtung sollte damals offen gehalten werden. Bei der Wohnsiedlung handelt es sich um das erste Großprojekt in Berlin, bei dem Industrialisierung und Typisierung konsequent angewandt wurden. Hierbei wurden im Hinterland der Karl-Marx-Allee die Baukörper orthogonal ausgerichtet und innerhalb großzügiger durchgrünter Freiflächen angeordnet. Die 4 Hochhausscheiben entlang der Alexanderstraße, die ihren Abschluss in den 18-geschossigen Punkthochhäusern innerhalb des Plangebietes des Bebauungsplanverfahrens 1-60 finden, sind für den Bereich Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt stadtbildprägend.

 

Nördlich der Schillingstraße grenzt der Geltungsbereich der Erhaltungsverordnung "Karl-Marx-Allee Nord/Süd" an das Plangebiet des Bebauungsplanverfahrens 1-60 an, die den Erhalt der städtebaulichen Gestalt des Gebietes zum Ziel hat.

 

Die Bebauung innerhalb des Plangebietes des Bebauungsplanverfahrens 1-60 wurde zeitlich später konzipiert als die Bebauung nördlich der Schillingstraße. Dennoch ist sie Teil des Gesamtensembles und hat städtebaulich eine besondere Bedeutung. Zum einen wurde mit den Punkthochhäusern die Eingangssituation von Süden her entwickelt, d.h. die innere Achse zwischen Holzmarktstraße und Karl-Marx-Allee über den Bereich der Schillingstraße. Eingefügt in die Achse waren niedrige Funktionsgebäude (1-2 geschossige Versorgungsgebäude und Pavillonbauten). Die städtebaulichen Dominanten wurden durch Grün bzw. von niedriger Bebauung umgeben. Die Alexanderstraße wurde durch parallel gestellte 11-geschossige nach Süden orientierte Wohnbebauung mit einer Begrünung zur Alexanderstraße charakterisiert. Die Stellung der Gebäude sollte die Straßenführung der Alexanderstraße betonen, wobei insbesondere das Verhältnis von Baustruktur und Freiraumgliederung, hier die Grünkeile zur Alexanderstraße, den offenen Charakter des Gebietes bilden.

 

Die dominanten Hochhäuser im Plangebiet, die sich in das Ordnungsgefüge der nördlich gelegenen Bebauung eingliedern und stadtbildprägend einen südlichen Abschluss für die Bebauung entlang der Alexanderstraße in Form eines Hochpunktes im Stadtgefüge darstellen, wurden zur Alexanderstraße konsequenter Weise ebenfalls durch vorgelagerte Grünflächen ergänzt. D.h. auch dieser nicht in die Erhaltungssatzung einbezogene Teil ist wesentliches Element des Gesamtensembles und in der vorhandenen städtischen Begrünungskonzeption konstituierendes Element.

 

Die in diesem Bereich über Jahrzehnte gewachsenen räumlichen und sozialen Qualitäten sollten geachtet, als Potential genutzt und durch eine umsichtige Planung weiter entwickelt werden. Dies war auch der Ausgangspunkt für die Durchführung eines Workshopverfahren für den genannten Bereich.

 

Die entstandene Charakteristika des Gebietes soll in Zukunft erhalten bleiben. Eine losgelöste Betrachtung für Verdichtungsvorhaben ohne Beachtung der umgebenden Bebauung ist durch die bestehenden Gebäude, die im Zusammenhang mit anderen Gebäuden zur Eigenart des Gebietes beitragen, somit unumgänglich. Eine Blockrandbebauung oder Einfügung eines hochgeschossigen Neubaus als Verdichtung des Wohngebietes würde maßgeblich der Weiterentwicklung des Wohngebietes – bei dem die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebietes aufgrund des bedeutenden Ensembles im Vordergrund steht – entgegenstehen. Die spezifische Funktion der Bebauung im Gesamtbild der Stadt wäre durch eine weitreichende Veränderung charakteristischer Merkmale gefährdet. Dies schließt auch die anfangs im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens
1-60 angedachte sechsgeschossige Bebauung in Form eines dreieckigen Baukörpers an der Alexanderstraße / Ecke Schillingstraße ein, selbstredend jedoch auch die beim Amt für Planen und Genehmigen mit den Vorbescheidsanträgen eingereichten Vorhaben, welche die ursprüngliche Konzeption noch überragen und das dargestellte Erscheinungsbild wesentlich beeinträchtigen würden.

 

Um das charakteristische Erscheinungsbild zu bewahren, müsste sich eine ergänzende Bebauung in seiner Struktur in der Höhenentwicklung und Baukörperstellung in die Dimension einfügen. Die Höhenentwicklung hat sich an der 1-2 geschossigen Bestandsbebauung als wiederkehrendes Gestaltungselement im Bereich der Punkthochhäuser zu orientieren. Dazu zählt ebenso eine Umrahmung der Bebauung mit Grünflächen und Baumpflanzung zur Alexanderstraße und der Schillingstraße.

 

Die beantragte Bebauung steht insofern den formulierten städtebaulichen Zielen aus dem Workshop Verfahren entgegen. Dieses sieht zur Weiterentwicklung des Wohngebietes eine behutsame Verdichtung vor, die die städtebauliche Eigenart des Wohngebietes Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt im Sinne der baugeschichtlichen Bedeutung des Stadtgebietes respektiert. Das im Rahmen des Workshops erarbeitete städtebauliche Regelwerk ermöglicht eine Verdichtung des Wohngebietes bei gleichzeitigem Erhalt der prägenden Wirkung des Gesamtensembles. Wesentliche Elemente des zu berücksichtigenden städtebaulichen Rahmens sind hierbei die bereits o.a. Orthogonalität der Baukörperstellung sowie die Höhenentwicklung der Neubauten. Um das Hochhausensemble mit den drei 18-geschossigen Punkthochhäusern südlich der Schillingstraße im Zusammenhang mit dem nördlich der Schillingstraße befindlichen Punkthochhaus als städtebauliche Dominanten bei einer baulichen Verdichtung im Plangebiet in ihrer Maßstäblichkeit nicht zu beeinträchtigen, ist die Anpassung der städtebaulichen Figur des Gebäudes an die vorhandenen Gegebenheiten im Sinne der gegenüberliegenden Pavillonbebauung erforderlich.

 

Die Ergebnisse des Workshop Verfahrens bilden als hinreichend konkretisierte Planung die Bearbeitungsgrundlage für die Fortführung des Bebauungsplanverfahrens 1-60.

 

 

Mit der Rechtsverordnung über den Erlass der Veränderungssperre 1-60/21 soll eine Veränderung der baulichen Struktur, die die Realisierung der Ziele des Bebauungsplanes erschwert oder unmöglich machen könnte, vorgebeugt werden. Dies ist bei den beiden Vorbescheidsanträgen unzweifelhaft der Fall.

 

Die Vorbescheidsanträge vom 04.03.2011 sind am 18.03.2011 beim Bezirksamt eingegangen. Für das bauaufsichtliche Vorbescheidsverfahren gelten nach § 74 Abs. 1 BauO Bln die Bearbeitungsfristen des § 70 Abs. 1 bis Abs. 3 BauO Bln. Die Stellungnahmefrist der Stadtplanung beträgt einen Monat. Nach einem weiteren Monat hat die Bauaufsicht über den Antrag zu entscheiden. Eine Entscheidung über den Vorbescheidsantrag hätte daher (nach „sicherer“ Betrachtungsweise) spätestens mit Ablauf des 18.05.2011 ergehen müssen. Durch Bescheide des Amtes für Planen und Genehmigen Mitte vom 24.10.2011 wurden die beiden Vorbescheidsanträge für den Zeitraum von zwölf Monaten, gerechnet ab dem 18.05.2011, zurückgestellt.

 

Für das Bebauungsplanverfahren 1-60 wurde die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB sowie die frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 1 BauGB durchgeführt. Aufgrund der sich aus dem Workshop Verfahren ergebenden Konkretisierungen der Planungsziele wird der Verfahrensschritt nach § 3 Abs. 1 BauGB mit einer nochmaligen frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit wiederholt. Bedingt durch die noch ausstehenden Verfahrensschritte, namentlich der Wiederholung der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB, der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2 BauGB sowie der Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 Abs. 2 BauGB, steht nicht zu erwarten, dass das Bebauungsplanverfahren 1-60 bis zum Ablauf der Zurückstellungsfrist abgeschlossen werden kann. Aus diesem Grund ist zur Sicherung der Planung der Erlass einer Veränderungssperre gemäß §§ 14, 16 BauGB erforderlich.

 

Die Geltungsdauer einer Veränderungssperre beträgt nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB zwei Jahre. Der Zeitraum der Zurückstellung ist auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre anzurechnen, so dass die Veränderungssperre mit Ablauf des 17.05.2013 außer Kraft treten wird.

 

Sollte im Hinblick auf die ausstehenden Verfahrensschritte eine Festsetzung des Bebauungsplans 1-60 bis zum Ablauf der (ersten) Veränderungssperre mit Ablauf des 17.05.2013 nicht möglich sein, muss mit der Notwendigkeit der Verlängerung dieser Veränderungssperre gerechnet werden.

 

 

Rechtsgrundlagen

 

Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG)

Baugesetzbuch (BauGB)

Gesetz zur Ausführung des Baugesetzbuchs (AGBauGB)

 

 

Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:

 

a)      Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

 

Nur dann, wenn die Veränderungssperre länger als vier Jahre über den Zeitpunkt ihres Beginns oder der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Abs. 1 BauGB hinaus andauert, ist den Betroffenen für dadurch entstandene Vermögensnachteile eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten (§ 18 Abs. 1 BauGB)

 

 

b)Personalwirtschaftliche Ausgaben:

 

keine

 

 

Berlin, den

 

 

 

Dr. Hanke

Bezirksbürgermeister

 

Carsten Spallek

Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung

 

 

Anlagen

  • Übersichtsplan / Grenzen des räumlichen Geltungsbereichs der Veränderungssperre 1-60/21
  • Verordnung über die Veränderungssperre 1-60/21 (Entwurf)

 

 
 

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