Auszug - Bebauungsplan I-B4a: Planvorstellung und Diskussion BE: Vertreter Senatsveraltung für Stadtentwicklung (Abteilung II Städtebau)  

 
 
4. öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Sanieren, Bauen und Bebauungspläne
TOP: Ö 5.1
Gremium: Stadtentwicklung Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 29.02.2012 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:30 - 21:00 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: Sitzungsraum 239/240
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

Der Vorsitzende, Herr Bertermann, begrüßt Herrn Kühne, Leiter der Abt

Der Vorsitzende, Herr Bertermann, begrüßt Herrn Kühne, Leiter der Abt. II, SenStadtUm, und Gäste von der Bürgerinitiative. Er fragt, ob die Gäste Rederecht erhalten können. Dem wird so zugestimmt.

 

Herr Kühne stellt anhand einer Powerpointpräsentation die Bebauung an der Moll-/Ecke Otto-Braun-Straße vor.

 

Herr BD Dr. Schulze (CDU) bemerkt, dass der Baukörper die gegenüberliegende Bebauung ignoriert und assoziiert auch nicht mit dem Wohnen zusammen. Es sei nicht funktional durchdacht. Er fragt, ob die Bürger/-innen informiert wurden.

 

Herr Fitze, Bewohner der Otto-Braun-Straße 31, teilt mit, dass die Bürgerinitiative seit ca. 1 Jahr tätig ist. Man habe viele Briefe geschrieben, man habe Politiker eingeladen. Am 27.09.2011 fand ein Gespräch statt, an dem der damalige BV-Vorsteher, Herr Davids, der damalige BzStR Herr Gothe, der Investor mit seinem Architekten, eine Architektin des Stadtplanungsamtes und einige Bewohner/-innen teilnahmen. Er betont, dass kein Vertreter der Senatsverwaltung anwesend war. Auch betont er, dass sich die Senatsverwaltung in keinster Weise mit den Anwohnern/-innen auseinander gesetzt hat. Herr Fitze bemerkt, dass der Begriff Verschattung von der Senatsverwaltung gebraucht wird, er aber der Meinung sei, dass es sich hier um eine Verdunklung der Wohnungen handelt und das habe juristisch eine ganz andere Qualität. Im Abstand von 30 m habe man einen sehr engen Hinterhof, dahinter fährt die Straßenbahn. Der Schall wird sich im Hof fangen. Die Lebensqualität wird sehr eingeschränkt. Des Weiteren bemerkt Herr Fitze, dass niemand das Recht habe, die Gesundheit der Bewohner/-innen zu schädigen. Er wird notfalls gerichtlich durchsetzen, dass seine Lebensqualität beeinträchtigt wird. Lt. Artikel Grundgesetz, sei Eigentum geschützt, davon redet selbst die Senatsverwaltung. Er glaubt aber, die Schlüsse, die die Senatsverwaltung daraus zieht, sind falsch. Die Mieter/-innen sind nicht damit einverstanden, dass ihnen das so verkauft wird, als hätte man darüber diskutiert.

 

Frau Keilhacker (Vertreterin Rat für Stadtentwicklung) teilt mit, dass der Eindruck entsteht, dass bis zur Abgeordnetenhauswahl keine Festlegungen getroffen werden. Man dachte nun, das sei das Zeitfenster, um hier noch einmal politisch das Ganze zu flankieren, das Planwerk Innenstadt neu zu denken und den städtebaulichen Entwurf an der Stelle zu überdenken und so den Bewohnern, die hier in einer relativ frisch sanierten und sehr schön sanierten Plattenbaukonstruktion leben. Sie vermittelt weiter, dass das Gebiet ein reines Wohngebiet sei. Deshalb sei die Gegend in der gegenüberliegenden Bebauung ein spezieller Fall. Damals wurde aber unglücklicher Weise die Grenze wegen der Abstandsflächen direkt am Haus gezogen, so dass tatsächlich der Investor die Möglichkeit hat, eine sehr sehr hohe GFZ hier zu realisieren. Man sei der Meinung, dass hier tatsächlich nach dem Baugesetzbuch der B-Plan falsch ist, dass hier Eigentum berührt wird, dass hier an die Gesundheit berührt wird und dass deshalb eine Klagemöglichkeit besteht, die die Eigentümer jetzt auch nutzen werden. Man sei völlig erschüttert, wie dieser Prozess an den Bürgern/-innen vorbei geführt wurde. Es wurde hier immer wieder versucht, in ein Gesprächsfaden einzusteigen. Sie selbst hat an dem Gespräch am 27.09.2011 teilgenommen. Das Grundstück wurde im November 2011 verkauft. Dazwischen wurden die Bürgerinitiative und der Rat für Stadtentwicklung komplett außen vor gehalten, dass ein Grundstücksverkauf stattgefunden hat. Man erklärte immer wieder, dass das Grundstück nicht verkauft wurde, man hätte noch Spielraummöglichkeiten. Sie kann verstehen, dass Grundstücke in Mitte einen hohen Stellenwert haben, aber kann es nicht verstehen, dass hier so wenig Zusammenschluss und Verzahnung zwischen Bewohnern/-innen, der Politik, dem Bezirk und dem Senat erfolgt. Sie appelliert, dass sich die Bezirksverordneten politisch dafür einsetzen, dass diese Sache neu aufgerollt wird.

 

Herr BV Schug (SPD) meint, dass die Schwierigkeit bestehe, dass man von einem B-Plan rede, der vor über 10 Jahren festgesetzt wurde. Er sei sich nicht sicher, in wie weit jetzt noch Klagen nach so langer Zeit von Erfolg gestaltet werden könnte. Er befürchtet, dass das schwierig werden würde. Er habe mitbekommen, dass das Berliner Abgeordnetenhaus seine Zustimmung gegeben hat.

 

Frau BV Wendel (CDU) bemerkt, dass sie die Gegebenheiten vor Ort kenne. Schaut man sich die Bebauung an, kann man sich nicht vorstellen, wie da noch ein Gebäude hinpassen könnte. Es sei ein Planungswahnsinn. Sie fragt, wenn die Parkplätze wegkommen, ob es Bestrebungen gibt, diese Parkplätze zu ersetzen.

 

Frau Dr. Gerl, Vertreterin der Mieterschaft, teilt mit, dass sie seit 1970 in der Otto-Braun-Str. 31 wohne. Anfang der 90er Jahre wurde der Plattenbau generalsaniert und anschließend wurde von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte für Eigentumswohnungen geworben. Viele Mieter/-innen haben sich damals sehr schwer getan und haben ihr gesamtes Erspartes in eine Eigentumswohnung investiert, um eine Altersvorsorge zu haben. Von einem Bau vor dem Haus war zu dem Zeitpunkt keine Rede. Einige Jahre später wurde das erste Mal das Projekt in der Kongresshalle vorgestellt. Man habe dagegen schriftlich protestiert. Unterlagen sind verschwunden. Eine Zusammenkunft fand 2003 statt und man wurde vertröstet mit den Worten, es wird keine Realisierung geben. Man solle sich nicht aufregen. In den nächsten 40 Jahren wird nicht gebaut. Man habe zu jeder Gelegenheit Kund getan, dass man dieses Projekt ablehne. Im Januar 2011 kamen Vermessungsingenieure. Informationen fielen aus, dass es jetzt einen Investor gibt. Seit März 2011 habe man an viele Stellen (wie Herrn Regierenden Bürgermeister von Berlin, Herrn Wowereit, an Frau Senatorin Junge-Rayer) geschrieben und man habe gegen dieses Projekt protestiert. Abschließend bemerkt sie, dass, sollte das Projekt so kommen, sei die Lebensqualität nicht mehr gegeben und viele Bewohner/-innen haben sich ihren Lebensabend so nicht vorgestellt.

 

Herr BV Diedrich (Die Linke) meint, dass alle die Wut verstehen können und teilt den Ärger mit ihnen. Bei dieser Gelegenheit hätte Herr Kühne schon sagen sollen, was der Bezirk in der Vergangenheit hätte tun können, um diese städtebauliche Sünde zu verhindern. Tatsächlich sei es so, dass die Bezirksverordneten von Mitte so gut wie nichts machen können, außer an die Kollegen/-innen im Berliner Abgeordnetenhaus zu appellieren, das Projekt zu verhindern, bzw. man hätte es vor einiger Zeit tun können. Heute sind die Bewohner/-innen nur noch in der Lage etwas zu tun, ihr Recht in die Hand zu nehmen, um Schlimmstes zu verhindern, insofern es dort eine Chance gibt. Die Bezirksverordneten von Mitte wurden nie gefragt, weil sie nicht in der hoheitlichen Situation sind, über diesen Bebauungsplan zu entscheiden. Berlin hat im Jahre 2000 den Bebauungsplan festgesetzt. Es war aber damit noch nicht alles geregelt, denn solange Berlin Eigentümer dieser Fläche war, war Berlin Herr des Verfahrens. Man hätte über den Preis des Grundstückes mit dem zukünftigen Eigentümer bezüglich der Baumasse verhandeln können. Man hätte bis zum Grundstückserwerb noch mitteilen können, dass man das Grundstück nicht verkaufen möchte, sondern man behält sich eigene Planungen vor. Man könnte vergessen, was man im Jahre 2000 dort beschlossen hatte. Man sei heute 12 Jahre danach ein wenig klüger, denn in der Innenstadt sei eine zunehmende Verdichtung nicht sinnvoll, sondern die eine oder andere Freifläche wird benötigt.

 

Frau BV Wendel (CDU) dankt Herrn Diedrich für seine Ausführungen und meint, dass die politische Verantwortung gern in den Bezirk geschoben wird, wenn die Senatsverwaltung zuständig sei oder umgekehrt. Dadurch entsteht viel Unmut in der Bevölkerung. Schaut man sich das Wahlversprechen bezüglich Liegenschaftspolitik neu ausrichten heißt an, dann wünscht sie sich, dass sich alle anstrengen, dass eine bessere Verzahnung möglich ist und dass die Parteien in die Liegenschaftspolitik hinein wirken. Anschließend zitiert sie aus dem Baugesetzbuch § 1, Grundsätze der Bauleitplanung.

 

Herr Kühne teilt mit, dass für diese Planung die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und das Berliner Abgeordnetenhaus die Verantwortung und nicht die BVV Mitte oder das Bezirksamt Mitte trägt, unabhängig davon, dass sich in der letzten Wahlperiode der zuständige Baustadtrat in der Bürgerversammlung der Diskussion gestellt hat. Es hat ein Bebauungsplanverfahren mit allen Beteiligungsschritten, mit allen rechtlichen Möglichkeiten einzuwirken gegeben. Er fragt, wenn man sich sicher sei, dass das planungsrechtlich, bauordnungsrechtlich eine Zumutung sei, dann wird man vermutlich die gerichtlichen Möglichkeiten ausschöpfen und dann wird man das vor dem Gericht so oder so entschieden bekommen. Im Wahlkampf wurden alle politischen Möglichkeiten genutzt, das zu thematisieren. Er glaubt, dass niemand, der irgendwie fachlich oder politisch auf Bezirks- oder Landesebene verantwortlich ist, nicht von der Einschätzung der Bürger/-innen gehört hat. Es haben sich alle damit auseinander gesetzt und im Berliner Abgeordnetenhaus sind die klaren Beschlüsse gefasst worden, diese Planung als  vernünftig weiter zu betrachten und auch umzusetzen, und zwar nicht in erster Linie, weil das Land Berlin unermässlich viel Geld verdient. Er möchte noch einmal auf die Grundlagen der Planung anknüpfen. Man habe am Alexanderplatz mit einer Planung der 60er und 70er Jahre und der großen städtebaulichen Leistung der Nachkriegsarchitektur zu tun, die ihre Stärken und Schwächen habe. Eine der großen Schwächen sind überbreite, lärmintensive Magistralen und riesige Parkplatzflächen. Anfang der 90er Jahre gab es einen politischen Konsens, dass Straßen auf ihre notwendige Breite reduziert werden sollen und dass es zukünftig, außer den üblichen Parkplätzen an Straßenrändern, keine flächendeckenden Parkplätze mehr geben soll, weder vor Wohngebäuden, noch vor Hotels, noch im öffentlichen Raum. Man sei hier in einem Kerngebiet einer 3,5 Millionenstadt. Man sei nicht in einer Wohnsiedlung in der Peripherie der Stadt, wo es üblich ist, vor den Häusern große Parkplätze für die Anwohner/-innen und Besucher/-innen zu haben und wo das auch weiter so sein wird. Es ist kein Versehen, dass hier nachverdichtet wird, es gehe um die gemischte Stadt. Es gehe darum, mehr Raum für Arbeitsplätze, mehr Raum für Touristen, mehr Raum für Geschäfte und mehr Wohnraum zu schaffen. Bisher ist dieser politische Auftrag an die Senatsverwaltung nicht revidiert worden. Bezüglich des Lärms teilt Herr Kühne mit, dass vor dem Wohngebäude sich heute ein Parkplatz befindet und urch die Bebauung das Wohngebäude vom Verkehrslärm der Otto-Braun-Straße/Mollstraße abgeschirmt wird. Das kann niemand bestreiten und es lässt sich nachweisen. Die neue Konfiguration wird etwas höheren Lärm durch die Straßenbahn führen. Herr Kühne betont, dass es den Bürgern/innen nicht gelingen wird nachzuweisen, dass es insgesamt lauter wird. Er gehe davon aus, dass es nicht zu einer unangemessenen Verschattung kommen wird. Auf der anderen Straßenseite wird das Haus der Statistik abgerissen. Die BVV Mitte beschließt hier einen Bebauungsplan. Auch an diesen Stellen wird man darum ringen, welche Dichte man für Wohnbebauungen, für Bürobebauungen und für Gewerbebebauungen mitten an einem der zentralsten Bereiche realisieren könnte. Hier wird es darum gehen, wie viele Menschen könnten dort wohnen. Auch wird es darum gehen, ob das Land Berlin das eine oder andere Grundstück gewinnbringend verkaufen wird und welche städtebaulichen Dichten sind dort verträglich oder auch nicht. Das Berliner Abgeordnetenhaus hat hier Entscheidungen getroffen. Die Senatsverwaltung hat den Auftrag, das weiter umzusetzen. Herr Kühne kann nicht bestätigen, dass es keine Information gegeben hat. Er wusste nicht, dass heute eine Bürgeranhörung stattfindet, sonst hätte er die Ordner der vielen Schriftverkehre mitgebracht. Er kann nicht bestätigen, dass es keine intensive politische und fachliche Auseinandersetzung gegeben hat. Es gibt eindeutige politische Beschlusslagen und deshalb geht er davon aus, wenn dieses Projekt nicht vor dem Gericht scheitern wird, dass es vermutlich mit kleinen Modifikationen zur Umsetzung kommen wird.

 

Abschließend dankt der Vorsitzende, Herr Bertermann, im Namen des Ausschusses, Herrn Kühne für seine Ausführungen und Beantwortung der gestellten Fragen und den Vertreter/innen der Bürgerinitiative Hinterhofverhinderer für ihr Engagement.

 
 

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