Auszug - Vorstellung der Studie Korruptionsbekämpfung in den Berliner Bezirken BE: Herr Bäumel (Transparency International Deutschland)  

 
 
19. öffentliche Sitzung des Hauptausschusses
TOP: Ö 1.1
Gremium: Hauptausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 01.07.2008 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 21:00 Anlass: ordentlichen Sitzung
 
Wortprotokoll
Beschluss

Herr Neuhaus macht den Vorschlag, die Tagesordnung wie folgt zu ändern:

Herr Neuhaus macht den Vorschlag, die Tagesordnung wie folgt zu ändern:

Unter TOP 1 - Aktuelle Themen - wird der ehemalige TOP 3.1 (nun 1.1) behandelt. Zusätzlich wird unter TOP 1.2 das von Herrn Spallek angemeldete Thema – Umsetzung im Haushaltsjahr 2008 Kapitel 4610 Titel 893 31, 893 39 und 341 92 behandelt.

Die nachfolgenden Tagesordnungspunkt verschieben sich entsprechend.

 

 

Herr Neuhaus begrüßt Herrn Bäumel von Transparency International Deutschland.

 

Herr Bäumel bedankt sich ganz herzlich für die Einladung. Er selbst ist im Vorstand von Transparency International. Transparency International ist eine internationale Organisation, eine nicht Regierungsorganisation, die unabhängig, überparteilich und ehrenamtlich arbeitet. Die Organisation bekommt keine finanziellen Zuschüsse von staatlicher Seite oder sonst wo her. Es handelt sich also um eine Untersuchung, wo es keine Interessenbeeinflussung gibt. Er selbst war während seiner beruflichen Tätigkeit Journalist und hat über 20 Jahre für die ARD im In- und Ausland gearbeitet. Nach Ende seiner beruflichen Tätigkeit hat er sich dann bei Transparency International engagiert. Die Untersuchung basiert auf der Erkenntnis, dass man sich bei TI gesagt hat, wir leben zwar in Berlin und haben hier unsere Geschäftsstellen, aber wir wissen eigentlich nicht, wie Korruptionsprävention in Berlin wirklich funktioniert. Man hat sich dann alle Gesetze, alle Richtlinien angesehen, war bei den Abgeordneten im Abgeordnetenhaus, hat mit Regierungsvertretern gesprochen und hat dann entschieden mal zu gucken, wie in den Bezirken Korruptionsprävention betrieben wird. Als Grundlage dafür wurde die Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung genommen, die der Senat erlassen hat. Diese ist seit 1989 gültig und wurde im vergangenen Jahr novelliert, aber nur minimal verändert. Diese Richtlinie ist für Bezirke nicht verpflichtend, aber sie ist beispielhaft, was man tun kann. Diese Richtlinie ist von der ressortübergreifenden Antikorruptionsarbeitsgruppe des Senats erstellt worden. Das sind Mitglieder aus dem Justiz-, Innen- und dem Finanzsenat, der Polizei, die Finanzdirektion (Steuer), andere Oberbehörden und die Staatsanwaltschaft. Bei der Erstellung der Studie hat man auch die Erkenntnisse aus anderen Bundesländern mit berücksichtigt, die bei der Länderinnenministerkonferenz vorliegen. Auch der Hauptverband der Deutschen Industrie und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie wurde berücksichtigt. Es handelt sich also um eine Richtlinie, die erprobt ist, die von Fachleuten erarbeitet wurde und die man nicht einfach beiseite schieben kann und sagt, wir wissen es besser. Herr Bäumel erwähnt dies hier ausdrücklich, da man in Mitte eine ähnliche Erfahrung machen musste. Darum betont er die Bedeutung dieser Richtlinie. Die Richtlinie setzt zunächst auf Prävention, weil ausgedrückt wird, dass Mitarbeiter quasi eine Hilfe erfahren, dass damit eine Rechtssicherheit geschaffen wird. Auch Sicherheit im Umgang mit den täglichen Aufgaben. Und sie schafft Selbstbewusstsein bei den Mitarbeitern, weil sie souverän mit dem Bürger umgehen können und brauchen kein Obrigkeitsgehabe vor sich hertragen. Aber auch institutionelle Voraussetzungen werden in der Richtlinie beschrieben, um Prävention richtig zu verankern, Kontrolle auszuüben und um sie wirksam zu machen. In der Richtlinie gibt es dann eine ganze Reihe von allgemeinen Grundlagen, die allerdings nicht abgefragt wurden. Diese allgemeinen Grundlagen bedeuten z.B. eine Geschenkverordnung, die für ganz Berlin und die Bezirke gilt. Diese Geschenkverordnung gilt auch für die Bezirksverordneten. Das ist eine Sondersituation gegenüber anderen Gemeinderäten. Die BVV-Mitglieder sind alle verpflichtet und das bedeutet, dass sie wie Amtsträger behandelt werden. Bisher haben die Staatsanwaltschaften da nie nachgefragt oder es war ihnen egal. Wenn es aber mal die Situation geben sollte, dass ein Staatsanwalt da näher hinschaut, dann wird er auch sehen, wie das Verhalten der Bezirksverordneten ist. Das ist sonst in den Gemeinderäten anders. Hier aber gilt die Verpflichtung. Weiterhin gibt es eine Sponsoringrichtlinie, sollte es eine Sponsoringliste geben, die gibt es jedoch meistens nicht. Einen Gefährdungsatlas. Das Vier-Augen-Prinzip ist ganz wichtig. Personalrotation alle fünf Jahre. Sollten also Leute an gefährdeten Punkten sitzen, wo sie viel mit Außenkontakten und mit viel Geld und Vergaben zu tun haben, die sollten diese, wenn es möglich ist, alle fünf Jahre ersetzt werden. Das kann man aus Statistiken des Bundeskriminalamtes erkennen, dass dort, je länger die Leute an einer Position sind, die Korruptionsrate um so höher ist. Dann gibt es institutionelle Einrichtungen, die in dieser Richtlinie vorgeschlagen werden. Das sind z.B. ein Antikorruptionsbeauftragter, ein Antikorruptionsarbeitskreis, eine zentrale Vergabestelle, die Einrichtung von zentralen Prüfgruppen und die Bestellung eines externen Ombudsmannes. Transparency International hat noch die jährliche Veröffentlichung in der BVV und im Internet hinzugefügt, sowie einen jährlichen Sponsoringbericht. Zum Sponsoringbericht muss man sagen, dass es diesen nur in ein paar Bezirken gibt, die eine solche Vorlage umgesetzt haben. In Mitte ist es nicht der Fall. Der Senat und das Abgeordnetenhaus werden eine Richtlinie erlassen. Inwieweit die dann auch für die Bezirke gültig ist, kann noch nicht gesagt werden. Es wurde also eine Untersuchung durchgeführt, die keinen wissenschaftlichen Anspruch erhebt. Man hat gesagt, es soll mit den Antikorruptionsbeauftragten in den einzelnen Bezirken gesprochen werden. Es hat mit allen zwölf Antikorruptionsbeauftragten ein Gespräch stattgefunden, das in der Regel zwischen 1 ½ und 2 Stunden dauerte. Von allen Beauftragten wurde man sehr ordentlich, sehr freundlich und sehr informativ behandelt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden dann zusammengefasst. Herr Bäumel möchte hier im einzelnen darüber informieren, wie diese Gespräche, orientiert am Bezirk Mitte, stattgefunden haben. Im April vorigen Jahres wurde mit dem Rechtsamtsleiter Herrn Völkner, der hier auch der Antikorruptionsbeauftragt ist, ein Gespräch geführt. Herr Völkner ist mittlerweile pensioniert. Herr Völkner hatte in diesem Gespräch mitgeteilt, dass er der Antikorruptionsbeauftragte ist und auch ein Antikorruptionsarbeitskreis existiert. Den Antikorruptionskreis haben jeweils die Leiter der Serviceeinheiten Finanzen, Personal, Steuerungsdienst und Herr Völkner selbst gebildet. Dann kam der erste Schock für TI, als man nach Prüfgruppen gefragt hatte. Prüfgruppen sollte es in jedem Bezirk geben. Das ist eine zentrale institutionelle Forderung der Richtlinie. Und so eine Prüfgruppe hat es nicht gegeben und gibt es nach wie vor noch nicht in Mitte. Es gibt auch keine anlass- und auch keine nichanlassbezogenen Prüfungen oder zumindest war das bis vor kurzem so. Auf die Nachfrage, was Herr Völkner unternimmt, wenn er etwas hört, wurde geantwortet, dass man diese Vorgänge sofort an die Staatsanwaltschaft abgibt. Der Bezirk würde nur etwas verschütten. Das Ergebnis eines solchen Verfahrens ist, dass natürlich nichts dabei herauskommt, weil die Staatsanwälte, die Korruptionsaufklärung betreiben bzw. in solchen Sachen ermitteln, das sind in Berlin fünf Staatsanwälte und drei Abteilungen des Landeskriminalamtes, natürlich unheimlich viel Arbeit haben. Und wenn da ein vager Hinweis aus dem Bezirksamt kommt, dann geht das meistens unter, weil die Staatsanwälte ohnehin genug zu tun haben. Es gibt in Mitte keine Vorermittlungen, nichts, absolut nichts. Und das ist in keinem anderen Bezirk so. In allen anderen Bezirke gibt es, auch wenn sie nicht alle eine Prüfgruppe haben, dann aber zumindest anlassbezogene Prüfungen. Das fand TI schon hinreichend, um nachzufragen, wie dann Innenrevision stattfindet. Man hat dann erfahren, dass der Senat verordnet hat, dass eine Innenrevision für die Abteilung Jugend und für die Abteilung Soziales vorgeschrieben ist. In allen vier anderen Abteilungen ist es aber freiwillig. Herr Bäumel hat dann im Internet gefunden, dass es noch eine Innenrevision in der Abteilung Gebäude- und Dienstleistungsmanagement gibt. Ob es für die Bauabteilung eine Innenrevision gibt, ist Herrn Bäumel nicht bekannt. Herr Völkner konnte diese Frage damals nicht beantworten. Er wusste es einfach nicht. Das war natürlich auch ein Indiz dafür, dass er das nicht ganz ernst genommen hat. Auf jeden Fall müsste es in der Bauabteilung noch eine Innenrevision geben. Aber auch in den anderen Abteilungen muss eine Prüfung stattfinden. Das gibt es in jedem Unternehmen. Der Bezirk Mitte hat eine zentrale Vergabestelle, was besonders wichtig ist, weil damit Planungsausschreibungen, Vergabe-, Bauleitungs- und Abrechnungsfunktionen getrennt werden können. Bei freien Vergaben liegt dies alles beim Bauleiter. Der hat dann alles in der Hand. Der Bezirk Spandau hat für Berlin und die Korruptionsprävention insofern eine besondere Bedeutung, weil er, als der Bezirk ebenfalls einen großen Korruptionsskandal hatte, dagegen etwas unternehmen wollte. Der dortige Rechtsamtsleiter/Antikorruptionsbeauftragte hat ein Modell entwickelt und dieses der Verwaltungsakademie in Speier bei einem Wettbewerb zur Korruptionsprävention angeboten. Unter 90 Mitbewerbern hat er schließlich am besten abgeschnitten. Die schriftlich eingereichten Maßnahmen wurden auch vor Ort geprüft. Weiterhin gibt es in Spandau eine Begrenzung der freihändigen Vergabesummen. Bei allen Rahmenverträgen pro Firma und Jahr dürfen es nicht mehr als 25.000 € sein. Es gibt immer diesen Balanceakt bei der Politik, dass die sagen, wir wollen die Vergaben an Unternehmen vergeben, die direkt im Bezirk sind. Da haben die Spandauer jedoch gesagt, dass es nicht sein kann, dass wir quasi ein Hoflieferantentum haben, weil die immer teurer sind. Es wurde u.a. festgestellt, dass bei der Feuersozietät eine Einsparung von 70 % bei der Feuergebäudeversicherung erreicht werden konnte. Das bedeutet, dass man, wenn solche Instrumente konsequent durchgeführt werden, tatsächlich richtig Geld sparen kann. Weiterhin hat Spandau ein elektronisches Vergaberegister. Dort kann man sehen, wer wann welche Aufträge erhalten hat. Bei Herrn Völkner wurde weiter nachgefragt, ob es einen Gefährdungsatlas gibt. In einem Gefährdungsatlas steht drin, welche Positionen von der Aufgabe (viele Außenkontakte, viel Geld) her, besonders gefährdet sind. Danach führt man dann auch entsprechende Prüfungen durch. So etwas gibt es in Mitte nicht. Hat es aber wohl früher mal gegeben. Herr Völkner äußerte, dass es sich um ein pädagogisches Hilfsmittel handelt, das nichts bringt. Also wird es auch nicht durchgeführt. Einen Ombudsmann wollte Herr Völkner auch nicht haben. Einen Ombudsmann gibt es leider nur in Spandau. Dieser Ombudsmann hat einen Rechtsanwalt, der nur von Fall zu Fall bezahlt wird und nicht dauerhaft angestellt ist. Somit kostet er nicht allzu viel Geld. Ein weiteres Gegenargument, was immer wieder gegen einen Ombudsmann vorgetragen wird, wären Verleumdungen. Der Ombudsmann in Spandau übt seine Tätigkeit seit vier Jahren aus und hat mitgeteilt, dass es bisher nicht eine einzige Verleumdungsklage gab. Er selbst behält ca. 1/3 der Hinweise für sich, da er erkennen kann, dass diese unlogisch sind und die Verwaltung sich nicht mit denen auseinandersetzen muss. Das heißt, ca. 1/3 der Hinweise sind nicht an den Antikorruptionsbeauftragen weiter gegangen. In Spandau hat es ca. vier bis fünf Fälle im Jahr gegeben, wo der Antikorruptionsbeauftragte die BVV unterrichtet und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat. Nach Verurteilungen wurde von TI nicht gefragt. Es war wichtiger zu erkennen, dass dieser Ombudsmann eine wichtige Funktion und auch ein Ohr nach draußen hat. Im Bezirk Mitte hatte es zwar Inhouse-Schulungen gegeben, diese wurden jedoch mit dem Argument wieder eingestellt, dass es die Verwaltungsakademie gibt. Dort können die Mitglieder der Verwaltung dann freiwillig hingehen. Das hält Herr Bäumel für eine Sicht, die nicht sehr weit reichend ist. Nach dem Gespräch mit Herrn Völkner wurde ein Gespräch mit Herrn Dr. Hanke geführt. Herrn Dr. Hanke wurden die Wünsche von TI vorgetragen und er hat Prüfung zugesichert. Das war am 03.09.2007. Bisher hat man nichts wieder von Herrn Dr. Hanke gehört. Die Kernfragen von Herrn Dr. Hanke in dem Gespräch waren, was kostet das und was bringt es. In Berlin gibt es bei den Bezirken zwei Möglichkeiten, Prüfgruppen einzurichten. Die Spandauer machen es mit temporären Prüfgruppen. Es gibt den Antikorruptionsarbeitskreis, in dem vorher besprochen wird, was geprüft werden soll. Dann setzt dieser aus den verschiedenen Abteilungen für 14 Tage seine Prüfgruppe zusammen. Der große Vorteil ist, dass es nichts kostet. In anderen Bezirken sind die Prüfgruppenmitglieder fest angestellt. Die Erfahrung in Spandau zeigt, dass durch die Prüfung nicht ein Klima der Angst entstanden ist, sondern mittlerweile ist es so, dass Mitarbeiter im Zweifel beim Rechtsamt/Antikorruptionsbeauftragten um eine Prüfung bitten. Das ist eine gute Entwicklung. Transparency International ist dann an den ressortübergreifenden Antikorruptionsarbeitskreis gegangen, hat die Studie auch an den Rat der Bürgermeister und an die Justizsenatorin geschickt und konnte in der Antikorruptionsarbeitsgruppe den Bericht vortragen. Dort hat es auch Stellungnahmen von Seiten der Bezirke gegeben. Leider sind diese erst eingegangen, während die Anhörung war, so dass das Ergebnis erst beim nächsten Vortrag dargelegt werden konnte. Anschließend gab es eine Stellungnahme der Antikorruptionsarbeitsgruppe. Herr Bäumel zitiert einen Satz aus der Stellungnahme: „Die sachlichen Feststellungen blieben nach zuvor eröffneter Anhörung der Bezirke und nach Auswertung ihrer Stellungnahmen im Wesentlichen unbestritten.“ Damit ist die Untersuchung von Transparency International gemeint. Das bedeutet, dass dieses Gremium tatsächlich hingeguckt und befunden hat, dass TI nicht irgend etwas erfunden hat und irgendwelche aus der Luft gegriffenen Forderungen aufgestellt hat, die nicht begründet wären. Am Schluss der Stellungnahme hat es noch einen sehr schönen Satz gegeben, den Bäumel ebenfalls zitiert: „Hier kann unter Darlegung tatsächlicher und vermeintlicher Schwachstellen nur der Appell stehen, bei der Bekämpfung der Korruption gemeinsam an einem Strang zu ziehen und die Anstrengungen gegebenenfalls zu erhöhen. Wer hier nicht mitzieht, sieht sich bei einem möglichen Korruptionsskandal zu Recht in der öffentlichen Kritik. Als naheliegende Handlungsempfehlung drängt sich daher nur folgerichtig auf, vorhandene Standards zu prüfen und gegebenenfalls neu zu justieren.“ Das ist auch die Bitte von Herrn Bäumel an die Mitglieder des Hauptausschusses/Mitglieder der BVV. Sie sind das Kontrollorgan in Mitte und sollten die Verwaltung drängen bzw. die Verwaltung unterstützen und mit dem Bürgermeister sprechen, dass sich etwas ändert. Denn die Grundposition von vor ein paar Monaten, dass man in Mitte selber alles besser weiß, ist nicht tragfähig.

 

Herr von Dassel bittet darum, dass das Bezirksamt ebenfalls ein Stellungnahme abgibt. Anschließend kann man dann über die beiden Berichte diskutieren. Er fragt nach, ob Herr Dr. Hanke zu heutigen Sitzung eingeladen wurde.

 

Herr Neuhaus teilt mit, dass Herr Dr. Hanke krankheitsbedingt nicht anwesend ist.

 

Herr Bäumel führt aus, dass er die Erwiederung/Eingabe des Bezirks auf die Untersuchung von TI kennt. Darin wird gesagt, dass der Bezirk ein gut funktionierendes System zur Vermeidung von Korruption und Untreue hat und dass man den Vorschlägen nur bedingt folgen möchte. Die Richtlinie würden alle LuV- und SE-Leiter kennen. Ebenso gibt es eine zentrale Vergabestelle. Weiterhin sei Korruptionsvorbeugung eine Führungsaufgabe. Das hat TI auch nie bestritten glaubt aber, dass man auch eine institutionelle Kontrollgruppe braucht. Das ist die Erkenntnis aus anderen Verwaltungen und Großkonzernen.

 

Herr von Dassel wartet noch immer auf eine Stellungnahme des Bezirksamte.

 

Herr Fritsch führt aus, dass er zu diesem Thema noch nichts sagen kann, weil er den Stand der Antikorruptionsarbeitsgruppe nicht kennt. Herr Völkner ist im Ruhestand und Frau Geisler-Ortmann ist kommissarisch dafür berufen. Er möchte trotzdem darauf hinweisen, dass es bei Jugend und Soziales eine Innenrevision gibt. Eine Prüfgruppe gibt es allerdings nicht. Nach Kenntnis von Herrn Fritsch gibt aber einen Gefärdungskataster, der allerdings angepasst werden müsste. Das wurde im Bericht von Herrn Bäumel nicht ganz richtig dargestellt. Weiteres kann er dazu nicht sagen.

 

Frau Geisler-Ortmann teilt mit, dass sie auf keinen Fall für das Bezirksamt sprechen kann. Sie wollte sich hier den Bericht anhören, um überhaupt über den Sachstand zu erfahren. Sie hat damals von Herrn Völkner, als er ausgeschieden ist, ungefähr drei Kilo Altakten übernommen mit dem Halbsatz „da müsste mal etwas bewegt werden“. Inzwischen hat sich Frau Geisler-Ortmann da einigermaßen durchgearbeitet und hat z.B. auch einen Gefährdungsatlas gefunden. Sie muss allerdings einräumen, dass der nicht angepasst wurde und den inzwischen vorliegenden Strukturen hinterherhinkt. Aber da die Aufgaben im Wesentlichen gleich geblieben sind, kann man ihn einfach überarbeiten. Aber das ist nicht die einzige Baustelle, die Frau Geisler-Ortmann von Herrn Völkner übernommen hat. Es gibt da noch einiges andere. Auch die Besetzung des Rechtsamtes ist zurzeit etwas prekär. Es gibt auf jeden Fall noch einige andere Dinge, die mindestens genau so wichtig sind. Frau Geisler-Ortmann möchte das Thema auf gar keinen Fall verniedlichen und sieht, dass dort unbedingt etwas gemacht werden muss. Sie hat mit der Innenrevision Kontakt aufgenommen und man wird sich demnächst zusammen setzen. Man ist fest entschlossen, diese Sache zu bewegen. Weiterhin war Frau Geisler-Ortmann bei dem zuständigen Staatsanwalt, der in Berlin für die Korruptionsbekämpfung zuständig ist. Er hat angeboten, einen Vortrag zu halten. Es wird im Herbst eine Einladung an die LuV- und SE-Leiter und auch an das Bezirksamt geben. Ihr ist nicht bekannt, wie groß das Interesse der BVV ist, ebenfalls an dieser Vorstellung teilzunehmen. Es ist auf jeden Fall möglich, die Einladung auch an die BVV zu richten. Das wird einer der nächsten Schritte zu diesem Thema sein.

 

Herr von Dassel bittet darum, dass dieses Thema zur nächsten Hauptausschuss-Sitzung erneut aufgerufen wird und dann vielleicht auch mit Anwesenheit des Bezirksbürgermeisters. Er macht weiterhin den Vorschlag, auch die LeiterInnen der Innenrevisionsgruppen einzuladen. Diesbezüglich fragt er nach, ob es denn im Bauamt auch eine solche Innenrevision gibt. Weiterhin möchte er anmerken, dass hier sehr deutlich wurde, dass es sich um ein sehr wichtiges Thema handelt. Er bittet das Bezirksamt, sich das Protokoll bzw. das Tonband anzuhören, damit es auf die sich daraus ergebenden Fragen auch auskunftsfähig ist. Des weiteren bezieht sich Herr von Dassel auf die bewusste Tradition in Mitte, dass man Aufträge nicht nach einer Ausschreibung vergibt, sondern immer nach einem sehr begrenzten Interessenbekundungsverfahren. Das ist immer ein zweischneidiges Schwert. Das gleiche Problem gibt es verstärkt im JobCenter Mitte. Er hätte gerne von Herrn Bäumel eine Einschätzung, inwieweit in dem Spannungsfeld zwischen, man kennt jemanden, der gute Arbeit macht und eine Ausschreibung bringt unbekannte Ergebnisse, Informationen auch aus anderen Bezirken dargelegt werden können.

 

Herr Bäumel führt aus, dass nicht genau nachgefragt wurde, wie die Vergabepraxis ist. Aber was man so gehört hat, ist es immer ein schwieriges Abwägen, gerade in solchen Bereichen, wo es bestimmte Träger gibt, die man schon lange kennt. Er selbst würde es auch sehr interessant finden, wenn man auch aus den anderen Bezirken erfährt, die das gleiche Problem haben, mit wem die Arbeiten und mit welchen Kosten. Wenn es da eine Vergleichsstudie geben würde, hätte dies sicherlich nur Vorteile.

 

Herr Biedermann möchte ergänzen, dass es in der Abteilung Stadtentwicklung keine Innenrevision gibt. Möchte aber auch kritisch zum Bericht anmerken, das zum Gebäude- und Dienstleistungsmanagement auch das Hochbauamt gehört, das den größten Teil der baulichen Mittel im Bezirk umsetzt und somit auch der Innenrevision der Abteilung Wirtschaft, Immobilien und Ordnungsamt unterliegt.

 

Herr Bertermann findet es bedauerlich, dass von Seiten des Bezirksamtes da wenig Anmerkungen kommen. Die Studie liegt seit längerer Zeit vor und ist somit nicht mehr ganz so neu. Er schlussfolgert aus den Aussagen von Herrn Fritsch, dass dieses Thema scheinbar auch im Bezirksamt nicht größere Aufregung erzeugt hat oder auf der Tagesordnung stand, um hier eine gemeinsame Stellungnahme des Bezirksamtes abgeben zu können. Herr Bertmann hätte gerne gewusst, ob sich das Bezirksamt zur nächsten Hautpausschuss-Sitzung in der Lage sieht, zu den hier gemachten Schlussfolgerungen jeweils eine Stellungnahme abzugeben. Ansonsten würde Herr Bertermann dies über eine Kleine Anfrage machen.

 

Herr Gothe teilt mit, dass es eine externe Vergabestelle für alle Leistungen gibt, die nach außen vergeben werden. Diese Stelle ist bei GDM angesiedelt. So ist zumindest gewährleistet, dass die Leute, die z.B. im Tiefbauamt oder Grünflächenamt Bauleitung machen und im täglichen Kontakt mit Baufirmen Maßnahmen umsetzen, auf keinen Fall identisch sind mit den Leuten, die in der Vergabestelle dafür zuständig sind, die Angebote der Firmen zu prüfen und einen Zuschlag erteilen. Das ist eine sehr wichtige Trennung. Herr Gothe wird das Thema in seinem Straßen- und Grünfächenamt ansprechen und fragen, ob es dazu schon Diskussionen oder Einschätzungen gibt. Er wird im nächsten Hauptausschuss berichten bzw. über Herrn Fritsch berichten lassen.

 

Frau Hilse merkt an, dass das Interessenbekundungsverfahren zum Güterbahnhof Moabit West und ähnliche Verfahren nicht über die Vergabestelle gelaufen sind.

 

Herr Gothe führt aus, dass das Interessenbekundungsverfahren für das besondere Grundstück am Güterbahnhof Moabit im Rahmen des Projektes Stadtumbau West gelaufen ist. Und da geht es nicht um die Vergabe einer Bauleistung, sondern um die Ermittlung eines möglichen Nutzers dieses Gebäudes. Das hat nichts mit der Umsetzung von Baumaßnahmen zu tun. Somit betrifft es auch nicht das Straßen- und Grünflächenamt, sondern es wird vom LuV Planen und Genehmigen gemanagt und ist insofern nicht mit Maßnahmen durch das Tiefbau- oder Straßen- und Grünflächenamt zu vergleichen.

 

Herr von Dassel merkt an, dass sich die BVV bisher schwer getan hat, dieses Ansinnen politisch durchzusetzen, dass die BVV über alle Aufträge im nachhinein informiert wird, um die Adressaten des Geldes und die Aufträge im Überblick beurteilen zu können. Er fragt bei Herrn Bäumel nach, ob es dies in anderen Bezirken gibt oder ebenfalls ein schwarzes Feld ist. Weiterhin hätte er gerne gewusst, ob der jährliche Bericht des Bezirksbürgermeister wirklich schon in anderen Bezirken, außer Spandau, umgesetzt ist oder ob es sich nur um eine Theorie handelt und in der bezirklichen Praxis noch nicht angekommen ist.

 

Herr Bäumel teilt mit, dass es dies konkret in Spandau und in Pankow gibt. Dort sind diese Berichte auch öffentlich. Es gibt auch die Erfahrung, dass wenn ein Bürgermeister vor der BVV öffentlich zur Korruptionsprävention etwas sagt, dass man dann weiß, der steht auch dahinter. Aber es ist eben viel leichter nichts zu sagen und sich nicht darum zu kümmern. Darum ist TI dafür, dass ein Bürgermeister dazu Position bezieht. Betreffend der Vergaben kann Herr Bäumel leider nichts ausführen. Es wurde nicht nachgefragt, ob die Bezirksverordnetenversammlungen davon unterrichtet werden.

 

Herr Fritsch merkt an, dass er einen Bericht von Transparency International vom März 2008 vorzuliegen hat. Der Bericht an Herrn Dr. Hanke ist jedoch vom September 2007.

 

Herr Bäumel führt aus, dass der Bericht 2007 fertig war und Herrn Dr. Hanke im September zugesandt wurde. Im Januar 2008 ist man dann mit diesem Bericht in die Antikorruptionsarbeitsgruppe gegangen, wo es schon erste minimale Korrekturen durch die Stellungnahmen der Bezirke gegeben hat. Diese wurden dann von Herrn Bäumel eingearbeitet ehe man im März 2008 an die Presse gegangen ist.

 

Herr Fritsch bezieht sich auf die Schlussfolgerungen von Herrn Bäumel und merkt an, dass es einen Antikorruptionsarbeitskreis beim Rechtsamt gegeben hat. Durch den Weggang von Herrn Völkner hat es dort eine Veränderung gegeben, die Stelle ist noch nicht besetzt und das Verfahren läuft noch. Das Thema der zentralen Prüfgruppen ist aus der Sicht von Herrn Fritsch sinnvoll. Da besteht nur die Frage, wie man das vernünftig ansiedelt. Immerhin gibt es drei Innenrevisionen. Und diese in einer zentralen Prüfgruppe zusammen zu fassen, würde auf jeden Fall die Unterstützung von Herr Fritsch finden. Zum jährlichen Bericht kann er nichts sagen, aber dieser macht sicherlich auch einen Sinn. Weiterhin bezieht er sich auf das Interessenbekundungsverfahren und möchte darauf hinweisen, dass es sich dabei um ein Markterkundungsverfahren handelt, um herauszubekommen, ob jemand eine Leistung, die bisher die öffentliche Hand erbracht hat, besser, günstiger, schneller oder wie auch immer erbringen kann. In der Landeshaushaltsordnung (LHO) steht ausdrücklich drin, es ersetzt kein Vergabeverfahren. Es ist die Vorbereitung für ein Vergabeverfahren. Zum Personalwechsel (Rotation) möchte Herr Fritsch anmerken, dass es sicherlich ein hehres Ziel, aber in der Verwaltung leider nicht umsetzbar ist. Die Personalsituation gibt dies einfach nicht mehr her. Mittlerweile fehlen in allen Bereichen die Fachleute. Solange sich noch immer über 3.000 Menschen im ZEP befinden, wird es ausgesprochen schwer sein, hier Fachkräfte von außen einstellen zu können. Eine Sponsoringrichtlinie hält Herr Fritsch ebenfalls für richtig. Er weiß jedoch nicht, ob es in Mitte eine gibt. In diesem Feld gibt es aber sicherlich noch eine große Lücke zu füllen. Das Zuwendungsregister ist nach Auffassung von Herrn Fritsch sogar schon eine Forderung von SenFin. Wer eine Zuwendung bekommt, die 50.000 € beträgt, muss diese veröffentlichen. Herr Fritsch hält es prinzipiell für wichtig, wenn alle Zuwendungen veröffentlich werden (welcher Träger erhält was). Dazu müsste dann auch die entgeltfreie Vergabe von Räumen und die betriebskostenfreie Überlassung von Räumen zählen. Noch besser wäre es, wenn ein solches Zuwendungsregister über einen BVV-Beschluss erfolgen würde. Herr Fritsch bezieht sich weiterhin auf die Zentralstelle zur Korruptionsbekämpfung bei der Generalstaatsanwaltschaft, an die man sich auch anonym wenden kann, und die auch relativ zügig auf solche Dinge reagieren. Deshalb hält er die Idee mit einem eigenständigen Ombudsmann nicht für unbedingt notwendig. Auch der Gefährdungsatlas muss angepasst und im Hauptausschuss vorgestellt werden. Herr Fritsch wird dieses Thema mit in die nächste BA-Sitzung nehmen.

Herr Fritsch merkt abschließend an, dass es sich hier um den Kommentar eines einzelnen Stadtrates auf die Schlussfolgerungen von Herrn Bäumel handelt, die im Grunde richtig sind.

 

Herr Bäumel führt zum Ombudsmann aus, dass es in der Berliner Politik (Abgeordnetenhaus) Überlegungen gibt, ob man zwischen dem Vorgesetzten und der Staatsanwaltschaft nicht einen solchen Ombudsmann platzieren muss. Ob sich das durchsetzt, kann er jedoch nicht sagen. Weiterhin stand ein elektronisches Hinweisgebersystem zur Debatte, das z.B. vom Landeskriminalamt in Niedersachsen betrieben wird. Dort kann man anonym über das Internet Hinweise geben. In Berlin wollte man dies auch machen, jedoch nicht bei der Polizei, sondern es sollte bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angesiedelt werden. Das Ergebnis war, dass sich der Datenschutzbeauftragte dagegen wehrt. Die Konsequenz daraus ist, dass die Senatorin für Stadtentwicklung dieses Thema vorerst nicht weiter betreibt.

 

Herr Neuhaus bedankt sich bei Herrn Bäumel für die Ausführungen. Er möchte abschließend die Bitte festhalten, dass das Bezirksamt zu den Schlussfolgerungen Stellung nimmt. Er wird den Bezirksbürgermeister entsprechend anschreiben. Das Thema wird sicherlich erneut im Ausschuss behandelt.


 

 
 

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