Auszug - Rathenower Straße 15-18 BE: BA Mitte, Herr Dr. Rauhut (Landeskonservator), Frau Möller (Vertreterin Initiative "wem-gehoert.berlin"), Herr Lindner (GSE), Frau Hartmann (WBM)   

 
 
40. öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Sanieren, Bauen und Bebauungspläne
TOP: Ö 10.2
Gremium: Stadtentwicklung Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 26.02.2020 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:30 - 21:40 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

Die Beratung schließt den TOP 11.3 , DS 2279/V „ Runder Tisch zur Rathenower Str. 15-18 & Moratorium des Teilabrisses“ mit ein.

Herr BzStR Gothe informiert zum aktuellen Planungsstand. Das Ablaufdiagramm ist den Ausschussmitgliedern vorab übersandt worden (siehe Anlage 2). Nach dem mehrjährigen Planungs- und Entwicklungsprozess habe sich unerwartet eine Initiative zum Erhalt des bisherigen Gebäudeensembles gebildet. Wichtig in dem Projekt sei, dass das Hochhaus für Träger und besondere Wohnformen der GSE weitergeführt werde. Statt des Parkplatzes soll ein offener und zugänglicher Stadtplatz und ein Zugang zum Fritz-Schloß-Park geschaffen werden. Anstelle des heutigen flacheren Baus soll mithilfe eines Baus in U-Form ein Vielfaches an Wohnfläche geschaffen werden. Der geplante Bau sei in mehreren Phasen mit Wettbewerbselementen entwickelt worden und soll von der WBM umgesetzt werden. Im Erdgeschoss sollen die heutigen Nutzungen erhalten bleiben. Es handle sich somit um eine wesentliche Verbesserung der Situation vor Ort im Vergleich zu heute. Eine Vielzahl von Beteiligungsverfahren habe es gegeben.

Frau Lara Möller und Theresa Keilhacker (Initiative „wem-gehoert.berlin“) stellen die Position der 2018 gegründete Initiative, die sich für den Erhalt des bisherigen Gebäudeensembles einsetze, mithilfe einer Präsentation vor (siehe Anlage 3). Sie erläutern den Stil des in den 1970-er Jahren errichteten Gebäudes, das durch Laubengänge, Brücken und Treppen geprägt sei und sich an dem in den 1950-er Jahren in Westberlin erprobten Bildungscampus orientiere. Außerschulische- und schulische Nutzung seien hier verbunden. Einer der beiden Architekten sei heute zugegen. Die heutigen Nutzer*innen des flacheren Baus werden vorgestellt. Der lange Planungsvorlauf zur Umgestaltung sei bis vor einem Jahr den Bürger*innen nicht bekannt gewesen. Nach dem Aufstellungsbeschluss zum neuen Bebauungsplan habe ihre Beteiligung begonnen, so auch an der öffentlichen Veranstaltung zum Quartiersplatz. Parallel haben sie ein Podium zur Brutalismus Architektur durchgeführt. Das Landesdenkmalamt habe das Podium gefördert. In der Veranstaltung sei die Denkmalrdigkeit herausgearbeitet worden. Bei dem vor Ort durchgeführten Workshop seien aus der Nutzer*innenperspektive Ideen für alternative Nutzungen erarbeitet, ohne das Gebäude abreißen zu müssen. Viele Aspekte aus der Veranstaltung zum Quartiersplatz seien implementiert worden, da diese bereits und somit auch ohne Abriss umsetzbar seien. Da das Gebäude seit 2011 schlecht verwaltet werde, sei eine Sanierung erforderlich. Das einstige Konzept des Gebäudes sei an diesem Ort sehr wichtig und sollte nicht für Wohnungen verdrängt werden. Seit dem der Bebauungsplan veröffentlich sei, gebe es viele Investorenbewerbungen in der Umgebung, u.a. für Luxuswohnungen. Zudem werde ein denkmalwürdiges Ensemble zerstört. Aus diesem Grund werde ein Runder Tisch gewünscht.

Herr Bertermann (Ausschussvorsitzender) weist darauf hin, das die Planungen bereits seit Jahren öffentlich diskutiert werden und nicht erst seit eine Jahr den interessierten Bürger*innen von Moabit bekannt sind. So wurde die Planung nach seinem Kenntnisstand erstmals bereits 2015 von einer Vertreter der Gesellschaft für StadtEntwicklung gemeinnützige GmbH (GSE) im Betroffenenrat Lehrter Straße vorgestellt.

Herr Dr. Rauhut (Berliner Landeskonservator) informiert, dass im Jahr 2005 in Moabit alle Gebäude systematisch auf ihre Denkmalwürdigkeit geprüft wurden. In diesem Zusammenhang würde keine Denkmalwürdigkeit festgestellt. Seither rde keine weitere Denkmalwertprüfung vorgenommen. Nach den vorliegenden Daten und aus fachlicher Sicht liege eine Denkmaleigenschaft voraussichtlich nicht vor, sodass eine Prüfung angesichts der knappen Personalressourcen nicht geplant sei. Denkmalschutz beinhaltet nicht die Nutzung von Gebäuden. Der sorgsame Umgang mit sozialen Strukturen müsse eine Aufgabe der Stadtentwicklung sein. Das betreffende Gebäudeensemble habe eine soziale Funktion. Ein probates Mittel könne sein, den Erhalt baulicher Strukturen prüfen zu lassen. Auch die klimatischen Auswirkungen eines Abrisses sollten in der Prüfung Berücksichtigung finden.

Herr Voß (Gesellschaft für StadtEntwicklung gGmbH (GSE)) informiert, dass die GSE seit 2011 in die Verfahren involviert und mit den verschiedenen Ämtern im Austausch ist. Die GSE ist ein von Senat beauftragter Träger, der Wohnungen für besondere Bedarfsgruppen und Gewerberäume zur Verfügung stellt.

Nutzer, die bereits vor Ort seien, sollen erhalten bleiben. Für die weitere Unterbringung sollen Zielgruppen definiert werden, die unter die gemeinnützigen Bestimmungen fallen. Es besteht die Ansicht, dass die GSE das Hochhaus und weitere gewerbliche Neubauteile bewirtschaften und den bisherigen Nutzer*innen weiterhin zur Verfügung stellt, wie z. B. der Kältehilfe, der Kiezküche und dem Drogennotdienst. Weiterhin sind Kultur- und Ateliernutzungen geplant. Alle Räume für gemeinnützige Organisationen werden zu bezahlbaren Mieten angeboten.

Frau Hartmann (Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH (WBM)) erläutern die Konsequenzen einer eventuellen Nichtumsetzung des Vorhabens.

Aufgrund der kurzen verbleibenden Sitzungszeit erläutert die Vertreterin der WBM ohne Präsentation kurz, dass sich die WBM und die GSE zur Umsetzung des Projekts in der Rathenower Straße 15-18 im Jahr 2013 zusammengeschlossen haben. Es sollen 3.000 qm Fläche abgerissen werden, um 12.000 qm Fläche neu aufbauen zu können, was etwa 80 Wohneinheiten entspreche. Geplant sind 71 Wohnungen und Wohngruppenplätze mit 1-12 Zimmerwohnungen. Hierfür stehen SIWANA-Fördermittel des Landes Berlin zur Verfügung) Damit würden weitere zu den bereits bestehenden Bedarfen gedeckt werden. Mit einer Fertigstellung könne im Jahr 2024 gerechnet werden, sofern es nicht zu weiteren Verzögerungen komme. Alle Nutzungen, wie z. B. die Moschee, sollen erhalten bleiben und Räume im Neubau finden.

Die Einrichtung eines Runden Tisches würde die Prozesse unterbrechen. Es bestehe zudem die Gefahr, dass die Baukosten in der Zwischenzeit steigen. Es handle sich um einen Ort, der dringend umgestaltet werden müsse, da es im Hochhaus keine Wohnungen gebe. Das Angebot der Wohngemeinschaften für Jugendliche und andere betreuungsbedürftige Gruppen könne sonst nicht realisiert werden.

(Anm.: Im Nachgang zur Sitzung hat die WBM dem Ausschuss ihre Präsentation zur Verfügung gestellt (siehe Anlage 4))

Herr BV Diedrich (Fraktion DIE LINKE) sieht die Begründung für den Antrag 2279/V, „Runder Tisch zur Rathenower Str. 15-18 & Moratorium des Teilabrisses“ nach den heute vorgetragenen Fakten als hinfällig an. Er schlägt daher vor, den Antrag dahingehend zu ändern, statt des Runden Tisches die eine Ausschussanrung als Möglichkeit zu nutzen, die verschiedenen Perspektiven zusammenzuführen und zu einer Bewertung zu kommen.

Herr BV Schug (SPD-Fraktion) weist darauf hin, dass der B-Plan auf verschiedenen Beschlüssen der letzten Wahlperiode basiere. Er bezweifle, dass eine Anhörung erforderlich sei, da auch heute keine Aspekte vorgetragen worden seien, die ein Moratorium begründen oder den B-Plan infrage stellen. Eher sollte der WBM und der GSE das Signal gegeben werde, die Entwicklung fortzuführen. Es werde bedauert, dass die voraussichtliche Fertigstellung erst im Jahr 2024 erfolgen könne, nicht bereits 2022.

Herr Bausch (BüDep der Fraktion Bü´90/Die Grünen) gibt zu bedenken, dass es nie zu spät sei, neu zu denken, insbesondere bei Gebäuden mit einer sozialen Geschichte. Es seien in der heutigen Sitzung wichtige Faktoren genannt worden. So sei es beispielsweise eine wichtige Erkenntnis, dass der Denkmalschutz bei der Erstellung der Planung keine Rolle eingenommen habe. Er betone, dass die geplanten Wohnformen seiner Auffassung nach an diesem Ort äerst wichtig seien und deren Realisierung viel zur Entwicklung des Ortes beitrage. Auch die Öffnung zum Fritz-Schloß-Park ist zu unterstützen.

Herr BzStR Gothe plädiert für die zügige Fortführung des Projekts. Die gesamte Fläche bleibe im Besitz des Landes Berlin. Er erinnert daran, dass sich die Planungen im Laufe der Jahre bereits verändert haben. So ist man den zuerst geplanten Totalabriss des hinteren Gebäuderiegels verworfen, so dass nun das Hochhaus bestehen bleibt. Im Bezirk Mitte verfügen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften nur über 15% den Wohnungsbestandes, wobei die Schwerpunkte in den Ortsteilen Mitte und Wedding liegen. Es sei daher sehr wichtig, in Moabit landeseigene Wohnungen zu bauen.

Herr BV Diedrich bittet den Antrag 2279/V abzustimmen, sofern vom Ausschuss keine Anhörung gewünscht werde.

Eine Anhörung wird seitens der Fraktion der SPD abgelehnt.

Die Mitglieder des Ausschusses empfehlen mehrheitlich, den Antrag abzulehnen (vgl. TOP 11.3).

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 3 3 Stadt 26.02.20 - Protokoll- A2 Rathenower Str. 15-18 Übersicht Entwicklung (450 KB)    
Anlage 4 4 Stadt 26.02.20 - Protokoll- A4 Rathenower Str. 15-18 WBM (533 KB)    
Anlage 5 5 Stadt 26.02.20 - Protokoll- A4 Rathenower Str. 15-18 WemGehörtBerlin (2054 KB)    
 
 

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