Auszug - Information akute Situation von Kitastandorten  

 
 
15. öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 8
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 01.02.2018 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 20:07 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

Der Vorsitzende berichtet, dass ihm zugetragen worden sei, dass der Kita Arche in der Huttenstraße, die 30 Plätze hatte, vom Vermieter zum 30.036.2018 gekündigt worden sei.rzlich habe es jedoch eine mündliche Zusage zur Rücknahme der Kündigung gegeben, weshalb heute kein Vertreter zugegen sei. Auf die Kita käme nach unbestätigten Informationen nun eine Mieterhöhung in Höhe von 1.500,- € monatlich zu. Von anderen Betreibern sei ihm die besorgniserregende Entwicklung zugetragen worden, dass in der vergangenen Zeit häufiger von privaten Vermietern gekündigt und diese Kündigung mit einer Mietsteigerung von 7,50 € je Quadratmeter zurückgenommen werde.

 

Nach ihm vorliegenden Informationen habe das Bezirksamt den Vertrag mit der Kita Alegria in der Schmidstraße 4 nicht über den 31.01.2019 verlängert.

 

Der Vorsitzende bittet, zu folgenden Punkten zu berichten:

  • Seit dem Jahr 2013 gebe es die Gespräche zum Ausbau der Kita Alegria. An das Bezirksamt werden die Fragen gerichtet, welche Anstrengungen die Kita unternommen habe, um bezüglich des Ausbaus zu kooperieren und welche Anfragen ihrerseits diesbezüglich erfolgt seien?

Bei einer Nutzfläche von 784 qm und Grundstücksfläche von 3.000 qm sei einer Erweiterung über 70 Plätze hinaus möglich. An den Träger wird die Frage gerichtet, wie er zu dem Ausbau stehe.

  • Den Wahlstrukturdaten in diesem Gebiet sei eine Grundsicherungsquote von 28,6% zu entnehmen, sodass umgerechnet anzunehmen sei, dass die Quote bezogen auf die Kinder im Alter von 0-8 Jahren vorauss. über 42% liege. An das Bezirksamt wird die Frage gerichtet, wie viele Kinder aus der Kita Alegria Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabegesetzt beanspruchen, was ein wichtiger Indikator sei, um die Mischung der Eltern zu bewerten. Weiter wird erfragt, wie hoch die Zusatzbeiträge seien, die die Kinder in der Kita Alegria zahlen und ob diese von den Eltern aus dem Kiez aufgebracht werden können.

 

Frau BzStRätin Dr. Obermeyer schildert die Hintergründe und Planungsperspektive des Bezirksamtes. Vor dem Hintergrund des hohen Kitaplätzebedarfs sei der Standort Schmidstraße 4 r die Entwicklung einer doppelt so großen Kita identifiziert worden. In diesem Gebiet bestehe ein Mehrbedarf von 400 Plätzen, sodass die Veränderung des Standorts im Licht der Erweiterung stehe. Es stehe im Interesse des Bezirksamtes, die Kitaptze vorzugsweise den Kindern der Umgebung zur Verfügung zu stellen, somit werde auch darauf geachtet, dass das Angebot zum Bedarf passe. Das sei im Fall der Kita-Alegria nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht der Fall. Zur Umsetzung des Konzepts des Trägers werde eine monatliche Zuzahlung vereinbart, die sich die Bewohner in der Umgebung nicht leisten könnten. Frau Koch (Jugendamt) ergänzt, dass die Kita Alegria eine Betriebserlaubnis von 77 Plätzen haben, 70 Verträge seien registriert. Von den 70 betreuten Kindern seien lediglich 28 im Bezirk Mitte wohnhaft, von denen keines Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket erhalte. Den gemeinsamen Gesprächen mit dem Träger habe nicht entnommen werden können, dass der Träger beabsichtige, das Konzept dem Bedarf anzupassen. Sie berichtet zudem, dass die Warteliste auf Kitaplätze seit diesem Jahr nicht abgearbeitet werden könne, insbesondere in dem hier betreffenden Gebiet. In dem Gebiet entspreche das Angebot nicht den Erwartungen aller Eltern. Auch das Aufnahmealter sei für manche Eltern zu hoch. Diese Komponenten zusammen flossen in die Bewertung zur Vertragsverlängerung mit dem Träger ein.

 

Herr Lehmann (Jugendamt) berichtet, dass seitens des Trägers lange Zeit keine Anträge auf Sanierung oder Ausbau eingegangen seien. Im Rahmen einer Förderabfrage des Senats sei ein Antrag eingegangen, nach Prüfung der Fördervoraussetzungen jedoch abgelehnt worden, der Anteil der Kinder mit einem Bezug zur Luisenstadt sei zu gering gewesen.

 

Frau Grass, Sprecherin AG §78 Kitabereich-, berichtet, dass die AG unterstützend tätig sei, die Warteliste auf einen Kitaplatz zu kürzen. Der Fokus liege dabei darin, die Kinder einer wohnortnahen Kita unterzubringen. Die Zuzahlung sei dabei ein Hindernis und werde auch von der Kitaaufsicht kritisiert. Diese habe die Absicht, eine Zuzahlungsobergrenze anzusetzen. Von dem Fall mit der Kita Alegria haben die Sprecher der AG §78 durch die Presse erfahren. Sie bitten, diese zukünftig in die Debatten mit aufzunehmen.

 

Sprecher*innen der Kita Alegria berichten, dass das Konzept des Trägers in 2007 begrüßend angenommen worden sei und man sich nun vor einer Wende der Situation befinde. Es habe seit 2008 mehrere Bestrebungen zur Erweiterung der Kita um ca. 80 Plätze gegeben. Gespräche mit der Bezirksverwaltung habe es in der Zeit von 2008 2016 jährlich gegeben, seien aber nicht weiterverfolgt worden. Die aktuelle Größe der Kita werde von den Eltern als angenehm empfunden, einer Erweiterung stehe man jedoch offen gegenüber. Die Wünsche und Erwartungen der heutigen Debatte würden berücksichtigt.

Dass die Kita Alegria elitäre oder finanziell besser gestellte Eltern bevorzuge, können nicht bestätigt werden. Vielmehr seien die Verträge so formuliert, dass die Zuzahlung in Höhe von 111,- bis 134,- € nicht erfolgen müsse. Die Zuzahlung werde von den Eltern in der Regel übernommen und im Sinne eines Mehrwerts positiv bewertet. Die Aktivitäten der Kita würden sich als Erleichterung des eigenen Alltags auswirken. Mit dem Senat gebe es diesbezüglich kontroverse Austausche. Die Verträge seien so gestaltet, dass jeden das Angebot bestehe, einen Kitaplatz zuzahlungsfrei zu erhalten. Es lägen keine genauen Zahlen vor, die Befreiung der Zuzahlung sei von mindestens 10 Eltern angenommen worden, ohne Auswirkung auf die Betreuung des Kindes.

 

Von der Elternvertretung der Kita werden diese Ausführungen bestätigt. Eine Elternsprecherin führt ausführlich aus, worin der Mehrwert liege, den die Eltern der Kinder in der Kita Alegria schöpfen. Dieser bewege sich sowohl in der Bildungsentwicklung als auch emotional. Im Vergleich zu den Geschichten von Eltern aus anderen Kitas seien diese positiven Erfahrungen eine Ausnahme und aus diesem Grund erstrebenswert, sie zu erhalten. Sie appelliert an das Bezirksamt und den Ausschuss, keine Veränderungen am Personal oder am Kitakonzept vorzunehmen, die Möglichkeit der Zuzahlung inbegriffen. Es sollte bei der Bedarfsanalyse nicht nur ermittelt werden, wie viele Kinder aus dem Bezirk Mitte aufgenommen worden seien, sondern aus dem fußufigen Umfeld, das teilweise in Friedrichshain und Kreuzberg liege.

Eine Mutter eines der betreuten Kinder bestätigt die positiven Auswirkungen der bilingualen Betreuung auf ihr Kind. Sie habe das Angebot der Zuzahlungsbefreiung zeitweise angenommen, ohne dass ihr Kind anders behandelt worden sei.

Auch andere Vertreter für den Erhalt der Kita Alegria bestätigen, dass eine Zuzahlungsbefreiung ermöglicht werden könne, die Zuzahlung aber freiwillig geleistet werde.

Zur Höhe der Zuzahlungsbeiträge gebe es Debatten im Abgeordnetenhaus. Die Ermittlung der Angemessenheit der Höhe sei gesetzlich festgelegt. Die Zusammensetzung des Zusatzbeitrages in der Kita Alegria wird erläutert.

Es werden Bedenken geäert, dass sich mit einem Wechsel des Standortes die Bedingungen für die Kita verbesserten. In anderen Bezirken könnten die gleichen Argumente vorgebracht werden, sodass sich die Probleme lediglich verlagern würden.

 

Frau BV Linnemann von der Fraktion der SPD spricht sich dafür aus, das Kita-Konzept an diesem Standort an den Bedarf und das Einkommensniveau dieser Umgebung anzupassen.

 

Frau Walther (Bürgerdeputierte) konstatiert, dass der Konflikt darin bestehe, dass die Kita Alegria auf bezirkseigenem Gelände stehe, das für den Bau einer weitaus größeren Kita benötigt werde, um den hohen Mangel an Kitaplätzen zu beseitigen. Nicht deutlich geworden sei, weshalb zum aktuellen Zeitpunkt dem Träger die Kündigung ausgesprochen worden sei und bittet, die Frist an das Kita-Jahr anzupassen.

 

Herr BV Kociolek von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betont, dass die Debatte sich nicht auf pädagogische Inhalte beziehe, sondern der Fokus auf die avisierten aber nicht gebauten weiteren 80 Plätze gelenkt werden sollte. Vor dem Hintergrund, dass in der Nähe in absehbarer Zeit ein Hochhaus gebaut werde, werde der Druck auf Kitaplätze steigen.

 

Frau BV Cegla von der Fraktion der CDU betont, dass das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen sollte, unabhängig von den großen Bedarfsfragen. In den Vordergrund sse zudem gestellt werden, dass das Konzept der Kita bei den Eltern in der Qualität überzeuge, somit ein Erfolgskonzept sei, das unterstützt und mit den Interessen des Bezirksamts in Einklang gebracht werden sollte. In die Zukunft gerichtet erfragt sie beim Träger, welche Bereitschaft des Entgegenkommens und der Kooperation zur Verfügung stehe. Sie erfragt bei Frau BzStRätin Dr. Obermeyer, ob es von anderen Trägern bereits Interessensbekundungen gegeben habe und falls ja, von welchen. Sie erfragt weiter beim Bezirksamt, ob trotz bereits ausgesprochener Kündigung eine Kompromissbereitschaft bestehe, um für alle Beteiligten eine gute Lösung zu bekommen.

 

Herr BV Torno von der Fraktion der AfD bittet das Bezirksamt, eine Lösung im Interesse der Kinder zu finden, auch für die nicht aus dem Bezirk Mitte kommenden Kinder. Die Eltern sollten die Freiheit haben, die für sie geeignete Kita auszusuchen und die Zuzahlung zu leisten, ohne dass das Bezirksamt sich wertend einbringt und Einfluss nimmt.

 

Frau BzStRätin Obermeyer und Frau Goral (Jug AL) konstatieren, dass für die Entscheidung über den Kitastandort die Pflicht im Vordergrund stehe, alle Kinder des Bezirks Mitte mit einem Kitaplatz zu versorgen, so qualitativ und so hochwertig wie möglich, was nur über einen Ausbau möglich sei. Der Bezirk habe die Pflicht, die Entwicklungsplanung zu steuern und ein der Umgebung angepasstes Kitakonzept anzubieten. Ein anderer Träger sei noch nicht ins Auge gefasst. Es gehe nicht darum, das Konzept der Kita Alegria pädagogisch zu bewerten oder gar die Angemessenheit der Zusatzbeiträge zum Angebot. Die Vertrags-Verlängerungsoption sei nicht gezogen worden, da sich die Situation am Standort geändert habe.

 

Frau BzStRätin Obermeyer sei zuversichtlich, dass in der verbleibenden Zeit der Übergang aus der Kita Alegria in eine andere Kita gemanaged werde könne, worauf die Vertreter der Kita als auch der Eltern Bedenken äern.

 

Frau Depil führt aus, dass die Landespolitik die Förderung aller Kitas jetzt Eltern unabhängig vom Einkommen vorgebe. Die Auswirkungen sollten hier nicht debattiert werden, aber es sei nachzuvollziehen, dass manche Eltern, insbesondere aus dem Ausland zugezogene, sich zu einem solchen bildungsorientierten Konzept angesprochen fühlen und die Zuzahlung leisten. Sie bittet zu berücksichtigen, dass es auch im Bezirk Mitte ein bilinguales Angebot geben sollte, nicht nur an den Randbezirken. Aus dieser heutigen Debatte nehme sie widersprüchliche Aussagen zur bisherigen Zusammenarbeit auf und habe nicht heraushören könne, worin der Konflikt zwischen Bezirk und Träger begründet sei.

 

Herr Hänsgen bittet um Auskunft, wieviele der betreuten Kinder eine Behinderung haben oder von Behinderung bedroht sind, und ob das Konzept und die Einrichtung barrierefrei sind.

 

Frau Schauer-Oldenburg erkundigt sich, mit wievielen Kindern im Interessenbekundungsverfahren gerechnet werde. Sie appelliert zudem an die Gleichbehandlung aller Kinder im gesamten Bezirk Mitte.

 

Der Vorsitzende betont, dass der Trägerwechsel unter der Voraussetzung erfolgesse, dass alle Kinder übernommen würden.

Der Jugendhilfeausschuss müsse sich über folgende Punkte einig werden:

-          Bei Fortbestand der Kündigung soll den Kindern bei dem neuen Träger automatisch der Kitaplatz zur Verfügung stehen, das nnte im IBV so formuliert werden.

-          Verträge und Kündigung, auch bezüglich des Zeitpunkts,nnen im beiderseitigen Einverständnis geändert werden.

-          Der Träger der Kita Alegria könnte einen anderen Standort in einer nichtbezirklichen Immobilie in Betracht ziehen.

-          Weiter könnte der Träger prüfen, ob der Anteil des Bildungs- und Teilhabepakets erhöht werden könnte, um Chancen im IBV zu haben.

-          Es sollte ein einvernehmliche Lösung gefunden werden, die Kitabetreuung in Alegria nicht mitten im Jahr enden zu lassen.

 

Frau Walther (BüDep) und Frau BV Linnemann beantragen, die Debatte im Ausschuss zu beenden und in kleinerer Gruppe fortzuführen. Herr BV Torno hält einen Gegenrede und bittet, die Debatte erst mit der Abarbeitung der Rednerliste abzuschließen. Der Antrag auf Beendigung der Debatte wird mehrheitlich mit 10 Ja-Stimmen und 1 Nein-Stimme angenommen.

 

Frau Dr. Obermeyer richtet sich an die Eltern und hält abschließend fest, dass der Kitaplatz gesichert werden könne, jedoch nicht der Träger und nicht das Konzept. Über Übergangsfristen könne geredet werden. Die Intention der heutigen Thematisierung sei, die Entscheidung zur Steuerung zu erklären.

 

Der Vorsitzende schließt die Debatte mit der Annahme des Vorschlags Frau Gorals, dass das Jugendamt in ein Gespräch mit dem Träger gehen und anschließend die Konsens-Dissens-Liste dem JHA vorstellen werde. Sofern erforderlich, könnte darauf basierend eine AG eingerichtet werden.

 

 
 

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