Drucksache - 1644/4  

 
 
Betreff: Cicerostraße 55A / WOGA-Komplex: BVV-Beschluss contra Bauantrag - und wo steht das Bezirksamt?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:B'90/Grüne (fraktionslos) 
Verfasser:Rouhani 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
19.05.2016 
58. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin beantwortet   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
GA Beantwortung

Ich frage das Bezirksamt:

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Sieht das Bezirksamt in der vom Investor beauftragten und Erich Mendelsohn zugeschriebenen sog. „Kreuzhäuser“-Planung auch weiterhin eine belastbare Grundlage für eine Bebauung des denkmalgeschützten Innenbereichs des WOGA-Komplexes, nachdem führende Mendelsohn-Expertinnen eben diese „Grundlage“ einer deutlichen bauhistorischen Kritik unterzogen haben?

 

  1. Wie steht das Bezirksamt zu dem Vorwurf, einer tendentiösen Arbeitsthese des Investors aufgesessen zu sein, auf dieser Grundlage ein konkurrierendes Architektenverfahren vorbereitet und durchgeführt zu haben – bis zum Oktober 2015 zudem unterhalb der Sichtbarkeitsschwelle von BVV und Öffentlichkeit  - und damit einseitig Investoreninteressen befördert zu haben?

 

  1. Welche Verbindlichkeit ergibt sich formal aus dem vom Investor, der Abteilung Stadtentwicklung und dem Landesdenkmalamt durchgeführten Wettbewerbsverfahren für das jetzige Baugenehmigungsverfahren?

 

  1. Wann hat der Baustadtrat das Bezirksamtskollegium erstmals von den Bauabsichten eines privaten Investors im WOGA-Komplex unterrichtet, und spricht der Baustadtrat, der seit dem öffentlichen Bekanntwerden der Bauabsichten stets und auch ungefragt betont, dass er eine weitere Nachverdichtung mit gehobenem Wohnungsbau an dieser Stelle für vertretbar und wünschenswert halte, damit für das gesamte Bezirksamt?

 

  1. Hält das Bezirksamt weiterhin daran fest, dass die denkmalfachliche Prüfung im Zuge des nun laufenden Bauantragsverfahrens dem Landesdenkmalamt (LDA) obliege, - obgleich das LDA die Öffentlichkeit via Presse (Morgenpost) am 27.04.2016 wissen ließ, dass es „nicht der zuständige Ansprechpartner“ für das Bauprojekt sei, und dass vielmehr „der Bezirk letztlich die Entscheidung treffe“ – und wird, nachdem die Untere Denkmalschutzbehörde im Sinne der einstimmigen Beschlussempfehlung aus dem Stadtentwicklungsausschuss zugunsten der Sicherung des Denkmalschutzes im WOGA-Komplex tätig geworden sein wird, der Bauantrag abschlägig zu bescheiden sein?

 

 

Zur Beantwortung Herr BzStR Schulte:

 

Sehr geehrte Frau Vorsteherin, sehr geehrte Damen und Herren, die Große Anfrage beantworte ich im Namen des Bezirksamtes wie folgt:

 

Zu 1.

Das dem Bauantrag  zu Grunde liegende Konzept wird nicht mit den Kreuzhäusern von Mendelson begründet. Vielmehr wurde ein konkurrierendes Verfahren durchgeführt, dass die entwurfliche Umsetzung eines vorhandenen Baurechtes zum Gegenstand hatte.

 

Zu 2.

Das Bezirksamt hat öffentlich bereits wiederholt den Verfahrensablauf um das konkurrierende Verfahren mit Beteiligung der BVV erläutert. Und auch die Abläufe im Rahmen der Bauberatung und bei Bauantragsverfahren und die dabei einzuhaltende Verpflichtung zur Verschwiegenheit dürften inzwischen hinreichend bekannt sein. Das Bezirksamt sieht daher keinen Anlass den vorgetragenen haltlosen Vorwurf zu kommentieren.

 

Zu 3.

Rechtsverbindliche und rechtsmittelfähige Bescheide ergehen ausschließlich in Genehmigungsverfahren. Darüber waren sich und sind sich alle Beteiligten im Klaren.

 

Zu 4.
Dass sich eine Nachverdichtung mit gehobenem Wohnungsbau für vertretbar und wünschenswert halte, habe ich weder gefragt oder ungefragt betont. Insofern zitieren Sie mich bewusst falsch. Ich hab nirgendwo, und das weiß ich sehr genau, eine Nachverdichtung mit gehobenem Wohnungsbau für vertretbar und wünschenswert gehalten. Das habe ich gesagt, das weiß ich sehr genau. Das ich eine Nachverdichtung städtebauliche für sinnvoll halte habe ich gesagt und sage es auch jetzt, obwohl Ihre Frage gar nicht darauf abzielt. Wir alle kennen die Notwendigkeit zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Auch und gerade in einem Innenstadtbezirk, wie Charlottenburg-Wilmersdorf. Nur können wir schlecht zu jedem Investor sagen: bau uns Wohnungen mit den wirtschaftlichen und technischen Voraussetzungen des Jahres 2016, aber das mit Mietpreisen vor 20 Jahren.

Der Senat hat Maßnahmen ergriffen, die Wohnraum auch wieder für Normalverdienende wieder bezahlbar machen sollen. Um der Kommune in dieser Frage mehr Handlungsspielräume einzuräumen, müsste auf Bundesebene das Baugesetzbuch radikal geändert werden. Es wäre gut, wenn ich, als Baustadtrat Baugenehmigungen mit Quoten für Mietwohnungen oder mit Auflagen zu der Größe der Wohnung erteilen dürfte. Das würde mir das wünschen und es wäre sehr gut, wenn ich dieses Instrument hätte. Das ist aber derzeit rechtlich nicht möglich und es gäbe auch dafür im Moment auch keine Mehrheit, glaube ich, im Bundestag.

 

Eine Verbesserung des Mieterschutzes auf Bundesebene, wird ja im Moment, wie Sie ja wissen, vom größeren Koalitionspartner auf Bundesebene blockiert. Aufgrund des Ressortprinzips im Bezirksamt war eine Information des Kollegialorgans nicht erforderlich. Auch erfolgten, trotz der breiten öffentlichen Diskussion, keine Nachfragen zum Vorhaben.

zu 5.

Im Rahmen von Antragsverfahren entscheidet die untere Denkmalschutzbehörde in Einvernehmen mit dem Landesdenkmalamt. Das Bezirksamt hat auch stets darauf hingewiesen, dass es sich dabei um eine fachliche Entscheidung handelt, nicht um eine politische. Dieses Verfahren ist unstrittig und wurde auch vom Landesdenkmalamt nicht in Frage gestellt, dass eine Stellungnahme an die Morgenpost, wie folgt, gefasst hatte.
Ich zitiere:
„Das Landesdenkmalamt kennt das Vorhaben und ist vom Bezirk in die Planung einbezogen. Denkmalrechtlich wird der Bezirk als untere Denkmalschutzbehörde in Einvernehmen mit dem Landesdenkmalamt über einen förmlichen Antrag entscheiden.“

Wie es dann zu der letztlich veröffentlichen Version in der Morgenpost kam, kann nicht vom Bezirksamt beantwortet werden, muss von der Journalistin beantwortet werden.

In Ihrer Frage suggerieren Sie, Frau Rouhani, dass die und hier zitiere ich „dass die untere Denkmalschutzbehörde im Sinne der einstimmigen Beschlussempfehlung aus dem Stadtentwicklungsausschuss zugunsten der Sicherung des Denkmalschutzes im WOGA-Komplexes tätig“ zu sein hat. Und hier betone ich noch einmal, die Entscheidung über den Denkmalschutz ist keine politische, sondern eine fachliche Entscheidung. Daher möchte ich Sie an die Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses vom 27. April 2016 erinnern, in der zu diesem Beschlussvorschlag festgehalten wurde, dass der heute per Konsens getroffene Beschluss, als ein Prüfauftrag zu bewerten sein muss, nicht, um ein Auftrag die Tennisplätze mit allen Mitteln, auch mit der Versagung des Baurechtes zu erhalten.

Insofern suggeriert Ihre Fragestellung etwas, was gerade eben nicht beschlossen wurde. Das Bezirksamt wäre zur Umsetzung des Beschlusses, wie auch in allen anderen vergleichbaren Fällen, das Landesdenkmalamt über den Beschluss unterrichten und um seine Stellungnahme dazu bitten. Ich habe dem zuständigen Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes bereits die Beschlussfassung einen Tag später in die Hand gedrückt vom Stadtentwicklungsausschuss und ihm auch die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass ich davon ausgehe, dass die BVV diesen Beschluss heute treffen wird und ich habe mit meiner Prognose recht behalten.

Der Senator für Stadtentwicklung und Umwelt hat einer Anwohnerin der Cicerostraße dazu mit Schreiben vom 10. Mai 2016 mitgeteilt, dass das Landesdenkmalamt eine Genehmigung vom konkreten Vorhaben abhängig mache und die Prüfung durch die untere Denkmalschutzbehörde und das Landesdenkmalamt abzuwarten bleibe. Zitieren möchte ich jedoch zwei Sätze aus diesem Schreiben und damit auch schließen:

„Nach Mitteilung des der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt nachgeordneten Landesdenkmalamtes, der Denkmalfachbehörde des Landes Berlins, sind die Tennisplätze des WOGA-Komplex als Flächen der verfolgten Bebauung nicht als Gartendenkmal ausgewiesen. Diese vielmehr Freiflächen innerhalb des Denkmalbereiches. Mangels konstituierenden Charakter der Tennisplätze für den Denkmalwert des WOGA-Komplex ist eine denkmalrechtliche Genehmigung zur Verwirklichung eines Neubauvorhabens auf dem Gelände der Tennisplätze aus denkmalfachlicher Sicht nicht grundsätzlich ausgeschlossen.“

 

Insofern bleibt wirklich die Prüfung des inzwischen eingegangenen, auch denkmalrechtlichen Antrages, dann auch abzuwarten.

 


 

 
 

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