Drucksache - 0640/4  

 
 
Betreff: Zukunft der Bibliotheken im Bezirk I
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD/Grüne/Piraten 
Verfasser:Wuttig/Dr.Timper/Andres/Tillinger/Dr.Vandrey/Kaas Elias/Pöthe/Boden/Behrendt 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
13.06.2013 
21. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin beantwortet   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
Beantwortung

Wir fragen das Bezirksamt:

Wir fragen das Bezirksamt:

 

  1. Wie will das Bezirksamt die notwendige "hohe Verbindlichkeit" der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herstellen?
     
  2. Aus welchem Etat werden wie viele Mittel erhoben, die für die Verbesserung der Aufenthaltsqualität in den Bibliotheksräumen aufgewendet werden müssen?
     
  3. Wie müssen sich der Personalstand und der Personaletat verändern, um in einer Zentralbibliothek, die in einem Einkaufszentrum verortet ist, die gleichen Öffnungszeiten zu gewährleisten, wie die umliegenden Geschäfte?
     
  4. Für welche konkreten Aufgaben werden die technischen Angestellten eingesetzt, seitdem das RFID die hauptsächliche Ausleih- und Rückgabetätigkeit ersetzt hat?
     
  5. Was fällt unter das Produkt Leseförderung, wie lange dauert eine Leseförderung durchschnittlich, und warum liegt dieses Produkt in Charlottenburg-Wilmersdorf über dem Median?

 

Zur Beantwortung Herr BzStR Gröhler:

 

Meine Damen und Herren, Herr Wuttig, das Bezirksamt will die Aufgabe gar nicht an die BVV delegieren, aber wir haben einfach mal geschaut, wie sehen so die Grundlagen ihrer Mitarbeit als Teil der Verwaltung aus und da heißt es ja, dass sie die wesentlichen Leitlinien oder Grundlinien der bezirklichen Politik mitbestimmen. Und die Frage, möchte man eine Bezirkszentralbibliothek oder möchte man sie nicht und die Frage, wie viel Bibliotheken will sich auf Dauer der Bezirk mit welchem Ausstattungsstandard leisten ist natürlich eine Frage, die das Bezirksamt nicht alleine entscheiden kann und will und da Sie ja auch sehr haushaltssouverän sind, entscheiden Sie ja auch ganz wesentlich mit über die Frage, wie sollen die Bibliotheken auch finanziell ausgestattet sein? Also, insofern, glaube ich, tun wir gut daran, Ihnen keinen fertigen Bibliotheksentwicklungsplan vorzulegen par ordre du Mufti und zu sagen, so hat das Bezirksamt sich das vorgestellt und es geht nur so oder so, sondern Sie sollen an der Stelle schon die Möglichkeit aktiv haben, Kommunalpolitik mitgestalten zu können.

 

Nun zur Beantwortung Ihrer Fragen, die ich Ihnen sehr gerne auf dem Weg bei dieser Mitgestaltung beantworten möchte:

 

Zu 1.

Eine Verbindlichkeit, Sie fragen, wie kann eine hohe Verbindlichkeit bei ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen entstehen? Natürlich hängt es in erster Linie von den Ehrenamtlichen ab. Die müssen sich darüber bewusst sein, dass sie, wenn sie in Bibliotheken mitarbeiten wollen, nicht nur einmal im Jahr für zwei Stunden vorbeikommen. So was kann man über entsprechende Publikationen und Schulungen den Menschen sehr deutlich mit auf den Weg geben. Und zum anderen hängt die hohe Verbindlichkeit sicherlich auch davon ab, welche Aufgaben tatsächlich zu erledigen sind und was für ein Team in der Bibliothek vor Ort entsteht.

 

Wir würden diese hohe Verbindlichkeit schon anstreben, weil sonst funktioniert Ehrenamt in der Bibliothek nicht, weil man kann nicht einen Pool von 200/300 Leuten haben, wo Jeder im Monat ne Stunde ableistet und die rotieren dann immer, so funktioniert eine Bibliothek nicht, d. h. man muss einen relativ kleinen Bereich von sehr aktiven Menschen haben. Von Menschen, die Bücher lieben und die das Bibliothekswesen unterstützen wollen und sich darin wirklich auch identifizieren können.

 

Zu 2.

Es gibt den Titel 511 40: Geräteausstattung und Ausrüstungsgegenstände, Reparaturen, Ergänzung und Erneuerung des Fachinventars und Mobiliars. Der Haushaltsansatz in 2013 beträgt dafür 2.000,-- Euro. Das ist natürlich auf Dauer zu wenig. Wenn wir uns entscheiden und ich plädiere sehr dafür, dass wir die Aufenthaltsqualität in den Bibliotheken für die wir uns dann sozusagen aussprechen, man wird nicht Alle gleichmäßig im gleichen Jahr entsprechend ausstatten können, aber wenn man sich einen Plan vornimmt und sagt, ich nehme jetzt mal die Bibliothek in Westend, die ist so, das sie z. Z. nicht die entsprechende

 

 

Aufenthaltsqualität hat, das fängt beim Licht an, das geht über das entsprechende Regalwegweisungssystem bis hin über Regale und Sitzmöglichkeiten. Wenn man sich z. B. vornimmt, diese Bibliothek soll dauerhaft erhalten bleiben und man möchte sie stärken, dann muss eben einen Plan machen, in 2014 fließen so und soviel Tausend Euro rein und 2015 so und soviel Tausend, auch darüber wird man sich im Klaren sein müssen, dass das eher ein Plan ist, der über Jahre geht und nicht über Monate.

 

Aber Sie sind ja haushaltssouverän, Sie können ja entsprechend verstärken. Wobei ja bisher die Situation im Bibliothekswesen in den letzten Jahren eher traurig aussah, wir wissen, wir stehen in letzter Stelle in Berlin, was Medienetat pro Kopf Einwohner angeht. Ich habe etwas sarkastisch gesagt, das einzig Gute am Zensus, wenn er dann zutrifft ist, dass der Medienetat pro Bevölkerung oder pro Einwohner gestiegen ist, aber nicht, weil wir das Geld erhöht haben, sondern weil es 30.000 Menschen weniger sein sollen, aber das nur am Rande.

 

Zu 3.

Die notwendige Personenzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist zum Einen abhängig von den Öffnungszeiten und zum Anderen in Abhängigkeit zu den räumlichen Gegebenheiten besteht sie. Das heißt, habe ich eine Zentralbibliothek, die über eine Ebene geht, kann ich mein Personal viel wirtschaftlicher einsetzen und brauche weniger Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, als wenn ich eine Bibliothek habe, die über zwei oder mehrere Etagen verteilt ist.

 

Gehen wir davon mal aus, dass die optimale räumliche Situation gegeben ist und wir gehen von Öffnungszeiten von montags bis freitags von 11:00 bis 20:00 Uhr und Samstag von 11:00 bis 16:00 Uhr aus, nur mal als Annahme, wobei ich sage, mein Ziel wäre ein anderes, dass habe ich, glaube ich, sehr deutlich gemacht, dass man versucht, am Sonntag auch zu öffnen. Dann würde man mit einer Besetzung von 15 Personen zu arbeiten haben, um die Bibliothek durchgehend entsprechend besetzen zu können.

Allerdings müssen Sie sehen, Sie brauchen insgesamt mehr Stellen, als diese 15, um Urlaub und Krankheit abzufangen. Das hängt dann auch damit zusammen, welches Durchschnittsalter sie haben und inwieweit es gelingt, Stellen im Bibliotheksbereich, die z. Z. wegfallen, qualifiziert wieder zu besetzen.

 

Zu 4.

Neben der Beratung bei der Nutzung der RFID-Geräte sind im Publikumsverkehr vorrangig die Klärung von Sachfragen zu Ausleihvorgängen, die Erhebung von Gebühren, die Anmeldung neuer Nutzer und die Verlängerung der Gültigkeit von Ausweisen zu erledigen. Also, auch nach Einführung von RFID kommt es durchaus vor, dass bei der Ausleihe Hilfestellung gegeben werden muss. Das kann mal sein, weil der Bon nicht rauskommt aus RFID-Gerät, weil jemand mit dem Gerät nicht klarkommt, weil es eine Funktionsstörung in Gänze gibt, weil die einen Moment ausfallen oder ähnliches.

Darüber hinaus gibt es die Arbeiten, die auch schon vorher bestanden. Nämlich Unterstützung des bibliothekarischen Personals im Auskunftsbereich und im Arbeiten im Bereich der Medienrücksortierung, der Verwaltung von Bestellungen, Leihverkehr, Medienpflege, Medieneinarbeitung in den Bestand und Mahnungen. Darüber hinaus werden einige Fachangestellte mit entsprechender Ausbildung auch mit der Leseförderung betreut.

 

 

Zu 5.

Jetzt muss ich mit Genehmigung der Vorsteherin ein Zitat vornehmen, und zwar der Definition aus dem Produktkatalog, weil das kenne ich nicht auswendig. Und zwar geht es um die Definition des Produkts Leseförderung:

"Als Teil eines Netzwerks kultureller Bildung vermittelt die Bibliothek durch Fachpersonal Medien- und Informationskompetenz und Leseförderung für Einzelpersonen, Gruppen und besondere Zielgruppen, auch in Kooperation mit anderen geeigneten Anbietern. Bibliotheksunterricht und KlassenKitaführungen, Benutzerschulungen zur Medien- und Informationskompetenz, insbesondere zur Nutzung virtueller Informationen, Veranstaltungen, Ausstellungen."

 

Also, so lautet die offizielle Definition des Produkts Leseförderung im Berliner Produktkatalog. Was machen wir tatsächlich? Wir haben in erster Linie Gruppenbesuche im Rahmen der Leseförderung, und zwar im Regelfall vor den Öffnungszeiten der Bibliothek, um einfach den Schulklassen oder den Kitas die Möglichkeit zu geben, ein Stück weit mehr Ruhe außerhalb des Publikumsverkehrs zu haben. Nach vorheriger Terminabsprache kommen die Kitagruppen und die Schulklassen in die Bibliotheken und dort finden unterschiedliche Angebote statt. Das heißt, die Kinder können z. B. selbstständig sich Medien aussuchen und dann wird ihnen erklärt, wie sie sie auffinden. Dann wird ihnen erklärt, wie sie damit umgehen, wie sie auszuleihen zu sind und wie sie sie zu behandeln haben und wieder zurück zubringen. Es kann auch sein, dass eine Kindergartengruppe kommt und ihnen spielerisch der Betrieb einer Bibliothek erklärt wird und dann gibt es anschließend z. B. ein Vorlesen durch eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter oder es gibt eben Schulklassen, die entsprechend ihrer Alterssituation dann eben auch in die tiefere Bibliotheksnutzung eingeführt wird, d. h. sowohl was das Angebot von Infrastruktur angeht, Computersuchkatalog usw., oder auch die Medien selbst.

 

Darüber hinaus gibt es dann auch Übungen mit der Systematik oder unterrichtsbezogene Übungen zur Nutzung der Bibliothek aus dem Lehrplan heraus. Der Gruppenbesuch dauert meistens 1 bis 1 ½  Stunden und dann schließen sich oft noch Übungen von einer Stunde an. Darüber hinaus muss das Personal Vorbereitungs- und Nachbereitungsarbeiten durchführen, sowohl inhaltlicher als auch physikalischer Art.

 

Nun fragen Sie, warum liegen wir über dem Median? Das ist eine spannende Frage. Wir haben in den letzten Jahren unsere Stückkosten kontinuierlich verringert, aber haben es nicht geschafft, den Median zu erreichen. Weil auch andere Bezirke offensichtlich weitere Reduzierungen, Einsparungen, Verbesserungen vorgenommen haben und dadurch in den Stückkosten auch günstiger geworden sind. Ein wesentlicher Unterschied dürfte darin bestehen, dass mehrere Bezirke die Leseförderung, ich glaube, ich habe das im Ausschuss oder hier in der BVV auch einmal bildhaft geschildert, über Busse anbieten, die unmittelbar zu den Kitas oder zu den Grundschulen hinfahren. Damit erreichen sie natürlich deutlich mehr Gruppen, als wenn die Gruppen einzeln in die Bibliothek müssen. Und sie haben natürlich da nicht die Infrastrukturkosten eines großen, schweren Gebäudes, sondern sie kommen speziell mit dem Angebot, z. B. für Grundschulkinder in einem Bus sortierte unmittelbar dorthin und können wesentlich mehr erreichen und haben mehr Umsatz, weil sie mehr Besucher haben.

 

Ich hatte ja darauf hingewiesen, dass man sich der Frage eines Bibliotheksbusses entweder als großen Ausleihbus oder als Leseförderungsbus für Schulen und Kitas durchaus noch mal nähern muss. Hatte aber auch auf die Problematik der fehlenden Investitionsmittel in der laufenden Investitionsplanung hingewiesen.

 

 

 


 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
BVV Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker/in Auszug Realisierung
   Anwesenheit Schriftliche Anfragen