Drucksache - 0149/3  

 
 
Betreff: Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:FDP/Grüne/CDU/SPD/Graue (fraktionslos)/Linke (fraktionslos) 
Verfasser:Prof.Dr.Dittberner/Block/Centgraf/Schmitt/Schmitz/Tillinger/Riedel 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
24.01.2007 
5. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Haushalt und Verwaltungsreform Beratung
13.02.2007 
5. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Verwaltungsreform ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
11.12.2007 
20. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Verwaltungsreform mit Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
15.02.2007 
6. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Beschlussempfehlung vom 14.02.2007
Beschluss vom 16.02.2007
Vorlage zur Kenntnisnahme vom 17.07.2007

Die BVV möge beschließen:

 

Die BVV hat am 15.02.2007 beschlossen:

 

Das Bezirksamt wird aufgefordert, das Dritte Gesetz zur Reform der Berliner Verwaltung endlich konsequent und ernsthaft in allen Abteilungen umzusetzen.

 

Hierbei sind die verlangten Ziel-, Projekt- und Servicevereinbarungen abzuschließen und vermehrt Kundenbefragungen auch in den publikumsträchtigen Bereichen der Abteilungen durchzuführen.

 

Über die Umsetzungen des Gesetzes ist der BVV in den nächsten 3 Jahren fortlaufend halbjährig, das erste Mal zum 30. Juni 2007, zu berichten.

 

 

Das Bezirksamt teilt dazu mit:

 

1.         Allgemeines zum Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz (VGG)

 

Das VGG wurde geschaffen, um einheitliche Organisationsgrundsätze in der reformierten Berliner Verwaltung hinsichtlich ihrer Bürgerorientierung, ihrer Führung und Steuerung sowie ihres Personalmanagements zu etablieren.

 

Es geht in seiner Theorie davon aus, dass man die öffentliche Verwaltung mit betriebswirtschaftlichen Instrumenten wie ein Wirtschaftsunternehmen leiten könne.

Gesetzliche Erfordernisse sind danach insbesondere der Abschluss von jährlichen Ziel- und Servicevereinbarungen, das Controlling mit Hilfe der Kosten- und Leistungsrechnung (KLR), der Wettbewerb zwischen den Behörden sowie  die Durchführung von Kundenbefragungen.

 

Daneben sieht das VGG die regelmäßige Durchführung von Personalplanung, Mitarbeiterbefragungen, Führungskräfte-Feedback und -qualifizierungen, Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gespräche und Jobrotationen im Rahmen des Personalmanagements vor.

 

 

2.         Stand der Umsetzung der Instrumente des VGG im Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf

 

 

2.1       Zielvereinbarungen

 

Zielvereinbarungen stellen gem. § 2 VGG Absprachen der Behördenleitung mit Leistungs- und Verantwortungszentren (LuV) oder anderen Organisationseinheiten dar, in denen Einzelheiten zur Aufgabenerfüllung und zu Umfang und Art der einzusetzenden Mittel festgelegt werden sollen. Insbesondere umfassen sie Festlegungen zu qualitativen und quantitativen Leistungszielen, Finanzzielen und einzusetzenden Mitteln.

 

Voraussetzung für inhaltlich aussagekräftige Zielvereinbarungen sind neben der Schaffung von dezentraler Fach- und Ressourcenverantwortung der LuV vor allem finanzielle Gestaltungsspielräume für das Bezirksamt bzw. dessen Abteilungen.

Aufgrund der rigiden Finanzpolitik des Senats gegenüber den Bezirken, die solche Spielräume nicht zulässt, haben die Abteilungsleitungen bisher keine Zielvereinbarungen abgeschlossen.

Insbesondere werden die Finanzziele und einzusetzenden Mittel in immer größeren Maße durch Vorgaben von Planmengen, Transferzahlungen und Veranschlagungsleitlinien im Rahmen der Budgetierung und Haushaltsplanaufstellung durch den Senat festgelegt, die etwaige Zielvereinbarungen zu mehr oder weniger einseitigen Zielvorgaben werden lassen.

 

Die Regelung des § 2 Abs.2 VGG, die LuV an den positiven und negativen Ergebnissen ihres Handelns und Wirtschaftens zu beteiligen, widerspricht zudem dem Haushaltsrecht, welches Resteübertragung grundsätzlich nur bei investiven Ausgaben zulässt und auch grundsätzlich nur gegen einen entsprechenden Ausgleich im Folgejahr.

 

Zu dem lassen sich viele Aufgaben einer Behörde nicht nach Maßgaben eigenverantwortlicher Fach- und Ressourcenverantwortung dezentralisieren, da sie ein Geflecht von Entscheidungen auf verschiedenen Ebenen darstellen, jeweils verbunden mit zahlreicher Kommunikation.

 

Die politische Verantwortung des Bezirksamtes gegenüber der BVV erfordert in der Verwaltungswirklichkeit vielfach eine bestimmte hierarchische Struktur und eine durchgreifende Weisungsbefugnis, die durch Zielvereinbarungen eingeschränkt würde (Die Leitung soll nur noch über das Was, das LuV über das Wie der Umsetzung entscheiden).

 

Diese Besonderheiten einer öffentlichen Verwaltung gegenüber Wirtschaftsunternehmen, die ausschließlich den Gegebenheiten des Marktes unterworfen sind, sind aus hiesiger Sicht im VGG nicht hinreichend berücksichtigt und ist auch auf Senatsebene bereits kritisch hinterfragt worden. Es bleibt ( auch im Hinblick auf den für den Bereich Verwaltungsmodernisierung erfolgten Zuständigkeitswechsel von der Senatsverwaltung für Finanzen zur Senatsverwaltung für Inneres und Sport) abzuwarten, welche Initiativen der Senat vor diesem Hintergrund in Bezug auf eine erneute Novellierung des VGG in dieser Legislaturperiode ergreifen wird.

 

 

2.2       Servicevereinbarungen

 

In Servicevereinbarungen sollen Leistungen, die Serviceeinheiten erbringen sollen und die dafür einzusetzenden Mittel zwischen den beauftragenden Organisationseinheiten und den Serviceeinheiten fixiert werden.

Im Bezirksamt gibt es drei Serviceeinheiten (SE): die SE Finanzen, SE Personal und Innere Dienste und die SE Hochbau und Immobilienwirtschaft. Diese nehmen zentral die entsprechenden Querschnittsaufgaben für alle Ressorts wahr. Der Abschluss einzelner Servicevereinbarungen zwischen SE und der jeweiligen Organisationseinheit wurde daher auch mit Blick auf den geforderten Bürokratieabbau nicht verfolgt.

Eine bezirkliche Arbeitsgruppe hat eine Rahmenservicevereinbarung entworfen, in der verbindliche allgemeinen Regelungen für die Tätigkeit der LuV bzw. Abteilungen und ihre Zusammenarbeit mit den SE gestaltet werden. Eine Entscheidung des Bezirksamtes über die Einführung einer solchen Vereinbarung steht noch aus.

 

 

2.3       Controlling

 

Die im VGG geforderten Controllingaufgaben werden im Hause zentral durch den Steuerungsdienst (StD) wahrgenommen. Dieser ist als Stabstelle direkt der Bezirksbürgermeisterin zugeordnet. Im Rahmen der KLR führt der StD betriebswirtschaftliche Analysen und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durch und dient den Bezirksamtsmitgliedern als “interne Unternehmensberatung”. Insbesondere übt er eine Frühwarnfunktion bei gravierenden Abweichungen von durch den Median festgelegten Leistungszielen aus. Seitens des Steuerungsdienstes werden Prognosen der Gewinn- und Verlustsituation im Kontext der Budgetierung aufgestellt sowie die Budgetierungsergebnisse analysiert. Aufgrund der festgelegten Aufgaben im Geschäftsverteilungsplan und der Budgetierungsvorgaben durch den Senat wurde auch auf dieser Ebene der Abschluss einer Zielvereinbarung nur “der Form halber” abgelehnt.

 

 

2.4       Wettbewerb

 

Gemäß § 4 VGG haben sich die Behörden hinsichtlich Qualität und Kosten ihrer vergleichbaren Leistungen mindestens jährlichen Vergleichen innerhalb und außerhalb der Berliner Verwaltung zu unterziehen.

Die Bezirke unterliegen im Rahmen der Budgetierung bereits einem ständigen Wettbewerb durch den jährlichen Kostenvergleich. Dieser hat aufgrund der am Median orientierten produktbezogenen Finanzzuweisung unmittelbare Auswirkungen auf das Bezirksbudget.

 

Hervorzuheben ist, dass sich die SE Hochbau und Immobilienwirtschaft  dem außerbezirklichen Wettbewerb um die Gebäudeverwaltung des Kita- Eigenbetriebes “Nordwest” erfolgreich gestellt und im Januar 2006 den Zuschlag für die Dienstleistung erhalten hat.

 

Weniger erfolgreich war der von der Senatsverwaltung für Finanzen im Dezember 2006 vorgelegte Kennzahlenvergleich “Personalwirtschaft 2012”. Dieser Städtevergleich war mit erheblichen methodischen Fehlern behaftet somit als Grundlage zur Ermittlung von Personaloptimierungspotentialen in den Berliner Bezirken nicht geeignet. Der Rat der Bürgermeister hat in seiner Sitzung am 31.05.2007 die Bereitschaft erklärt, an einem erneuten Städtevergleich mitzuwirken, sofern gemeinsam mit den Bezirken vergleichbare Kennzahlen entwickelt würden.

 

 

 2.5      Kundenbefragungen

 

In den LuV, die durch ihr Leistungsspektrum geeignet sind, sollen regelmäßig, mindestens alle fünf Jahre, Kundenbefragungen durchgeführt und deren Ergebnisse und ein daraus entwickelter Maßnahmenplan in geeigneter Weise bekannt gemacht werden (§ 3 VGG).

In vielen bürgerwirksamen Ämtern wurden seit Inkrafttreten des VGG regelmäßig Kundenbefragungen durchgeführt. Diesbezüglich wird vollinhaltlich auf die Beantwortung der schriftlichen Anfrage Nr. 0931/2 betr. Kundenbefragungen vom 21. Juli 2006 verwiesen.

Danach haben Kundenbefragungen bisher in den Bereichen Grünflächenamt, Liegenschaftsamt, Bürgerämter, Standesamt, VHS, Bibliothek, Jugendamt, Sozialamt und in der Wirtschaftsberatung stattgefunden. 2006/2007 hat darüber hinaus die Musikschule im Rahmen des Qualitätsmanagements eine Schüler- bzw. Elternbefragung vorgenommen. In der VHS wird jährlich ein Kundenmonitoring durchgeführt.

 

 

2.6       Personalmanagement

 

Dem Zweck des Personalmanagements dienen im Wesentlichen die in § 6 VGG im Einzelnen geregelten Instrumente der Personalplanung und –auswahl, Rotation, Anforderungsprofile, Mitarbeiterbefragungen, Mitarbeiter-Vorgesetztengespräche, Führungskräfte-Feedback, sowie Führungskräftequalifizierung.

 

2.6.1   Personalplanung und –auswahl

 

Eine vorausschauende und gezielte Personalplanung und –auswahl ist aufgrund der bestehenden Rahmenbedingungen in der Verwaltungswirklichkeit kaum möglich. So lassen die durch den Senat erfolgten Vorgaben zum Stellenabbau, Restriktionen bei Neueinstellungen und die Pflicht, freie Stellen mit Überhangkräften zu besetzen, eine erfolgreiche Personalplanung und -auswahl nicht zu.

Strukturierte Auswahlgespräche haben aufgrund der geringen Fluktuation und der bestehenden Personalüberhangsituation nur in wenigen Einzelfällen stattgefunden.

 

2.6.2   Anforderungsprofile

 

Anforderungsprofile sind mit wenigen Ausnahmen erstellt worden, jedoch nur für Beamte, da diese die Grundlage von Beurteilungen bilden.

 

2.6.3   Rotation

 

Eine systematische Rotation findet im Bezirksamt derzeit nicht statt. Die Arbeitsgruppe “Rotation” hat jedoch Vorschläge für ein Rotationsverfahren erarbeitet, die demnächst dem Bezirksamtskollegium unterbreitet werden.

Bei Übertragung von Führungsaufgaben mit Ergebnisverantwortung werden die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen, die eine Rotation in mehreren Aufgabengebieten festschreiben, beachtet.

 

2.6.4   Mitarbeiterbefragungen

 

Im Bürgeramt hat im Jahr 2004 eine Befragung unter dem Gender-Aspekt, in 2005 eine berlinweite Mitarbeiterbefragung stattgefunden. Die Musikschule hat im Rahmen des Qualitätsmanagements ebenfalls eine Befragung ihrer Mitarbeiter durchgeführt.

Eine flächendeckende Mitarbeiterbefragung ist bisher im Bezirksamt noch nicht erfolgt.

 

2.6.5       Mitarbeiter- und Vorgesetzten-Gespräche

 

Mitarbeiter- und Vorgesetzten-Gespräche werden in den Organisationseinheiten unterschiedlich wahrgenommen und durchgeführt.

 

2.6.6       Führungskräfte-Feedback

 

Befragungen der Beschäftigten zum Führungsverhalten (Führungskräfte-Feedback) haben in Einzelfällen stattgefunden. So haben sich vier Führungskräfte im Umweltamt einer Befragung unterzogen.

 

2.6.7       Führungskräftequalifizierung

 

Führungskräfte sind verpflichtet, an Führungskräftequalifizierungsmaßnahmen teilzunehmen. So waren sie z.B. im Rahmen der Umsetzung des Gesundheitsmanagements und der Dienstvereinbarung “Mobbing” aufgefordert, Qualifizierungsmaßnahmen zu besuchen.

Hervorzuheben sind die Durchführung von zum Teil bezirksübergreifenden Führungskräftezirkeln, alternativ individuellen Führungskräfte-Coaching sowie das Mentoring für weibliche Führungskräfte.

 

 

3          Schlussbetrachtung

 

Das VGG ist im Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf nur eingeschränkt umgesetzt worden sind.

Dies liegt zum einen darin begründet, dass das Gesetz die Besonderheiten der öffentlichen Verwaltung gegenüber einem Wirtschaftsunternehmen nur unzureichend berücksichtigt.

Zum anderen behindern die finanziellen und haushaltswirtschaftlichen Rahmenbedingungen den Fortgang der Reform. Ziel- und Servicevereinbarungen sowie ein vorausschauendes Personalmanagement sind nur dann sinnvoll und erfolgversprechend, wenn zugleich ein hinreichendes Maß an Planungssicherheit und Gestaltungsspielraum der Bezirke gewährleistet ist.  Die Haushaltspolitik des Senats lässt nicht auf eine derartige Entwicklung schließen.

 

Das Bezirksamt regt vor diesem Hintergrund an, die Verwaltung von einer halbjährlichen Berichterstattung zu entlasten und die im Beschluss angeordnete Frist in eine Jahresfrist umzuwandeln.

 

Thiemen

Bezirksbürgermeisterin

 

 


 

 
 

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