Drucksache - 0088/3
Die BVV hat
in ihrer Sitzung am 15. Februar 2007 beschlossen: Das Bezirksamt wird gebeten, einen
Bericht über die Kinolandschaft in Charlottenburg-Wilmersdorf zu geben und
dabei insbesondere auf die Situation der Kinobetriebe im Bezirk und die
Auswirkungen der Ist-Situation auf den Kino-Standort City-West einzugehen. Außerdem möge das Bezirksamt seine Einschätzung und Planungen darlegen, wie über eine Verbesserung der Kinolandschaft, die kulturelle und wettbewerbliche Situation der City-West gegenüber den Standorten Potsdamer Platz, Alexanderplatz, Schönhauser Allee verbessert werden könnte. Das
Bezirksamt teilt hierzu mit: Es gibt kaum eine andere bundesdeutsche und europäische Stadt, die über eine derartige Dichte an unabhängigen und vielfältig betriebenen Kinos verfügt, wie in Berlin. Berlin gilt als deutsche Kinohauptstadt - hier gibt es die meisten Kinos, die meisten Leinwände, die meisten Kinobesucher. Die kulturelle Vielfalt der hier dargebotenen Filme ist einmalig. Berlin liegt mit 61 Einwohnern pro Sitzplatz hinter Bremen
(59 EW/Sitzplatz) im bundesweiten Ranking auf Platz 2. Verschiedene, führende
Medienfachzeitschriften bewerten Berlin als Film- und Medienstandort auf den
ersten drei Plätzen. Die wirtschaftliche Bedeutung der vielseitigen Kinoszene
Berlins für die hiesige Gastronomie, Clubszene und Festivalkultur ist
unbestritten und mitbestimmend für das Profil der Stadt und den touristischen
und internationalen Marketingauftritt. Insgesamt leiden Kinobetriebe an rückläufigen Besucher- und
Umsatzzahlen. Gründe hierfür sind ein
verändertes Freizeitverhalten, die zunehmende Zahl von Filmstarts am Markt und
die schnelle Zugänglichkeit von Filmen über das Internet – oft illegal
– und die Zweit- und Drittverwertung (Videotheken und DVD), die einen
Kinobesuch wenig attraktiv erscheinen lassen. Zudem macht gerade kleinen Kinos
die Vertragsgestaltung der Filmverleihfirmen zu schaffen. Sie werden gezwungen,
einen Film, wie z. B. Harry Potter, bis zu sechs Wochen zu spielen mit der
Verpflichtung, keinen anderen Film spielen zu dürfen und bei Verstoß gegen die
auflagen von der Firma für weitere Filme gesperrt zu werden. Eine Mischung von
Programm- und Premierekino wird somit unterbunden. Die Berlin weit gestiegene
Zahl der Leinwände – besonders seit dem Multiplexboom Anfang der 90er Jahre
hat zudem den Wettbewerb erhöht und die Auslastung geändert. Zu Charlottenburg-Wilmersdorf und dem Kino-Standort City
West lässt sich festhalten, dass mit der Schließung zahlreicher teilweise
traditionsreicher Kinos im Bezirk, besonders am Kurfürstendamm, wie u.a. Gloria,
Gloriette, Marmorhaus, Royal, Filmbühne Wien, Astor und Hollywood sich die
traditionsreiche Vielfalt und Besonderheit der Kinolandschaft in der City West
reduziert hat. Unter der rückläufigen Auslastung verbunden mit dem rasanten
Anstieg von Kinoneubauten litten die Traditionskinos in der City West, deren
Besucher abwanderten, besonders gravierend. Bei stagnierenden oder rückläufigen
Besucherzahlen, hohen Mieten und langfristigen Verträgen kämpfen Kinos um das
Überleben. Für die kleineren Kinos kann im Zuge der technischen und
wirtschaftlichen Veränderungen, nach Prognosen aus der Branche, in der Bindung
von Stammpublikum durch Nischenprogramme eine Überlebensstrategie liegen. Das
Kino Filmkunst 66 ist hierfür ein ausgezeichnetes Beispiel. Zum Kinobestand in Charlottenburg-Wilmersdorf zählen die
folgenden Kinobetriebe: Broadway (4 Leinwände, 424 Sitzplätze) Bundesplatz-Studio (1 Leinwand, 90 Sitzplätze) UCI-Kinowelt Zoo Palast (9 Leinwände, 2710 Sitzplätze) Filmpalast Berlin (1 Leinwand, 668 Sitzplätze) Die Kant Kinos (5 Leinwände, 585 Sitzplätze) Filmkunst 66 (2 Leinwände, 300 Sitzplätze) Cinema Paris (1 Leinwand, 325 Sitzplätze) Delphi (1 Leinwand, 784 Sitzplätze) Eva Lichtspiele (1 Leinwand, 250 Sitzplätze) Die Kurbel (3 Leinwände, 626 Sitzplätze) Besonders wichtig für den Bezirk ist, dass die City West
auch Festivalstandort bleibt. Die Berlinale hat mit den Kinos Filmpalast,
Delphi und Zoo-Palast drei wichtige Spielstätten, die es zu erhalten gilt. Dem
Zoo-Palast kommt dabei eine besondere Rolle zu. So sind die Äußerungen zu
unterstreichen, die der Leiter der Berlinale, Dieter Kosslick, zu den
beabsichtigten baulichen Veränderungen des Zoo-Palast trifft: “Nachdem sich der Investor von der Bayerischen Bau- und Immobiliengruppe auf der Sitzung des Bauausschusses am 27. Juni 2007 prinzipiell bereit erklärt hat, eine Lösung von 850 Plätzen zu prüfen und damit den Zoo-Palast in seiner jetzigen Architektur des großen Saales zu erhalten, habe ich Zustimmung seitens der Berlinale signalisiert. Der Zoo Palast sollte als Spielort für die Berlinale auch weiterhin zur Verfügung stehen. Er war über Jahrzehnte der Dreh- und Angelpunkt der Berlinale und ist auch nach dem Umzug zum Potsdamer Platz ein immens wichtiger Spielort für die Berlinale Sektionen Panorama und Generation (ehem. Kinderfilmfest). Sollte eine Veranstaltung dieser Teilsektionen nicht mehr dort stattfinden können , hätte dies weitreichende Folgen – nicht nur für das Filmfestival hinsichtlich der mangelnden Plätze, sondern auch als Präsentationsort der Berlinale im Westen – den das Kino Delphi, der Film-Palast und die Urania nicht werden auffangen können."
Insofern setzt das Bezirksamt seine Hoffnung in ein
positives Ergebnis der Prüfungen. Es gibt seit zwei Jahren Gesprächsrunden mit dem Medienboard
Berlin/Brandenburg, dem Berliner Senat und den Kinobetrieben. Seither wurde
beispielsweise der Kinoprogrammpreis Berlin/Brandenburg erhöht. Dies bewerten
die AG Kino e. V. und der Hauptverband Deutscher Filmtheater e. V. als ein
positives Signal in Richtung verstärkte Förderung der Kinobetriebe. Diesen
Aussagen schließt sich das Bezirksamt an und wird sich für eine Ausweitung der
Filmförderung, die sich derzeit auf Filmproduktionen konzentriert und für eine
Förderung von Spielstätten einsetzen. . An der Universität der Künste Berlin arbeitet z. Zt. eine
Projektgruppe an einem Konzept unter dem Titel “Berlin City of
Cinema”, das bei der UNESCO eingereicht werden soll. Dieses Konzept
beinhaltet auch ein Kommunikationskonzept für die Kinolandschaft in Berlin für
die nächsten fünf Jahre. Zur Verbesserung und Stärkung der Kinolandschaft und wettbewerblichen
Situation in der City West in Charlottenburg-Wilmersdorf beabsichtigt das
Bezirksamt die Durchführung eines Fachgesprächs “Kino” für eine
Ist-Analyse und die Planung von Strategien und Maßnahmen mit den beteiligten
Akteuren der Branche. Dabei sollte insbesondere die Bedeutung des Zoo-Palasts und
der Berlinale für die City West mit den verbundenen Effekten für die
Kinolandschaft im Bezirk insgesamt Beachtung finden. Der stellvertretende Vorsitzende des Hauptverbandes
Deutscher Filmtheater e. V., Dr. Andreas Kramer, wünscht in diesem
Zusammenhang, auch über Rahmenbedingungen nachzudenken, wie etwa die Fragen zum
Thema Parken, Leitsysteme/Hinweisschilder und der Fassadengestaltung. Über die Ergebnisse des Fachgesprächs wird das Bezirksamt im Kulturausschuss berichten. Zur Bearbeitung des Beschlusses wurden von verschiedenen Verbänden und Organisationen Stellungnahmen erbeten. Da die Beantwortung einige Zeit in Anspruch nahm und auch die Entwicklung beim Bauprojekt Zoo-Palast abgewartet werden sollte, bittet das Bezirksamt die verspätete Beantwortung zu entschuldigen und den Beschluss damit als erledigt zu betrachten. Monika Thiemen Marc Schulte Bezirksbürgermeisterin Bezirksstadtrat |
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