Drucksache - 0088/3  

 
 
Betreff: Kinolandschaft
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:FDP/Grüne 
Verfasser:Prof.Dr.Dittberner/Block/Centgraf 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
14.12.2006 
4. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Kultur und Weiterbildung Beratung
25.01.2007 
2. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Kultur und Weiterbildung ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Ausschuss für Wirtschaft und Ordnungsangelegenheiten Beratung
14.02.2007 
4. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Ordnungsangelegenheiten ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
15.02.2007 
6. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Antrag vom 05.12.2006
Beschlussempfehlung vom 15.02.2007
Beschluss vom 16.02.2007
Vorlage zur Kenntnisnahme vom 02.08.2007

Die BVV möge beschließen:

Die BVV hat in ihrer Sitzung am 15. Februar 2007 beschlossen:

 

Das Bezirksamt wird gebeten, einen Bericht über die Kinolandschaft in Charlottenburg-Wilmersdorf zu geben und dabei insbesondere auf die Situation der Kinobetriebe im Bezirk und die Auswirkungen der Ist-Situation auf den Kino-Standort City-West einzugehen.

Außerdem möge das Bezirksamt seine Einschätzung und Planungen darlegen, wie über eine Verbesserung der Kinolandschaft, die kulturelle und wettbewerbliche Situation der City-West gegenüber den Standorten Potsdamer Platz, Alexanderplatz, Schönhauser Allee verbessert werden könnte.

 

 

Das Bezirksamt teilt hierzu mit:

 

Es gibt kaum eine andere bundesdeutsche und europäische Stadt, die über eine derartige Dichte an unabhängigen und vielfältig betriebenen Kinos verfügt, wie in Berlin. Berlin gilt als deutsche Kinohauptstadt - hier gibt es die meisten Kinos, die meisten Leinwände, die meisten Kinobesucher. Die kulturelle Vielfalt der hier dargebotenen Filme ist einmalig.

Berlin liegt mit 61 Einwohnern pro Sitzplatz hinter Bremen (59 EW/Sitzplatz) im bundesweiten Ranking auf Platz 2. Verschiedene, führende Medienfachzeitschriften bewerten Berlin als Film- und Medienstandort auf den ersten drei Plätzen.

Die wirtschaftliche Bedeutung der vielseitigen Kinoszene Berlins für die hiesige Gastronomie, Clubszene und Festivalkultur ist unbestritten und mitbestimmend für das Profil der Stadt und den touristischen und internationalen Marketingauftritt.

 

Insgesamt leiden Kinobetriebe an rückläufigen Besucher- und Umsatzzahlen. Gründe hierfür sind  ein verändertes Freizeitverhalten, die zunehmende Zahl von Filmstarts am Markt und die schnelle Zugänglichkeit von Filmen über das Internet – oft illegal – und die Zweit- und Drittverwertung (Videotheken und DVD), die einen Kinobesuch wenig attraktiv erscheinen lassen. Zudem macht gerade kleinen Kinos die Vertragsgestaltung der Filmverleihfirmen zu schaffen. Sie werden gezwungen, einen Film, wie z. B. Harry Potter, bis zu sechs Wochen zu spielen mit der Verpflichtung, keinen anderen Film spielen zu dürfen und bei Verstoß gegen die auflagen von der Firma für weitere Filme gesperrt zu werden. Eine Mischung von Programm- und Premierekino wird somit unterbunden. Die Berlin weit gestiegene Zahl der Leinwände – besonders seit dem Multiplexboom Anfang der 90er Jahre hat zudem den Wettbewerb erhöht und die Auslastung geändert.

 

Zu Charlottenburg-Wilmersdorf und dem Kino-Standort City West lässt sich festhalten, dass mit der Schließung zahlreicher teilweise traditionsreicher Kinos im Bezirk, besonders am Kurfürstendamm, wie u.a. Gloria, Gloriette, Marmorhaus, Royal, Filmbühne Wien, Astor und Hollywood sich die traditionsreiche Vielfalt und Besonderheit der Kinolandschaft in der City West reduziert hat.

Unter der rückläufigen Auslastung verbunden mit dem rasanten Anstieg von Kinoneubauten litten die Traditionskinos in der City West, deren Besucher abwanderten, besonders gravierend. Bei stagnierenden oder rückläufigen Besucherzahlen, hohen Mieten und langfristigen Verträgen kämpfen Kinos um das Überleben.

Für die kleineren Kinos kann im Zuge der technischen und wirtschaftlichen Veränderungen, nach Prognosen aus der Branche, in der Bindung von Stammpublikum durch Nischenprogramme eine Überlebensstrategie liegen. Das Kino Filmkunst 66 ist hierfür ein ausgezeichnetes Beispiel.

 

Zum Kinobestand in Charlottenburg-Wilmersdorf zählen die folgenden Kinobetriebe:

Broadway (4 Leinwände, 424 Sitzplätze)

Bundesplatz-Studio (1 Leinwand, 90 Sitzplätze)

UCI-Kinowelt Zoo Palast (9 Leinwände, 2710 Sitzplätze)

Filmpalast Berlin (1 Leinwand, 668 Sitzplätze)

Die Kant Kinos (5 Leinwände, 585 Sitzplätze)

Filmkunst 66 (2 Leinwände, 300 Sitzplätze)

Cinema Paris (1 Leinwand, 325 Sitzplätze)

Delphi (1 Leinwand, 784 Sitzplätze)

Eva Lichtspiele (1 Leinwand, 250 Sitzplätze)

Die Kurbel (3 Leinwände, 626 Sitzplätze)

 

Besonders wichtig für den Bezirk ist, dass die City West auch Festivalstandort bleibt. Die Berlinale hat mit den Kinos Filmpalast, Delphi und Zoo-Palast drei wichtige Spielstätten, die es zu erhalten gilt. Dem Zoo-Palast kommt dabei eine besondere Rolle zu. So sind die Äußerungen zu unterstreichen, die der Leiter der Berlinale, Dieter Kosslick, zu den beabsichtigten baulichen Veränderungen des Zoo-Palast trifft:

 

“Nachdem sich der Investor von der Bayerischen Bau- und Immobiliengruppe auf der Sitzung des Bauausschusses am 27. Juni 2007 prinzipiell bereit erklärt hat, eine Lösung von 850 Plätzen zu prüfen und damit den Zoo-Palast in seiner jetzigen Architektur des großen Saales zu erhalten, habe ich Zustimmung seitens der Berlinale signalisiert.  Der Zoo Palast sollte als Spielort für die Berlinale auch weiterhin zur Verfügung stehen. Er war über Jahrzehnte der Dreh- und Angelpunkt der Berlinale und ist auch nach dem Umzug zum Potsdamer Platz ein immens wichtiger Spielort für die Berlinale Sektionen Panorama und Generation (ehem. Kinderfilmfest). Sollte eine Veranstaltung dieser Teilsektionen nicht mehr dort stattfinden können , hätte dies weitreichende Folgen – nicht nur für das Filmfestival hinsichtlich der mangelnden Plätze, sondern auch als Präsentationsort der Berlinale im Westen – den das Kino Delphi, der Film-Palast und die Urania nicht werden auffangen können."


Auch die Geschäftsführerin der AG Kinos, Eva Matlok bekräftigt mit ihrem Statement die hervorgehobene Bedeutung des Zoo-Palasts. Ihr erscheint “… ein Rückbau des großen Saals unverantwortlich, weil dadurch das besondere Ambiente des Saales zerstört würde und weil der Zoo-Palast damit das Haus seine Originalität als Kulturstätte Berliner und deutscher Film- und Kinogeschichte verlieren würde.”

 

Insofern setzt das Bezirksamt seine Hoffnung in ein positives Ergebnis der Prüfungen.

 

Es gibt seit zwei Jahren Gesprächsrunden mit dem Medienboard Berlin/Brandenburg, dem Berliner Senat und den Kinobetrieben. Seither wurde beispielsweise der Kinoprogrammpreis Berlin/Brandenburg erhöht. Dies bewerten die AG Kino e. V. und der Hauptverband Deutscher Filmtheater e. V. als ein positives Signal in Richtung verstärkte Förderung der Kinobetriebe. Diesen Aussagen schließt sich das Bezirksamt an und wird sich für eine Ausweitung der Filmförderung, die sich derzeit auf Filmproduktionen konzentriert und für eine Förderung von Spielstätten einsetzen.

.

An der Universität der Künste Berlin arbeitet z. Zt. eine Projektgruppe an einem Konzept unter dem Titel “Berlin City of Cinema”, das bei der UNESCO eingereicht werden soll. Dieses Konzept beinhaltet auch ein Kommunikationskonzept für die Kinolandschaft in Berlin für die nächsten fünf Jahre.

 

Zur Verbesserung und Stärkung der Kinolandschaft und wettbewerblichen Situation in der City West in Charlottenburg-Wilmersdorf beabsichtigt das Bezirksamt die Durchführung eines Fachgesprächs “Kino” für eine Ist-Analyse und die Planung von Strategien und Maßnahmen mit den beteiligten Akteuren der Branche.

Dabei sollte insbesondere die Bedeutung des Zoo-Palasts und der Berlinale für die City West mit den verbundenen Effekten für die Kinolandschaft im Bezirk insgesamt Beachtung finden.

Der stellvertretende Vorsitzende des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater e. V., Dr. Andreas Kramer, wünscht in diesem Zusammenhang, auch über Rahmenbedingungen nachzudenken, wie etwa die Fragen zum Thema Parken, Leitsysteme/Hinweisschilder und der Fassadengestaltung.

 

Über die Ergebnisse des Fachgesprächs wird das Bezirksamt im Kulturausschuss berichten.

 

Zur Bearbeitung des Beschlusses wurden von verschiedenen Verbänden und Organisationen Stellungnahmen erbeten. Da die Beantwortung einige Zeit in Anspruch nahm und auch die Entwicklung beim Bauprojekt Zoo-Palast abgewartet werden sollte, bittet das Bezirksamt die verspätete Beantwortung zu entschuldigen und den Beschluss damit als erledigt zu betrachten.

 

 

 

 

Monika Thiemen                                                                   Marc Schulte

Bezirksbürgermeisterin                                                        Bezirksstadtrat

 


 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
BVV Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker/in Auszug Realisierung
   Anwesenheit Schriftliche Anfragen