Auszug - Sondernutzungskonzept Straßenland  

 
 
46. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Ordnung und Verkehr
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Wirtschaft, Ordnung und Verkehr Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 27.01.2015 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:10 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: 2000
Ort: Hohenzollerndamm 174-177, 10707 Berlin
 
Wortprotokoll
Beschluss

Im Nachgang zur letzten Sitzung habe Herr Prejawa viele Gespräche mit Vertrete-rinnen und Vertretern aus Gastronomie, von Verbänden und dem Ordnungsamt ge-führt

Im Nachgang zur letzten Sitzung habe Herr Prejawa viele Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Gastronomie, dem Ordnungsamt und von Verbänden geführt. Dabei hätten sich die Hintergründe, die zur Konkretisierung der Sondernutzungsregelungen führten, aufgehellt. Das Konzept stelle das Handlungswerkzeug der Verwaltung dar, um eine Gleichheit unter den die Straße für ihren Betrieb Nutzenden herzustellen. Die seit 2009 gültigen allgemeinen Regeln werden konkretisiert und die angegebenen Maße seien berechtigt. Die Konkretisierung sei auch vor dem Hintergrund eines erkennbaren Trends zur Klage auf Gleichbehandlung notwendig geworden. Eine Öffnung vom generellen Unterstreifennutzungsverbot biete die nunmehr eingeräumte Individualentscheidungsmöglichkeit bei breiten Gehwegvorstreckungen, auch die Aufstellung von Dekorationsartikeln in moderaten Dimensionen werde jetzt grundsätzlich ermöglicht. Die vom Hotel- und Gaststättenverband Berlin e.V. dazu veröffentlichte Stellungnahme verteilt Herr Schulte. Es gehe darum, die Regelung von Einzelfällen in Einklang mit klaren und gerichtsfesten Kriterien zu bringen. Die Aufstellung der Dekorationsartikel bemisst sich an den Maßen von Blumenkübeln, 1 x 0,5 x 0,5 Meter. Die Nutzung der Gehwegvorstreckungen werde vom bezirklichen Beauftragten für Menschen mit Behinderung weiterhin kritisiert, eine Nutzung wäre aber bei platzartig ausgestalteten Situationen unter Beachtung der Einhaltung barrierefreier Wege denkbar. Von den insgesamt 2 400 Gastronomiebetrieben im Bezirk wären aktuell 67 entweder als Antragstellender oder Nutzender konkret durch das Unterstreifennutzungsverbot betroffen. Seitens des Verwaltungsgerichtes wurde dazu auch auf den nicht vorhandenen Bestandsschutz hingewiesen, der verwaltungsseitig bisher bis zum Wechsel des den Betrieb jeweils Betreibenden in Einzelfällen zugelassen war.

Das Wort erhält Herr Wolf vom Hotel- und Gaststättenverband Berlin e.V. Er sei aufgrund seines Betriebes in der Rankestraße auch unmittelbar von der Diskussion betroffen und hat auch Erfahrungen mit den Kontrollen durch das Ordnungsamt gemacht. Dabei wurde die Einhaltung der genutzten Flächen überprüft, so dass das Argument, das Konzept diene auch der Vereinfachung von Kontrolle, nicht anwendbar sei. Immer vorausgesetzt, dass die Barrierefreiheit bestehe, seien sowohl der Strandkorb vor Gosch als auch das Podest der Paris Bar akzeptabel und unterstützten weltstädtisches Flair.

Aus Sicht von Herrn Herz stellen diese Forderungen die Ideallösung dar, die zwar für die Verwaltung mit Aufwand verbunden sei, aber der Unterstützung des Wirtschaftsfaktors Gewerbetreibende dienten. Dagegen weist Herr Schulte auf die unter anderem vom OVG Münster entschiedene Wirtschafts- und Wettbewerbsneutralität des Sondernutzungsrechts hin. Die Folgewirkung einer gewährten Ausnahme lasse einen Nachahmereffekt bei den benachbarten Lokalen entstehen, auch die negative Auswirkung des Zusammenrückens der in Ober- und Unterstreifen aufgestellten Tische und Stühle sei bekannt und wurde in Einzelfällen nur durch massives ordnungsbehördliches Eingreifen bis hin zur in letzter Sekunde abgebrochenen Ersatzvornahme bereinigt. Das generelle Verbot stelle das Hineinbeissen in den sauren Apfel dar, das eventuell in Einzelfällen auch Härten bedeuten könne. Das ebenfalls geltend gemachte Argument der umfassenden Querbarkeit von Straßen hält Herr Kunert für nicht zielführend, da beispielsweise an verkehrsreichen Straßen eine Querung nur an den Ampelüberwegen möglich sei. Vielmehr sollte ein Konzept bezüglich der Nutzbarmachung entwickelt werden. Auch Herr Fenske betont, dass sich Menschen mit Behinderung frei bewegen können müssen. Dies verhindere aber nicht grundsätzlich die Nutzung des Gehwegunterstreifens, lediglich der Kontrollaufwand erhöhe sich. Auch in der Rankestraße wechsele beispielsweise niemand mit Kinderwagen die Straßenseite zwischen den parkenden Autos hindurch.

Das Wort erhält Frau Schröder, Anwohnerin im Klausenerplatzkiez und in der Initiative Knobelsdorffstraße aktiv. Hier seien die Gastronomen vom Sommerumsatz, und dazu gehört auch die Nutzung des Bürgersteiges, abhängig, da es sich um einen Familienkiez handele. Daher sollte besser ein Pilotprojekt unter Beteiligung der Verbände und Gastronomen durchgeführt werden, um die Möglichkeiten einer erweiterten Straßennutzung ausloten zu können. Herr Voget, Anwohner im Klausenerplatzkiez und in der Initiative Knobelsdorffstraße aktiv, hält die Aufstellung von Tischen und Stühlen für besser als das Einbauen von Fahrradbügeln, da die Gastronomie erst das Leben auf die Straße bringe. Das Flair einer Millionenstadt sollte nicht kaputt gemacht werden.

Frau Andres äußert Verständnis für das Aufstellen von Tischen und Stühlen auf der Straße, was auch gerne von den Kundinnen und Kunden der Restaurants und Cafés angenommen werde. Regelungen müssen aber verbindlich geschaffen werden, da man mittlerweile das Gefühl bekomme, an allen Ecken immer mehr zugebaut zu sein. Ferner führten frühere Kontrollen durch das Ordnungsamt bei laufendem Betrieb zu Beschwerden, und auch die Farbpunkte auf der Straße würden oftmals ignoriert. Dass Regelungen regeln und nicht nur verbieten sollten, stellt Herr Herz klar. Es solle vielmehr danach entschieden werden, was gebraucht werde. Auch weil massiv die Seitenstraßen des Kurfürstendamms betroffen seien, hält er das Konzept nicht für zustimmungsfähig. Während Herr Wapler an die derzeit unzulässige Unterstreifennutzung erinnert, die sich durch die geforderten Änderungen ausweiten würde, hätte Herr Fenske dagegen keine Einwände, wenn die erforderlichen Gehwegmaße eingehalten und kontrolliert würden. Herr Prejawa befürchtet dagegen, dass es bis zu 10 Jahre dauern könne, bis bei einer Aufweichung des Konzeptes jeder Einzelfall rechtssicher geprüft wäre. Mehr Kontrolle sei dagegen auch nicht der richtige Weg, wie die Probleme mit dem Kontrollieren von Schankgärten bei laufendem Betrieb zeigten. Die mit dem Konzept des Bezirksamtes vorliegende Durchsetzung des Gleichheitsgrundsatzes mit den nunmehr gefundenen Kompromissen sei für den Bezirk insgesamt geschickter, wenngleich das Konzept ihn persönlich nicht glücklich mache. Die bestehenden Regelungen werden seit 2009 vom Ordnungsamt angewendet und wurden von den Fraktionen zuletzt sogar in einem konkreten Fall im letzten Jahr mitgetragen, so Herr Schulte. Dass es hier nun andere Entwicklungen gebe, wird zur Kenntnis genommen. Zu bedenken sei aber auch die Linie anderer Bezirke, die dazu führe, dass es im Winter zu einer Nutzung des öffentlichen Straßenlandes als Lager komme. Auch würde der Ausschluss bestimmter Bevölkerungsgruppen als Preis für Urbanität hingenommen, wie das Beispiel Simon-Dach-Straße zeige. Der einkalkulierte Umsatz aus der Straßennutzung bringe auch ein Problem bei der Entwicklung der Gewerbemieten mit sich, die stiegen und dann eine andere als gastronomische Nutzung ausschlössen. Kontrollen durch das Ordnungsamt erfolgen jetzt schon und werden, insbesondere wenn sie zur Ahndung mittels Bußgeld führten, häufig kritisiert. Dann werde zwar gerne mit Existenzgefährdung argumentiert, die Störung hätte aber bereits zu einem früheren Zeitpunkt abgestellt und damit ein Bußgeldverfahren verhindert werden können, stattdessen wurde weiterhin auf Gewinnmaximierung gesetzt. Auch gebe es zahlreiche Beispiele, in denen die bewilligte Fläche um ein Vielfaches überschritten werde, obwohl mehr genehmigungsfähig gewesen sei, was aber wiederum den Ertrag reduziere. Entsprechend der mehrheitlichen Meinungsbildung im Ausschuss werde das Konzept ab dem 1. März 2015 Anwendung finden.


 

 
 

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