Drucksache - 2293/V
Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen: (Text siehe Rückseite)
Weiterbildung, Kultur, Umwelt, Natur, Straßen und Grünflächen 3 35 00
Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.:2293/V Mitte von Berlin
Vorlage -zur Kenntnisnahme-
Umweltgerechtigkeit ist Querschnittsaufgabe im Bezirksamt
Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:
Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 30.04.2020 folgende Anregung an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 2293/V):
Das Bezirksamt wird ersucht, konzeptionell darzulegen, wie die Reduktion der im Umwelt-gerechtigkeitsatlas genannten Belastungsfaktoren im Bezirk Mitte in den Planungsräumen nicht nur durch das Umwelt- und Naturschutzamt, sondern insbesondere auch durch das Straßen- und Grünflächenamt und das Stadtplanungsamt erreicht werden sollen. Ebenso sollen Daten aus dem Umweltgerechtigkeitsatlas durch die einzelnen Ämter stärker in ihrer laufenden Arbeit berücksichtigt werden.
Das Bezirksamt wird in diesem Zusammenhang gebeten zu prüfen, ob eine regelmäßig tagende ämterübergreifende Steuerungsrunde zu dem Thema eingesetzt werden kann.
Daneben soll das Bezirksamt darauf hinwirken, dass das Straßen- und Grünflächenamt für die Priorisierung seiner Tätigkeiten nicht nur die allgemeine Sanierungsbedürftigkeit der Freianlagen- und Straßeninfrastruktur zugrunde legt, sondern auch die Reduktion der im Umweltgerechtigkeitsatlas festgestellten Mehrfachbelastungen in den Planungsräumen (Insbesondere bei verkehrsbedingter Lärmbelastung und Luftschadstoffen). Ebenso soll das Stadtentwicklungsamt den Planungsansatz der Umweltgerechtigkeit angemessener in seiner Arbeit berücksichtigen.
Das Bezirksamt hat am 12.01.2021 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:
Die Bezirksregionenprofile (BZRP) sind von Anfang an eine durch das Bezirksamt beschlossene Planungsgrundlage, die sich an alle Ämter des Bezirksamtes richtet. Der Beitrag Umweltgerechtigkeit - Kapitel „Umwelt (Lärmbelastung, Luftbelastung, Bioklima)“ – ist zwar ein Beitrag des Umwelt- und Naturschutzamtes, das heißt aber keinesfalls, dass nur das Umwelt- und Naturschutzamt für dieses Thema verantwortlich ist.
Zu den Kernindikatorenkarten ergeben sich für den Bezirk Mitte folgende Hinweise und Schlussfolgerungen:
Kernindikator Lärm: Mit dem Wegfall des Flugbetriebs in Tegel entfallen für den Bereich der Einflugschneise in Spandau, Reinickendorf und Mitte alle Flächen mit der Kategorie „sehr hoch“. Umso augenfälliger werden dadurch die verbleibenden Flächen der Kategorie „hoch und sehr hoch“: Dies sind die Flächen um den Hauptverkehrsstraßenzug Karl Marx-Allee – Alexanderplatz – (Karl-Liebknecht-Straße – Französische Straße) – Grunerstraße – Mühlendamm – Leipziger Straße – Potsdamer Platz. Der Bezirk nimmt diesen Befund gegenwärtig zum Anlass, den Senat stärker in die Pflicht zu nehmen, gerade für die Berliner Mitte den Umweltverbund zulasten des motorisierten Individualverkehres MIV) zu stärken.
Für die flächendeckenden Bereiche in ganz Mitte ist ebenfalls der MIV Hauptursache. Dies betrifft den Pendler- und den Durchgangsverkehr auf den großen Tangentialverbindungen (Osloerstraße – Seestraße, Invalidenstraße – Torstraße) wie auf den großen Radialverbindungen (Müllerstraße – Chausseestraße, Reinickendorfer Straße – Heidestraße, Badstraße – Brunnenstraße). Insbesondere auf den Radialstraßen ist eine Umverteilung der Verkehrsflächen zugunsten sicherer Radstreifen von hoher Bedeutung. Von ebenso hoher Bedeutung ist der Ausbau des schienengebundenen Verkehrs (SPNV) in das Berliner Umland, aus dem der Hauptteil des täglichen Pendlerverkehrs mit jährlch deutlich steigenden Zahlen stammt. Dem Projekt „i2030“ kommt daher auch aus Sicht des Innenstadtbezirkes Mitte eine sehr hohe Bedeutung zu.
Kernindikator Luftbelastung: Die Luftbelastungskarte zeigt für den Bezirk noch deutlicher die hohe Bedeutung der Verkehrswende. Bereinigt durch den Faktor Luftverkehr für den Lärm, zeigt sich hier die exorbitant negative Wirkung des MIV beispielsweise auch für den Stadtteil Tiergarten-Süd. Die Umsetzung der Verkehrswende muss noch stärker in den Fokus der Bezirkspolitik genommen werden.
Kernindikator Grünversorgung: Im Vergleich zu den Außenbezirken ist die Grünversorgung in den Innenstadtbezirken in großen Teilen schlecht und sehr schlecht. Bezogen auf den Bezirk Mitte haben hier die großen Parkanalagen Großer Tiergarten, Rehberge, Humboldthain, aber auch der kleine Tiergarten und der relativ neue Nordbahnhofpark (Einweihung 2006) eine signifikant positive Bedeutung. Für das Brunnenviertel kommt die Grünfläche des dieses Jahr fertiggestellten Mauerparks entlastend hinzu.
Im Zentrum ist im Basisbericht zu korrigieren, dass die hochverdichtete Fläche zwischen Mollstraße und Bahnhof Alexanderplatz als Freifläche dargestellt ist. Um so gravierender fällt der Bereich zwischen Fernsehturm und Humboldtforum, das „Rathausforum“, ins Auge, für den in 2021 der Wettbewerb zur zukünftigen Gestaltung durchgeführt wird. Hier wird der Bezirk die Prämisse der vom Parlament beschlossenen Bürgerleitlinien für einen freiraumgeprägten Bereich mit Nachdruck unterstützen und eine radikale Zurücknahme des MIV in der Liebknecht-Straße und der Spandauer Straße einfordern. Mißverständlich erscheint die Kategorisierung der Karl-Marx-Allee als Gebiet schlechter bis sehr schlechter Grünversorgung. Entscheidend für die Verbesserung der Grünversorgung in den nächsten Jahren wird die Umsetzung folgender Freiraumprojekte sein: Spreeuferpromenade Luisenstadt, Fertigstellung des Pankeparks, Umsetzung der Uferpromenade am Spandauer Schiffahrtskanal mit dem Otto-Weidt-Platz, der Döberitzer Grünzug und der Grünzug an der Klara-Franke-Straße. Im Soldiner Kiez wird es darauf ankommen, die riesigen Friedhofsflächen teilweise für öffentlichere Nutzungen zu gewinnen und so die Grünversorgung zu verbessern. Thermische Belastung: Hier zeigt die Indikatorenkarte ausnahmslos für alle Quartiere in Mitte die Klassifikation „hoch“. Vor dem Hintergrund des Klimawandels, mit dem eine Zunahme „tropischer Nächte“ und wachsender Hitzestress verbunden ist, wird deutlich, dass der Stellenwert von „Klimaanpassungsmaßnahmen“ bedeutend wird. Hierbei kommt eine besondere Bedeutung der Mitwirkung der privaten Immobilieneigentümer zu, die über 40 Prozent der Gesamtfläche des Bezirks besitzen. Hofentsiegelung und Dachbegrünung muss noch stärker gefordert und gefördert werden. Im öffentlichen Raum kommt dem Straßenbaum eine zunehmend wichtigere Bedeutung zu, die Nichtbepflanzung sonnenexponierter Freiflächen wie der nördlichen Uferpromenaden im Spreebogen wird immer unverständlicher. Viele Empfehlungen des Step Klima KONKRET harren der Anwendung.
Soziale Problematik: der Bezirk Mitte bildet hier seit Jahren zusammen mit dem Bezirk Neukölln das Schlußlicht. Die Strategien des Bezirks und des Senats, hier positive Entwicklungen zu bewirken, sind vielfältig: Aufsuchende Sozialarbeit und Schuldnerberatung zur Verhinderung des Abrutschens aus dem Regelsystem, alle Angebote von Sozialamt und JobCenter, Angebote des Gesundheitsamtes und des Jugendamtes zur Förderung der Kindergesundheit, Angebote für Nichtversicherte, der gesamte ÖGD, kostenlose Kita, Seniorenarbeit gegen Vereinsamung seien hier wichtige Stichworte. Aus Sicht der Stadtentwicklung hat der Mietendeckel und das Milieuschutzrecht eine entscheidende Bedeutung zur Verhinderung von Verdrängung der angestammten Bevölkerung. Der Neubau von bezahlbarem Wohnraum hat ebenfalls einen hohen Stellenwert, ebenso der Bau von Kitas, Schulen, Sportanlagen, Jugend- und Nachbarschaftseinrichtungen. Quartiersmanagementgebiete und Städtebauförderkulissen fördern aktiv die Bürger*innenbeteiligung, um Teilhabe aller Gesellschaftsschichten zu bewirken.
Integrierte Mehrfachbelastungskarte: Hier zeigt die statistische Auswertung, dass der Bezirk Mitte im Vergleich in der Kategorie „Vierfachbelastung“ mit großem Vorsprung führt. Danach sind 28 % der Bevölkerung von Mitte vierfach belastet, alle anderen Bezirke im Schnitt deutlch unter 5 %. Dies muss Ansporn sein, in allen Handlungsfeldern politisch wirksamer zu handeln.
Die Handlungserfordernisse des Basisberichtes zur Umweltgerechtigkeit von 2016 sind durch weitere Beschlüsse von Senat und Abgeordnetenhaus verschärft worden.
Durch das Energiewendegesetz und das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) hat sich der Senat ehrgeizige Meilensteine zur Erreichung der Klimaneutralität 2050 gesetzt. Das „höhere Ziel“ ist hierbei die drastische Reduktion des CO2-Ausstoßes, der einen Beitrag zu den weltweiten Anstrengungen leistet, die im Pariser Abkommen beschlossen wurden. Damit verbunden sind viele Maßnahmen, die gleichzeitig der Klimaanpassung dienen und damit auch mehr Umweltgerechigkeit fördern. Die Rolle der Bezirke hierbei ist noch unklar. Es wird eine bedeutende Aufgabe sein, zu klären, welche Ansätze in welcher Zeit in bezirklicher Verantwortung zu erreichen sind, um die berlinweiten Ziele zu unterstützen.
A) Rechtsgrundlage:
§ 13 i. V. m. § 36 BezVG
B) Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung
keine
keine
Berlin, 12.01.2021
Bezirksbürgermeister von Dassel Für die Leiterin der Abteilung Stephan von Dassel Bezirksbürgermeister |
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