Drucksache - 1585/V  

 
 
Betreff: Habersaathstraße 40-48: Mieter*innen mit Verwertungskündigungen unterm Weihnachtsbaum
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenFraktion Bündnis 90/Die Grünen
Verfasser:Neugerbauer, Schneider, F.Bertermann 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
20.12.2018 
23. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin beantwortet   

Sachverhalt
Anlagen:
2. GA Grüne vom 11.12.2018
4. Beantwortung GA vom 20.12.2018

Vorbemerkung:

Das Wohngebäude Habersaathstraße 40-48 soll den Verwertungsinteresse seines Eigentümers zum Opfer fallen. Ein Neubau, der den Abriss des Bestandsgebäudes zur Folge hat, wurde beantragt. Den verbliebenen Mietern wurden Verwertungskündigungen “auf den Gabentisch gelegt“, die deren Wohnungsverlust zum Beginn 2019 zur Folge haben.

 

  1. Welche Maßnahmen wurden mit der Baugenehmigung vom Februar 2018 genehmigt?
  2. Welche beantragten Maßnahmen wurden im Rahmen der Baugenehmigung vom Februar 2018 nicht genehmigt?
  3. Wieviel Wohnungen mit wieviel Quadratmetern Gesamtwohnfläche befinden sich im Bestandsgebäude?
  4. Wieviel Wohnungen mit wieviel Quadratmetern Gesamtwohnfläche sollen sich im Neubau befinden?
  5. Wieviel Wohnungen stehen seit wann leer und was hat das Bezirksamt wann unternommen, um die Wiedervermietung der Wohnungen zu erreichen?
  6. Wieviel Wohnungen sind nach Kenntnis des Bezirksamtes bewohnt?
  7. Unterliegt der beabsichtigte Abriss des Bestandsgebäudes den Regelungen des/der Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetzes/Zweckentfremdungsverbotsverordnung?

6a.Wenn ja, welche Voraussetzungen müsste der Eigentümer erfüllen, um die Vorgaben des/der Zweckentfremdungsverbotsgesetzes/Zweckentfremdungsverbotsverordnung zu erfüllen, damit er den beabsichtigen Abriss des Bestandgebäudes umsetzen kann?

6b.Wenn nein, warum nicht?

  1. Welche Unterlagen hat der Eigentümer vorgelegt, die eine Unwirtschaftlichkeit des Gebäudes begründen und wie beurteilt das Bezirksamt diese Unterlagen?
  2. Welche Möglichkeit sieht das Bezirksamt, bzw. welche Anstrengungen unternimmt das Bezirksamt, die mit Verwertungskündigungen überzogenen Mieter*innen vor drohender Obdachlosigkeit in nicht allzu ferner Zukunft zu bewahren?

 

Herr BzStR Gothe antwortet: „Um vielleicht das Wichtigste vorweg zu sagen, das ist hier nämlich gar nicht explizit abgefragt. Es ist so, dass wir gestern aus der Bauaufsicht heraus eine Versagung des Abrissantrags ausgereicht haben. Ich habe Herrn D. auch schon informiert, er weiß das schon. Wir konnten das tun, was ich auch gleich nochmal weiter ausführe. In dem Neubauprojekt sind weniger Wohnungen vorgesehen, als in dem alten vorhanden. Die neuen Wohnungen werden nicht zu einer Nettokaltmiete von höchstens 7,92 € angeboten werden, was nach Zweckentfremdung notwendig wäre. Von etwa 20 Mietparteien noch keine abgeschlossene Vereinbarung vorliegt, auch das ist ein Hinderungsgrund, um einem Abriss zuzustimmen.

Sie Fragen ansonsten, wann eine Baugenehmigung erteilt worden ist. Das ist für einen Neubau erfolgt. Es ist ein Neubau genehmigt worden, mit 91 Wohnungen, 4 Gewerbeeinheiten und 41 Stellplätzen. Die Maßnahme wurde wie beantragt genehmigt, weil sie den Vorschriften entsprach.

Aus dem Bereich der Zweckentfremdung wurde ausgeführt, dass sich in dem alten Haus 105 Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 5.000 qm befinden. In dem Neubau 91 Wohneinheiten, also weniger Wohnungen, aber mit einer Gesamtfläche von 8.000 qm neu, damit mit einem wesentlich größerem Volumen, das sind größere Wohnungen. Das heißt, das Argument allein, dass dort weniger Wohnungen angeboten werden, das ist kein besonders hartes, weil man durch simple Umplanung natürlich dort auch eine höhere Zahl von Wohnungen hineinplanen könnte. Das ist quasi kein harter Einwand. Darauf darf man sich nicht stützen, wenn man darauf setzt, dass das Haus nicht abgerissen werden darf.

Zur Frage der leerstehenden Häuser führt der Bereich Zweckentfremdung aus, dass derzeit 85 Wohneinheiten leer stehen. Und dass nach altem geltenden Recht ein ungenehmigter Leerstand erst nach sechs Monaten eine rechtswidrigen Tatbestand darstellt, nach neuem nach nur drei Monaten. Im Juli 2018 hat die Zweckentfremdung den Eigentümer nach Bekanntwerden des beabsichtigten Abrisses aufgefordert, entsprechende Anträge einzureichen, weil das nach Zweckentfremdungsverbotsgesetz notwendig ist, um zu prüfen, ob es überhaupt abgerissen werden darf.

Es war außerdem so, dass im Februar 2018 noch 64 Wohnungen bewohnt waren, davon 12 als Zweitwohnsitz. Seit dem wurden mit vielen Mietern Mietauflösungsverträge abgeschlossen, auch durch Anbieten von preisgebundenen Wohnraum an anderer Stelle. Am 01.11.2018 wurde dann der Abrissantrag gestellt und am 18.12.2018 ging dann, wie eingangs erwähnt, die Versagung dazu raus.

Zur Frage, wie viele Wohnungen derzeit noch bewohnt sind: Nach Auskunft des Eigentümers sind es 11 Wohnungen. Nach eigenen Nachforschungen des Amtes sind es aber noch 20 Wohneinheiten, die bewohnt sind.

Das Haus darf nicht abgerissen werden. Aus diesem Grund ist eine Versagung rausgegangen.

Zur Frage der Unwirtschaftlichkeit des Gebäudes führt der Bereich der Zweckentfremdung aus, dass der Eigentümer eine solche Renditeberechnung vorgelegt hat. Diese ist für die Prüfung, ob abgerissen werden darf, entscheidungsunerheblich, da Wohnraum noch bewohnt ist. Diese Renditeberechnung wird erst dann ernsthaft zu prüfen sein so wird es hier ausgeführt -, wenn keine Wohnung mehr bewohnt ist. Insofern ist die Frage, wie lange Mieterinnen und Mieter sich quasi einer Einigung mit dem Eigentümer verweigern, schon eine interessante. Auf jeden Fall ist das härteste Argument, das gegen den Abriss spricht, die Tatsache, dass entsprechender Wohnraum zu einer Miete von höchsten 7,92 € angeboten werden muss. Da denke ich, dass das schlechterdings kaum möglich ist, und dass deshalb ein Abriss in weiterer Zukunft nicht infrage kommt, selbst wenn alle Mieterinnen und Mieter so eine Vereinbarung eingehen würden.

Wir wissen, dass der Berliner Mieterverein dort sehr aktiv ist. Es ist halt so, dass das Wehren der Mieterinnen und Mieter gegen den Eigentümer eine privatrechtliche Sache ist. Deshalb ist es gut, dass der Berliner Mieterverein dort engagiert ist. Ich kann auch sagen, dass die bezirkliche Mieterberatung vom ersten Tag an beratend zur Seite stand und auch immer noch zur Verfügung steht, wenn es erforderlich ist.“

 

 
 

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