Rede des Bezirksbürgermeisters Stephan von Dassel zur Verabschiedung des Haushaltes 2018/2019

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Vorsteher,
Sehr geehrte Damen und Herren,

Lassen Sie mich mit einem traditionellen, aber ich glaube in diesem Jahr mehr denn je berechtigten Dank beginnen. Ich bedanke mich bei den Beschäftigten aller Ämter des Bezirksamtes, die in den letzten Wochen die Beratungen zu diesem Haushalt begleitet haben, die Ihnen oft sehr kurzfristig auf zum Teil sehr ausführliche Fragen geantwortet und auch ohne – zumindest war es nicht erkennbar – Missmut bis in den wirklich sehr späten Abend bei uns ausgeharrt haben, um dann manchmal ungefragt in die Nacht entlassen zu werden.

Besonders bedanken möchte ich mich natürlich bei den Mitarbeiterinnen der Serviceeinheit Personal und Finanzen, die zusätzlich zu den Überstunden ja auch mit einem Dienstvorgesetzten leben mussten, der erstmalig verantwortlich für den Bezirkshaushalt war und der sicherlich mit seinen Anforderungen und seiner Unerfahrenheit den Gleichmut der erfahrenen Haushaltsexperten und Expertinnen im Amt auf eine Probe gestellt hat.

Bedanken möchte ich mich auch bei Ihnen, sehr geehrte Bezirksverordnete. Nicht nur dass Sie mir die eine oder andere übereilte Aktion nachgesehen haben, sondern vor allem für die aus meiner Sicht sehr engagierte und gründliche Diskussion zu allen Aspekten des Haushaltes in den Fachausschüssen und in den letzten Tagen im Hauptausschuss. Ich glaube hier spreche ich für alle BA-Mitglieder, wir fühlten uns mit den vielfältigen und manchmal ja auch widersprüchlichen Aspekten der Bezirksverwaltung bei Ihnen gut aufgehoben.

Eins ist meines Erachtens uns allen in den letzten Wochen klar geworden: die Zeit für unsere Haushaltsberatungen war zu kurz. Wir wollen die Weichen für die kommenden zwei Jahre stellen, müssen dabei die Entwicklung unseres Bezirkes, die kameralen Möglichkeiten und gleichzeitig die Verstrickungen der Kosten-Leistungs-Rechnung beachten und das alles in knapp drei Wochen.

Ich darf Ihnen versichern, dass ich erneut auf der Landesebene darauf drängen werde, den bezirklichen Gremien endlich die Zeit für ihre Beratungen zu geben, die Entscheidungen von dieser Tragweite einfach bedürfen.

Ich gebe Ihnen ein weiteres Versprechen und bitte Sie dabei gleichzeitig um Ihre Unterstützung:

Viele der Aufgaben, denen wir uns stellen müssen, sind und können nicht allein Aufgaben des Bezirks sein. Bei allem bezirklichen Selbstbewusstsein: die soziale Situation auf dem Alexanderplatz zu verbessern, dem zentralsten Platz Berlins, ist doch keine Aufgabe, die der Bezirk allein bewältigen und finanzieren kann. Hier muss die Landesebene endlich die ja an der einen oder anderen Stelle durchaus proklamierte gesamtstädtische Bedeutung anerkennen und uns mit den notwendigen Mitteln und mit der notwendigen Unterstützung ausstatten. Dass wir weiterhin auf Betteltour gehen müssen, um für die zusätzlichen Aufgaben des Ordnungsamtes am Alexanderplatz auch zusätzliches Personal zu bekommen, ist einfach unwürdig.

Das Gleiche gilt für die Entlohnung derjenigen, die in unserem Auftrag wichtige Aufgaben übernehmen – sei es im Jugend-, im Sozial- oder im Gesundheitsbereich. Dass eine tarifgerechte Ausstattung der Träger aus bezirklichen Mitteln, die dann an anderer Stelle fehlen, subventioniert werden muss, das kann nicht sein, hier muss das Abgeordnetenhaus uns besser ausstatten und ich bitte Sie dafür um Unterstützung.

Das gilt auch für einen Aspekt, der uns in diesen Haushaltsberatungen, glaube ich, so richtig klar geworden ist: Wenn eine Stadt wächst, vor allem wenn ein Bezirk so schnell wächst wie unser Bezirk, dann reicht es nicht, nur zusätzliches Personal in den Teilbereichen der gesetzlichen Pflichtleistungen zu gewähren. Wenn eine Stadt wächst, dann wachsen auch die räumlichen und sozialen Bedarfe – dann brauchen wir mehr Mittel für immer stärker genutzte Grünflächen, müssen immer intensiver die Einhaltung der Regeln kontrollieren, die ein gedeihliches Zusammenleben in unserem Bezirk gewährleisten und müssen vor allem auch den steigenden sozialen Bedarfen in unserem Bezirk jenseits der gesetzlichen Antragsleistungen entsprechen können.

Es kann nicht sein, dass die erfreulicher Weise stark steigende Zahl von Kindern und Jugendlichen oder der leider ansteigende Bedarf an Schuldner- und Suchtberatung nicht zu einer Erhöhung des vom Senat als vermeintlich „freiwillige soziale Leistungen“ titulierten Budgets führt. Wir geben inzwischen mehr als 5 Mio. Euro mehr für diese „freiwilligen“ sozialen Leistungen aus als wir von der Landesregierung zur Verfügung gestellt bekommen. Ich bin fest überzeugt, dass das sinnvolle und notwendige Ausgaben sind, aber wir können sie nicht immer noch stärker zu Lasten anderer Verwaltungsbereiche finanzieren. Hier muss der Landeshaushaltsgeber endlich in der sozialen Realität der Bezirke ankommen.

Das führt mich zum letzten Gedanken meiner Ausführungen:

Können wir uns das, was Sie gleich hoffentlich beschließen werden, überhaupt leisten? Wir haben für das Jahr 2018 die einmalige Situation, dass wir über 12 Mio. Euro mehr verfügen als uns der Senat zu bemessen hat. Unser Haushalt ist also weniger das Ergebnis einer großzügigen neuen Landesregierung, sondern viel mehr das Ergebnis von sehr schmerzvollen und bis heute spürbaren Einsparungen in den letzten Jahren.

Und ich will hier auch selbstkritisch anmerken, mir wird erst jetzt bewusst – und hier möchte ich meinen Vorgänger Herrn Hanke dankend erwähnen – wie viel Härte es bedarf, um den vielfältigen, immer gut begründeten und teilweise anrührenden Mehrbedarfen fast aller Ämter widerstehen zu können.

Ob wir – als Bezirksamt und als BVV – die Gratwanderung zwischen einer seriösen und nachhaltigen auf der einen und sich den neuen Herausforderungen und Bedarfen stellenden Haushaltspolitik auf der anderen Seite bewältigt haben, wissen wir wohl erst in zwei Jahren. Ich will nicht verschweigen, dass ich mir insgesamt eine vorsichtigere Ausgabenausweitung gewünscht hätte, weiß aber auch, dass Ausgaben, die helfen, Probleme von morgen zu vermindern oder sogar zu verhindern, die beste Rendite haben.

Grade deswegen wird es unsere Aufgabe in den nächsten Jahren sein zu schauen, wo das Geld, das wir einsetzen, seine größte Wohlfahrtswirkung entwickelt. Und ich bitte Sie alle, dass wir dabei offen und ehrlich sind und auch die Konflikte nicht scheuen, die damit verbunden sind, falls alte Strukturen und Geldströme durch neue und wirkungsvollere ersetzt werden können.

Ein letzter Dank: Als Bezirk haben wir als Arbeitgeber nur wenig Möglichkeiten attraktiver zu werden. Ich bin daher sehr froh, dass die Mittel, die wir für attraktivere Arbeitsplätze, ein besseres Gesundheitsmanagement, mehr Zusammenhalt im Bezirksamt, aber auch eine moderne Werbung als Arbeitgeber eingestellt hatten, von Ihnen nicht angetastet wurden. Ich bin sicher, dass das die Beschäftigten als Anerkennung für ihre nicht leichter werdende Arbeit verstehen. Denn eins ist klar: Ohne motivierte und kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann sich keine einzige der Hoffnungen erfüllen, die wir in diesen neuen Haushaltsplan setzen.