Rede des Bezirksbürgermeisters von Berlin Mitte, Stephan von Dassel, anlässlich der Einbürgerungszeremonie im Rathaus Mitte

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Landsleute,

Sie erhalten heute Ihre Einbürgerungsurkunde. Damit geht für Sie ein langer, oft anstrengender Weg zu Ende. Viele von Ihnen haben sicherlich manchmal Zweifel bekommen. Und sich gefragt: will mich Deutschland überhaupt. Sie wissen jetzt: Ja, Deutschland will Sie! Und Deutschland braucht Sie!

Ich möchte mich im Namen nicht nur des Bezirksamts Mitte ganz herzlich bei Ihnen bedanken, dass Sie die Mühen und die Schwierigkeiten der Einbürgerung auf sich genommen haben. Und danken für das Kompliment, das ihr Wunsch Deutscher oder Deutsche zu werden ausdrückt: für unser Land, für unsere Verfassung, für unsere Sprache und natürlich vor allem für die Menschen, die hier leben.
Ich darf Ihnen versprechen, wir wollen alles tun, damit Sie diesen Schritt nicht bereuen.

Die Vorzüge einer Einwanderungsgesellschaft, einer multikulturellen Gesellschaft werden in der Regel vor allem dann von allen bejubelt, wenn damit sportliche Erfolge für ein Land verbunden sind. Aber ich will gar nicht an sportliche Erfolge erinnern, sondern ein Motto bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland: Du bist Deutschland!

Und diesen Satz, den dürfen, den sollen auch Sie ruhig wörtlich nehmen. Sie sind Deutschland. Und Sie sind ein ausgesprochen guter Teil von Deutschland. Sie helfen Deutschland modern zu machen bzw. zu halten. Denn unsere Welt wächst zusammen – immer schneller und immer enger. Und um dabei mitzuhalten, brauchen wir genau Menschen wie Sie. Menschen, die nicht nur wissen, dass es eine Welt außerhalb von Deutschland gibt. Sondern die sie auch kennen. Menschen, die wissen, wie man in anderen Ländern und Kulturen fühlt und denkt. Wer das weiß, weiß so viel mehr als andere Deutsche. Lassen Sie uns an ihrem Wissen teilhaben.

Wenn ich mich hier so bei Ihnen umschaue: Wie viele Sprachen in diesem Raum gesprochen werden können. Von wie vielen Ländern und Kulturen berichtet. Wie viele Geschichten Sie kennen. Wenn das heute nicht die Einbürgerungszeremonie des Bezirksamts wäre, könnte man es glatt für einen Kongress von Wissenschaftlern und Professoren oder der UNO halten.

Machen Sie etwas aus diesem Wissensschatz. Helfen Sie uns, andere Kulturen zu verstehen. Und helfen Sie Menschen aus anderen Kulturen uns zu verstehen.
In Mitte gibt es ein sehr schönes Projekt, das sich das Lotsenprojekt (Lotse erklären) nennt. In diesem Projekt vermitteln Menschen, die in zwei Kulturen und Sprachen zu Hause sind. Sie vermitteln zwischen den Menschen, denen das Deutsche und die deutschen Rechte und Pflichten fremd sind und den deutschen Behörden, denen viele Kulturen und viele Sprachen fremd sind.

Sie müssen nicht bei diesem Projekt mitmachen. Aber ich wünsche mir, dass auch Sie sich als Lotse verstehen. Und uns helfen, dass in unserem Bezirk und in unserem Land alle Menschen friedlich und glücklich leben können. Und dass auch die Menschen, die mit uns leben, aber nicht Deutsche werden wollen, wissen, dass wir sie brauchen. Und dass wir ihnen und ihren Kindern die gleichen Chancen auf Erfolg und Wohlstand geben wollen – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Religion.

Um dieses Ziel zu erreichen brauchen wir Ihre Hilfe. Helfen Sie uns, Brücken zu bauen. Brücken zu den Menschen und für die Menschen. Sie sind Deutschland. Seien Sie selbstbewusst. Auch wenn es nicht immer und nicht für jeden/jede einfach ist, einen guten Schulabschluss zu machen. Auch wenn es nicht immer einfach ist, eine gute Arbeit zu bekommen. Sie können schon so viel. Und wenn sie wollen, können Sie noch viel mehr.

In unserer modernen Welt müssen wir alle täglich lernen. Miteinander und von einander. Wenn wir dazu bereit sind, habe ich keine Sorge um die Zukunft. Weder um ihre noch um die unseres Landes.