111. Kiezspaziergang am 12.3.2011

Vom Joachimstaler Platz zum Käthe-Kollwitz-Museum

Auf dem Joachimstaler Platz, 12.3.2011, Foto: KHMM

Auf dem Joachimstaler Platz, 12.3.2011, Foto: KHMM

Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen

Treffpunkt: Joachimstaler Platz am U-Bahnhof Kurfürstendamm
(Wegen des Besuchs der Synagoge und der Verabredungen im Literaturhaus und im Käthe-Kollwitz-Museum musste der Kiezspaziergang am 12.3.2011 verkürzt werden.)

Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 111. Kiezspaziergang. Im März beschäftigen wir uns bei den Kiezspaziergängen traditionell vor allem mit bedeutenden Frauen. Außerdem wollen wir den Kurfürstendamm zu seinem 125-jährigen Jubiläum besuchen. Deshalb haben wir uns heute auf dem Joachimstaler Platz getroffen, wo uns drei besonders attraktive Frauen am Neuen Kudammeck begrüßen. Zum Schluss wird uns das Käthe-Kollwitz-Museum in der Fasanenstraße von seiner Leiterin Gudrun Fritsch vorgestellt.
Anschließend können Sie auch, wenn Sie interessiert sind, ein Exemplar unseres neuen Bezirksmagazins mitnehmen, das vor wenigen Tagen erschienen ist. Die Aktualität können Sie daran erkennen, dass auf dem Titel unter anderem ein Foto vom Start unseres letzten Kiezspazierganges auf dem Adenauerplatz zu sehen ist.
Bevor wir starten möchte ich Ihnen den Treffpunkt für den nächsten Kiezspaziergang mitteilen. Wie Sie wissen finden die Kiezspaziergänge immer am zweiten Samstag eines Monats ab 14.00 Uhr statt. Das wollen wir zumindest bis zur Wahl im September so beibehalten. Am Sonnabend, dem 9. April, um 14.00 Uhr wollen wir uns am U-Bahnhof Bismarckstraße treffen, und zwar an der nördlichen Ecke Bismarckstraße und Wilmersdorfer Straße also in Richtung Zillestraße. Zunächst werde wir durch den sogenannten Kleinen Wedding gehen, an den ab 8. April eine Gedenktafel am Haus der Jugend an der Zillestraße 54 erinnern wird. Von dort werden wir dann in Richtung Kurfürstendamm weiterspazieren, denn auch im April wollen wir an das Kudamm-Jubiläum erinnern.

125 Jahre Kurfürstendamm
Das Jubiläum beginnt am 5. Mai mit einer Geburtstagsfeier sowie den Eröffnungen der Schaustelle auf dem Breitscheidplatz und der Ausstellung „Der Kurfürstendamm. 125 Jahre – 125 Geschichten“ in den Vitrinen entlang des Kurfürstendamms.
Am 28. und 29. Mai wird ein Oldtimer-Corso auf dem Ku’damm an den 125. Geburtstag des Automobils erinnern. Rund 1250 wertvolle Oldtimer aus ganz Europa werden erwartet.
Anfang Juli plant der Branchenverband E-Mobilität eine „Straße in die Zukunft“.
Am 30. Juli gratuliert der traditionelle Vattenfall City-Nacht Lauf, der in diesem Jahr sein 20. Jubiläum feiert, dem Ku’damm zum Geburtstag.
Vom 6. bis zum 14. August werden bei „Summer in the City“ auf dem Breitscheidplatz die 13 internationalen Partnerboulevards der „Vereinigung weltbekannter Einkaufsstraßen“ mitfeiern.
Am 3. und 4. September wird der Boulevard in seiner gesamten Länge für Autos gesperrt. Dann sorgen Modenschauen, Konzerte und kulinarische Genüsse für ein abwechslungsreiches Programm und machen den Ku’damm zur Amüsiermeile.
Vom 12. bis zum 23. Oktober sorgen dann die festliche Illumination des Ku’damms in Kooperation mit dem Festival of Lights für einen glanzvollen Abschluss.

Und wenn Sie jetzt nicht alles behalten konnten, was sie interessiert, dann können Sie es entweder in dem Bezirksmagazin nachlesen, das Sie am Ende unseres heutigen Spazierganges mit nach Hause nehmen können, oder Sie finden im Internet unter www.charlottenburg-wilmersdorf.de immer den aktuellen Stand der Planungen.

Joachimstaler Platz, 12.3.2011, Foto: KHMM

Joachimstaler Platz, 12.3.2011, Foto: KHMM

Joachimstaler Platz
Der Joachimstaler Platz heißt immer noch Joachimstaler Platz. Vielleicht haben einige von Ihnen vor einigen Wochen die Diskussion über eine mögliche Umbenennung verfolgt. Der ehemals promovierte damalige Verteidigungsminister, der aber immer noch einen Adelstitel trägt, hatte vorgeschlagen, einen Platz in Berlin nach dem ehemaligen amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan zu benennen, und unser Baustadtrat hatte diesen Vorschlag aufgegriffen und seinerseits vorgeschlagen, diesen Platz in Ronald-Reagan-Platz umzubenennen. Allerdings gab es in der Bezirksverordnetenversammlung keine Mehrheit dafür, und so bleibt es beim Joachimstaler Platz.

Der Joachimstaler Platz wurde 1953-55 von Werner Klenke, Werner Düttmann und Bruno Grimmek geschaffen und wie die Joachimstaler Straße nach dem ehemaligen Joachimsthalschen Gymnasium benannt. Merkwürdigerweise schreibt er sich nur mit “t” und nicht mit “th” wie der Ort Joachimsthal, aus dem das Joachimsthalsche Gymnasium nach Berlin kam. Ob das “h” einer Rechtschreibreform beim Tiefbauamt zum Opfer gefallen ist, wissen wir nicht. Die Gestaltung des Platzes mit Verkehrskanzel, Telefonzellen, Kiosk und U-Bahn-Zugang ist ein Zeugnis der städtebaulichen Modernitätsvorstellungen der 1950er Jahre. Damals wurde auch noch ein Parkplatz eingerichtet, wie es der Idee der autogerechten Stadt entsprach. Die Verkehrskanzel sollte an die berühmte Ampel am Potsdamer Platz von 1925 erinnern, doch verlor sie wegen der starken Verkehrszunahme bereits in den 60er Jahren ihre Funktion.
Im Jahr 2002 wurde der Platz nach den Plänen des Zürcher Landschaftsarchitekten Guido Hager, neu gestaltet. Der Parkplatz fiel dabei weg, stattdessen wurde eine Freifläche mit Bodenplatten und einem Raster aus grünen Kunststoffstreifen geschaffen.
Im Dezember 2002 wurde der neu gestaltete Platz mit einer Informationstafel der Öffentlichkeit übergeben:

“Joachimstaler Platz
Benannt nach dem
1607 in Joachimsthal (Schorfheide)
gegründeten Joachimsthalschen Gymnasium,
das von 1880 bis 1912 in dem Gebäude
an der Bundesallee 1-12 untergebracht war.”

Am 19. Dezember 2003 wurde als Geschenk des Bauunternehmers Thomas Grothe die 27m hohe Skulptur Pendelobelisk von Karl Schlamminger eingeweiht. Es ist ein Obelisk auf einer Kugel mit 3 m Durchmesser. Der Pendelobelisk ließ sich zumindest damals mit vereinten Kräften in Bewegung versetzen. Der 1935 in Deutschland geborene Künstler Karl Schlamminger hat in Istanbul und Teheran gelehrt. Seit 1979 lebt er in München. Skulpturen von Schlamminger gibt es weltweit in vielen Städten, darunter in Athen, Lissabon, London, Teheran, Riad, Salt Lake City, Leipzig und München.
Der Pendelobelisk stellt nach Auskunft des Künstlers einen Widerspruch in sich dar, “denn seitdem Obelisken in den Himmel blicken, sind sie starr und unbewegt. Ein Pendel hingegen ist nach seiner Bewegung definiert.” Die Skulptur wurde dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf bzw. der Stadt Berlin von dem Bauunternehmer Thomas Grothe gestiftet. Er und sein Vater Hans Grothe sind Bauherren einiger Großprojekte in der City-West, darunter hier das neue Ku’damm-Eck und das Hotel Concorde.

Neues Kranzlereck, 12.3.2011, Foto: KHMM

Neues Kranzlereck, 12.3.2011, Foto: KHMM

Neues Kranzler Eck
Unter der Bezeichnung “Neues Kranzler Eck” errichtete von 1998 bis 2000 der renommierte Architekt Helmut Jahn aus Chicago auf dem 20.000 Quadratmeter großen sogenannten Victoria-Arial einen neuen Baukomplex. Dazu gehört das frühere Café Kranzler, das jetzt nur noch ein Schattendasein in der Rotunde über dem Bekleidungsgeschäft von Gerry Weber fristet. Allerdings soll es noch in diesem Jahr wiederbelebt werden und am Kudamm wieder präsent sein.
Hauptgebäude ist ein 16-geschossiger, 60 Meter hoher verglaster Baukörper mit einer Passage von der Kantstraße zum Kurfürstendamm. 2007 zog hier die Redaktion der BZ ein.
Den markanten Blickfang bildet eine spitz zulaufende 54 Meter hohe Kante mit der Lichtinstallation “Lichtburg” von Yann Kersalé. Im Zentrum des Quartiers gibt es zwei 22 m hohe kegelförmige Volieren mit mehr als 100 Sittichen, Fasanen und Enten.

Neues Kudamm Eck
An diesem Ort hatte Otto Firle 1928 ein Wohnhaus der Gründerzeit zum Wäschehaus Grünfeld umgebaut, einem der renommiertesten Kaufhäuser Berlins in den 20er Jahren. Die jüdische Familie Grünfeld musste ihr Haus 1938 weit unter Wert an Max Kühl verkaufen und emigrierte in letzter Minute. Das Haus wurde im Krieg weitgehend zerstört, stand aber als Behelfsbau bis zum Ende der 60er Jahre.
Dann wurde er abgerissen. An seiner Stelle baute Senatsbaudirektor Werner Düttmann von 1969 bis 1972 das Kudamm-Eck, einen hässlich verschachtelten Baukomplex, eine der spektakulären Bausünden der 1970er Jahre. Der Komplex wurde 1998 abgerissen. Anschließend baute die Hamburger Architektengruppe Gerkan, Mark und Partner das 10-geschossige, 45 Meter hohe Geschäftshaus mit rundem Baukörper und niedrigerem wellenförmigen Sockelgeschoss.
Eine 70 Quadratmeter große elektronische Werbewand wurde an der Fassade zur Joachimstaler Straße angebracht. Das Haus beherbergt ein C&A-Kaufhaus und das Swissotel.

Skulpturengruppe "Das Urteil des Paris", 9.3.2011, Foto: KHMM

Skulpturengruppe "Das Urteil des Paris", 9.3.2011, Foto: KHMM

Und an diesem Haus können Sie an markanter Stelle auch drei herausragende Frauen entdecken: Auf einem Vorsprung wurde das Skulpturenensemble “Das Urteil des Paris” von Markus Lüpertz aufgestellt. Sie kennen sicher die Geschichte aus der griechischen Mytologie. Sie passt so gut zum Frauenmonat März und damit zu unserem heutigen Thema, dass ich sie Ihnen nicht vorenthalten will:
Alle Götter waren zur Hochzeit des Peleus und der Thetis eingeladen, außer Eris, der Göttin der Zwietracht. Natürlich rächte sie sich, indem sie Zwietracht säte. Sie warf einen goldenen Apfel mit der Aufschrift „Für die Schönste“ unter die Hochzeitsgesellschaft. Natürlich kam es zum Streit zwischen Aphrodite, Pallas Athene und Hera, wem dieser Apfel gebühre. Daher stammt übrigens der Ausdruck “Zankapfel”. Der kluge Zeus wusste, dass mit einer Entscheidung in dieser Frage nichts zu gewinnen war. Er forderte den jungen Paris, den Sohn des trojanischen Königs Priamos auf, den Schiedsrichter zu spielen. Jede der Göttinnen versuchte, ihn zu bestechen.
Hera versprach ihm Herrschaft über die Welt, Athene Weisheit und Aphrodite die Liebe der schönsten Frau der Welt. Natürlich entschied Paris sich für Aphrodite. Die schönste Frau der Welt war allerdings Helena, und sie war bereits mit Menelaos, dem König von Sparta, verheiratet. Der Raub der Helena zur Erfüllung des Versprechens der Aphrodite war schließlich der Auslöser des Trojanischen Krieges. Also überlegen Sie es sich gut, bevor Sie sich für eine der drei Göttinnen entscheiden.

Concorde-Hotel, 12.3.2011, Foto: KHMM

Concorde-Hotel, 12.3.2011, Foto: KHMM

Augsburger Str.41: Hotel Concorde
1967 war an der Ecke Joachimstaler Straße und Augsburger Straße C&A eröffnet worden. Die Polizei musste damals die Massen abhalten, die das neue Bekleidungskaufhaus stürmen wollten. Jetzt ist C&A aus der zweiten Reihe nach vorne an den Kurfürstendamm gerückt.
Im Januar 2006 wurde an der Stelle des früheren C&A-Kaufhauses das Hotel Concorde eröffnet. Es wurde von dem Architekten Jan Kleihues, dem Sohn von Josef Paul Kleihues, erbaut. Die als Brüstungsbänder unterhalb der rahmenlosen eingelassenen Fenster verstärken die geschwungene Form des Gebäudedreiecks.
Während die 18stöckige abgerundete Spitze mit ihren Vorsprüngen an die Hochhäuser der amerikanischen 20er-Jahre-Moderne erinnert, schließen die abgestaffelten Flanken am Ende fast nahtlos an die traditionelle Berliner Blockrandbebauung an.

Zoofenster, vom Joachimstaler Platz aus gesehen, 12.3.2011, Foto: KHMM

Zoofenster, vom Joachimstaler Platz aus gesehen, 12.3.2011, Foto: KHMM

Zoofenster
Zwischen Gedächtniskirche und Bahnhof Zoo sehen Sie von hier aus inzwischen sehr schön das neue Hochhaus des Zoofensters, in dem das Luxushotel Waldorf-Astoria vor wenigen Tagen bereits sein erstes Musterzimmer präsentiert hat. Im Dezember dieses Jahres wird das Hotel mit 232 Zimmern und Suiten, einem Ballsaal, einem Romanischen Café, American Bar und französischem Sternekoch eröffnet. Dank einem im Badezimmerspiegel eingebauten Bildschirm werden Sie dort sogar beim Zähneputzen fernsehen oder im Internet surfen und unsere Kiezspaziergänge nachlesen können.

Wenn Sie sich also hier am Joachimstaler Platz umschauen, dann werden Sie feststellen, dass sich in der City West in den letzten Jahren eine Menge getan hat.
Es ist keinesfalls so, dass die City West nach dem Fall der Mauer in einen Dornröschenschlaf verfallen wäre, wie manche Medien immer wieder einmal schreiben. Im Gegenteil: Der Kurfürstendamm und seine Umgebung sind in einem ständigen Wandel begriffen, und wenn es manchen in der Vergangenheit nicht schnell genug gegangen ist, dann gibt es gerade jetzt, im Jubiläumsjahr, Anlass zur Freude über viele neue Projekte und Initiativen.

Joachimstaler Str. 10-12: Allianz-Hochhaus
Das Büro- und Geschäftshaus für den Allianz-Versicherungskonzern wurde 1953-55 von Alfred Gunzenhauser und Paul Schwebes in der Tradition konservativer Bank- und Versicherungsarchitektur erbaut. Das Ensemble besteht aus einem 14-geschossigem Scheibenhochhaus und einem 6-geschossigen Gebäude, das in einen etwas höheren, schmalen Kopfbau am Kurfürstendamm mündet. Sehenswert ist das Treppenhaus.
Eine Gedenktafel erinnert an Tschechische Zwangsarbeiter:
ACHTZEHN TSCHECHISCHE JUGENDLICHE
STARBEN HIER
AM 23. NOVEMBER 1943
BEI EINEM LUFTANGRIFF.
ALS ZWANGSARBEITER WAREN SIE BEI DER
TECHNISCHEN NOTHILFE IN BERLIN EINGESETZT,
UM BOMBENSCHÄDEN ZU BESEITIGEN.
Die Gedenktafel wurde initiiert von der Berliner Geschichtswerkstatt. Insgesamt waren bei der Technischen Nothilfe etwa 16.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus den besetzten Ländern eingesetzt.

Joachimstaler Straße 12: Stolperstein
Hier wurde direkt neben der Einfahrt, vor dem früheren Grundstück Joachimstaler Straße 12 im Mai 2006 ein Stolperstein für Alice Simon verlegt.
Wie Sie wissen hat der Bildhauer Gunter Demnig 1996 in Köln die ersten Stolpersteine verlegt, die im Gehweg vor dem früheren Wohnort an Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen erinnern. Es sind 10 × 10 cm große aus Beton gegossene Steine mit eingelassener Messingtafel, in die der Künstler mit Hammer und Schlagbuchstaben “Hier wohnte”, Namen, Jahrgang und Stichworte zum weiteren Schicksal eines einzelnen Menschen einstanzt. Inzwischen wurden bei uns in Charlottenburg-Wilmersdorf bereits mehr als 1.000 Stolpersteine verlegt.
Der Text dieses Stolpersteins lautet:
HIER WOHNTE ALICE SIMON GEB. REMAK
JG. 1887
DEPORTIERT 17.5.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET AUGUST 1943
Die Charlottenburgerin Alice Simon war unter den 86 jüdischen KZ-Häftlingen, die der Anatom Prof. August Hirt in Auschwitz selektieren ließ, um in seinem Institut an der Reichsuniversität Straßburg eine Skelettsammlung „Fremdrassiger“ aufzubauen. Wie ihr Ehemann, der Rechtsanwalt Dr. Herbert Simon, war Alice Simon jüdischer Herkunft und evangelisch getauft. Herbert Simon starb 1936; ihren Sohn und ihre Tochter schickte die Witwe nach Großbritannien. Sie selbst blieb hier in dem Haus an der Joachimstaler Straße 12 bei der blinden Schwiegermutter, die 1941 starb. Im Mai 1943 wurde sie nach Auschwitz und von dort aus ins KZ Natzweiler-Struthof deportiert. Dort tötete man sie wie die übrigen Selektierten im August 1943 mit Blausäure.

Synagoge, Joachimstaler Straße 13, 12.3.2011, Foto: KHMM

Synagoge, Joachimstaler Straße 13, 12.3.2011, Foto: KHMM

Joachimstaler Str. 13: Synagoge und jüdische Buchhandlung
1901 baute Siegfried Kuznitzky das Quergebäude im Hof für die jüdische Loge B’nai B’rith (Bne Briss) historisierend mit Stilelementen der Renaissance und des Barock. 1925 wurde eine jüdische Volksschule eingerichtet. 1935 begründete der Bildungsverein der Jüdischen Reformgemeinde hier die Joseph-Lehmann-Schule, um den aus den deutschen Schulen ausgeschlossenen jüdischen Kindern Schulunterricht geben zu können. Außerdem befand sich hier die Private Handelsschule der Jüdischen Gemeinde und die Holdheim-Schule, die 1936 in die Nürnberger Straße 66 umzog. 1938 wurde das Quergebäude für den Gottesdienst der Liberalen und der Reformgemeinde umgebaut.
Der Betraum wurde nach 1945 wieder genutzt und 1955 renoviert. 1960 wurde der ehemalige große Logensaal im Erdgeschoss als Synagoge nach orthodoxem Ritus für 300 Personen eingerichtet. Im Souterrain wurde ein rituelles Tauchbad eingebaut. Nach dem Bau der Mauer 1961 bezogen verschiedene Niederlassungen von jüdischen Organisationen das Haus, darunter der jüdische Nationalfonds und die Women’s International Zionist Organisation WIZO.
Außerdem waren hier die Sozialabteilung, die Kultusverwaltung, die Büros der Rabbiner und das Jugendzentrum der Jüdischen Gemeinde untergebracht.
Im Erdgeschoss des Vorderhauses bietet die Literaturhandlung eine Auswahl an historischen, kulturhistorischen, theologischen und liturgischen Judaica in deutscher und englischer Sprache an. Und bei Salomon Bagels können Sie traditionelle jüdische Köstlichkeiten genießen.
Ich freue mich sehr, dass Rabbiner Ehrenberg sich bereit erklärt hat, uns heute am Sabbath seine Synagoge vorzustellen.

Joachimstaler Straße 31-32: Hotel 10
Hier wird in einem ehemaligen Klinkerbau der Technischen Universität und in einem damit verbundenen Neubau in wenigen Tagen ein Hotel der weltweit präsenten Gruppe H10 Hotels eröffnet. An dem restaurierten Altbau befindet sich das historische Stadtwappen Charlottenburgs.

Joachimstaler Str. 20: Gedenktafel für Friedrich Ebert
Am ehemaligen ÖTV-Haus erinnert eine Gedenktafel an Friedrich Ebert:
“Hier im ehemaligen West-Sanatorium
starb am 28. Februar 1925
der Sozialdemokrat
Friedrich Ebert
(* 4. Februar 1871)
Der erste demokratisch gewählte
Reichspräsident der Weimarer Republik.”
Die alte Bronzetafel mit dem Relief Eberts, die früher an dem Haus angebracht war, befindet sich jetzt im Archiv der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn.
Aus der ÖTV wurde die Gewerkschaft Verdi, und diese ist 1995 an den Engeldamm in Mitte umgezogen, das Haus hat sie verkauft. Nach langem Leerstand werden hier jetzt Betten und Schlafsysteme verkauft.

Lietzenburger Straße
Bis zur Bezirksfusion 2001 war die Lietzenburger Straße die Grenze zwischen Charlottenburg und Wilmersdorf. Sie wurde 1890 nach dem ursprünglichen Namen des Schlosses Charlottenburg benannt. Der Name Lietzenburg wurde von dem Dorf Lietzow abgeleitet, das 1720 nach Charlottenburg eingemeindet wurde.

Meinekestraße
Die Meinekestraße wurde nach einem früheren Direktor des Joachimsthalschen Gymnasiums benannt. Johann Albrecht Friedrich August Meineke wurde 1790 in Soest geboren. Er war Gymnasialprofessor in Danzig und schließlich von 1826 bis 1857 Direktor des Joachimsthalschen Gymnasiums. Meineke starb 1870 in Wernigerode. Er schreibt sich übrigens nur mit “k” im Gegensatz zu dem berühmten Historiker Friedrich Meinecke.

Meinekestr. 10: Gedenktafel Palästinaamt
Die Berliner Gedenktafel wurde 1986 am Haus Meinekestraße 10 enthüllt. Der Text lautet:
“In diesem Haus befanden sich
PALÄSTINAAMT der Jewish Agency
das bis zu seiner Schließung 1941
etwa 50000 Menschen zur Auswanderug verhalf
ZIONISTISCHE VEREINIGUNG FÜR DEUTSCHLAND
JÜDISCHE RUNDSCHAU
sowie andere zionistische Organisationen”
1925 hatte die “Jüdische Rundschau” das Haus an der Meinekestr. 10 gekauft und darin nicht nur die eigenen Redaktionsräume untergebracht, sondern auch eine Reihe anderer zionistischer Organisationen. Zeitweise befanden sich darin 30 verschiedene Organisationen. Die wichtigste war das Palästinaamt, das die Auswanderung der Juden nach Palästina propagierte und förderte.
Seit 1933 wurde es für viele Juden lebensrettend. Das Palästinaamt zog 1938 um in die Kantstr. 158, schräg gegenüber dem Theater des Westens.
Meinkestr. 7: Fünf Stolpersteine
Hier wurden im Oktober 2008 fünf Stolpersteine für Julius und Flora Berger, Adolf Löwenstern, Hans G. Bernhardt und Heinrich Knap verlegt.
Der 1862 in Zempelburg geborene Julius Berger und seine 1868 ebenfalls in Zempelburg geborene Frau Flora Berger wurden am 14. September 1942 nach Theresienstadt deportiert. Dort wurde Flora am 18.10.1942 und Julius am 13.7.1943 ermordet. Julius Berger hatte 1905 die Firma Julius Berger Tiefbau AG gegründet, 1914 war er zum Königlich Preußischen Kommerzienrat ernannt worden.
Der 1858 in Adelebsen geborene Adolf Löwenstern wurde am 14. September 1942 nach Theresienstadt deportiert und dort am 16. Februar 1943 ermordet.
Der 1879 in Kreuzburg geborene Hans G. Bernhardt wurde am 4. März 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Der 1881 in Berlin geborene Heinrich Knap wurde am 19. Oktober 1942 nach Riga deportiert und dort nach der Ankunft am 22. Oktober 1942 ermordet.

Meinekestr. 6: Gedenktafel für Irmgard Keun
Die Gedenktafel für Irmgard Keun wurde 2006 enthüllt. Der Leiter des Literaturhauses, Ernest Wichner, der uns nachher sein Haus vorstellen wird, hatte diese Gedenktafel gemeinsam mit seinem Kollegen vom Literaturhaus in Köln angeregt und finanziert. Der Text lautet:
“Geburtshaus von
IRMGARD KEUN
6.2.1905 – 5.5.1982
Schriftstellerin
In ihren Romanen
“Das kunstseidene Mädchen”, “Gilgi, eine von uns”
zeichnete sie lebendige Portraits ihrer Heimatstädte
Berlin und Köln
Ihre Werke wurden von den Nationalsozialisten verboten”

Irmgard Keun ist eine wichtige Chronistin ihrer Heimatstädte Berlin und Köln in den 20er Jahren und auch im Nationalsozialismus.
Die City-West war schon im wilhelminischen Kaiserreich und dann vor allem in den 20er Jahren Anziehungspunkt für Prominente aus Kultur und Wissenschaft. Man sprach vom “Zug nach Westen”, und damit war der Umzug gemeint in die Villenkolonien Westend oder Grunewald oder in die neue City rund um den Kurfürstendamm. Wer up to date sein wollte, der musste hier leben, nicht im alten Berliner Zentrum, das für die Tradition stand, während hier die Moderne in all ihren Formen experimentierte und immer neue Moden, Stile und Lebensformen hervorbrachte. Genau davon handeln die Romane Irmgard Keuns.
Ihre ersten beiden Romane “Gilgi, eine von uns” und “Das kunstseidene Mädchen” wurden 1931 und 1932 zu Bestsellern, und Irmgard Keun wurde zum Liebling der Berliner Literaturszene. Beide Bücher handeln von jungen Frauen, deren Emanzipation mit dem Umzug nach Berlin beginnt, man könnte auch sagen mit der Flucht nach Berlin, und natürlich erleben sie das moderne, pulsierende Berlin vor allem im Neuen Westen, hier in den Tanzhallen, Varietees, Kabaretts, Bars und Literatencafes rund um den Kurfürstendamm.
Im “Kunstseidenen Mädchen liest sich das so:
“Der Gloriapalast schillert – ein Schloss, ein Schloss – es ist aber Kino und Kaffee und Berlin W – um die Kirche sind schwarze eiserne Ketten – und drüben das Romanische Café mit den längeren Haaren von Männern! Und da verkehrte ich einmal Abend für Abend mit einer geistigen Elite, was eine Auswahl ist, was jede gebildete Individualität aus Kreuzworträtseln weiß. Und wir bildeten alle einen Kreis.
Und das Romanische Café ist eigentlich nicht anzuerkennen. Und jeder sagt: Gott, dieses Lokal, wo diese herabgekommenen Literaten sitzen, man sollte da nicht mehr hingehn. Und gehen dann doch hin. Ich bildete mich ungeheuer, und es war, als wenn ich eine fremde Sprache lerne.”
In den Büchern von Irmgard Keun können wir nachlesen, wie der Boulevard damals funktionierte. Sie erzählt nicht nur von seinen Schokoladenseiten, sondern schonungslos auch von seinen Gefährdungen, und das kunstseidene Mädchen muss am Ende für sich erkennen, dass aus der erträumten Filmkarriere nichts wird. Der letzte Satz des Buches lautet: “Auf den Glanz kommt es nämlich vielleicht gar nicht so furchtbar an.”

Union-Palast, 9.3.2011, Foto: KHMM

Union-Palast, 9.3.2011, Foto: KHMM

Kurfürstendamm 26: Union-Palast
1912-13 bauten Nentwich & Simon hier den Union-Palast als eines der ersten reinen Lichtspielhäuser in Berlin im Stile des Wilhelminischen Klassizismus mit einer tempelähnlichen Fassade mit vier ionischen Säulen und einem Dreiecksgiebel. Unter dem Kinosaal befand sich ein großes Konzert-Café, das neue ‘Café des Westens’. Eingeweiht wurde das Kino mit Max Reinhardts “Insel der Seligen”, und es entwickelte sich in der Folge zur Experimentierbühne für künstlerisch anspruchsvolle Filme. Seit 1924 gehörte das 850-Plätze-Kino als UFA-Palast, später UFA-Theater zur UFA.
Nach Kriegszerstörungen wurde das Haus 1945 instand gesetzt und umbenannt in Haus Wien, später Filmbühne Wien. 1953 wurde es dann auch im Inneren umgebaut. An Stelle des ehemals repräsentativen Eingangs wurden Läden eingerichtet. Bis zuletzt blieb die Filmbühne Wien ein Premierenkino. Als erstes Kino in Berlin erhielt sie eine Cinemascope-Leinwand und war für kurze Zeit Spielort der Berlinale. 1979-1983 wurde der Bau zerstückelt für die Einrichtung sieben weiterer kleiner Kinosäle.
Am 26. April 2000 wurde das Kino geschlossen. Zunächst zog bis zu seinem Neubau das Kaufhaus C&A in das Gebäude ein, das unter Denkmalschutz steht. Deshalb wurden Fassade, Treppenhaus und Kinosaal samt Rängen erhalten. Auch die Schaukästen vor dem Haus gibt es noch. 2007 wurde in dem Haus eine große Dalí-Ausstellung mit 450 Zeichnungen, Grafiken, illustrierten Büchern, Dokumenten und kompletten Mappenwerken des spanischen Künstlers gezeigt. Der Kunstsammler und Eventmanager Carsten Kollmeier aus Baden-Württemberg wollte ein ständiges Dalí-Museum am Kurfürstendamm einrichten, zog aber dann mit seinem Museum an den Potsdamer Platz. Jetzt plant das amerikanische Computerunternehmen Apple die Eröffnung eines großen Showrooms in dem Haus.

Kurfürstendamm 217: Gedenktafel für Robert Musil
Die Marmortafel am Haus Kurfürstendamm 217 enthält folgenden Text:
“Hier schrieb
Robert Musil
von 1931 bis 1933
an seinem Roman
Der Mann ohne Eigenschaften”
Robert Musil wurde 1880 in Klagenfurt geboren und starb 1942 in Genf. Er war einer der bedeutendsten österreichischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Bereits 1920 kam er für kurze Zeit nach Berlin. Von 1931 bis 1933 lebte er hier am Kurfürstendamm. 1933 zog er zurück nach Wien. Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten emigrierte er in die Schweiz, wo er 1942 an einem Gehirnschlag starb. Sein Hauptwerk, der Roman “Der Mann ohne Eigenschaften” blieb unvollendet.

Kurfürstendamm 217 Ecke Fasanenstr. 74 Ecke: Ehemaliges Astor-Kino
Das Mietshaus wurde 1895/96 durch Heinrich Mittag und Heinrich Seeling erbaut. Im Erdgeschoss eröffnete das Restaurant “Sanssouci” mit einer Kleinkunst-Bühne. 1921-28 befand sich in diesem Gebäude das von dem Komponisten und Pianisten Rudolf Nelson errichtete Nelson Theater, hier wurden die legendären “Nelson-Revuen” aufgeführt, und hier trat 1925 Josephine Baker auf, bevor sie in Paris ihre sensationellen Erfolge feiern konnte.
1934 wurde das Restaurant durch Rudolph Möhring zu einem Kino mit ca. 500 Plätzen umgebaut. Als Astor-Kino war es bis 2002 durchgehend in Berieb. Dann wurde es geschlossen wegen erhöhter Mietforderungen, mit denen das Modegeschäft offensichtlich keine Probleme hat.

Kurfürstendamm 27: Kempinski
Der Name des Hotels geht auf die jüdischen Besitzer des 1926 hier eröffneten Groß-Restaurants zurück. “Kempinski am Kurfürstendamm” war ein nobel ausgestattetes Restaurant mit zivilen Preisen, in dem täglich 2000 Gäste bewirtet wurden. Der Gründer Berthold Kempinski hatte die Idee der halben Portionen zum halbem Preis, eine “Sozialisierung des Luxus”, die er in seinen Lokalen verwirklichte. Das Stammhaus war eine 1872 an der Friedrichstraße Ecke Taubenstraße eröffnete Weinhandlung mit angeschlossener Probierstube. 1937 wurde die Familie Kempinski enteignet und das Restaurant “arisiert”, wie die Nazis das nannten. Der Name Kempinski aber wurde beibehalten. 1994 wurde neben dem Hoteleingang an der Fasanenstraße eine Gedenktafel angebracht.
Das Hotel Kempinski wurde 1951/52 als erster Hotelneubau West-Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg von Paul Schwebes erbaut. Die “runde Ecke” wurde vom ursprünglichen Haus übernommen. Zu den prominenten Gästen gehörten Sophia Loren, der Dalai Lama, Michael Gorbatschow, Mick Jagger und Fidel Castro.

Kurfürstendamm 29: Gedenktafel für Jeanne Mammen
Die Berliner Gedenktafel für Jeanne Mammen, eine Porzellantafel der KPM am Haus Kurfürstendamm 29 wurde 1995 enthüllt.
Der Text auf der Tafel lautet:
“Hier – im IV. Stock des Hinterhauses -
lebte und arbeitete in ihrem Atelier
von 1919 bis 1976 die Malerin und Grafikerin
JEANNE MAMMEN
21.11.1890-22.4.1976
Im Mittelpunkt ihres Schaffens standen die
realistischen Schilderungen aus dem Berliner
Großstadtleben der zwanziger Jahre”
In dem Haus residiert der Förderverein Jeanne Mammen Stiftung e.V.. Er gibt Publikationen über die Künstlerin heraus, betreut wissenschaftliche Arbeiten über Jeanne Mammen und erhält das historische Wohnatelier als Archiv und kleines Museum weitgehend im Originalzustand. Eine Besichtigung des Ateliers von Jeanne Mammen ist nach Terminvereinbarung möglich. Alle Information sind im Internet zu finden unter www.jeanne-mammen.de.
Jeanne Mammen gehört zu den bedeutendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Ihr Name wird häufig zusammen mit dem von Käthe Kollwitz und Hannah Höch genannt.
Jeanne Mammen wurde in Berlin als Tochter eines Kaufmanns geboren. Sie wuchs in Paris auf und studierte dort, später in Brüssel und in Rom Malerei. 1916 kam sie nach Berlin und arbeitete zunächst als Modezeichnerin. Bekannt wurde sie durch Illustrationen im karikaturistischen Stil für den Simplicissimus, den Ulk und den Junggesellen bekannt. Ihre Motive fand sie meist in Typen von der Straße. Ihre erste Ausstellung veranstaltete die Galerie Gurlitt 1930. Sie hatte großen Erfolg in der Berliner Kunstszene. Viele ihrer Werke bekennen sich zur lesbischen Liebe. Die Nationalsozialisten beendeten ihre Karriere. Jeanne Mammen blieb in Berlin, konnte aber ihre Werke nicht mehr veröffentlichen. Aber sie experimentierte weiter. Nach 1945 wurden ihre Arbeiten zunehmend abstrakt. In den 1950er Jahren begann sie, Collagetechniken mit ihren Zeichnungen zu verbinden. In ihrem Atelier hier am Kurfürstendamm arbeitete die Einzelgängerin zurückgezogen fast 57 Jahre bis zum ihrem Tod am 22.4.1976.
Erst 1971 wurde sie wieder entdeckt. Die Galerien Brockstedt in Hamburg und Valentien in Stuttgart zeigten Ausstellungen mit ihren Werken. In feministischen Gruppen wurde sie seither populär. 1997 hat ihr die Berlinische Galerie eine umfassende Retrospektive gewidmet. Jeanne Mammens Grabstätte ist auf dem III. Städtischen Friedhof an der Stubenrauchstraße in Berlin-Friedenau.

Das innere Auge, 9.3.2011, Foto: KHMM

Das innere Auge, 9.3.2011, Foto: KHMM

Kurfürstendamm 32: “Das innere Auge” von Jacqueline Diffring
Der ca. 1,50 m hohe und 400 kg schwere Bronzekopf der Bildhauerin Jacqueline Diffring wurde anlässlich ihres 90. Geburtstages am 17.9.2010 von der Jacqueline Diffring Foundation vor dem White and Case-Haus am Kurfürstendamm Ecke Uhlandstraße enthüllt.
Jacqueline Fiffring wurde 1920 in Koblenz geboren. 1937 begann Sie ein Kunststudium an der legendären Reimann Schule in Berlin, musste aber 1939 nach England emigrieren, wo sie die britische Staatsbürgerschaft erhielt und bis 1946 die Kunstausbildung am Technical College in Cambridge absolvierte. Anschließend studierte sie zwei weitere Jahre Bildhauerei an der Chelsea School of Art in London. Ihr wichtigster Lehrer war Henry Moore. Seit Anfang der 60er Jahre lebt und arbeitet Jacqueline Diffring in Frankreich. 2007 gründete sie die Jacqueline Diffring Foundation in Berlin, eine gemeinnützige Stiftung für Kunst und Kultur.
White & Case ist eine der führenden internationalen Anwaltssozietäten. Sie wurde 1901 in New York gegründet und ist mittlerweile in 25 Ländern als Wirtschaftskanzlei tätig.

Mosaikvase
Die große Mosaikvase wurde in den 1960er Jahren aus Mosaiken der Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche hergestellt und hier am Kurfürstendamm aufgestellt.

Kurfürstendamm 211: Maison de France
Das Haus wurde 1897 als Mietwohnhaus erbaut und von 1927 bis 1929 im Stil der Neuen Sachlichkeit umgebaut zum “Haus Scharlachberg”. Nach Kriegsschäden wurde es von 1948 bis 1950 durch die französische Militärregierung Berlins nach Plänen von Hans Semrau um- und teilweise neu gebaut als französisches Kulturhaus. Entstanden ist ein schmuckloser Flachdachbau mit gerundeten Ecken und geschwungenen Formen. Vor allem im Innern ist es ein wichtiges Beispiel der frühen 1950er-Jahre-Architektur. Das Haus beherbergt das Institut Français, das Bureau du Théatre und das Kino Cinema Paris.
Das französische Kultur- und Informationszentrum bietet Kulturprogramme, Sprachkurse, die Veranstaltung von Seminaren, Konferenzen, Lesungen, Ausstellungen undsoweiter. Eine Mediathek und Bibliothek enthält 13.000-Bände.
Am 25.8.1983 wurde auf das Maison de France ein Sprengstoffanschlag ausgeübt, um in Frankreich inhaftierte Mitglieder einer arabischen Terrorgruppe freizupressen. Bei dem Anschlag wurde ein Mann getötet, viele weitere Personen wurden verletzt.

U-Bahnhof Uhlandstraße
Der Bahnhof der Kurfürstendammlinie wurde 1910-13 von Alfred Grenander gebaut. Die U-Bahnlinie hatte die damals selbständige Großstadt Charlottenburg verlangt als Kompensation für die Linie 2 durch Wilmersdorf nach Zehlendorf, weil man eine Abwanderung der vermögenden Steuerzahler aus Charlottenburg befürchtete. Die Kurfürstendammlinie sollte ursprünglich unter dem gesamten Kurfürstendamm bis nach Grunewald führen. Der U-Bahnhof Adenauerplatz ist als Kreuzungsbahnhof angelegt, um diese Option auch für die Zukunft offen zu halten.

Kurfürstendamm 212: Stolperstein für Betty Hirsch
Vor dem Haus Kurfürstendamm 212 wurde am 9. Juni 2009 ein Stolperstein für Betty Hirsch verlegt. Der Text lautet:
BETTY HIRSCH GEB. WALTER
JG. 1867
DEPORTIERT 04.09.1942 THERESIENSTADT
ERMORDERT OKT. 1942 IN TREBLINKA
Es handelt sich nicht um die Künstlerin und Pädagogin, nach der wir 2008 den Betty-Hirsch-Platz am Roseneck benannt haben.

In dem Haus befindet sich ein Fischrestaurant der Kette “Go Sylt”.

Kurfürstendamm 213: Ehem. Galerie Brusberg und Café Möhring
Hier befand sich von 1898 bis 2000 das Café Möhring. Die Schließung löste heftige öffentliche Debatten über den Niedergang der Caféhauskultur am Kurfürstendamm aus. Auch die berühmte Kunsthandlung und Galerie Brusberg ist nach 40 Jahren geschlossen. Dieter Brusberg ist in den Ruhestand getreten. Allerdings gibt es als Nachfolger im Hinterhaus die von seinem früheren Assistenten Stefan Westphal gegründete Hofgalerie Rosendahl, Thöne & Westphal.

Kurfürstendamm 215: Gedenktafeln für Max Herrmann-Neiße und Gerd Rosen
Neben dem Eingang zu dem Haus am Kurfürstendamm 215 befindet sich in fast 4 Metern Höhe eine Bronzetafel mit folgendem Text:
IN DIESEM HAUSE
WOHNTE
DER DICHTER
MAX HERRMANN-NEISSE
1886 NEISSE
1941 LONDON
Das Leben von Max Herrmann-Neiße war davon überschattet, dass er an Hyposomie litt, also kleinwüchsig war. Er wurde als Max Herrmann in Neiße in Oberschlesien geboren und bekannte sich mit dem Namenszusatz zu seiner schlesischen Heimat. Er zog 1917 nach Berlin und kam in engen Kontakt zu anarchistischen und sozialistischen Kreisen um Else Lasker-Schüler und Franz Pfemfert. Mit seinen Gedichten und Erzählungen wurde er ein bedeutender Vertreter des Expressionismus. 1927 erhielt er den Gerhart-Hauptmann-Preis.
Kurz nach dem Reichstagsbrand 1933 floh er gemeinsam mit seiner Frau zunächst in die Schweiz, dann über die Niederlande und Frankreich nach London. 1938 wurde er von den Nationalsozialisten ausgebürgert. Sein Antrag auf die englische Staatsbürgerschaft wurde abgewiesen. 1940 schrieb er in London das Gedicht “Litanei der Bitternis”:
„Bitter ist es, das Brot der Fremde zu essen,
bittrer noch das Gnadenbrot,
und dem Nächsten eine Last zu sein.
Meine bessren Jahre kann ich nicht vergessen;
doch nun sind sie tot,
und getrunken ist der letzte Wein.“
1941 starb Max Hermann-Neiße in London an den Folgen eines Herzinfarkts. Seine Werke wurden zunächst vergessen, aber seit den 1980er Jahren wiederentdeckt und neu veröffentlicht.

1986 wurde am gleichen Haus eine weitere Bronzetafel enthüllt mit dem Text:
“1903 – 1961
GERD ROSEN
ARBEITETE IN DIESEM HAUSE
VON 1945 BIS 1961”
Der Buchhändler Gerd Rosen gründete hier gemeinsam mit Ilse-Margret Vogel unmittelbar nach dem Krieg die erste Nachkriegs-Galerie Deutschlands. Sie wurde am 9. August 1945 mit den Werken von Künstlern eröffnet, die kurz zuvor noch als “entartet” gegolten hatten, darunter auch Jeanne Mammen und Hannah Höch. Bis 1949 blieb die Galerie hier am Kurfürstendamm. Dann zog sie um in die Hardenbergstraße 7. Allerdings blieb hier ein Graphisches Kabinett erhalten. Bis 1962 war die Galerie Rosen in Berlin ein Inbegriff für die Kunst der Moderne, die Avantgarde des 20. Jahrhunderts.
Fasanenstraße
Die Straße hat ihren Namen 1901 erhalten zur Erinnerung an die 1755 von Friedrich II. angelegte Fasanerie, die 1841 der Anlage des Zoologischen Gartens weichen musste. Frühere Bezeichnungen waren: Ringstraße II, Wolfenbütteler Straße und Gravelotter Straße. Die etwa 2 km lange Fasanenstraße führt von der Müller-Breslau-Straße unmittelbar an der Straße des 17 Juni über Hardenbergstraße, Kantstraße und Kurfürstendamm bis zum Hohenzollerndamm.

Gedenktafel für Essad Bey, 9.3.2011, Foto: KHMM

Gedenktafel für Essad Bey, 9.3.2011, Foto: KHMM

Fasanenstr. 72: Gedenktafel für Essad Bey alias Kurban Said
2008 wurde an dem Haus eine bunte Gedenktafel enthüllt. Sie zeigt das Porträt des deutschsprachigen Schriftstellers russisch-jüdischer Abstammung mit dem Namen Essad Bey, der eigentlich Lew Abramowitsch Nussimbaum hieß und seine Werke unter dem Pseudonym Kurban Said veröffentlichte.
Auf der Gedenktafel ist zu lesen:

“In diesem Haus wohnte der Schriftsteller
Essad Bey alias Kurban Said
von 1928 bis 1930
Hier entstand sein Erstlingswerk “Öl und Blut im Orient”
“Sinnlos ist das Leben ohne Heimat.”
ESSAD BEY wuchs in Baku/Aserbaidschan auf. Während der Okkupation seines Heimatlandes durch die Rote Armee emigrierte er 1920 nach Europa. Er lebte von 1922 bis 1932 in Berlin und erlangte hier internationale, literarische Anerkennung. 1933 floh er vor den Nationalsozialisten nach Wien. Seine Bücher wurden in Deutschland verboten. 1938 ging er ins italienische Exil und starb mit 36 Jahren in Positano.
Geboren: 20.10.1905 Gestorben: 27.08.1942”

Essad Bey war lange vergessen. In den letzten Jahren werden seine Werke wieder entdeckt, wieder veröffentlicht und vor allem wegen ihres originellen Blicks auf die arabische Welt mit zunehmendem Interesse gelesen.

Villa Grisebach und Käthe-Kollwitz-Museum, 9.3.2011, Foto: KHMM

Villa Grisebach und Käthe-Kollwitz-Museum, 9.3.2011, Foto: KHMM

Fasanenstr. 22-26 Wintergarten-Ensemble
Das gesamte Wintergarten-Ensemble mit drei durch einen kleinen Skulpturengarten verbundenen Gründerzeitvillen steht unter Denkmalschutz. Benannt wurde das Ensemble nach dem repräsentativen Wintergarten des Literaturhauses.
Vor der Jahrhundertwende zwischen 1870 und 1895 waren am Kurfürstendamm noch repräsentative Villen mit zum Teil großen Parkanlagen entstanden. Die meisten von ihnen wurden im Zuge der Kurfürstendammbebauung seit 1895 wieder abgerissen und mussten den hochherrschaftlichen Mietshäusern Platz machen, die unmittelbar am Kurfürstendamm entstanden. Manche allerdings konnten hinter der Mietshauszeile bestehen bleiben. Zu ihnen gehören die Villen des Wintergarten-Ensembles

Literaturhaus, 9.3.2011, Foto: KHMM

Literaturhaus, 9.3.2011, Foto: KHMM

In den 80er Jahren wurde das gesamte Ensemble von Uli Böhme wiederhergestellt beziehungsweise restauriert und 1986 mit neuer Nutzung eröffnet. Dazu gehören das Literaturhaus Berlin, das Käthe-Kollwitz-Museum und das Auktionshaus Villa Grisebach.
Die Villa Grisebach wurde 1891/92 von Hans Grisebach für sich selbst erbaut. Sie beherbergt heute die Galerie Pels-Leusden und das Auktionshaus Villa Grisebach.
Das Literaturhaus Berlin wird uns jetzt von seinem Leiter Ernest Wichner persönlich vorgestellt.
Anschließend gehen wir durch den Garten zum Käthe-Kollwitz-Museum, das uns von seiner Leiterin Gudrun Fritsch vorgestellt wird.