Kiezspaziergang am 9.2.2008
Vom Ernst-Reuter-Platz zur UdK
mit Bezirksbürgermeisterin Monika
Thiemen
Treffpunkt: U-Bahnausgang Ernst-Reuter-Platz an der
Hardenbergstraße
Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen im Neuen Jahr zu unserem 74.
Kiezspaziergang. Wir besuchen heute zum ersten Mal bei einem
Kiezspaziergang die Universität der Künste. Ich freue mich
sehr, dass der Präsident der UdK, Prof. Martin Rennert, uns
persönlich begrüßen wird und dass Mitglieder der UdK uns
ihre Universität und ihre Geschichte aus erster Hand
präsentieren werden. Es gibt dort so viel zu sehen und zu
erfahren, dass wir uns hier nicht lange aufhalten wollen. Die
Marketingleiterin der Udk, Regina Dehning, und Archivar Dr.
Schenk sind schon bei uns und werden uns bereits unterwegs
einiges erläutern. Herzlich willkommen und vielen Dank
dafür.
Da wir schon einige Male am Ernst-Reuter-Platz gestartet sind,
spare ich mir heute die Erläuterungen zu diesem mit 180 Metern
Durchmesser größten Rundplatz Berlins. Sie können das
nachlesen im Internet unter www.kiezspaziergaenge.de, wo Sie
die Manuskripte aller bisherigen 73 Kiezspaziergänge
finden.
Wie immer will ich Ihnen gleich zu Beginn den Treffpunkt
unseres nächsten Kiezspaziergangs nennen: Der März ist in
unserem Bezirk traditionell der Frauenmonat. Rund um den
Internationalen Frauentag am 8. März hat die Frauenbeauftragte
unseres Bezirksamtes, Christine Rabe, auch in diesem Jahr
wieder den Frauenfrühling organisiert.
Vom 1. bis zum 31. März gibt es Veranstaltungen, darunter
Filmvorführungen, Lesungen, Workshops, Diskussionen und
Vorträge, Ausstellungen und Führungen. Höhepunkt ist
natürlich der 8. März, und das ist in diesem Jahr auch der
zweite Sonnabend im Monat, also der Tag unseres
Kiezspaziergangs.
Wir wollen uns dabei “auf die Spuren starker
Frauen” konzentrieren. Treffpunkt ist um 14:00 Uhr auf
dem Breitscheidplatz direkt an der Gedächtniskirche. Und wir
werden unter anderem den Spuren von Kaiserin Auguste Viktoria,
Anna Seghers, Helene Weigel und Hermine Heusler-Edenhuizen, der
ersten niedergelassenen Fachärztin in Deutschland begegnen.
Ziel ist die Frauenmesse im Unternehmerinnen- und
Gründerinnenzentrum Charlottenburg-Wilmersdorf UCW an der Sigmaringer Str. 1. Und wer nach dem
Kiezspaziergang noch Lust hat, kann sich auf der Frauenmesse
umsehen und umhören – und selbstverständlich sind auch
Männer willkommen – sowohl beim Kiezspaziergang als auch bei
der Frauenmesse.
Wer Lust auf unser Kiezmenü hat – in diesem Monat gibt es
ausnahmsweise noch Plätze. Das liegt daran, dass uns diesmal
80 Plätze zur Verfügung stehen. Das Kiezmenü findet immer am
letzten Mittwoch eines Monats um 18.00 Uhr statt, jedes Mal in
einem anderen Lokal unseres Bezirks. Am 27. Februar geht es um
18.00 Uhr in das Piratenrestaurant am Tegeler Weg 97. Das
dürfte vor allem auch für Familien mit Kindern interessant
sein. Das viergängige Menü mit Pfirsichsorbet, Tomatensuppe,
Piratenrippchen, Pommes und karibischem Piratendessert kostet
9,99 EUR für Erwachsene und 6,99
EUR für Kinder.
Anmelden können Sie sich dafür in der Pressestelle unter Tel
9029-12514. Sie finden alle Informationen im Internet unter
www.kiezmenue.de.
Hochhaus für Berg- und Hüttenwesen der
TU-Berlin
Hier zwischen Hardenbergstraße und Straße des 17. Juni baute
Willy Kreuer 1954-59 das 10stöckige Hochhaus für Berg- und
Hüttenwesen der TU-Berlin. Es ist ein Rasterbau mit blauer
Glasfassade, mit niedrigen Anbauten daneben. Das Gebäude wurde
zum Vorbild für spätere Institutsbauten in Deutschland.
Obwohl es wie alle anderen am Ernst-Reuter-Platz unter
Denkmalschutz steht, wurde jahrelang über einen Abriss
diskutiert, aber schließlich hat man sich doch für eine
Sanierung entschieden, die jetzt weitgehend abgeschlossen
ist.
Hier hinter der Bushaltestelle steht die Skulptur
“Kristalline Form – Wachsende Flügel” von
Karl Hartung.
Haus Hardenberg
Ein besonders schönes Gebäude entstand hier gegenüber an der
Schillerstraße: Paul Schwebes baute das Haus Hardenberg
1955-56 auf einem trapezförmigen Grundriss als 7stöckigen Bau
für die Buchhandlung Kiepert. Durch Fenster und
Brüstungsbänder in schwarzem Opakglas mit schmalen
Messingprofilen wird die Fassade horizontal gegliedert. Die
Ecken sind dynamisch abgerundet. Ein dünnes, weit
überstehendes Flugdach schließt das Haus ab, das an die
Geschäftshausarchitektur der 1920er Jahre erinnert. Es wurde
nach der Insolvenz der Buchhandlung Kiepert im Jahr 2002 durch
die Firma Hühne Immobilien renoviert und modernisiert.
Es gilt als eines der schönsten Gebäude aus den 50er Jahren
in Deutschland. Vor allem morgens und abends, wenn es von innen
leuchtet, strahlt es eine schlichte Eleganz aus.
Das Haus wurde nach der Restaurierung am 3.11. 2003 wieder
eröffnet mit der Buchhandlung Lehmann in drei Etagen; kurz
danach folgte die Versandfirma Manufactum mit einem Warenhaus
auf zwei Etagen, wenig später das Lebensmittelgeschäft brot
& butter und Balzac Coffee. Das Haus ist ein Glanzstück
unter den Geschäftshäusern in Charlottenburg-Wilmersdorf. In
den oberen Geschossen sind, wie man sehen kann, noch Räume
frei.
Mutter und Tochter Kiepert führen übrigens die Kiepert-Tradition fort mit einer kleinen Buchhandlung unweit von hier an der Hardenbergstraße 9a. Wir werden den Laden gleich auf der rechten Seite sehen, wenn wir zur Universität der Künste gehen.
Renaissance-Theater
Das Renaissance-Theater an der Ecke Knesebeckstraße wurde 1926
– 1927 von Oskar Kaufmann errichtet. Und zwar hat er es
in ein bereits 1902 errichtetes Haus eingebaut. Der Raum selbst
war bereits als Kino und Theater benutzt worden. Das
Renaissance-Theater ist das einzig vollständig erhaltene
Art-Déco-Theater Europas. Der Kunsthistoriker Max Osborn
erfand für Oskar Kaufmanns originelle Stilwelt den Begriff
“Expressionistisches Rokoko”.
Der Architekt von Lülsdorff hat es 1946 nach einigen
Kriegsschäden wieder instand gesetzt. Endgültig wurde es 1985
wiederhergestellt.
Bei dieser Gelegenheit wurden auch die Glasfenster von Hella
Santarossa eingebaut. Vor dem Renaissance-Theater steht der
Entenbrunnen von August Gaul aus dem Jahre 1911.
Nach der Übernahme der Intendanz durch Horst-H. Filohn im
Jahre 1995 wurde das Renaissance-Theater zur Bühne für
internationale Gegenwartsdramatik. Nach wie vor stehen hier
große Schauspielerpersönlichkeiten auf der Bühne wie Mario
Adorf, Heinz Bennent, Walter Kreye, Udo Samel, Andrea Sawatzki,
Peter Simonischek, Gerd Wameling, Judy Winter und Ben Becker
und jetzt gerade Otto Sander.
Hardenbergstaße 41: Ehemaliges Institut für
Kirchenmusik
Hier auf unserer Seite, an der Hardenbergstaße 41, sehen wir
das zweite aus der Vorkriegsbebauung erhaltene Haus, das
ehemalige Institut für Kirchenmusik. Es wurde 1902 bis 1903
von den Architekten Adams und Mebes in neoromanischem Stil aus
rotem Sandstein errichtet. Heute ist es der Sitz der Fakultät
Musik der Universität der Künste, des Staats- und Domchors
und des ökumenischen Instituts für Kirchenmusik. Wir stehen
also hier bereits vor dem ersten Haus der Universität der
Künste.
Eugene-Paul-Wigner-Gebäude
Wenn wir jetzt durch die Hardenbergstraße zum Hauptgebäude
der UdK am Steinplatz gehen, dann sehen wir links auf der
Nordseite das Institut für Physik, ein Neubau der Technischen
Universität, der 1978 bis 1984 gebaut wurde. Es heißt seit
dem 24.11.2005 Eugene-Paul-Wigner-Gebäude, benannt nach dem
1902 in Budapest geborenen ungarisch-amerikanischen Physiker
Eugene Paul Wigner, der 1925 an der damaligen Technischen
Hochschule in Berlin promovierte.
Er hat hier unter anderem Albert Einstein kennen gelernt. Seine
Professur an der Technischen Hochschule verlor er 1933 wegen
seiner jüdischen Herkunft. Er ging in die USA, wo er bis zu seiner Emeritierung 1971 an der
Princeton-University lehrte.1963 erhielt er den Nobelpreis für
Physik für seine zahlreichen Beiträge zur Kernphysik. Er
starb 1995 in Princeton.
Auf der rechten, südlichen Seite der Hardenbergstraße sehen
Sie eine Reihe von Geschäften und Cafés, darunter an der
Hardenbergstraße 9 das Steinway-Haus Berlin und daneben wie
bereits erwähnt die kleine Buchhandlung Kiepert.
Im Anschluss an das Physikgebäude werden wir an der alten
Mensa an einer Gedenktafel für Ernst Reuter kurz Halt machen.
Hardenbergstr. 35: Gedenktafel für Ernst
Reuter
Die Gedenktafel wurde am 21.10.2005 enthüllt
In der damaligen “Taberna Academica”
wohnte nach seiner Rückkehr aus dem Exil Anfang 1947
Ernst Reuter
29.7.1889 – 29.9.1953
Gewählter Oberbürgermeister 1947 bis 1951
Regierender Bürgermeister 1951 bis 1953
Als Symbol- und Integrationsfigur verkörperte er
den Willen der Berliner zur Selbstbehauptung im Kampf
um Freiheit und Demokratie
Die alte Mensa wurde vom Studentenwerk Berlin zum Studentenhaus
umgebaut.
Im Anschluss daran sehen wir die neue Mensa der TU. Sie wurde
1964 bis 1967 gebaut und in den letzten Jahren restauriert.
Prometheus-Brunnen
Am Hauptgebäude der Universität der Künste begrüßt uns
zunächst der Prometheus-Brunnen. Das ist eine eindrucksvolle,
neobarocke Wandarchitektur mit einer überlebensgroßen
Sandsteingruppe von E. Hundrieser von 1901: Prometheus wurde an
den Oberarmen an den Fels geschmiedet, eine Strafe der
griechischen Götter, weil er das Feuer für die Menschen
gestohlen hatte. Er wird als älterer Mann mit Bart
dargestellt, der verzweifelt versucht, sich zu befreien. Neben
ihm hockt der Adler Ethon, der jeden Tag kommt und von seiner
Leber frisst, die sich allerdings immer wieder erneuerte, da
Prometheus ein Unsterblicher war. Links befinden sich zwei
nackte Frauen, von denen eine kniend versucht, Prometheus zu
befreien. Prometheus ist in der griechischen Mythologie nicht
nur für das Feuer verantwortlich, sondern er gilt auch als
Kulturstifter der Menschheit. Deshalb ist er natürlich
durchaus passend für die Universität der Künste.
Steinplatz
Der Steinplatz ist seit 1885 ein kleiner Schmuckplatz
gegenüber dem Hauptgebäude der Universität der Künste,
benannt nach Heinrich Friedrich Karl Freiherrn vom und zum
Stein. Der preußische Staatsmann leitete ab 1807 mit der
Gesetzgebung zur Bauernbefreiung die nach ihm und Hardenberg
benannten Reformen in Preußen ein. Der Platz wurde 1950 durch
Joachim Kaiser neu gestaltet mit Gehölzrahmen und
Blumenrabatten. 1987 wurde auf dem Platz rechts hinter dem
Gedenkstein eine Büste des Freiherrn vom und zum Stein als
Geschenk des Deutschen Städtetags zur 750-Jahr-Feier Berlins
aufgestellt.
1951 wurde rechts, an der nordwestlichen Platzecke, ein
Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus errichtet.
Zwei Jahre später, 1953, errichtete der Bund der Verfolgten
des Naziregimes in symmetrischer Anordnung dazu links an der
südöstlichen Ecke einen Gedenkstein für die Opfer des
Nationalsozialismus. Er wurde gefügt aus
Muschelkalkquader-Steinen der zerstörten Synagoge in der
Fasanenstraße mit der Inschrift: “1933-1945 / Den Opfern
des Nationalsozialismus”; darüber ein dem
Dreieckszeichen der KZ-Häftlinge nachgebildetes Zeichen mit
den stilisierten, wie Flammen wirkenden Buchstaben
“KZ”. Es war das früheste West-Berliner Denkmal
für NS-Opfer.
Hardenbergstraße 33: Universität der
Künste
Das Hauptgebäude der Universität der Künste wurde 1898-1902
von Kayser & von Großheim als neobarocker schlossartiger
Bau um ursprünglich vier Innenhöfe errichtet. Im hinteren
Teil gruppieren sich die Ateliers um einen großen Garten.
Unmittelbar danach ab 1902 errichtete Ludwig Hoffmann
Erweiterungsbauten für weitere Ateliers. Nach Kriegsschäden
kam es bis in die 1970er Jahre zu teilweise vereinfachten
Wiederaufbauten und Erweiterungsbauten.
Der Konzertsaal neben dem Hauptgebäude an der
Hardenbergstraße 33 wurde von 1953 bis 1955 von Paul
Baumgarten auf dem Gelände der zerstörten Musikhochschule
errichtet
Seit dem 1.11.2001 heißt die ehemalige Hochschule der Künste Universität der Künste UdK.
Ich freue mich sehr, das der Präsident der UdK, Prof. Martin Rennert, sich Zeit genommen hat, uns zu begrüßen und dass Mitglieder der UdK uns ihre Universität aus erster Hand vorstellen werden.