Wolfgangs Cousin Adolf Mendelsson aus Breslau war in der Reichspogromnacht 1938 in Breslau festgenommen und im Konzentrationslager Buchenwald interniert worden. Er wurde einen Monat später mit der Auflage frei gelassen, dass er Deutschland so schnell wie möglich verlassen müsse. Bevor er nach Australien emigrierte, traf er sich in Berlin noch mit Wolfgangs Vater. Er flehte ihn an, Wolfgang nach England zu schicken, sonst wäre er als Vater für den Tod seines Sohnes verantwortlich.
Adolf Mendelsson (Allan Manning) vermutete später in einem Interview, dass die sehr enge Beziehung zwischen Vater und Sohn die Ausreise Wolfgangs nach England verhinderte.
Bei der „Minderheiten-Volkszählung“ am 17. Mai 1939 waren der 13-jährige Wolfgang Mendelsson und sein 59-jähriger Vater Otto in der Nassauische Straße 16 a in Berlin-Wilmersdorf gemeldet.
Nach der Schließung der Goldschmidt-Schule wechselte Wolfgang im Oktober 1939 an eine andere jüdische Schule, wo der 16-Jährige am 31. März 1942 sein Abitur ablegte.
Danach arbeitete er als jugendlicher Helfer bei der Jüdischen Kultusvereinigung.
1941 zogen Wolfgang und sein Vater zu Wolfgangs Onkel Richard, dem jüngsten Bruder seines Vaters, in das Hansaviertel am Siegmunds Hof 15. Ein Jahr später, 1942, lebten sie zur Untermiete bei der Hauptmieterin Else Schragenheim in der Levetzowstraße 12 a. Dies war ihre letzte Adresse in Berlin. Im Herbst 1942 erhielten Otto, Wolfgang und Richard Mendelsson den Deportationsbefehl. Polizisten der Stapoleitstelle und der Kriminalpolizei brachten sie in die Sammelstelle in der Großen Hamburger Straße 26. Hier mussten sie ihre Vermögenserklärungen ausfüllen, die sie am 2. Oktober 1942 unterschrieben. Am 3. Oktober 1942 wurden Otto und Wolfgang zusammen mit 958 mehrheitlich älteren Personen mit dem „3. großen Alterstransport“ in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Da Richard noch Vermögen besaß, zu dem es womöglich von Seiten der Gestapo Rückfragen gab, wurde er erst am 28. Oktober 1942 mit 305 weiteren gelisteten Personen in das Ghetto Theresienstadt gebracht.
Wolfgang Mendelsson starb im März 1943 aufgrund von menschenunwürdigen Lebensbedingungen im Alter von 17 Jahren im Ghetto Theresienstadt.
Ein halbes Jahr später, am 17. Oktober 1943, starb auch sein Onkel Richard im Ghetto Theresienstadt. Wolfgangs Vater, Dr. Otto Mendelsson, blieb allein zurück. Er wurde am 16. Mai 1944 von Theresienstadt in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. Er starb mit 64 Jahren.
Text und Recherche: Gundula Meiering, Januar 2025
Quellen:
Gedenkbuch, Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945 – Bundesarchiv; Mapping the Lives; Berliner Adressbuch; Amtliche Fernsprechbücher Berlin; Arolsen Archives – Karteikarten, Deportationslisten; Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen / über Ancestry; My Heritage; Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), Potsdam – Vermögenserklärung, Reg.36A (II) 26179 Otto und Wolfgang Mendelsson;
Jüdische Friedhof Berlin-Weißensee – Anfrage vom 15. Dezember 2024