Der Kurfürstendamm mit seinen prachtvollen Wohnpalästen (s. Nr. 59/60) wurde schnell zur bevorzugten Wohnadresse. 1913 lebten hier in den Riesenwohnungen 120 Millionäre. Aber er entwickelte sich auch schnell zur bedeutenden Geschäftsstraße mit luxuriösem Angebot. Dank zahlreicher berühmter Cafés, Theater (die Max-Reinhard-Bühnen Theater am Kürfürstendamm, früher Ausstellungshaus der Berliner Sezession, und Komödie), Kabaretts (Kabarett der Komiker, Nelson-Theater, Varietés und Kinos (Universum, heute Schaubühne, Marmorhaus, Capitol, Union-Palast, später Filmbühne Wien) wurde der Kurfürstendamm zum Inbegriff kulturellen Lebens in den “Goldenen Zwanzigern”.
1925 wurde das Teilstück östlich des damaligen Auguste-Viktoria-Platzes (Breitscheidplatz) bis zum Lützowufer in “Budapester Straße” umbenannt. Damit fielen die Hausnummern 1 bis 10 weg, und da die alte Grundstücksnummerierung beibehalten wurde, beginnt der Kurfürstendamm seither mit Hausnummer 11. Weshalb am Lehniner Platz die Hausnummern 77 bis 89 fehlen ist unbekannt.
Bereits in den 1920er Jahren gab es anitsemitische Ausschreitungen auf dem Kurfürstendamm. Am 12.9.1931 inszenierte die SA anlässlich des jüdischen Neujahrsfestes Straßenkrawalle. Mehrere Personen, die aus der Synagoge in der Fasanenstraße kamen wurden verletzt und zahlreiche Geschäfte zerstört. Seit 1933 wurden die jüdischen Unternehmer, Geschäftsleute, Gastwirte, Künstler, Schriftsteller und Intellektuellen vertrieben, die die Entwcklung des Kurfürstendammes wesentlich geprägt hatten. In der Pogromnacht des 9. November 1938 wurde die Synagoge in der Fasanenstraße angezündet. Am Kurfürstendamm wurden systematisch die Schaufensterscheiben und die Geschäfte jüdischer Inhaber zerstört. In den folgenden Monaten wurden sie “arisiert”. Im Zweiten Weltkrieg wurden viele Häuser am Kurfürstendamm zerstört. Schwere Bombardements im August,
September und November 1943 und im Januar 1944 zerstörten die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und ihre Umgebung und weite Bereiche des Kurfürstendammes. Weitere Zerstörungen brachten die Bodenkämpfe in Halensee und rund um den Zoo-Bunker in den letzten Kriegstagen im April/Mai 1945.
In den 50er Jahren wurden viele Ruinen abgerissen. Auch die Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche blieb nur dank heftiger Proteste der Bevölkerung stehen. Einstellung der Straßenbahn 1954, Umgestaltung des Mittelstreifens zu Parkplätzen, sowie Lückenschließung mit moderner Architektur veränderten das Gesicht des Kurfürstendammes nachhaltig. Durch die Teilung der Stadt übernahm er für den Westen die City-Funktion und wurde zu einem Abbild des deutschen Wirtschaftswunders. Das öffentliche Leben konzentrierte sich im Abschnitt zwischen Adenauer und Breitscheidplatz, die westlichen Bereiche blieben vornehmlich Wohnquartiere.
In den 60er Jahren wurde der Kurfürstendamm zur politischen Bühne: Eine Woche nach dem Bau der Mauer veranstalteten die West-Alliierten am 20.8.1961 eine Militärparade mit 1.500 Soldaten auf dem Kurfürstendamm. Am 26.6.1963 fuhr der amerikanische Präsident John F. Kennedy bei seinem Berlin-Besuch ebenfalls über den Kurfürstendamm. Seit Mitte der 60er Jahre wurden unzählige Demonstrationen auf dem Kurfürstendamm veranstaltet. In den 70er Jahren wurden dem Kurfürstendamm die Fast-Food-Restaurants, Billigläden und Peep-Shows vorgeworfen. Am 1.7.1977 wurde er vom Breitscheidplatz bis zum Adenauerplatz von der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen zum “geschützten Baubereich” erklärt. In den 80ern gab es eine gemeinsame Initiative des Senats und der Anlieger zu seiner Aufwertung: 1982-84 Neugestaltung des Breitscheidplatzes durch Ivan Krusnik und Oskar Reith mit dem Weltkugelbrunnen von Joachim Schmettau, 1987 anläßlich der 750-Jahr-Feier Berlins Aufstellung von Groß-Skulpturen zum Skulpturen-Boulevard; u.a. “Berlin” von Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff (Tauentzienstraße), “Pyramide” von Josef Erben (Kurfürstendamm/Bleibtreustraße) und “Beton-Cadillacs” von Wolf Vostell (Rathenauplatz).
Am 9.11.1989 wurde der Fall der Mauer mit einer Trabi-Parade auf dem Kurfürstendamm gefeiert. Seither kommt die wieder belebte Konkurrenz zwischen der historischen Mitte und der City-West beiden Teilen Berlins zugute. Am Kurfürstendamm siedelten sich im Bereich zwischen Uhlandstraße und Adenauerplatz hochwertige, luxuriöse Einzelhandelsgeschäfte wie Prada, Gucci, Jil Sander, Hermes etc. an. Es gab eine Reihe spektakulärer Neubauten wie das Neue Kranzler-Eck. Das Ku’damm-Eck aus den 70er Jahren wurde abgerissen und durch einen auffälligen Neubau ersetzt.