Rede des Bezirksbürgermeisters Michael Wrasmann zur Enthüllung der Marko-Marulic-Statue

am 27.5.2000, 11.00 Uhr auf dem Julius-Morgenroth-Platz
am Hohenzollerndamm Ecke Brienner Straße

Sehr geehrte Damen und Herren!

Zunächst möchte ich unsere Gäste aus Kroatien begrüßen und sie herzlich bei uns in Wilmersdorf willkommen heißen. Ich begrüße herzlich die Stellvertretende Ministerin für Kultur der Republik Kroatien, Frau Branka Sulc, den Botschafter der Republik Kroatien, Seine Exzellenz, Herrn Zoran Jassic, meinen Kollegen, den Bürgermeister der Stadt Split, Prof. Ivan Skaric, und seinen Stellvertreter, Herrn Bulic, den Literaturwissenschaftler Prof. Mirko Tomasovic, den Bildhauer Prof. Slavomir Drinkovic, die Sänger des Männerchores Brodosplit und alle anderen Gäste aus Kroatien. Herzlichen Dank, dass Sie gekommen sind, um mit uns gemeinsam Marko Marulic in Wilmersdorf zu begrüßen.

Vom Berliner Senat begrüße ich herzlich den Osteuropabeauftragten, Herrn Pieroth. Aus Wilmersdorf begrüße ich herzlich den Vorsteher der Wilmersdorfer Bezirksverordnetenversammlung, Herrn Joachim Dannert und meinen Kollegen, den Wilmersdorfer Bezirksstadtrat für Bau- und Wohnungswesen, Umweltschutz, Herrn Straßmeir. Herzlich begrüßen möchte ich auch die Vertreter des Partnerschaftsvereins und des Wilmersdorfer Heimatvereins. Seien Sie alle herzlich willkommen, auch wenn ich Sie jetzt nicht namentlich genannt habe.

Deutschland hat das letzte Jahr als Goethe-Jahr gefeiert. Für Kroatien ist dieses Jahr das Marulic-Jahr. Die Partnerschaft von Wilmersdorf und Split ist 30 Jahre alt, und unser Fest der Nationen feiern wir in diesem Jahr zum 15. Mal. Bei meinem Besuch in Split vor einigen Tagen durfte ich die eindrucksvollen Feiern zum 10. Fest des Stadtpatrons Sankt Dujam erleben. Solche Jubiläen mögen chronologische Zufälle sein. Aber sie geben uns doch Gelegenheit, innezuhalten, uns über unseren Standpunkt in der Gegenwart zu vergewissern.

Unsere Geschichte ist ja keineswegs vergangen. Entscheidungen, die damals getroffen wurden, Entdeckungen, die damals gemacht wurden, bestimmen unser Leben heute. Historische Erinnerung ist also immer auch Selbstvergewisserung. Diese Statue erinnert uns an unsere gemeinsamen Wurzeln in der europäischen Kultur und Geschichte. Die Inschrift auf dem Sockel lautet schlicht:

“Marco Marulic 1450 – 1524. Kroatischer Dichter und europäischer Humanist”.

Damit ist viel gesagt: Wie Goethe für Deutschland, so ist Marulic für Kroatien ein Dichter von nationaler Bedeutung, ein Schriftsteller, dessen Werk das kulturelle Selbstverständnis des Landes stark geprägt hat. Wie Goethe ist aber auch Marulic ein Denker der weit über sein Land hinausgedacht hat, der als europäischer Humanist einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung geleistet hat.

Marko Marulic wurde vor 550 Jahren, am 18. August 1450 in Split geboren, wo er auch am 5.1.1524 starb. Seine Werke schrieb er in Latein, kroatisch und italienisch. Er hat theologische und philosophische Schriften, aber auch Berichte über seine Zeit hinterlassen. Seine umfassende literarische, künstlerische und historische Bildung weist ihn als bedeutenden Intellektuellen der europäischen Renaissance aus.

Unsere kroatischen Freunde haben uns ein großes, wertvolles Geschenk gemacht. Eine eindrucksvolle Statue von Marko Marulic, die von dem kroatischen Bildhauer Prof. Slavomir Drinkovic geschaffen wurde. Ich danke unseren kroatischen Freunden herzlich für dieses großzügige Geschenk. Es könnte kein besseres Symbol für unsere lebendige Partnerschaft geben.

Ich danke dem Abgeordneten des kroatischen Parlaments, Dr. Sanader. Ohne seinen persönlichen Einsatz als Vorsitzender des Marulic-Komitees wäre es nicht möglich gewesen, diese Statue hier herzubringen und hier aufzustellen. Er kann heute leider nicht bei uns sein. Der Grund dafür ist ein erfreulicher, und ich gratuliere Herrn Dr. Sanader von hier aus herzlich zu seiner Wahl zum Parteivorsitzenden der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft HDZ.

Ich danke meinem Kollegen, dem Bürgermeister von Split, Prof. Škaric, der dieses Projekt mit großer Energie gefördert hat. Ich danke herzlich den Kroaten in Berlin, Sie haben dieses Projekt finanziell unterstützt. Ohne ihre Hilfe wäre es nicht zu realisieren gewesen. Ich danke dem Bildhauer Prof. Drinkovic, der die Statue gestaltet hat. Er hat ein eindrucksvolles Monument geistiger Klarheit geschaffen.

Von Mitarbeitern unseres Bezirksamtes wurde ich gefragt, ob es sich um eine Darstellung Gutenbergs handelt, des Erfinders der Buchdruckerkunst. Ich halte diese Assoziation für bemerkenswert. Denn diese Statue stellt die Bedeutung der Literatur, der schriftlichen Kommunikation in den Mittelpunkt der Darstellung.

Übrigens haben Bücher immer wieder eine wichtige Rolle in unserer Partnerschaft gespielt. Unsere Stadtbibliothek hat kroatische Bücher erhalten, und Dr. Sanader hat dafür gesorgt, dass auch zu diesem Ereignis ein Buch erschienen ist, in dem wir uns über Marko Marulic, sein Leben, sein Werk und über die Entstehung dieser Statue informieren können. Vielen Dank dafür.

Vielen Dank auch den Sängern des Männerchores Brodosplit für ihren musikalischen Beitrag zu dieser Veranstaltung.

Die Statue von Marko Marulic steht auch für unsere gemeinsamen kulturellen Wurzeln in Europa und damit für die Zukunft der europäischen Einigung. Zum Prozess der europäischen Einigung gehört ein Bewusstsein der gemeinsamen kulturellen und historischen Reichtümer, die Europa auszeichnen. Von Kopernikus über Shakespeare bis Goethe haben die großen Europäer über ihr eigenes Land hinaus gewirkt und ihre nationalen Grenzen überschritten. Mit Marko Marulic ehren wir einen dieser großen Europäer zu seinem 550sten Geburtstag. Und wir haben ein eindrucksvolles Symbol für unsere lebendige Partnerschaft erhalten.

Zu der Marulic-Statue in Split gehört jetzt die Marulic-Statue in Wilmersdorf, eine unübersehbare Gemeinsamkeit. Vielen Dank dafür.