Rede der Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen zur Feier des 10jährigen Bestehens der Zentralen Schule für Japanisch Berlin e.V., Gieselerstr. 4 am 24.11.2007

Rede der Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen

Zur Feier des 10jährigen Bestehens der Zentralen Schule für Japanisch Berlin e.V., Gieselerstr. 4 am 24.11.2007

Sehr geehrter Herr Bormann!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Vielen Dank für die Einladung zu dieser Geburtstagsfeier. Gern überbringe ich die Glückwünsche des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf zum 10jährigen Bestehen Ihrer Schule.
Charlottenburg-Wilmersdorf ist ein City-Bezirk von Berlin, in dem Menschen aus mehr als 100 Nationen leben. Entsprechend vielfältig ist das Bildungsangebot bei uns, und Japanisch gehört selbstverständlich dazu.
Das Hildegard-Wegscheider-Gymnasium bietet seit langem Japanisch als dritte Fremdsprache an, und im Jahr 2003 kam die Zentrale Schule für Japanisch Berlin e.V. von Tempelhof an die Comenius-Schule in Wilmersdorf. In dieser Ergänzungsschule werden derzeit 88 Kinder von 5 japanischen Lehrerinnen unterrichtet. Ich hoffe sehr, dass Sie den Umzug nicht bereut haben und sich bei uns wohl fühlen.
Unsere Beziehungen zu Japan sind eng, freundschaftlich und unspektakulär. In den Nachkriegsjahrzehnten gab es eine Art internationalen Wettbewerb zwischen Japan und Deutschland um den Titel “Wirtschaftswunderland”. Die Welt wunderte sich über den wirtschaftlichen Aufstieg beider Länder, und ein wenig haben sie wohl auch selbst darüber gestaunt.
Heute gibt es den Wettbewerb natürlich nach wie vor, und viele andere Länder beteiligen sich erfolgreich daran. Aber hinzugekommen ist eine intensive Zusammenarbeit auf vielen Gebieten. Und auch wenn englisch längst zur Weltsprache geworden ist und gerade in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen der Verständigung dient, brauchen wir doch möglichst viele Menschen, die sich auch in der Muttersprache mit ihrer Partnerin oder ihrem Partner unterhalten können.
Die Sprache ist der Schlüssel zur Kultur eines Landes, und nur wer seine Kultur versteht, kann wirklich mitreden. Japan und Deutschland haben viele Gemeinsamkeiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden beide Länder als Vorposten gegen den Kommunismus in das westliche Bündnissystem integriert. In beiden Ländern haben sich stabile, friedliche Demokratien entwickelt. Beide Länder haben sich durch erfolgreichen Export ihrer Produkte einen hohen Wohlstand erarbeitet.
Beide Länder haben dadurch eine wirtschaftliche Bedeutung erlangt, die weit über ihre Größe hinausgeht. Als Exportnationen teilen wir uns die ersten vier Plätze mit den Vereinigten Staaten von Amerika und der Volksrepublik China. Japan und Deutschland haben die Globalisierung ganz entscheidend voran getrieben. Beide Länder hatten zwar vor einigen Jahren mit wirtschaftlicher Stagnation und mit hoher Staatsverschuldung zu kämpfen, aber beide Länder haben es in den letzten Jahren wieder geschafft, diese Probleme in den Griff zu bekommen. In beiden Ländern ist die Geburtenrate sehr niedrig, und der Altersdurchschnitt der Bevölkerung steigt an.
Aber natürlich gibt es auch große Unterschiede. Der wichtigste vielleicht: Japan ist eine Insel im Pazifik, während Deutschland mitten in Europa von seinen europäischen Partnerländern umgeben ist. Japan ist für die meisten von uns Deutschen nach wie vor ein exotisches Land.
Wir bewundern seine alte Kultur, seine lebendige Tradition, seine erfolgreiche Wirtschaft, seine klugen, beharrlichen und anpassungsfähigen Menschen und natürlich seine beeindruckenden Sumo-Ringer und Judo-Kämpfer. Wir bewundern vor allem, wie Japan sich trotz des großen weltwirtschaftlichen Erfolgs seine Eigenständigkeit und seinen individuellen Charakter bewahrt hat. Wir staunen über manche seiner Sitten und Gebräuche, und seine Hauptstadt Tokio fasziniert uns und lehrt uns mit seiner Größe und mit seinem Tempo gleichzeitig das Fürchten. Berlin erscheint uns vergleichsweise gemütlich und weiträumig. Als vor einigen Tagen während des S-Bahn-Streiks die U-Bahnen aus allen Nähten platzten, da dachten viele an Bilder aus Tokio, wo die Menschen sich mit Mühe in die überfüllten U-Bahnen quetschen. Ist das überhaupt noch so, oder sind das nur alte Klischees in unseren Köpfen?
Aus all dem ergibt sich: Deutschland und Japan haben sich viel zu sagen. Der Austausch sollte sich nicht auf Im- und Export beschränken. Wir können viel voneinander lernen. Deshalb ist es wichtig, dass wir japanisch können. Und deshalb freue ich mich darüber, dass die Zentrale Schule für Japanisch Berlin e.V. als staatlich anerkannte Ergänzungsschule das Erlernen dieser Sprache in unserem Bezirk anbietet. Ich gratuliere herzlich zum 10jährigen Jubiläum und wünsche für die Zukunft viel Erfolg.