Drucksache - 1078/4  

 
 
Betreff: Gewerbe- und Industrieansiedlung in Charlottenburg-Wilmersdorf
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDU-Fraktion 
Verfasser:Klose/Häntsch/Garmer 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
11.12.2014 
40. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin beantwortet   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
Beantwortung

Wir fragen das Bezirksamt:

 

Wir fragen das Bezirksamt:

 

  1. Welche Perspektiven für die Zukunft sieht das Bezirksamt für Charlottenburg-Wilmersdorf als Wirtschaftsstandort im Allgemeinen?

 

  1. Wie schätzt das Bezirksamt den Standort Charlottenburg-Wilmersdorf, in Relation zu den anderen Bezirken Berlins, als Gewerbe- und Industriestandort im Besonderen ein?

 

  1. Welche konkreten Initiativen hat das Bezirksamt im Rahmen der bezirklichen Wirtschaftsförderung seit Beginn der Legislaturperiode unternommen, um Gewerbe- und Industrieunternehmen im Bezirk neu anzusiedeln und mit wie viel Unternehmensvertretern hat der Bezirksbürgermeister in Person, als Dezernent der bezirklichen Wirtschaftsförderung, Gespräche geführt?

 

  1. Wie viele Arbeitsplätze sind in Charlottenburg-Wilmersdorf durch das unmittelbare Handeln des Bezirksamtes tatsächlich entstanden und wie viele Gewerbe- und Industrieunternehmen haben sich aufgrund des aktiven Zutuns der bezirklichen Wirtschaftsförderung im Bezirk angesiedelt?

 

  1. Ist dem Bezirksamt der "Block 68" als dem größten noch zusammenhängenden Industriegelände im Bezirk bekannt und welche Entwicklungsmöglichkeiten sieht das Bezirksamt für dieses Gebiet?

 

 

Zur Beantwortung Herr BzBm Naumann:

 

Sehr geehrte Frau Vorsteherin,

die Große Anfrage beantworte ich für das Bezirksamt wie folgt:

 

Bevor ich zu den einzelnen Punkten Ihrer Anfrage komme, ist es geboten, auf die im Land Berlin politisch vorgegebenen Strukturen betreffend Wirtschaftsförderung und Ansiedlungspolitik sowie die personelle Ausstattung der bezirklichen Wirtschaftsförderung hinzuweisen. Hier sieht sich das Land in der Verantwortung, insbesondere mit dem Akteur Berlin Partner mit seinen 235 Beschäftigten. Deshalb gibt es entgegen mancher irriger Vorstellung angesichts der Bedeutung unseres Bezirks keine große Organisationseinheit mit vielen Mitarbeiter/innen (ähnlich ist die Situation in den anderen 11 Bezirken), sondern sie besteht bei uns aus lediglich 2 Personen. Unterstützt wird sie von einem externen Mitarbeiter von Berlin Partner, auch diese Situation gilt für die anderen 11 Bezirke.

 

In diesem Zusammenhang sind einige Vergleichszahlen von besonderem Interesse: In Charlottenburg- Wilmersdorf gibt es über 26.000 Unternehmen mit sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter/innen (Quelle: Unternehmen und Betrieb im Land Berlin, 2011, Statistisches Landesamt Berlin Brandenburg, D II 1). Damit sind wir im berlinweiten Vergleich der Bezirk mit den meisten Unternehmen, gefolgt von dem Bezirk Mitte mit 22.000 Unternehmen. Vergleichbare Kommunen im Bundesgebiet sind hier personell völlig anders aufgestellt. So betreuen bei vergleichbarer Bezugsgröße z.B. in Hannover 15 Mitarbeiter/innen 25.000 Unternehmen und in Dresden 25 Mitarbeiter/innen 24.000 Unternehmen.

 

Nun zu Ihren Fragen im Einzelnen:

 

Zu 1.

Wie eingangs dargestellt, hat Charlottenburg-Wilmersdorf im Bezirksvergleich die meisten Unternehmen. Dieser Wert allein untermauert die Attraktivität der City West. Aus unserer Lage als Innenstadtbezirk heraus ist klar, dass wir nur eine geringe Anzahl von Industrieunternehmen haben, dafür sind wir, wie Sie einleitend richtig ausgeführt haben, im Dienstleistungsbereich sehr gut vertreten.

 

Es besteht ein gutes Gleichgewicht zwischen Traditionsunternehmen und neuen jungen innovativen Unternehmen rund um den Campus Charlottenburg. Wichtigste Branchen sind neben der der Informations- und Kommunikationswirtschaft, der Gesundheitswirtschaft und der Kreativwirtschaft traditionelle Branchen wie der Einzelhandel, der Tourismus und die Dienstleistungswirtschaft insgesamt.

 

Vor diesem Hintergrund gilt es perspektivisch die Struktur zu stärken und insbesondere den vielen jungen aufstrebenden Unternehmen Argument zu liefern, im Bezirk zu bleiben. Ein gutes Beispiel hierfür ist das neue Gründerzentrum CHIC im Umfeld der beiden Universitäten TU und UdK. Ich freue mich auf dessen Erweiterung im ersten Quartal 2015.

 

Gleichzeitig allerdings muss unser Augenmerk weiterhin auf Traditionsunternehmen wie die KPM oder die Bildgießerei Noack gerichtet sein. Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass der Bezirk für den Einzelhandel eine überragende Bedeutung hat. 18 Geschäftsstraßen-Arbeitsgemeinschaften stehen dafür. Genannt seien hier beispielhaft die AG City, die AG Wilmersdorfer Straße oder die AG Westfälische Straße.

 

Zu 2.

Im Vergleich zu anderen Bezirken Berlins ist Charlottenburg-Wilmersdorf als Wirtschaftsstandort kaum durch Industrie und wenig durch Gewerbe, sondern durch Dienstleistungs- und Bürostandorte geprägt. Bei den Gewerbestandorten gibt es Schwerpunkte in Form definierter Gebiete, die im sogenannten "Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich (EpB)" als Bestandteil des Stadtentwicklungsplans Industrie und Gewerbe aufgeführt sind. Bei uns sind dies deren drei wie folgt:

 

  • EpB-Gebiet 1 Jungfernheide / Charlottenburger Verbindungskanal mit einem hohen Anteil an Forschung und Entwicklung sowie verarbeitendem Gewerbe mit einer besonderen Eignung für forschungsorientierte Unternehmen;

 

  • EpB-Gebiet 12 Friedrich-Olbricht-Damm als Standort mit besonderer Erschließungsqualität mit einer besonderen Eignung unter anderem für Logistikbetriebe und

 

  • EpB-Gebiet 19 Forckenbeckstraße als Standort mit besonderer Erschließungsqualität sowie hohem Anteil an verarbeitendem Gewerbe mit einer besonderen Eignung für Logistikbetriebe, wie von Ihnen eingangs angsprochene Gelände - Stichwort: Reemtsma.

 

Zu 3. und 4.

Die bezirklichen Wirtschaftsförderungen sind originär nicht für Ansiedelungsfragen und Ansiedlungspolitik zuständig. Dies ist im Land Berlin als zentrale Aufgabe des Landes definiert und wird von Berlin Partner wahrgenommen. Konkrete Kennzahlen über die Schaffung von Arbeitsplätzen werden nicht auf bezirklicher Ebene erhoben. Lediglich Berlin Partner erhebt bei den in seiner Zuständigkeit liegenden Ansiedelungen Zahlen über neue Arbeitsplätze. Gleichwohl natürlich unterstützt die Wirtschaftsförderung und mit ihr der Bezirksbürgermeister neue Unternehmen beim sogenannten Behörden- und Genehmigungsmanagement, hauptsächlich in Angelegenheiten des Bau- und Ordnungsrechtes und wenn Fragen der Ansiedlung an uns herangetragen werden, dann sind wir natürlich auch verbindendes Element zu denen, die auf Landesebene dafür personell ausgestattet sind und die Verantwortung tragen. Im übrigen darf ich spontan auf Ihre Anmoderation in der Begründung eingehen: Ich bin keinesfalls der Auffassung, dass wir uns hier an dieser Stelle in einem Wettbewerb oder einer Konkurrenzsituation zu Bezirken wie Reinickendorf und Spandau befinden, die allein schon aufgrund ihrer geografischen Lage als Randbezirke Berlins in ganz anderer Weise über Flächen verfügen, als wir hier in der City-West, wie eben schon dargestellt, tun können. Da bitte ich doch nicht künstlich, Wettbewerbs- oder gar Konkurrenzsituationen aufzurufen, die aus meiner Sicht nicht tragfähig sind.

 

Seit meinem Amtsantritt ist die bezirkliche Wirtschaftsförderung bekanntermaßen "Chefsache". Seitdem pflege ich aktiv einen intensiven Kontakt zu den bezirklichen Unternehmen und Wirtschaftsorganisationen und diese mit mir. Das ist ein Dialog, keine Einbahnstraße.

Das sind im Einzelfall Firmen, die mich konkret um Unterstützung bitten, und meinerseits wichtige Aktivitäten wie der mehrmals jährlich stattfindende Unternehmenstalk, die "Kluge Köpfe"-Veranstaltung mit besonders innovativen Unternehmen oder unser Mittelstandsgespräch, dessen 10- jähriges Jubiläum mit dem Regierenden Bürgermeister übrigens kürzlich mit außerordentlich positiver Resonanz und Rückmeldung mit rund 250 Gästen bei BMW stattgefunden hat. Hinzu kommt das Format "IHK vor Ort", das auf ausdrückliche Bitte seitens der IHK mit mir persönlich durchgeführt wird und zuletzt den Bereich Rüdesheimer Platz in den Blick genommen hat.

 

Intensive Einzelgespräche habe ich mit etwa 50 Unternehmer/innen geführt. Ebenso werden von mir einzelne interessante Betrieb im Bezirk besucht. So sind schon jetzt 7 Unternehmensbesuche für das 1. Quartal 2015 fest terminiert. Wichtig ist dabei für mich, den Kontakt zu dem in der öffentlichen Wahrnehmung und Wertschätzung bisher in seiner positiven Wirkung nicht genügend beachteten Bereich unternehmerischen Engagements von Menschen mit Migrationshintergrund zu pflegen. Das ist mir wichtig, hier hervorzuheben, auch mit Blick auf die öffentliche Diskussion, die wir ja oftmals um den Bereich Migration, Integration haben. Das ist mir viel zu defizitorientiert mitunter und im Bereich der Wirtschaftsförderung haben wir wunderbare, kluge engagierte Menschen mit Migrationshintergrund in zweiter, dritter, vierter Generation, allein der türkische Unternehmerverband "TDU" hat seinen Sitz am Kurfürstendamm, viel zu wenig bekannt.

 

Zu 5.

Ja natürlich! Hinsichtlich der festgesetzten Nutzungsart "Reines Arbeitsgebiet", was dem heutigen Industriegebiet entspricht, ist der bestehende Bebauungsplan VII-15 jedoch funktionslos. Mit Blick auf den Nutzungsbestand und dem benachbarten Industriebetrieb auf dem Grundstück Franklinstraße 1 wird hier ausschließlich eine gewerbliche Entwicklungsmöglichkeit für den Baublock gesehen.

 

Abschließend darf ich darauf hinweisen, dass zwischen dem Bezirksbürgermeister und den beiden in der Senatswirtschaftsverwaltung tätigen Staatssekretären ungeachtet der unterschiedlichen politischen Zuordnung, liebe CDU-Fraktion, eine verlässliche, sehr konstruktive und sachorientierte Gesprächsebene besteht, insbesondere auch zu dem wichtigen Themenfeld ICC, Zukunft des ICC an der Schnittstelle, wenn es dann um Einzelhandel geht, Stichwort Shopping Mall-Bombe, da werden wir noch vor Weihnachten ein weiteres Gespräch auf Spitzenebene haben. Denn, meine Damen und Herren, liebe CDU-Fraktion, ich gehe davon aus, dass es unser gemeinsames Ziel ist, auf allen Ebenen für den Erfolg der Wirtschaftsförderung in Berlin und seinen 12 Bezirken zu wirken. In diesem Sinne, lieber Herr Häntsch, danke ich der CDU-Fraktion ausdrücklich für ihre heutige Große Anfrage.

 


 

 
 

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