Drucksache - 1601/XVIII
Das Bezirksamt teilt zu der o.g. Drucksache folgendes mit:
Die Bezirksverordnetenversammlung bittet die Stadtbibliothek “zu prüfen, ob der im Bezirk Reinickendorf entwickelte und seit Juli 2010 bei den Bibliotheken dort ausleihbare „Familien-Freizeit-Koffer“ für eine Stadtteilbibliothek im Schöneberger Norden mit Unterstützung eines Kooperationspartners angeschafft werden kann.“
Die Stadtteilbibliothek hat zu dem Reinickendorfer Modell nähere Erkundungen unternommen, die sich wie folgt zusammenfassen lassen: Das Reinickendorfer Projekt hat von der ersten Idee bis zur Realisierung 2 Jahre gebraucht. Finanziert wird es vom Bezirksamt im Rahmen einer Anschubfinanzierung und von der Wohnungsbaugesellschaft gesobau. Die Betreuung erfolgt durch eine ehrenamtlich tätige Lehrerin, über die die 8. Schulklasse einer Förderschule in das Projekt eingebunden wird. In Zusammenarbeit mit den Schüler/innen werden die Medien zusammengestellt, die Schüler/innen erstellen überdies Spiele und Rezepte für die Koffer. Die Koffer wurden von einer Grafikerin gestaltet und werden durch ein Plakat beworben. Öffentlich eingeführt wurden sie während eines Kiezfestes. Die Koffer enthalten jeweils 10-15 Titel: Schöne Literatur, Ratgeber, Spiele, Bilder- und Vorlesebücher und aktuelle Zeitschriften. Zur Zeit ist die Hälfte der Koffer ausgeliehen, die Leihfrist beträgt 6 Wochen.
Die Ausgabe von Familienkoffern, wie von der Stadtbibliothek Reinickendorf praktiziert, gehört zu einer Palette von Möglichkeiten der Bibliothek, Familien insbesondere in bildungsferneren Schichten durch besondere Angebote anzusprechen. Die positiven Effekte eines solchen Angebots, wie sie auch in der Begründung des BVV-Beschlusses genannt werden, liegen auf der Hand. Gleichwohl sind auch die Nachteile nicht zu verkennen. Diese liegen vor allem in dem vergleichsweise hohen Aufwand, zu dem die Einbindung von Sponsoren, Schulklassen und Ehrenamtlichen und auch ein entsprechendes Marketing gehören. Dem steht mit nur 20 Koffern, von denen derzeit auch nur die Hälfte ausgeliehen ist, eine relativ geringe Breitenwirksamkeit gegenüber.
Nichtsdestoweniger ist zu fragen, inwieweit das Angebot solcher „Familien-Freizeit-Koffer“ die bestehenden Angebote der Stadtteilbibliothek für Familien sinnvoll ergänzen kann. Unter diesen Angeboten sind vor allem die Lesefeste zu nennen, die seit 2009 mit hervorragender Resonanz laufen und im Rahmen des Projekts „Demographischer Wandel“ auch vom Bezirk besonders gefördert werden. Die Lesefeste sind Kreativworkshops, die Kinder, Eltern, Großeltern oder Verwandte zu gemeinsamem spielerischem Erleben mit Schrift, Buch und Buchstaben in der Bibliothek zusammenführen. Sie werden von zweisprachigen Honorarkräften betreut und durch Infomaterialien in 7 Sprachen beworben und begleitet. Ebenfalls an Familien gewandt – mit besonderer Stoßrichtung auf Migranten -, haben sie eine erheblich größere Breitenentwicklung als die Familienkoffer. Dies gilt sowohl für die Zahl der Teilnehmer als auch für die Resonanz bei den kooperierenden Schulen, die außerordentlich positiv ist. Ziel dieses Angebots der Stadtbibliothek ist es, vermittels der sehr gut ausgebauten Kontakte zu den Schulen, Eltern und Großeltern von Migranten als Bildungspartner für ihre Kinder, aber auch als eigene Kunden der Bibliothek zu gewinnen.
In der Stadtteilbibliothek Schöneberg-Nord „Gertrud-Kolmar-Bibliothek“, die seit 2008 als „Interkulturelle Bibliothek“ neu aufgestellt wird, konnte das Lesefest-Programm aufgrund anderer, Ressourcen bindender Aktivitäten sowie einer längeren Vakanz in der Stellenleitung bislang nicht im gewünschten Ausmaß angeboten werden. Dies soll nach Dienstantritt der neuen Leiterin zum 1.12.2010 in 2011 jedoch nachgeholt werden und hat für die Stadtteilbibliothek aufgrund der genannten Gründe und weil es sich um ein eingeführtes Programm handelt, für das sich bereits Routinen ausgebildet haben, eine höhere Priorität als die Implementierung eines völlig neuen Angebots, das einer längeren Vorbereitungszeit bedürfte. Beide Programme gleichzeitig neu aufzubauen, ist mit den vorhandenen Ressourcen nicht möglich. Die Stadtbibliothek schlägt deshalb vor, das Projekt „Familien-Freizeit-Koffer“ zunächst zurückzustellen und es als mögliches Zusatzangebot erneut zu prüfen, sobald die Lesefeste in der Stadtteilbibliothek Schöneberg-Nord „Gertrud-Kolmar-Bibliothek“ fest und routinemäßig als Standardangebot verankert sind.
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