Drucksache - 0994/XVIII  

 
 
Betreff: Kohlehandlung Bruno Meyer Nachfahre - Stätte des Widerstandes
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Die Fraktion GRÜNEBezirksamt
Verfasser:Herr Hapel, DieterBand, Ekkehard
Drucksache-Art:AntragMitteilung zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
18.03.2009 
28. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin      
Ausschuss für Bildung und Kultur XIX. Wahlperiode Vorberatung
02.04.2009 
25. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bildung und Kultur ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen (Beratungsfolge beendet)   
Ausschuss für Stadtplanung Entscheidung
13.05.2009 
27. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung vertagt   
10.06.2009 
28. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen (Beratungsfolge beendet)   
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Vorberatung
17.06.2009 
31. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen (Beratungsfolge beendet)   
Bezirksamt Vorberatung
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
17.02.2010 
40. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag
Beschlussempfehlung
Mitteilung zur Kenntnisnahme vom 09.02.2010

Die Bezirksverordnetenversammlung ersucht das Bezirksamt, im Rahmen der Übernahme der Grundstücke Torgauer Straße 16-21 und der Realisierung einer Grünanlage auf diesen Flächen eventuell vorhandene Gebäude oder Gebäudeteile der Kohlehandlung Bruno Meyer

Das Bezirksamt teilt zu der o.g. Drucksache folgendes mit:

 

Grundsätzlich ist das Anliegen zu begrüßen, in der Torgauer Straße einen Ort der Erinnerung an Julius Leber (1891-1945) zu schaffen.

 

Der Lübecker Sozialdemokrat und Reichstagsabgeordnete war in den Jahren 1933-37 in KZ-Haft. Nach seiner Freilassung konnte er sich und seiner Familie in Berlin, in der Kohlenhandlung Bruno Meyer Nachf., eine Existenzgrundlage sichern.

 

Dieser Ort wurde zu einem geheimen Treffpunkt früherer sozialdemokratischer Funktionäre und Widerstandskämpfer. Ab 1943 arbeitete Leber eng mit dem militärischen Widerstand um Stauffenberg und dem Kreisauer Kreis zusammen, und in 14-tägigem Abstand fanden Treffen von NS-Gegnern in seiner Kohlenhandlung statt. 1944 traf sich Leber außerdem mit Vertretern der illegalen KPD (Gruppe Saefkow, Bästlein, Jacob). In diesem Zusammenhang wurde er am 5.6.1944 verhaftet, verriet jedoch seine Kontakte zu Stauffenberg nicht. Am 20.10.1944 wurde er vom Volksgerichtshof im Kammergericht am Kleistpark zum Tode verurteilt und am 15.1.1945 in Plötzensee hingerichtet.

 

Seine Ehefrau Annedore Leber führte nach 1945 die Kohlenhandlung am gleichen Ort fort und gründete hier Ende der 40er Jahre den „Mosaik-Verlag“, einen Verlag vor allem für politische Sachliteratur.

 

Eine Gedenktafel an dem Wohnhaus von Julius Leber im Bezirk Zehlendorf erinnert an den ermordeten Sozialdemokraten.

 

Im Zuge der Projekte im Rahmen von Stadtumbau West und der Planung eines Ost-West-Grünzuges entlang der Torgauer Straße (Realisierung 2012) bietet sich jetzt die Möglichkeit, auch im Bezirk Tempelhof-Schöneberg einen würdigen Ort zu realisieren, der an die Person Julius Leber erinnert und seine Geschichte im Bewusstsein hält.

 

Um den genauen Standort der früheren Kohlenhandlung lokalisieren zu können, bedarf es noch weitergehender Recherchen. Erste Archivrecherchen haben ergeben, dass die korrekte Adresse vermutlich das Grundstück Torgauer Straße 24-26 ist (lt. Eintrag im Berliner Adressbuch von 1942, wo die Firma von Bruno Meyer Nachf. Als „Kohlenplatz Nr. 20“ bezeichnet und hier offenbar eine Lagerplatznummer benannt wurde).

 

Das Vorhandensein historischer Bausubstanz, die Rückschlüsse auf den genauen Ort der konspirativen Treffen der Widerstandsgruppen zulassen, müsste geprüft werden. Allerdings scheint es mit Blick auf die historischen Ereignisse vor Ort nicht angemessen, hier Gebäudeteile zu sichern bzw. bodendenkmalpflegerische Arbeiten durchzuführen. Der Aufwand stünde hier in keinem Verhältnis zu dem Erkenntnisgewinn.

 

Vielmehr sollte ein „Zeichen der Erinnerung“ geschaffen werden, das ausgehend von der Authentizität des Ortes vor allem historische Aufklärung unterstützt und eine kommunikative Möglichkeit der Auseinandersetzung schafft – im Sinne von Salomon Korn, dem Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland: „Auch an authentischen Orten sprechen die Steine nicht von selbst, sondern müssen erst zum Sprechen gebracht werden.“

 

Insofern bietet sich auf dem Grundstück an der Torgauer Straße die Aufstellung einer Stele oder einer Tafel an, die hinreichend über die Persaon Julius Lebers, seine Widerstandstätigkeit und Hinrichtung durch das NS-Regime informiert. Die stadträumliche Nähe zum „Geschichtsquartier Papestraße“ ist dabei förderlich und kann den Erinnerungsort unmittelbar mit den menscherverachtenden Ereignissen im ehemaligen SA-Gefängnis an der General-Pape-Straße in Beziehung setzen.

 

Das Amt für Planen, Genehmigen und Denkmalschutz hat signalisiert, dass die Kosten für eine Informationsstele im Rahmen des Programmbudgets von Stadtumbau West übernommen werden können.

 

Der Bezirksverordnetenversammlung wird über die weitere Entwicklung über ihren Fachausschuss berichtet.

 

 
 

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