Drucksache - 0794/XVIII  

 
 
Betreff: Schließung der bezirkseigenen Gärtnerei
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
Verfasser:Herr Schworck, OliverBand, Ekkehard
Drucksache-Art:Mitteilung zur KenntnisnahmeMitteilung zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Hauptausschuss, Verwaltungsreform, Gender und Geschäftsordnung Entscheidung
03.09.2008 
24. öffentliche/nicht öffentliche Sitzung des Hauptausschusses, Verwaltungsreform, Gender und Geschäftsordnung (offen)     
01.10.2008 
25.öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Hauptausschusses, Verwaltungsreform, Gender und Geschäftsordnung mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
16.07.2008 
21. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin (offen)     

Sachverhalt
Anlagen:
MzK

Da der Text dem Büro der BVV nicht in elektronischer Form vorlag, entnehmen Sie den Inhalt die Mitteilung zur Kenntnisnahme bitte der beigefügten Anlage

 

Das Bezirksamt hat in seiner Sitzung am 08.07.2008 beschlossen, dass die Bezirksgärtnerei aus wirtschaftlichen Gründen zum 31.12.2008 geschlossen und das Gelände dem LiFo (Liegenschaftsfond) übertragen werden soll.

             
Die Versuche des Bezirks, die Gärtnerei im Rahmen des geltenden Planungsrechts (§ 35 BauGB) zu vermarkten und dabei einen bedarfsgerechten Anteil für die Gärtnerei zurückzupachten, sind nach Auffassung des Bezirksamts fehlgeschlagen.              
Eine Vermarktung als Gärtnerei ist nicht aussichtsreich, da die Häuser nun 30 Jahre alt und somit abgeschrieben sind, in der Konzeption veraltet und daher zu energieintensiv sind und die Hochglasfläche für eine heute wirtschaftlich arbeitende Gärtnerei zu klein ist. Die notwendigen Investitionen wären nicht wirtschaftlich darstellbar. Überdies gibt es im Land Brandenburg kaum noch gewerbliche Gärtnereien. Diese sind am Niederrhein, in Holland und Dänemark konzentriert.              
Neubauten sind wegen der Festsetzung im FNP als Landwirtschaftsfläche und des hier geltenden § 35 BauGB nur im Rahmen dieses Paragraphen zulässig, was die Nutzungsmöglichkeiten und damit die Vermarktungsfähigkeit stark einschränkt.

 

Entstehung und Entwicklung

Die Gemeinschaftsgärtnerei wurde 1973 mit einer Unterglasanbaufläche (Hoch- und Niederglas) von insgesamt 9500 m² eröffnet. Sie sollte die Versorgung der drei Bezirke Tempelhof, Steglitz und Schöneberg übernehmen. Es werden seitdem Frühjahrs-, Sommer- und Herbstbepflanzung für die Grünanlagen, Dekoration für Feiern sowie Grün- und Blütenpflanzen für Büroräume gezogen.

In den 90er Jahren wurden seitens des Senats Versuche unternommen, die bezirklichen Baumschulen und Gärtnereien zu schließen. Aufgrund eines externen Gutachtens, das die Gründung von Verbundgärtnereien, die mehrere Bezirke versorgen sollten, vorschlug, konnte dies für die Tempelhofer Gärtnerei verhindert werden. In dem Rahmen, indem die Bezirke ihre eigenen Gärtnereien schlossen, wurden sie Kunden der Tempelhofer und der Wilmersdorfer Gärtnerei. Sie hatten finanziell nur ihren Anteil an Sachkosten zu tragen, da die Gärtnereien eine eigene Zumessung im Haushalt hatten.

Abstimmungsergebnis:

 

zur Kenntnis genommen:                                          überwiesen:             

 

 

Dieses änderte sich mit Inkrafttreten der Kosten- und Leistungsrechnung. Es wurde ein internes Produkt gebildet, die Leistungen mussten nun mit den anderen Kunden verrechnet werden. Da die Senatsverwaltung für Finanzen es aber nicht zuließ, dass schon bei der Aufstellung der Haushaltspläne den Kundenbezirken die anteiligen Haushaltsmittel abgezogen und in den Haushalt der Gärtnerei eingestellt werden konnten, mussten die Bezirke nun ihren Anteil direkt an den Bezirk Tempelhof-Schöneberg überweisen.

Es wurden Servicevereinbarungen geschlossen, in denen zum Teil Zahlungen deutlich unter den Kosten vereinbart werden mussten, um die Kunden überhaupt halten zu können. Hier schlugen insbesondere die nicht budgetierten (= budgetunwirksamen) Kosten sehr negativ zu Buche und stießen auf den Widerstand der Kunden. Dies führte dazu, dass der Bezirk Tempelhof-Schöneberg Jahr für Jahr Geld zuschießen musste, also letztlich die Pflanzen der Kunden zum Teil aus eigenem Budget bezahlte.

Überdies arbeitet die Gärtnerei nicht wirtschaftlich. Die Kosten für die Produktion der Pflanzen sind gemessen am wirtschaftlichen Wert der Ware deutlich zu hoch. Niederglasflächen sind heute wegen zu hoher Personalkosten überhaupt nicht mehr betreibbar. Auch technische Nachrüstungen, die aus dem Budget des FBs Natur zulasten der Grünpflege erfolgten, wie zum Beispiel die Erneuerung der Schattierungen und der Bau eines Tiefbrunnens sowie erhebliche Personaleinsparungen und die Einführung wirtschaftlicherer Arbeitsweisen, die Einstellung der Niederglasbewirtschaftung, sowie die kostenrechnerische Ausgliederung des wirtschaftlich nicht genutzten Rahmengrüns konnten daran nichts ändern, da gleichzeitig die Bestellungen der Kunden rückläufig waren und die Energiekosten stiegen. Auch die höheren Personalkosten im Vergleich zur freien Wirtschaft spielen hier eine Rolle.

Den größten Einfluss auf das negative Ergebnis haben jedoch nach wie vor die nicht budgetierten Kosten.

Bei der Aufstellung des Haushaltsplans 2008/2009 hat das Bezirksamt beschlossen, dass die zusätzlich vom Bezirk zu erbringenden Kosten nicht mehr in voller Höhe sondern nur noch zur Hälfte im Vorabzugsverfahren für das Kapitel 4781 zur Verfügung gestellt werden. Dies hat im Pflegebereich des FB Natur zu erheblichen zusätzlichen Personaleinsparungen (rechnerisch ca. 6 Stellen) geführt. Gleichzeitig hat die BVV die Erwartung formuliert, dass die Gärtnerei zeitnah wirtschaftlicher arbeiten soll und die bisherigen Defizite deutlich reduziert werden sollen.

 

 

Aktuelle wirtschaftliche Situation und Aussichten

 

Das erwirtschaftete Defizit liegt gemäß KLR für das Geschäftsjahr 2007 bei ca. einer Mio €. Damit hat sich das Ergebnis im Vergleich zu den Vorjahren nicht verbessern lassen. Weitere Einsparungen sind nicht zu erzielen. Da sich die Auftragslage auch bei gleichbleibendem Abnehmerkreis und gleichbleibenden Zahlungsmodalitäten auf Grund des fortschreitenden Personal- und Sachmittelabbaus in den Bezirken eher verschlechtern wird und neue Kunden nicht gewonnen werden konnten, wird sich das Defizit in den kommenden Jahren eher vergrößern, da sich die Kosten dann auf eine geringere Produktion verteilen. Auch ist bei dem Alter der technischen Einrichtungen mit größeren Reparaturen oder Erneuerungen zu rechnen.

Überdies haben bei einer Abfrage im Herbst 2007 die Bezirke Neukölln, Steglitz-Zehlendorf (Abt. Soziales) und Lichtenberg, erklärt, künftig nicht mehr mit der Gärtnerei zusammenarbeiten zu wollen, sondern den geringen Bedarf am freien Markt zu decken. Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf (Grünflächen) will zwar weiterhin Kunde bleiben, will aber künftig wie auch andere Bezirke keine Verrechnungen in der KLR mehr zulassen. Auch dies bedeutet eine weitere Defiziterhöhung. Andere Bezirke möchten zunächst über die genauen Konditionen informiert werden, bevor sie sich entscheiden. Diese Konditionen stehen aber bisher nicht fest, da kein Investor gefunden wurde, mit dem ein Vertragsabschluß zustande gekommen ist oder auch nur ein Vertragsentwurf abgestimmt werden konnte.

Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Kunden bereits für die Beschaffung der Frühjahrs-, Sommer- und Herbstpflanzung 2009 umorientieren werden. Selbst wenn jetzt die Erhaltung der Gärtnerei beschlossen würde, würden die Kunden kaum in vollem Umfang erhalten bleiben. Dies macht es wiederum unmöglich, einem Investor eine konkrete rückzupachtende Produktionsfläche zu benennen. Dies mit der Folge, dass auch keine Konditionen ausgehandelt werden können, da sich so kein gemeinsames Gesamtbetriebskonzept entwickeln lässt.

 

Stand der Investorensuche/des Interessenbekundungsverfahrens

 

Nachdem zunächst im Sommer 2007 ein Investor Interesse an der Übernahme des Geländes bekundet hatte und signalisierte, dass es über ein gemeinsames Betriebskonzept und einen Pachtzins Einigung geben könnte, zogen sich die abschließend von der SE FM geführten Verhandlungen über Monate hin. Strittig waren insbesondere die Höhe des Erbbaupachtzinses sowie die sonstige wirtschaftliche Nutzung des Geländes.

Da die Verhandlungen über die Höhe der Erbbaupacht stagnierten und nicht zu dem vom Vermessungsamt vorgegebenen Ergebnis führten, beschloss das Bezirksamt im Februar 2008, ein Interessenbekundungsverfahren durchzuführen. Dieses endete mit dem Ergebnis, dass derselbe Investor als einziger Bieter übrig blieb, nun allerdings mit einem weitaus niedrigeren Zinsangebot und weiteren schwer erfüllbaren Bedingungen wie der Zusicherung einer gewerblichen Nutzung, die nach Auffassung des FB Planen die Möglichkeiten des Planungsrechts (Außenbereich, daher gilt § 35 BauGB) überschreitet, sowie der Forderung einer bezirklichen Pachtbindung für 10 Jahre.

Hinsichtlich der gewerblichen Nutzung hat der FB FM eine Anfrage an die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gerichtet, ohne bisher eine Antwort erhalten zu haben.

Auch die Frage, ob das Projekt als besonders förderungswürdig einzustufen wäre, was Auswirkung auf die Höhe des Erbbauzinses hat, wurde von der zuständigen Senatsverwaltung ebenfalls noch nicht beantwortet.

 

Folgen

Auszubildende

Zurzeit sind fünf Auszubildende in der Gärtnerei tätig. Eine Auszubildende davon wird im Sommer ihre Prüfung ablegen. Im Falle des Bestehens ist ihr Vertragsverhältnis danach beendet. Die übrigen vier Auszubildenden haben noch ein bzw. zwei Jahre Lehrzeit vor sich. Eine Anfrage bei der Bezirksgärtnerei Charlottenburg-Wilmersdorf hat die Bereitschaft ergeben, diese zu übernehmen, wenn der Bezirk weiterhin die Finanzierung übernimmt.

 

Beschäftigte

Die Beschäftigten der Gärtnerei sollen, soweit freie Stellen vorhanden sind, innerhalb des Bezirks, ggf. auch des FB Natur vermittelt werden.

 

Anlagevermögen/bewegliche Güter

Die vorhanden beweglichen Verbrauchs- und Anlagegüter sollen bis zum Jahresende so weit wie möglich vermarktet werden, danach wird der Bezirksgärtnerei Wilmersdorf-Charlottenburg freigestellt,  brauchbare  aber nicht  vermarktbare Gegenstände zu übernehmen. Der Rest wird verschrottet oder entsorgt.

Die Immobilie selbst, mit dem angrenzenden Revierhof soll zum 31.12.2008 dem LiFo übertragen werden.

 

Haushaltsmittel

Die in den Haushalt eingestellten Sachmittel beim Kapitel 4781 und beim Kapitel 4211 Titel 51701 (Heizöl) sind bis auf den Bezirkszuschuss in Höhe von 250 T € Bestand des Budgets des FB Natur und werden in das Kapitel 4720 übertragen, da der Fachbereich einen großen Teil dieser Mittel beim Kapitel 4720 in Form von Personaleinsparungen erbringen musste um den Haushalt der Gärtnerei überhaupt einstellen zu können. Diese Mittel sollen zur Beschaffung von Sommerblumen am Markt sowie zur Pflege als Ersatz für das eingesparte Personal verwendet werden.

 

 

 

 
 

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