Die Bundesvereinigung Trans * (BVT *)* und der *Bundesverband Intersexuelle Menschen e. V. informierten in einem Gespräch mit Medienvertreter_innen über den nun vorliegenden Referentenentwurf zur Änderung des Personenstandsgesetzes.
Lucie Veith vom Bundesverband Intersexuelle Menschen e. V. erinnerte an das bahnbrechende Urteil des Bundesverfassungsgerichts im letzten Jahr und welche großen Hoffnungen in der Community damit verbunden wurden. Das Urteil hätte die Tür weit geöffnet für eine umfassende Novellierung des Personenstandsrechts, in dem die Belange sowohl intersexueller als auch trans*geschlechtlicher Menschen berücksichtigt würden.
Durch die Arbeit einer Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) in der letzten Legislaturperiode liegen sowohl die entsprechenden Rechtsgutachten als auch fertige Gesetzesentwürfe vor, die eine selbstbestimmte Selbsterklärung betroffener Menschen in den Vordergrund stellen und die ohne große zeitliche Verzögerungen umgesetzt werden könnten.
Der nunmehr vorliegende Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums wird als nicht weitgehend genug kritisiert. Betroffene intersexuelle Menschen würden weiterhin pathologisiert und somit in ihren Menschenrechten verletzt. Außerdem wäre es neben der geplanten Änderung des Personenstandsrechts mindestens genauso wichtig gewesen, dass Kinder endlich vor geschlechtsnormierenden Operationen geschützt würden.
Nachdem ursprünglich die Bezeichnung “Anderes” vorgesehen war, soll die Eintragung dem Referentenentwurf zufolge nun unter der Bezeichnung “Weiteres” erfolgen. Zu diesem Formulierungsvorschlag wird der Bundesverband Intersexuelle Menschen e. V. ein Meinungsbild einholen, verweist aber auch auf eine bereits durchgeführte Umfrage unter intersexuellen Menschen und deren Angehörigen, denen zufolge die Möglichkeiten “inter” oder “divers” bevorzugt würden.
Der BVT* unterstützt die Forderungen des Bundesverbands und kritisiert, dass trans*geschlechtliche Menschen in dem Entwurf überhaupt nicht berücksichtigt würden.
Sollte dieser Entwurf Gesetz werden, hätten wir die irrsinnige Situation, dass trans*geschlechtliche Menschen für eine (binäre) Vornamens- und/oder Personenstandsänderung nach wie vor zwei Gutachten benötigten und intersexuelle Menschen für die Inanspruchnahme der “Dritten Option” ein Gutachten. Nichtbinäre trans*geschlechtliche Menschen, die sich weder als Mann noch als Frau einordnen, würden in beiden Varianten vollkommen unberücksichtigt bleiben. Und das, obwohl die schon genannten Gutachten der IMAG eindeutig zu dem Schluss kommen, dass Zwangsbegutachtungen diskriminierend und darüber hinaus auch vollkommen überflüssig sind. Führende Gutachter hätten ihre Gutachten ausgewertet und dabei festgestellt, dass 99% aller Gutachten positiv ausfallen. Dies kann nur den Schluss zulassen, dass betroffene Menschen ein sehr gutes Gefühl für ihre eigene Situation haben und diese auch realistisch einschätzen könnten. Mit dem vorliegenden Entwurf wird jedoch
diese Selbstwahrnehmung in Frage gestellt.
Auch das Verfahren der Beteiligung der Verbände wurde als intransparent kritisiert. So wurde der Bundesverband Intersexuelle Menschen e. V. nicht offiziell zur Beteiligung aufgefordert, der BVT* allerdings schon, obwohl trans*geschlechtliche Menschen in dem Entwurf überhaupt nicht vorkommen. Die Beteiligungsfrist läuft bis zum 25. Juli und es sollen seitens der Verbände auch Gespräche mit dem Ministerium gefordert werden, weil weiterhin auf eine menschenrechtsorientierte Regelung gehofft wird.
Es wurde außerdem deutlich gemacht, dass die Community hier an einem Strang ziehen muss.In diesem Zusammenhang wurde auch auf die Aktion Standesamt 2018 aufmerksam gemacht. In Anlehnung an die Aktion Standesamt, bei der 1992 zahlreiche homosexuelle Paare bei den Standesämtern das Aufgebot angemeldet hatten, sollen im Oktober diesen Jahres auch inter- bzw. transgeschlechtliche Menschen in den Standesämtern die Änderung ihres Personenstandes beantragen.
Update 27. Juni 2018
In einer Blitzumfrage hat der Bundesverband Intersexuelle Menschen e. V. ein Meinungsbild zur vorgesehenen Bezeichnung “Weiteres” eingeholt. Im Ergebnis sehen über 95% der befragten Menschen die Bezeichnung “Weiteres” als nicht positiv an.