Bezirk Mitte kritisiert fehlende Informationen der Versammlungsbehörde zu Versammlungen auf seinen Grünflächen und ist über aktuelle Genehmigungspraxis erstaunt

Pressemitteilung Nr. 283/2020 vom 18.08.2020

Der Bezirksbürgermeister von Mitte, Stephan von Dassel, informiert:

In den vergangenen Tagen gab es mehrere ungenehmigte Versammlungen im Bereich des Bundeskanzleramtes und des Reichstages. Am 13.08.2020 wurde eine nicht genehmigte Versammlung einer Einzelperson mit diversen Zelten und mehreren Kubikmetern Versammlungsgegenständen im Spreebogenpark, unmittelbar neben der Schweizer Botschaft, unter Amtshilfe der Polizei geräumt. Der Verlagerung des Standorts vom Spreebogenpark auf die südliche Kanzleramtswiese wurde dann am 17.08.2020 ebenfalls per Bescheid der Versammlungsbehörde der Versammlungscharakter abgesprochen.

Parallel haben dann so genannte „Pandemie-Gegner“ – wiederum ohne Genehmigung der Versammlungsbehörde – auf der Reichstagswiese ein Zelt aufgebaut, welches auf Drängen der Polizei Richtung Paul-Löbe-Haus auf die befestigte Fläche am Rand der Reichstagsweise verschoben wurde. Dort steht es immer noch, und das Straßen- und Grünflächenamt (SGA) wartet auf die Entscheidung der Versammlungsbehörde.

Genehmigt für mindestens vier Wochen ist dagegen eine größere Bühne und ein Organisationszelt einer „Mahnwache für Heimat- und Weltfrieden“ der Gruppe „staatenlos.info“ aus dem Umfeld der sog. “Reichsbürger“. Dies obwohl die Fläche im Besitz des Bezirksamts Mitte zur Bannmeile des Deutschen Bundestages gehört, auf denen laut „Gesetz über befriedete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes“ keine Versammlungen stattfinden dürfen.

Zu keiner dieser genehmigten oder versagten Versammlungen erfolgte von der Versammlungsbehörde eine Information des Bezirksamtes. Den aktuellen Stand der Nutzung seiner Flächen erfuhr das Bezirksamt durch Präsenz und Nachfrage vor Ort oder aus den Sozialen Medien.

Stephan von Dassel: „Es ist nicht hinnehmbar, dass das Bezirksamt als Grundstücksbesitzer auf verstörte Anfragen von Bürgerinnen und Bürger zu den Vorgängen rund um den Reichstag keine Auskunft geben und vorhandenen Falschmeldungen der Veranstalter zur Kooperation mit dem Bezirksamt nur pauschal widersprechen kann.
Hinzu kommt, dass die Versammlungsbehörde in jüngster Zeit dazu übergegangen ist, nicht vorrangig Straßen und öffentliche Plätze, sondern öffentliche Grünanlagen als Versammlungsort zu genehmigen. Diese sind in Mitte ohnehin schon sehr stark durch Touristen und Einwohner Berlins beansprucht und sollten der Erholung der Menschen vorbehalten werden. Dass das Bezirksamt die Schäden in Grünflächen durch Versammlungen auf eigene Kosten beseitigen muss, sei hier nur Vollständigkeit halber erwähnt.“

Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes und geschütztes Gut und steht grundsätzlich allen Bürgerinnen und Bürgern zu, ungeachtet ihrer politischen Botschaft. Angesichts des Ortes, des Inhaltes und der Dauer ist das Bezirksamt allerdings überrascht, dass diese Mahnwache sich noch im Rahmen einer zulässigen Versammlung bewegen soll. Befremdlich ist, dass die genehmigungslose und damit illegale Besetzung von öffentlichen Flächen grundsätzlich so lange geduldet zu werden scheint, bis über etwaige Anträge bei der Versammlungsbehörde entschieden ist.

Die sehr weite Auslegung des Versammlungsrechts durch die Versammlungsbehörde verwundert angesichts des Vorgehens in der Vergangenheit z.B. bei einem Protest-Hungerstreik von geflüchteten Menschen auf dem Pariser Platz im Jahr 2012. Die damaligen Auflagen verboten es, ein Zelt aufzubauen und Schlafsäcke oder Isomatten zu benutzen.

Am aktuellen Beispiel hat sich nun erneut gezeigt, dass es unerlässlich ist, dass die Versammlungsbehörde das Bezirksamt verlässlich, transparent und zeitnah über aktuelle Antragsverfahren sowie die jeweiligen Entscheidungen darüber informiert.

Medienkontakt:
Bezirksamt Mitte, Pressestelle, E-Mail: presse@ba-mitte.berlin.de