Drucksache - 0036/XIX
Die Bezirksverordnetenversammlung bekundet folgenden Willen:
In der Nacht zum Mittwoch, dem 23. November 2011, wurde die Informationstafel der Initiativgruppe Stolpersteine in der Stierstraße in Friedenau umgestürzt.
In dieser Straße wurden bislang 54 Stolpersteine platziert, auf denen deportierte und ermordete deutsche Bürger und Bürgerinnen beim Namen genannt werden. Mit diesen Steinen wird darauf hingewiesen, dass diese Menschen selbstverständlich zur Berliner Gesellschaft gehörten, bis sie dann gewaltsam aus diesem geteilten Leben herausgerissen wurden. 16.000 Juden und Jüdinnen lebten 1933 in Schöneberg. In der Stierstraße befand sich auch bis zu seiner Zerstörung 1938 ein Gebetsraum des „Jüdischen Religions-Vereins Friedenau, Steglitz und Umgebung e.V.“ Auf all dies wurde auf der Informationstafel hingewiesen.
Immer wieder werden in Deutschland, aber auch ganz Europa, jüdische Grabmäler geschändet, Stolpersteine gestohlen, unleserlich gemacht, mit Hakenkreuzen beschmiert – im Bezirk Tempelhof-Schöneberg fand das 2010 in der Gleditschstraße statt, 2008 in mehreren Straßen in Wilmersdorf. In den vergangenen zehn Jahren wurden bundesweit 700 Stolpersteine beschädigt. Aber: Seit 2000 wurden europaweit 32.000 Steine verlegt, in Berlin rund 2000, davon im Bezirk Tempelhof-Schöneberg 400. Das ist gut so, denn jede dieser Erinnerungsstützen aus Messing bedeutet, dass Menschen sich eingehend mit dem Leben und Schicksal der auf dem jeweiligen Stein genannten Person beschäftigt haben.
Wir rufen die Bürgerschaft auf, die Schulen, Nachbarschaften und Vereine in Tempelhof-Schöneberg, sich in der Ausstellung „Wir waren Nachbarn“ hier im Schöneberger Rathaus darüber zu informieren, was in ihren Straßen, Häusern und Wohnungen in der Zeit des Nationalsozialismus passiert ist. Und, wenn sich Leute zusammenfinden, weiter zu forschen und evtl. weitere Stolpersteine mit weiteren Namen in die Bürgersteige unseres Bezirks einzupassen.
In der offenen, freien Gesellschaft, die wir wollen, ist für den Ausschluss von Menschen kein Platz, schon gar nicht aus rassistischen, ausländerfeindlichen, antisemitischen wie islamfeindlichen Gründen oder weil sie behindert oder nur irgendwie anders sind. Um sich dieser Nachkriegsübereinkunft zu vergewissern, die zuerst in der Verfassung und allmählich auch im Bewusstsein der großen Mehrheit der Deutschen ihren festen Platz gefunden hat, ist es gut, sich immer wieder an die schlimmen Zeiten zu erinnern, die dem vorausgegangen waren. Und immer wieder eindeutig Stellung zu beziehen.
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