Auszug - Vorstellung Nachbarschaftsheim Schöneberg und Gemeinschaftsunterkunft Handjerystraße  

 
 
5. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Integration
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Integration Beschlussart: im Ausschuss abgelehnt
Datum: Do, 08.06.2017 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:00 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V., Holsteinische Str. 30, 12161 Berlin, Treffpunkt ist um 17 Uhr die Handjerystraße 44/45
Ort:
 
Beschluss


Die Koordinatorin im Nachbarschaftsheim Schöneberg (NH) für die Stadtteilarbeit mit dem           Schwerpunkt Migration stellt die Gemeinschaftsunterkunft in der Handjerystraße gemeinsam mit der Heimleiterin Frau Teona Tschanturia-Kühnemann anhand eine Powerpoint-Präsentation vor. Sie kann nicht besichtigt werden, da sie eine besondere Unterkunft für allein reisende Frauen mit oder ohne Kinder und als Schutzraum nicht zugänglich für Gruppen ist. Seit April 2016 besteht die Gemeinschaftsunterkunft im Nachbarschaftsheim Schöneberg.

 

Von Anfang an hat sich das NH auf diese spezielle Gruppe fokussiert, da es seit langen Jahren den Schwerpunkt bei der Migrationssozialarbeit, auf die Frauenarbeit gelegt hat. Seit 35 Jahren gibt es zwei Beratungsstellen, die Frauen aus dem arabisch-sprachigen Raum aber auch aus anderen Ländern, die nach Deutschland gekommen sind, unterstützten. Das alte Bürogebäude in der Handjerystraße sollte zunächst als Verwaltungsgebäude für das Nachbarschaftsheim genutzt werden, aber als sich in Berlin die Situation im Sommer 2015 zuspitzte, entschied das Nachbarschaftsheim das Gebäude stattdessen als Gemeinschaftsunterkunft zu nutzen. Es wurde baulich instandgesetzt und eingerichtet. Dabei gab es aus der Nachbarschaft tatkräftige Unterstützung. Teilweise haben 30-50 Personen an einigen Wochenenden vor Ort mitgeholfen. Ansonsten wäre in der kurzen Zeit die Fertigstellung der Unterkunft nicht machbar gewesen. Es wurde aber auch noch Unterstützung durch verschiedene Spender gesucht, da es bis kurz vor der Eröffnung noch keine Finanzierungszusage vom LAGESO gab. Die Berliner Stiftung Astraia, speziell auf die Bildung von Frauen fokussiert, hat daraufhin das Vorhaben unterstützt. Sie finanzierte die Einrichtung eines Lese- und Lernraums. Auch Ikea konnte als Spender gewonnen werden. Es wurde ein Tag der offenen Tür kurz vor Eröffnung veranstaltet, damit die Öffentlichkeit u.a. die Helferinnen und Helfer das fertiggestallte Haus auch sehen konnten.

 

Die Gemeinschaftsunterkunft ist für 50 Personen ausgelegt. Auf drei Etagen verteilt, befinden sich insgesamt 17 Bewohnerinnenzimmer mit je zwei bis fünf Betten und je einer Teeküche pro Etage. Im Souterrain sind eine Gemeinschaftsküche, ein Aufenthaltszimmer, ein Kinderzimmer, ein Computerraum mit W-LAN sowie die Gemeinschaftssanitärräume untergebracht.

 

Seit April 2016 ist die Gemeinschaftsunterkunft anerkannt und auch vollbelegt.

Die  größte Gruppe der Bewohnerinnen stammt aus Syrien und Afghanistan. Vereinzelt kommen die Frauen auch aus Eritrea, Libyen, dem Iran und dem Irak.

Es wurden Orte der Begegnung geschaffen für Aktivitäten in- und außerhalb des Hauses. Zehn ehrenamtliche Deutschlehrerinnen bieten täglich Unterricht im Haus an. Ein Ehrenamtlicher repariert 2x pro Woche im Sommer die Fahrräder mit den Kindern und es sollen auch Ausflüge mit dem Fahrrad unternommen werden. Weiterhin besteht für die Bewohnerinnen die Möglichkeit an einem Fotoprojekt teilzunehmen. Für die Kinder gibt es Musikangebote. Zudem bestehen Kooperationen mit umliegenden Jugendeinrichtungen, z.B. die Burg. Die Kinder haben mittlerweile gut Anschluss dort gefunden. Die  geflüchteten Frauen können sich an verschiedene Träger z.B. Goldnetz, Harmonie e.V. oder Pinel wenden, um Hilfe in verschiedenen Bereichen zu erhalten (Gesundheitsbereich, Psychologische Betreuung sowie Übersetzungen). Aber auch im NH gibt es spezielle Beratungsangebote.

Im Hof findet bereits im zweiten Jahr ein Gartenprojekt statt. Ehrenamtliche pflanzen mit den Bewohnerinnen und Kindern Blumen und bauen Hochbeete.

33 Frauen sind Statuswechsler, d.h. sie sind nicht mehr Leistungsbezieher vom LAF, sondern werden dem Jobcenter zugeordnet. Problematisch nach Aussage der Koordinatorin ist, dass die Frauen nach der Geburtsmonatsregelung den unterschiedlichen Jobcentern zugeordnet werden. Jedes agiert für sich. Einige Kosten wurden vom Sozialdienst eines Jobcenters nicht übernommen. Die betroffenen Frauen erhielten Bescheide, dass sie innerhalb von 24 Stunden ausziehen und in ein sogenanntes ASOG-Wohnheim, also eine Unterkunft für Obdachlose, ziehen müssen. Bei einer Bewohnerin konnte ihre Schutzbedürftigkeit durch Bescheinigung nachgewiesen werden, so dass sie in der Gemeinschaftsunterkunft bleiben konnte. Zwei mussten ausziehen.

Laut Auskunft der Koordinatorin bietet das LAF rege Wohnungen an, so dass bereits vier Frauen ausziehen konnten. Ein bis zwei Frauen haben eigenständig Wohnungen gefunden.

In diesem Zusammenhang bietet das Nachbarschaftsheim bzw. das Willkommensbüro Workshops an.

 

Auf Nachfrage des Bezirksverordneten Kliem, geht die Koordinatorin von einer Verweildauer der Frauen in der Gemeinschaftsunterkunft von ca. einem Jahr aus. Vereinzelt sind auch Frauen bereits nach einigen Monaten ausgezogen. Bis zum Mai 2017 sind bereits insgesamt neun Frauen ausgezogen.

 

BV Özdemir fragt nach Trauma Erfahrung und Behandlung in der Gemeinschaftsunterkunft und wie damit umgegangen wird und ob es Probleme gibt. Die Leiterin der Gemeinschaftsunterkunft berichtet, dass sie mit Pinel kooperieren und so einiges abdecken. Zudem kommt eine ehrenamtliche Psychologin ins Haus. Frauen kamen aus schwierigen Situationen, waren lange in Turnhallen, im Flughafen Tempelhof oder auf dem Messegelände untergebracht und es bestand akut gesprächsbedarf. Die meisten Frauen sind zur Ruhe gekommen, manche mussten ins Krankenhaus überwiesen werden. Zwei Kinder sind zurzeit in psychologischer Betreuung. Auf Nachfrage BV Özdemirs, ob alle Frauen und Kinder die nötige Unterstützung dort bekommen können oder ob es Engpässe gibt, antwortet die Koordinatorin, dass die Betreuerinnen sich gut um die Frauen kümmern können. Da die Gemeinschaftsunterkunft so klein ist, sind die Betreuerinnen auch nah an den Frauen dran und können sich im Bedarfsfalle auch mit Hilfe Ehrenamtlicher um sie kümmern oder sie direkt zu Beratungsstellen oder Psychologen schicken.

 

Auf die Frage von BV Lipper, welche Ausbildung die Frauen haben, antwortet die Koordinatorin, dass die Frauen Ingenieurinnen, Erzieherinnen und Journalistinnen sind. Eine größere Gruppe ist unqualifiziert. Teilweise haben einige in Ihren Ländern qualifiziert gearbeitet, aber keine Zertifikate. In Kooperation mit Goldnetz arbeitet das NH zunächst an der sprachlichen Qualifizierung der Frauen. Sie besuchen Deutschkurse bei der VHS oder anderen Trägern. In der Eingliederungsvereinbarung ist der erste Schritt ein Integrationskurs, erst wenn B1 Niveau erreicht wurde geht es um die berufliche Qualifizierung.

 

Wie es den Frauen, die in die ASOG Unterkunft ziehen mussten geht, ist nicht bekannt, da sie erst vor kurzem ausgezogen sind.

 

Auf Nachfrage von BV Kiderlen, berichtet Frau Tschanturia-Kühnemann, dass fünf Kinder  in den Kindergarten gehen. Die Älteren gehen noch überwiegend in die Willkommensklassen und anschließend in den Hort. Sie sprechen mittlerweile gut deutsch. BD Win möchte wissen, ob die Frauen beim Asylverfahren begleitet werden. Es gibt vom Senat aufgelegte Programme, die die Frauen im Asylverfahren unterstützen. Die Frauen werden zu den geeigneten Stellen auf Senatsebene geschickt. Afghanische Frauen haben bisher immer Schutz erhalten und konnten bleiben. Zwei Iranerinnen und eine Familie aus Syrien wurden abgelehnt.

 

Auf Nachfrage von BV Kliem wird berichtet, dass die Frauen vom LAF in die Gemeinschaftsunterkunft geschickt werden. Es gibt jeden Abend eine Belegungsmeldung an das LAF.

 

Die Vorsitzende Behrenwald fragt, ob die psychiatrischen Betreuung bereits verstetigt ist oder ob es noch zeitlich befristete Projekte sind. Organisiert ist die Hilfe ehrenamtlich, es wird mit Pinel kooperiert. Es herrscht auch ein reger Austausch des NH mit anderen Trägern, die so eine spezielle Unterkunft einrichten wollen.

 

Auf Nachfrage von BD Win wird berichtet, dass die drei abgelehnten Personen auf dem Klageweg gegen ihre Ablehnung vorgehen wollen.

 

 
 

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