KiTS aktuell: 10. offener Tag der Kindertagespflege

Von links nach rechts: Jugendstadtrat Oliver Schworck, Staatssekretär Falko Liecke, Moderatorin Katharina Linnepe, Jugendstadträte Max Kindler und André Grammelsdorf

Von links nach rechts: Jugendstadtrat Oliver Schworck, Staatssekretär Falko Liecke, Moderatorin Katharina Linnepe, Jugendstadträte Max Kindler und André Grammelsdorf

  • 05.06.2025

Kleine Kinder, große Herausforderungen

Fachpolitische Diskussion am 10. offenen Tag der Kindertagespflege zur Situation der Kindertagespflege

Samstagvormittag in der Villa Lützow: Vor der Tür ein Kamerateam, im Innenraum dichtes Gedränge und Gemurmel. Der Saal wirkt fast zu klein für alle Interessierten, die Stühle reichen nicht aus, eilig werden noch ein paar Plätze bereitgestellt. Über mangelndes Interesse können sich Gastgeber und Podiumsgäste nicht beklagen. Ein gutes Zeichen? Mit der Fragestellung „Kindertagespflege: Auslaufmodell oder Zukunftsinvestition?“ hat der Landesverband Kindertagespflege am 17. Mai 2025 zu einem Fachgespräch eingeladen, um die aktuellen Herausforderungen für die Berliner Tagespflegepersonen zu thematisieren. Falko Liecke, Staatssekretär für Jugend und Familie, skizziert eingangs direkt die Situation. Er spricht von einer „drastischen Entwicklung“ innerhalb kürzester Zeit und meint damit den massiven Geburtenrückgang in Berlin, der sich aktuell in mehr als 20.000 freien Plätzen in beiden Säulen der Kindertagesbetreuung – Kindertagesstätten und Kindertagespflege – zeigt. Während Eltern noch vor wenigen Jahren große Schwierigkeiten hatten, eine Einrichtung für ihre Kinder zu finden, sind es nun vor allem die Tagespflegepersonen, die kaum noch wirtschaftlich arbeiten können, weil sie über längere Zeit nur drei oder vier anstatt der vorgesehenen fünf Kinder betreuen. Die mangelnde Nachfrage hat auch bereits dazu geführt, dass Pflegestellen geschlossen haben. Vor 2022 gab es etwa 5.000 Plätze in dieser Betreuungsform, momentan sind es noch etwa 4.000 Plätze.

Jugendstadtrat Oliver Schworck am Eingang der Kindertagespflegestelle „Kurz & Klein“

Jugendstadtrat Oliver Schworck am Eingang der Kindertagespflegestelle „Kurz & Klein“

Im Publikum sitzen vor allem die Betroffenen, die sich mit ihrer Perspektive immer wieder in die Diskussion einbringen: Die Tagespflegepersonen fordern finanzielle Unterstützung von der Senatsverwaltung ein, beispielsweise in Gestalt eines Notfallfonds, auf den sie zurückgreifen können, wenn Plätze über einen längeren Zeitraum nicht besetzt werden können. Eltern schildern, dass die Betreuungsform der Kindertagespflege im Gegensatz zum Angebot der Kitas nach wie vor kaum bekannt sei. Um eine echte Wahlfreiheit zu gewährleisten, bräuchte es mehr und frühzeitige Informationen über die familiennahe Betreuung in den kleinen Gruppen der Kindertagespflegepersonen, so der vielfach geäußerte Wunsch.

Um mehr Sichtbarkeit für die Kindertagespflegestellen geht es auch Jugendstadtrat Oliver Schworck. Tempelhof-Schöneberg ist traditionell der Bezirk mit den meisten Pflegestellen, hier werden aktuell 727 Plätze von 149 Tagespflegepersonen angeboten (Stand 13.5.2025). Allerdings sind selbst im Süden Berlins die Zahlen rückläufig. Aus diesem Grund hat der Stadtrat, der gleichzeitig für Gesundheit zuständig ist, bereits im vergangenen Jahr veranlasst, dass junge Eltern direkt nach der Geburt eines Kindes im Rahmen der Ersthausbesuche über die Kindertagespflege informiert werden. Auf dem Podium schlägt Oliver Schworck vor, dass künftig noch weitere Multiplikator*innen helfen könnten, die Alleinstellungsmerkmale der Kindertagespflege stärker in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken. „Es ist viel mehr Werbung denkbar, beispielsweise in den Familienzentren und in den Familienservicebüros. Auch die Familienhebammen oder die Stadtteilmütter sind Vertrauenspersonen, die über diese tolle Betreuungsform erzählen sollten“, ist Oliver Schworck überzeugt. Vor allem aber regt er unter den zuständigen Stadträt*innen eine Verständigung an, damit alle Bezirke gemeinsam mit der Senatsverwaltung am gleichen Strang ziehen. „Die Kindertagespflege ist eine besondere Form der Betreuung für unsere Kleinsten, die wir unbedingt stärken müssen. Die Ausübung des Berufs muss attraktiv bleiben und unsere Tagespflegepersonen dürfen nicht in Existenznöte geraten – egal, ob sie in Pankow oder Zehlendorf tätig sind“, sagt er. Die Informationen müssen überall zu den Eltern kommen.

Das sieht auch Staatssekretär Falko Liecke so, der die Maßnahmen der Senatsverwaltung benennt, mit der die Kindertagespflege in den Fokus gerückt wird, darunter die Aufnahme aller Tagespflegestellen in den Kita-Navigator noch in diesem Jahr oder die berlinweite Imagekampagne mit der Verleihung des Tagespflegepreises. Er betont, dass die Verwaltung die Zugangshürden zur Kindertagespflege bereits deutlich senken konnte, beispielsweise über die Möglichkeit, den Gutschein für die Tagespflege sofort über das Service-Portal abrufen zu können. Auch finanziell seien die Tagespflegepersonen mit Sachkostenpauschalen und Mietkostenzuschüssen entlastet worden. Vollends zufriedenstellen können diese Hinweise die Gäste des Fachgesprächs heute nicht. Deutlich geworden ist aber, dass Podium und Publikum das gleiche Ziel verfolgen, im Gespräch bleiben werden und die zahlreichen Vorschläge zur Verbesserung der Situation ernsthaft bearbeiten wollen.

Jugendstadtrat Oliver Schworck jedenfalls hat die zentrale Frage der Veranstaltung für sich längst beantwortet: „Selbstverständlich ist die Kindertagespflege kein Auslaufmodell!“ Direkt im Anschluss an das Fachgespräch macht sich auf den Weg nach Marienfelde, um am Tag der Offenen Tür eine Tagespflegestelle in Tempelhof-Schöneberg zu besuchen. In den letzten Jahren hat er diese Gelegenheiten bereits genutzt, um sich Tagespflegestellen in Lichtenrade oder in Friedenau anzusehen.

Jugendstadtrat Oliver Schworck und Andreas Higl, Bereichsleitung Tagesbetreuung im Jugendamt Tempelhof-Schöneberg

Jugendstadtrat Oliver Schworck und Andreas Higl, Bereichsleitung Tagesbetreuung im Jugendamt Tempelhof-Schöneberg

Gemeinsam mit Andreas Higl, dem Leiter der Tagesbetreuung im Jugendamt, ist er heute mit Anita Wieland verabredet, die seit 2016 in der Marienfelder Allee die Kindertagespflege „Kurz & Klein“ betreibt. Dass am frühen Nachmittag (noch) keine interessierten Eltern vor Ort sind, ist für den Stadtrat ein weiterer Hinweis darauf, dass nicht nur die Betreuungsform, sondern auch die unkomplizierte Besuchsmöglichkeit am Offenen Tag künftig stärker bekannt gemacht werden muss. Die angemieteten Räumlichkeiten befinden sich in einem Wohnhaus mit guter Verkehrsanbindung. Oliver Schworck und Andreas Higl besichtigen die beiden Zimmer und erkundigen sich bei Anita Wieland nach Herausforderungen, Bedarfen und Erfahrungen. Ein wichtiger Austausch mit konkreten Hinweisen zu Fortbildungsbedarfen der Tagespflegepersonen oder Fragen zur Zuständigkeit verschiedener Ämter innerhalb der Bezirksverwaltung.

Der Besuch in Marienfelde zeigt einmal mehr: Die hohe Qualität in der Kindertagespflege spricht für sich – in dieser und in vielen weiteren Pflegestellen. Eine Fachberatung und Informationen über die einzelnen Tagespflegestellen in den Regionen des Bezirks gibt im Jugendamt unter folgendem Link

Eltern können sich darüber hinaus beim Landesverband Kindertagespflege Berlin oder bei der Familien für Kinder gGmbH über freie Plätze und das Antragsverfahren informieren.

Kindertagespflege in Tempelhof-Schöneberg
Kindertagespflege ist explizit eine Angebotsform für Kinder von 0-3 Jahren und eine Alternative zur Betreuung in einer Kindertageseinrichtung (Kita). In der Kindertagespflege werden bis zu 5 Kinder von einer oder bis zu 10 Kinder von zwei festen Kindertagespflegepersonen betreut. Das ermöglicht eine individuelle Förderung der Kinder in kleinen Gruppen und bietet verlässliche Ansprechpartner*innen für die Eltern.

Text und Bild: BA-TS / Jugendamt