Newsletter - Bericht des Vorstandes vom Juni 2020

Sehr geehrte Mitglieder des Beirates,

vielleicht sind Sie es ebenso leid wie ich, schon wieder einen Text zu lesen, der damit beginnt, festzustellen, dass uns diese Zeit viel abverlangt – obwohl es zutrifft. Deshalb möchte ich Ihren Blick auf die Fähigkeiten lenken, die Menschen mit Behinderung zu jeder Zeit ausbilden und verfeinern müssen. Sich abseits des mainstreams zu organisieren, zu improvisieren und mit einer gewissen Unerschrockenheit neue Aufgaben als Herausforderungen zu begreifen, gehört zum Rüstzeug jedes Menschen mit Behinderung.

Ganz in diesem Sinne haben wir als Vorstand in einer Telefonkonferenz mit der Beauftragten für Menschen mit Behinderung die Möglichkeiten ausgelotet, mit Ihnen wieder in Kontakt zu treten und die Arbeit des Beirates wieder aufzunehmen.

Zunächst haben wir sehr sorgfältig abgewogen, ob eine reguläre Präsenzsitzung im Juni 2020 schon wieder möglich ist. Obwohl wir es für notwendig erachten, auch und gerade durch die persönliche Präsenz im Rathaus, unsere Belange zu vertreten, haben wir uns gegen diese Möglichkeit entschieden. Eine Sitzung des Beirates von und für Menschen mit Behinderung findet daher auch im Juni 2020 nicht statt.

Neben dem Umstand, dass viele von Ihnen zu den Hochrisikogruppen gehören veranlasste uns auch die schwierige Raumsituation im Rathaus Schöneberg zu diesem Schritt. Unter Einhaltung der Abstandsregelungen und der Hygienevorschriften sowie unter der Maßgabe wenigstens eine halbwegs barrierearme Veranstaltung (wozu auch eine Induktionsanlage mit Mikrofonen in ausreichender Anzahl gehört) zu organisieren, schrumpft das Raumangebot drastisch, so dass lediglich der BVV-Saal bleibt. Sollte sich die Pandemielage weiter entschärfen, werden wir eine Präsenzsitzung im August 2020 anstreben und diesen Raum, gemeinsam mit der Beauftragten und Mitarbeitenden des Fachbereichs Facility Management auf seine Geeignetheit und die notwendigen Vorbereitungen hin prüfen. Schließlich darf der Schutz der Gesundheit nicht gegen die Teilhabe von Menschen mit Behinderung ausgespielt werden.

Wir diskutierten auch verschiedene digitale Kommunikations- und Kollaberationsinstrumente, die allerdings samt und sonders an der erforderlichen sicheren technischen Ausstattung und den Mängeln an Barrierefreiheit scheitern. Wir sondieren aber das sich ständig weiterentwickelnde Angebot, um auch hier „auf der Höhe der Zeit“ zu sein.

Schließlich haben wir uns auf dieses Ihnen nun übermittelte Format des Newsletters verständigt. Denn Belange von Menschen mit Behinderung dürfen auch in der Pandemie nicht einfach hinten an stehen. Wie sollen Rollstuhlnutzende durch die Abstandsabsperrungen kommen, wie Sehbehinderte Abstand halten, wie Hörbehinderte mit von Mund-Nasen-Masken verdeckten Gesichtern kommunizieren?

Im Bezirksamt wurde inzwischen ein Krisenstab „Pandemie-Krisenstab zum Arbeitsschutz“ eingerichtet unter der Leitung von der Serviceeinheit Facility Management – Fachbereich Objekt-Management. Die Beauftragte für Menschen mit Behinderung hat in Abstimmung mit dem Vorstand des Beirates Empfehlungen zu diesen Maßnahmen abgegeben, da sich die Maßnahmen auch auf Bürgerkontakte, Präsenzbesprechungen (evtl. mit externen Akteuren wie z.B. beauftragten Planungsbüros), BVV-(Ausschuß-)sitzungen, Sitzungen weiterer bezirklicher Gremien (Beirat von und für Menschen mit Behinderung) auswirken (s. hierzu „Bericht der Beauftragten für Menschen mit Behinderung“).

Hervorzuheben ist das Engagement von Frau Hantke (Vorsitzende des BVV-Ausschusses FQI), die sich mit der räumlichen Situation und den Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen ausführlich und eingehend beschäftigte und schließlich nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass kein geeigneter Raum und kein entsprechendes Format zur Verfügung stand, zur Verschiebung der Mai-Sitzung des Ausschusses FQI entschieden hat. Leider standen zu diesem Zeitpunkt auch die technischen Möglichkeiten für Videokonferenzen über bezirksamtseigene Geräte und Software noch nicht zur Verfügung.

Gleichwohl gibt es auch positives zu berichten: Das Foyer des Rathauses Schöneberg wird für Rollstuhlnutzer wieder erreichbar. Nach Aussagen im BVV-Ausschuss FM, der als Videokonferenz stattfand, soll dort noch im Juli 2020 ein Provisorium angebracht werden. Die Planung für die nach wie vor notwendigen Ertüchtigung bzw. den Ersatz des vorhandenen und seit Jahren defekten Plattformliftes sei beinahe abgeschlossen, ließ mich Herr Oltmann (Bezirksstadtrat und Leiter der Abteilung Stadtentwicklung und Bauen) wissen.

So unbefriedigend die derzeitige Situation ist, geben wir dem Schutz der Gesundheit der Mitglieder des Beirates Vorrang und fahren daher „auf Sicht“. Wir werden jedoch alles in unserer Macht stehende tun, um die nächste Sitzung des Beirates wieder regulär durchführen zu können. Diese wäre am 19.08.2020. Bis dahin sind wir per E-Mail an den Vorstand des Beirates für Sie zu erreichen.

Juni 2020
Vorsitzende des Beirates von und für Menschen mit Behinderung
Dr. Marion Wilhelm