KiTS aktuell: Ein Nachmittag zwischen Feenstaub und Wickeltisch

Higl und Schworck

Jugendstadtrat Oliver Schworck besucht die “Lichtenrader Kinderoase” am Offenen Tag der Kindertagespflege

  • Nummer 1093 vom 14.06.2022

Eine Mini-Küche mit Spüle und Kochfläche in Kniehöhe, bunte Stühlchen, deren Sitzflächen kaum 30 Zentimeter über den flauschigen Teppich hinausragen und eine knapp ellenlange freundliche Fee an der Wand, die ihren glitzernden Staub an jeden versprüht, der sie betrachtet: Wer als Erwachsener die Stufen zur Kinderoase in den Souterrain der Parsinger Straße 25a hinabsteigt, fühlt sich ein wenig wie Alice im Wunderland, die neugierig von einem Fläschchen getrunken hat und sich plötzlich als Riesin in der winzigen Welt des Kaninchens wiederfindet. Diese Räume sind zweifelsohne für die Kleinsten gedacht und deshalb auch vollständig auf ihre Bedürfnisse ausgelegt. Mittendrin steht Gabriela Dulinsky, die hier als Tagesmutter Kinder im Alter von 2 Monaten bis etwa 3 Jahre betreut.

Liebevolle Begleitung in Kleinstgruppen

Sie freut sich über den Besuch des Jugendstadtrats Oliver Schworck, der gemeinsam mit dem Leiter der Tagesbetreuung für Kinder Andreas Higl am Tag der Offenen Tür vorbeigekommen ist, um sich ein Bild von ihrer Arbeit in Lichtenrade zu machen. „Die Kindertagespflege spielt in Tempelhof-Schöneberg eine ganz besondere Rolle. Gibt es hier doch berlinweit seit vielen Jahren die meisten Kindertagespflegestellen. Und das unterstützen wir aus Überzeugung sehr gern“, sagt Oliver Schworck. „Denn die ersten Lebensjahre sind entscheidend für die Bildungsbiografie unserer Kinder. In dieser Zeit erwerben die Kleinen so zentrale Fähigkeiten wie das Laufen und Sprechen, die Selbst- und Körperkontrolle. Das erfordert eine stabile Bindung und liebevolle Begleitung durch konstante Bezugspersonen. Die Kindertagespflege bietet mit einer überschaubaren Gruppengröße beste Voraussetzungen dafür“, erklärt der Stadtrat.
Aktuell betreuen 200 Personen in der Tagespflege etwa 1.000 Kinder im Bezirk. Das Jugendamt ist nicht nur für die Zulassung dieser Tagespflegestellen zuständig, sondern fördert auch die Grund- bzw. Erstausstattung an Mobiliar, organisiert die Aus- und Weiterbildung und begleitet die Pflegepersonen in ihrem Tagesgeschäft bei allen pädagogischen und praktischen Fragen.

Kein Job wie jeder andere

Auch Gabriele Dulinsky steht in regelmäßigem Austausch mit dem Jugendamt. Momentan kümmert sie sich in ihrer Kinderoase um vier Kinder, Kapazitäten hat sie – wie die meisten Tagespflegestellen – für fünf. Das Betreuungsverhältnis hält sie für optimal, um die Kinder in ihrer Entwicklung zu fördern und sie bei all ihren Entdeckungen auf ihrem Weg zu begleiten. Und sie weiß ganz genau, dass die Arbeit mit Babys und Kleinkindern kein Job wie jeder andere ist. Gabriele Dulinsky ist je nach Situation Pädagogin, Köchin, Krankenschwester. Sie wäscht und wickelt die Kinder, putzt die Schnupfennasen, spielt mit und räumt hinterher auf, sie singt und tröstet, sie lacht und bindet die Schuhe. Nebenbei ist sie auch noch zertifizierte Märchenerzählerin – sehr nützlich an so manchem Tag voller Bedürfnisse und Wehwehchen.

Seit fast 20 Jahren ist sie Tagesmutter. Ursprünglich arbeitete sie in Neukölln, nach einer Eigenbedarfsklage war sie gezwungen, sich an einem anderen Ort neu zu orientieren und mietet seit 2018 die Räume in Lichtenrade. Vorausgegangen waren auch hier eine lange Suche und etliche Gespräche mit potenziellen Vermietern. „Auch dabei unterstützen wir die Tagespflegepersonen gern. Denn viele Vorbehalte sind völlig unbegründet“, erklärt Andreas Higl. „Die meisten Eigentümer befürchten Lärm. Aber wenn überhaupt, ist es nur wochentags zwischen 7 und 16 Uhr etwas lauter – also dann, wenn die meisten Menschen ohnehin nicht zu Hause sind.“ Mit den Vermietern von Gabriele Dulinsky funktioniert diese Aufteilung des Tages wunderbar. Die Eigentümer, selbst eine Familie mit Kindern, haben ihr die untere Etage und den Zugang zum Grundstück zur Verfügung gestellt. Deshalb gibt es in der „Lichtenrader Kinderoase“ idealerweise voneinander getrennte Räume für die Kinder zum Schlafen, zum Essen und zum Spielen. Und neben der Miniaturküche im Spielbereich hat Gabriele Dulinsky selbstverständlich auch eine echte Küchenzeile – gesichert mit einem Schutzgitter, damit die Kleinen auf ihrem Spielteppich bleiben. Ab und zu ist sie mit den Kindern natürlich auch in Lichtenrade unterwegs, trifft andere Gruppen von Tagespflegepersonen auf dem Spielplatz oder im Park. Für die Kinder ist das oft Neuland – die wenigsten von ihnen wohnen im Kiez. „Ich betreue momentan Kinder aus Mariendorf und aus dem Berliner Umland“, berichtet die Tagesmutter.

Auch während der Corona-Pandemie sind die Kinder jeden Tag zu ihr gekommen. „Was sollten die Eltern auch machen – sie mussten nun einmal arbeiten“, erzählt Gabriele Dulinsky. „Für die soziale Entwicklung der Kinder war es so wichtig, weiterhin den unmittelbaren Kontakt zu anderen Kindern zu haben.“ Eine Ansteckung mit dem Coronavirus war da nur eine Frage der Zeit – trotz Mehrfachimpfung. „Wir haben es aber alle gut überstanden und für die ganz Kleinen war es eher ein hartnäckiger Schnupfen“, erinnert sich Gabriele Dulinsky.

Jugendstadtrat Oliver Schworck bedankt sich am Ende seines Besuches in der „Lichtenrader Kinderoase“ ausdrücklich bei allen Personen in der Kindertagespflege für die Aufrechterhaltung des Betreuungsangebots in dieser schwierigen Zeit. „Die Kinder haben davon profitiert, auch wenn es für die Erwachsenen oft nicht einfach war“, weiß er. Wo hingegen Einrichtungen geschlossen wurden und soziale Kontakte weggefallen sind, mussten ältere Kinder und Jugendliche deutlich mehr persönliche Nachteile hinnehmen. „Wir sehen den großen Bedarf, die Defizite aufzuarbeiten, die Corona hinterlassen hat. Es gibt zahlreiche Schülerinnen und Schüler, die Depressionen oder Übergewicht entwickelt haben und irgendwann einfach auch den Anschluss im Unterricht nicht mehr geschafft haben. Das lässt sich nicht kurzfristig therapieren. Corona wird uns in der Kinder- und Jugendmedizin noch begleiten, wenn es in den Nachrichten schon längst nicht mehr um Inzidenzen gehen wird.“ Die vier Kleinen von Gabriele Dulinsky werden sich an die Corona-Jahre wohl kaum erinnern. Wenn sie mit spätestens 4 Jahren aus dem Miniaturformat der „Lichtenrader Kinderoase“ herausgewachsen sind und eine Kindertagesstätte besuchen, starten sie bestens vorbereitet in eine neue, aufregende Zeit.

Der Tag der offenen Tür in der Kindertagespflege wurde vom „KinderTagesPflege“-Landesverband Berlin veranstaltet, um auf die Angebote der Tagesmütter und –väter aufmerksam zu machen. Das Jugendamt Tempelhof-Schöneberg berät gern jederzeit alle Eltern in den Regionen des Bezirks Tempelhof-Schöneberg bei der Suche nach einem Platz in der Kindertagespflege oder Kita. Informationen unter: https://www.berlin.de/ba-tempelhof-schoeneberg/politik-und-verwaltung/aemter/jugendamt/wir-fuer-kinder-jugendliche-und-familien/artikel.379661.php

Text: J. Kellermann / Foto: J. Kellermann