Auszug - Haushaltsverantwortung wahrnehmen  

 
 
42. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.3
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 20.05.2010 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 22:00 Anlass: ordentliche Sitzung
1755/3 Haushaltsverantwortung wahrnehmen
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:FDP/CDU 
Verfasser:Block/Prof.Dr.Dittberner/Schmitt/Klose 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss

Zur Beantwortung Frau BzBm’in Thiemen:

Zur Beantwortung Frau BzBm’in Thiemen:

 

Bevor ich mit der Beantwortung beginne, schlage ich vor, wir treffen uns mal bei einem Kaffee und Sie erklären mir, welche Stadträte hier für Finanzen zuständig sind, das wäre vielleicht mal nicht schlecht.

Die Große Anfrage der FDP- und CDU-Fraktion beantworte ich für das Bezirksamt wie folgt:

 

Zu 1.

Das Bezirksamt beschäftigt sich spätestens seit seiner Klausurtagung am 17. August 2004 und den nachfolgenden Tagungen am 9. Oktorber 2007 und 22. April 2008 mit deren Folge auch die Ihnen bekannte so genannte Giftliste zusammengetragen wurde, mit Einsparungsmöglichkeiten. Ich will Ihnen mit dieser Aussage vermitteln, dass das Bezirksamt sehr zeitig mit Gegensteuerungsüberlegungen begonnen hat. Aber nicht alles, was vorgeschlagen und aufgeschrieben wurde, kann sofort umgesetzt werden. Vieles musste erst auf Nachhaltigkeitsaspekte geprüft und unter Umständen wieder verworfen werden. Die Möglichkeiten, die der Bezirk hier hat, sind aber eher begrenzt und bringen uns nicht die Millionen, die Millionen, die wir benötigen, um den derzeitigen Angebotsstand aufrecht zu erhalten, der ja, wie Sie auch vermutlich wissen, auch schon nicht mehr der ist, den wir noch vor 10 Jahren für die Bevölkerung vorhalten konnten. Hinzu kommt, dass ich in den zurückliegenden Jahren bisher nicht eine einzige Drucksache der BVV gesehen habe, die ein Ersuchen an das Bezirksamt zum Inhalt hatte, welches zu Einsparungen im Bezirkshaushalt geführt hätte. Vielmehr sind die Ersuchen bis heute eher mit Mehrausgaben verbunden, denen keine Einsparungen an anderer Stelle gegenüberstehen.

Mir sind auch Drucksachen in Erinnerung, wo das Bezirksamt aufgefordert wird, bestimmte Angebote unbedingt aufrechtzuerhalten. Das Bezirksamt hatte zur Aufstellung des Bezirksdoppelhaushaltsplans 2008/2009 sehr deutlich gemacht, wo die Risiken liegen. Damals bin ich noch von 15 Mio. Euro Risiko ausgegangen, insofern handelt es sich bei dem isolierten Jahresergebnis 2009 keineswegs um eine Überraschung oder plötzliche Entwicklung, wie es nunmehr versucht wird darzustellen. Auch die letzte Notbremse, die ich als zuständige Dezernentin für das Finanzressort habe, die haushaltwirtschaftliche Sperre nach § 41 Landeshaushaltsordnung vom 29.09.2009, hat nicht die Abschwächung gebracht, die nötig gewesen wäre, um ein isoliertes Minusjahresergebnis in Millionenhöhe zu verhindern.

 

Wenn Sie sich die Zuweisungsmodalitäten in Erinnerung rufen, müssten Sie auch in Erinnerung  haben, dass wir nach Einhaltung aller Veranschlagungsvorgaben keine ausreichenden Mittel mehr für die Ausgabenblöcke zur Verfügung hatten, die als beeinflussbar bezeichnet werden bzw. für sogenannte freiwillige Leistungen gedacht sind. Darunter gehören die Ausgabenblöcke A04 (Grünunterhaltung), A05 (Bewegliches Vermögen) und A09 (Pauschalierte Ausgaben). Das heißt,  dass wir die Grünpflege im Bezirk hätten einstellen und die Verwaltung weder mit Papier und Arbeitsmaterialien noch mit Telefon, Fax, Kopierer, PC und

Drucker ausstatten hätten können. Dies haben wir aber nicht getan, da es schlichtweg nicht umsetzbar gewesen wäre. Vielleicht hätten wir bei den freien Trägern eine komplette Streichung der Mittel vornehmen sollen oder zu Standortschließungen z.B. bei Bürgerämtern, Bibliotheken, Jugendfreizeiteinrichtungen greifen sollen. Bei dieser Variante wäre aus meiner Sicht sehr interessant zu wissen, welche Großen Anfragen und Anträge es dann durch die FDP- und  CDU-Fraktion gegeben hätte.

 

Zu 2.

In dieser Frage sind gleich zwei Unterstellungen versteckt. Zum Einen unterstellen Sie dem

Bezirksamt tatenloses Verharren und zum Anderen unterstellen Sie, dass das Bezirksamt eine

Verschuldung des Bezirks durch Abwarten lösen will.

 

Wie bereits unter 1. erläutert, hat sich das Bezirksamt bemüht und bemüht sich auch weiterhin, den Bezirk, trotz rückläufiger Finanzmittelzuweisungen für den sogenannten beeinflussbaren Haushaltsteil, für die Bürgerinnen und Bürger halbwegs verträglich zu erhalten. Politisch halte ich und wohl nach der Beschlusslage auch die Mehrheit der BVV eine weitere Reduzierung der Ausgabenseite für nicht mehr vertretbar. Ohne die Schaffung eindeutiger und klar veränderter rechtlicher Voraussetzungen ist  auch die angestrebte Reduzierung der sogenannten Transferausgaben meines Erachtens  nicht realistisch, so dass hier eine 100%ige

Abfederung eine Zielsetzung seitens aller Bezirke sein sollte. Derzeit arbeiten auf diesem Gebiet, der Steuerung der Transferausgaben, überbezirkliche Arbeitsgruppen unter Leitung der

Hauptverwaltungen. Der Trend der Ausgabenexplosion in diesem Bereich ist aber bundesweit festzustellen. Des Weiteren sind wir ganz konkret dabei im Bezirksamt, die Bewertungen unserer Gebäude zu überprüfen, die sich Jahr für Jahr auf unsere Finanzmittelzuweisungen auswirken. Leider wirken alle "Erfolge" auf diesem Gebiet erst sehr zeitversetzt, so dass negative Jahresergebnisse sich nicht sofort vermeiden lassen.

 

Zu 3.

Wohl wissend, dass der Bezirk als Teil der Einheitsgemeinde Berlin sich nicht separat verschulden kann, da er eben nicht die Finanzhoheit wie eine Kommune hat, trägt der Senat die Verantwortung für die Haushaltslage Berlins. Ungeachtet dessen hat der Bezirk die Pflicht, seinen Haushalt entsprechend der Landeshaushaltsordnung zu planen und zu bewirtschaften, was wir unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten auch getan haben. Beeinflussen kann der Bezirk weder die Finanzmittelzuweisung noch die Basiskorrektur. An rechtlich vorgeschriebene Ansprüche, die letztlich zu Ausgaben führen, ist auch der Bezirk gebunden und zwar unabhängig davon, ob er hierfür die Mittel über die Basiskorrektur zu 100% bekommt oder auch nicht.

 

Die derzeitige Haushaltslage ist nicht nur in Berlin, sondern wie alle wissen, mindestens im

gesamten EU-Gebiet mit schlecht zu beurteilen. Finanz- und Wirtschaftskrise, notleidende Banken und Forderungen - wie im Übrigen auch von der FDP - nach Steuersenkungen haben auch in Berlin ihre Spuren hinterlassen. Es wäre ein Wunder, wenn es den Berliner Bezirken da anders gehen würde. Wenn Sie die Unterlagen der Senatsverwaltung für Finanzen richtig gelesen haben  und seit dem Haushaltsausschuss hatten Sie ja ausreichend Gelegenheit,  dann haben wir es mit einer negativen Trendbewegung zu tun, an der sich bereits acht von zwölf Bezirken beteiligen. Dieser Zustand lässt sich auch nicht durch Fragen nach der Schuld oder Unschuld beschönigen.

 

Zu 4.

In 2010 hat das Bezirksamt bereits eine pauschale Minderausgabe in Höhe von rund 1,5 Mio. Euro aufgelöst und ist damit bereits an die Grenzen des Möglichen gestoßen.

Für 2011 sind wir dabei, eine weitere pauschale Minderausgabe, d.h. die Option bei den Personalausgaben, in Höhe von rund 1,5 Mio. Euro ebenfalls aufzulösen. Wie bereits erwähnt sind wir auch dabei, die Gebäudebewertungen auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. Ebenso gibt es Überlegungen, Einrichtungen an freie Träger zu verlagern, wenn dies durch Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen erfolgversprechend ist. Im Augenblick warten wir auf die Fortschreibung des Haushaltsjahres 2011, die neuen Zahlen sind erst für Juni 2010 in Aussicht gestellt.

Im Übrigen wäre sehr interessant zu wissen, was die fragestellenden Fraktionen unter "wirklichen" strukturellen Einsparungen verstehen, vielleicht sind unsere Bemühungen alle "unwirklich".

 

Zu 5.

Meine unter Ihren Fragen 1 bis 4 gemachten Ausführungen rechtfertigen, dass ich die

Auffassung der FDP-Fraktion als schlecht und als am Thema vorbei beurteile. Bevor ich hierzu nicht konkrete und vor allem auch tatsächlich umsetzbare Vorschläge aus der FDP-Fraktion auf dem Tisch habe, wird sich an diesem/meinem Urteil meinerseits auch wenig ändern . Mir scheint, dass hier zwischen Theorie und Praxis Welten liegen, was erst einmal zu widerlegen wäre.

Im Übrigen werden Konsolidierungskonzepte durch die Senatsverwaltung für Finanzen von den Konsolidierungsbezirken eingefordert. Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ist (noch) kein Konsolidierungsbezirk. Insofern wird das Bezirksamt weder ein echtes noch ein unechtes

Konsolidierungskonzept vorlegen.

 

 
 

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