Rund um die General-Pape-Straße

Angelika Schöttler begrüßt die Teilnehmenden am Bahnhof-Südkreuz

Kiezspaziergang vom 15.03.2014 mit Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler

Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe Bürgerinnen und Bürger!

Herzlich Willkommen zu unserem 12. Kiezspaziergang.

Wir treffen uns schon zum zweiten Mal hier am Bahnhof Südkreuz. Heute bleiben wir allerdings nicht auf der Schöneberger Seite, sondern werden sehr schnell die „Seiten wechseln“ und in den Tempelhofer Teil des Bezirks eintauchen.

Lassen sie mich dennoch zunächst – für etliche von Ihnen zur Erinnerung – einige kurze Informationen zum Bahnhof geben.

Bahnhof Südkreuz

Er ist ein Fern-, Regional- und S-Bahnhof. 1901 wurde er unter dem Namen Papestraße eröffnet.
Im Zuge des 1991 beschlossenen Pilskonzepts wurde der Bahnhof zwischen 2003 und 2006 grundlegend umgebaut. Im Jahr 2006 wurde aus dem früheren S-Bahnhof Papestraße der Fernbahnhof Berlin Südkreuz.
Der Bedeutungsgewinn war enorm. Ca. 85.000 Menschen nutzen heute täglich den Bahnhof.

Treffpunkt Bahnhof Südkreuz

Über 15 Geschäfte halten ein vielfältiges Angebot vor.
Der Bezirk hofft, dass die Ausstrahlung eines derart bedeutenden Bahnhofs sich mittel- bis langfristig positiv auf die Umgebung auswirkt. Denn hier gibt es noch einiges zu entwickeln.

Vor einer Woche war der 08. März – der Internationale Frauentag!
Es ist daher fast eine Pflicht, auf die Straßen im Umfeld des Bahnhofs hinzuweisen, die Frauennamen tragen.
Außerdem will ich Sie auf die im Bezirk zur Zeit stattfindende Veranstaltungsreihe zum Internationalen Frauentag hinweisen.
Unter dem Titel „Frauenmärz“ gibt es wie in jedem Jahr eine Vielzahl interessanter Programmpunkte.
Der Frauenmärz läuft noch bis zum 30. März. Dies als Empfehlung.
Programme liegen in den Rathäusern, Bürgerämtern und Bibliotheken aus. Und natürlich bekommt man die Informationen auch aus dem Internet.

Straßennamen – Frauen

  • Hedwig Dohm (1831 bis 1919 Schriftstellerin und Frauenrechtlerin)
  • Lotte Laserstein (1898 bis 1993 bedeutende Vertreterin der gegenständlichen Malerei der Weimarer Republik, Jüdin, emigriert nach Schweden)
  • Erika Gräfin von Brocksdorff (1911 bis 1943, Mitglied der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“, in Plötzensee ermordet)
  • Hildegard Knef (1925 bis 2002, Schauspielerin und Sängerin)

Über eine Frau lassen sie mich etwas mehr erzählen:

Hildegard Knef

Sie wurde 1925 in Ulm geboren und zog als Kleinkind mit ihrer Mutter nach Berlin und zwar in die Leberstraße 7 auf die „Rote Insel”. Heute hängt dort eine Gedenktafel.

Eingang des Bahnhofs Südkreuz am Hildegard-Knef-Platz

Eingang des Bahnhofs Südkreuz am Hildegard-Knef-Platz

Ihre künstlerische Karriere begann 1945 mit Auftritten im Kabarett sowie im Theater. 1946 spielte sie in dem ersten deutschen Nachkriegsfilm „Die Mörder sind unter uns“ und wurde damit international bekannt. Sie wurde zum ersten deutschen Nachkriegsstar.

Am 01. August 1948 wurde sie für das Titelblatt der ersten Ausgabe der neuen Illustrierten „Stern“ fotografiert.

Anfang 1948 ging sie in die USA. Dort lernte sie auch Marlene Dietrich kennen. 1950 wurde sie US-amerikanische Staatsbürgerin.

Um den Film „Die Sünderin“ zu drehen, kam sie im Jahr 1950 zurück nach Deutschland. Dieser Film verursachte aufgrund einer Nacktszene einen öffentlichen Skandal.

Als „Sünderin“ geächtet, kehrte sie umgehend nach Hollywood zurück, um für die Filmfirma 20th Century Fox, bei der sie unter Vertrag stand, eine Reihe von Filmen zu drehen.

Angelika Schöttler auf dem Weg am Bahngelände

Weg am Bahngelände

In einem dicht bebauten Innenstadtbezirk mit einem gewachsenen Gebäudebestand ist es naturgemäß schwer, die urbane Qualität der Wohnquartiere aufzuwerten.

Insbesondere für neue Grünanlagen fehlen in der Regel die notwendigen Flächen.Seit einigen Jahren wird daher versucht, aus nur schlecht oder wenig genutzten Bahnflächen neue Möglichkeiten zu schaffen. Und so entstehen auf eigentlich unattraktiven Flächen neue Verbindungswege und Möglichkeiten für Spaziergänge und Aufenthalt im Freien. Dazu werden vor allem Mittel aus dem Programm Stadtumbau West verwendet.

Auf neuen Wegen durch Berlin

Dies hier ist ein Beispiel dafür.
Die eigentlich unattraktive Fläche zwischen Industrie- und Gewerbebauten wird zu einem Stück Naherholung und zu einem Verbindungsweg. Dabei wird versucht, ganze Verbindungszüge herzustellen und größere Grünflächen miteinander zu vernetzen.
Hier werden sogar bislang voneinander getrennte Stadtquartiere miteinander verbunden. Geht man von der Brücke nach links, gelangt man zum Leuthener Platz auf der Schöneberger Insel und von dort bis zum Kaiser-Wilhelm-Platz.

Geht man über die Brücke nach rechts, gelangt man nach Neu-Tempelhof und – so man will – weiter bis zur Tempelhofer Freiheit und noch weiter bis nach Kreuzberg oder Neukölln.

Später wird man an der Brücke vorbei geradeaus, über die Yorckstraße und den Gleisdreieck-Park bis zum Potsdamer Platz kommen.
Also wahrlich eine großzügige Vernetzung abseits der großen lauten Verkehrsachsen.

Die zum Teil großartigen Sichtachsen sorgen dafür, dass man dennoch nicht vergisst, in der Großstadt zu sein. Wir haben von hier einen ausgezeichneten Blick auf den Bahnhof Südkreuz und auf die Brücke, über die der Alfred-Lion-Steg führt.

Vor allem sind aber direkt gegenüber die Gebäude der General-Pape-Straße wahrzunehmen. Besser gesagt, sehen wir die Gebäude, die der Zweite Weltkrieg übriggelassen hat. Die Gebäude stehen unter Denkmalschutz.

Denkmalgeschützte Gebäude in der General-Pape-Straße

Denkmalgeschützte Gebäude in der General-Pape-Straße

Dieses geschichtlich hoch interessante Gelände werden wir heute kennenlernen.
Pferderennbahn, Kaserne, Ballonflüge, SA-Gefängnis, Senatsreserve und Flüchtlingsunterkunft sind die Schlagworte.

Und weil dieses Gebiet so interessant ist, hat der Bezirk im Jahr 2009 einen Geschichtsparcour eingerichtet. Nach dem Motto „Die Geschichte kommt zum Bürger“ wird auf insgesamt 14 Tafeln auf Architekturzeugnisse der Vergangenheit, verschwundene Orte und verborgene Spuren aufmerksam gemacht. Einen Teil diese Parcours werden wir heute ablaufen.

Alfred-Lion-Steg

Bisher war das Gebiet von Neu-Tempelhof durch unüberwindliche Bahnflächen vom Schöneberger Gebiet abgetrennt. Aus Mitteln des Stadtumbaus West – ich habe es erwähnt – ist in den letzten Jahren eine Verbindung zwischen den beiden ehemaligen Bezirken entstanden.

Der „Alfred-Lion-Steg“, als Brücke über die Dresdner Bahn, bietet für Fußgänger und Radfahrer neue kurze Wege und bringt die Menschen aus Neu-Tempelhof und der Schöneberger Insel einander näher.

Der Alfred-Lion-Steg stellt eine neue Verbindung zwischen Tempelhof mit Schöneberg her.

Wie bereits erwähnt heißt diese Brücke
Alfred-Lion-Steg. Diesen Namen hat sie anlässlich der Eröffnung am 08. November 2012 erhalten.

Der namensgebende Alfred Lion wurde 1908 auf der Roten Insel als Alfred Löw geboren.
Er lebte in der Gotenstraße 7.

Als Jude sah sich Löw gezwungen, Nazi-Deutschland 1936 den Rücken zu kehren.
Über Chile emigrierte er in die USA,
wo er den Namen Lion annahm und sich als Mitbegründer des berühmten Jazz-Plattenlabels Blue Note einen Namen machte.

Er starb 1987 in San Diego, Kalifornien.

Schwerbelastungskörper

Der Schwerbelastungskörper, auch Großbelastungskörper genannt wurde in den Jahren 1941 und 1942 errichtet. Wie man unschwer erkennen kann, handelt es sich um einen großen Zylinder. Er besteht aus Beton bzw. Stahlbeton, ist 14 Meter hoch und reicht bis zu 18 Meter tief in den Boden. Er hat einen Durchmesser von 21 Metern.

Der Schwerbelastungskörper

Mit 12.650 Tonnen belastet er auf einer Grundfläche von 100 m² den Untergrund mit 12,65 kg pro cm².
Im Innern des Zylinders befinden sich Kammern,
in denen Messgeräte angeordnet wurden.
Mit dem Schwerbelastungskörper wollte man die Belastbarkeit des Untergrundes testen.
Wir kennen die Umgestaltungspläne der Nationalsozialisten, die Berlin zu einer „Welthauptstadt Germania“ umbauen wollten. Ein wesentlicher Bestandteil dieser größenwahnsinnigen Pläne war eine Nord-Süd-Achse zwischen den zwei Zentralbahnhöfen in Moabit und Tempelhof. Entlang der heutigen Dudenstraße und Kolonnenstraße war eine Schnellstraße vorgesehen. Auf dieser sollte ein 170 Meter breiter und 117 Meter hoher Triumphbogen errichtet werden.

Der damalige Arbeitstitel lautete „Bauwerk T“.
Zur Prüfung, ob ein derartig gigantisches Bauwerk errichtet werden konnte diente der Schwerbelastungskörper.

Eine Auswertung der am Schwerbelastungskörper geführten Messungen erfolgte aber erst nach Ende des 2. Weltkrieges Anfang 1948. Noch bis 1977 wurden Untersuchungen und Messungen durchgeführt. Seit 1995 steht der Baukörper unter Denkmalschutz und seit 2009 befindet sich hier ein „Informationsort“. Der Verein „Berliner Unterwelten e.V.“ und der Bezirk sorgen dafür, dass die Hintergründe des einmaligen Objektes ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken.

Ein Informationspavillon und ein Turm mit Aussichtsplattform sind zu bestimmten Zeiten zugänglich. Ich empfehle einen Besuch auf „eigene Faust“. Vielleicht ist ja Ihr Interesse geweckt und Sie schließen sich einer der regelmäßig stattfindenden Führungen an.

Geschichtsparcour-Tafel zum Thema Bauwerk T

Laubengelände

Hier im Rahmen des „Geschichtsparcours“ eine Hinweistafel, die den geplanten Standort des Triumphbogens markiert.

Vor allem will ich Ihnen an dieser Stelle aber etwas über das Gesamtareal erzählen:

Vor etwa 200 Jahren gehörte die Fläche um die heutige General-Pape-Straße Schöneberger Bauern. Im Wesentlichen wurden hier Kartoffeln und Getreide angebaut. Das Gebiet war unter dem Begriff
„Das große Feld“ bekannt.

1828 kaufte das preußische Militär die Flächen auf, als Ergänzung zum Tempelhofer Feld, das schon
seit 1722 für Manöverzwecke diente.

Ein Teil dieser Felder wurde an den »Verein für Pferdezucht und Pferdesport« verpachtet und ab 1830 als Pferderennbahn genutzt. Der Perderennsport war damals sehr beliebt und so gab es überdachte Tribünen ebenso wie eine Loge für den König.
Die Pferderennbahn und auch die Felder mussten dann aber der Bahn und damit dem Fortschritt weichen, denn ab 1841 hatte die Bahn den Vorrang. Die Eisenbahnlinie durchschnitt das Gelände und wegen der günstigen Lage entstanden hier große Militärkomplexe. Die Pferderennbahn wurde in die Nähe des damaligen Dorfes Tempelhof verlegt!

Im Ersten Weltkrieg entstanden dann hier die Kleingärten. Die Lebensmittelknappheit sollte durch den individuellen Anbau von Obst und Gemüse etwas gemildert werden.

Fliegende Kraniche

Hier an der Gontermannstraße Ecke Hertha-Block-Promenade sehen wir eine aufwändige Brunnenplastik. Die Plastik „Fliegende Kraniche“ stammt von dem Künstler Erich Fritz Reuter, der nicht mit Ernst Reuter verwandt ist. Allerdings hat er ein Porträt des legendären Berliner Regierenden Bürgermeisters und Namensvetters geschaffen, das seit 1989 im Empfangsbereich des Roten Rathauses steht.

Kraniche-Skulptur von Erich Fritz Reuter

Erich Fritz Reuter lebte von 1911 bis 1997.
Er war ein Berliner Künstler, der zu den bedeutendsten Bildhauern der deutschen Nachkriegszeit zählt. Unter anderem hatte er einen Lehrstuhl für Plastisches Gestalten an der Technischen Universität Berlin. Über seinen ursprünglichen Wirkungskreis Berlin (West) hinaus erlangte er ein beträchtliches internationales Renommee. So stehen heute Werke von ihm in Brasilien und Amerika und in vielen deutschen Städten.
Interessant ist noch zu erwähnen, dass er 1952 den ersten Preis zum Entwurf eines Denkmals der Opfer der Luftbrücke gewann. Anschließend wurde der Entwurf aber heftig kritisiert. Er war „nicht abstrakt genug“. Ausgeführt wurde dann der zweite Preis, nämlich die uns allen bekannte (abstrakt-symbolische) „Hungerkralle“.

Der zur Plastik gehörende Brunnen ist übrigens mit einem Mosaik seiner Ehefrau Bärbel Reuter verziert. Dies ist heute allerdings nur noch in Resten erkennbar.

Gartenstadt Tempelhof

Sie wissen, dass ich gern Franz Hessel zitiere, der insbesondere durch sein Buch „Ein Flaneur in Berlin“ bekannt geworden ist, und für den in der Lindauer Straße 8 in Schöneberg eine Gedenktafel hängt.

Er schreibt 1929:
„Ja da drüben ist unser großer Flughafen. Da kann man die surrenden Stahlvögel niedergleiten sehn auf grüne Fläche und anrollen auf geteerte Bahn. Und wieder aufsteigen im Kreisflug nach allen Himmelsrichtungen. Und in der Halle der Lufthansa stehen sie nebeneinander wie Lokomotiven im Schuppen.
… Wo das Gebiet des Flughafens aufhört, schließen sich Sportplätze an. …Den Kindern und den Fliegern gehört diese weite Fläche. Und es ist noch gar nicht so lange her, da war sie Schauplatz von veralteten Paraden und Revuen, da herrschte hier das Gegenteil von Sportelastizität, der steifstarre Stechschritt der Garden. Hier wurde zweimal im Jahr die Berliner Garnison ihrem höchsten Kriegsherrn vorgeführt, hier waren von den Zeiten des Großen Friedrich bis zum Weltkriege die letzen Musterungen vor dem Feldzug.
Nun ist es hoffentlich für eine gute Weile vorbei mit diesen traurigsten aller Felder, diesen zu leeren oder zu vollen Exerzierplätzen, die ernüchternd sind wie die Kasernen, aus denen sie sich füllten.
Statt Kasernen werden Siedlungen angelegt, wie hier ganz in der Nähe Neu-Tempelhof mit seinen stillen Ringen, hübschen Torwegen zu Gärten, ansteigenden und absteigenden Straßen, die an altes Potsdam erinnern.“

Ich denke, „Neu-Tempelhof“ ist einen eigenen Kiezspaziergang wert.

Hertha-Block-Promenade

Dieser Weg, der über die Brücke zum Leuthener Platz auf der Schöneberger Insel führt, trägt den Namen Hertha-Block-Promenade. Auch diese Namensgebung wurde im November 2012 – gemeinsam mit der Namensgebung der Brücke – vollzogen.

In der General-Pape-Straße befand sich ein Gefängnis der SA. Wir werden später noch vor dem Gebäude stehen. Vor allem politische Gegner der NS-Bewegung wurden hier inhaftiert, misshandelt und gefoltert. Eine von ihnen war Hertha Block.

In den 1920er Jahren war sie Bibliothekarin in der Stadtbücherei Wilmersdorf. Als Mitglied im Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller, der den Nationalsozialismus mit schriftstellerischen Mitteln zu bekämpfen versuchte, wurde sie im Juni 1933 verhaftet. Vor der Überstellung ins Frauengefängnis in der Barnimstraße war sie insgesamt acht Wochen im SA-Gefängnis General-Pape-Straße inhaftiert.

Nach ihrer Freilassung und Entlassung aus dem öffentlichen Dienst, wurde sie 1936 erneut verhaftet und zu 15 Monaten Haft wegen Hochverrats verurteilt. Nach 1945 arbeitete Hertha Block mit am Wiederaufbau der Wilmersdorfer Stadtbibliothek.

Dieses Foto aus dem Archiv beweist: Die Hertha-Block-Promenade war ausgeschildert

Sie haben sicherlich bemerkt, dass es keinen Hinweis auf den Namen Hertha-Block-Promenade gibt. Lediglich ein Schildermast ist zu erkennen.

Die Promenade ist natürlich – wie alle Berliner Straßen – ausgeschildert worden.
Allerdings sind mehrere der Schilder seit Kurzem verschwunden. Sie werden zur Zeit wiederbeschafft.

Es ist natürlich reine Spekulation, aber es liegt die Vermutung nahe, dass die Schilder von sogenannten Hertha-Fans als „Trophäe“ entwendet wurden. Denn man kann den Namen als Hertha Block auch als Synonym für die Hertha-Fans „Hertha-Block“ lesen.

Robert Koch Institut

Das Robert-Koch Institut ist ein Bundesinstitut für Infektionskrankheiten und nicht übertragbare Krankheiten. Es ist eine zentrale Überwachungs- und Forschungseinrichtung der Bundesrepublik Deutschland und dem Bundesministerium für Gesundheit direkt unterstellt. Das Institut beschäftigt sich umfassend mit Infektionen, Epidemien und Biologischen Gefahren. Es berät Behörden und arbeitet mit internationalen Gremien und Organisationen zusammen. Im Institut sind etwa 990 Menschen beschäftigt, davon rund 390 Wissenschaftler.

Robert Koch (1843 bis 1910) – der Namensgeber – kam 1880 als Mediziner nach Berlin und arbeitete zunächst im Kaiserlichen Gesundheitsamt. Er schuf entscheidende methodische Grundlagen der bakteriologischen Forschung. 1905 bekam er für seine Tätigkeit den Nobelpreis für Medizin.
1890 wurde ein Institut für Infektionskrankheiten – das Koch’sche Institut‘ gegründet. Es befand sich zunächst direkt neben der Charite, bekam dann aber um die Jahrhundertwende 1899/1900 einen neuen Standort am Nordufer in Wedding. Dies ist auch heute noch der Hauptsitz des Instituts. Der Standort hier in der General-Pape-Straße ist eine von vier Außenstellen.

Geschichtsparcour-Tafel: Militärverwaltung

Wir betreten jetzt das Innere des ehemaligen Militärkomplexes. Wir haben vorhin gehört, dass das Gebiet zum „Großen Feld“ gehörte und seit 1828 im Besitz des Militärs war. Mit der Eisenbahn kamen dann die Eisenbahnregimenter und eine intensive militärische Nutzung.

Zunächst siedelte sich auf der anderen (westlichen) Seite der Bahntrasse das
1. Eisenbahnregiment an und erhielt einen Militärbahnhof an der Kolonnenstraße sowie einen Truppenübungsplatz.
Die Eisenbahntruppen zählten zu den jüngsten Formationen des preußischen Militärs. Als technische Spezialeinheiten sind sie nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 aufgestellt worden, um den veränderten militärischen Anforderungen zu entsprechen: während die strategische Bedeutung der Kavallerie abnahm, maß man der Eisenbahn eine zunehmend kriegswichtige Rolle beim Truppentransport und der Versorgung zu. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum Beginn des 1. Weltkrieges wuchs dann auch auf dieser (östlichen) Seite der Bahntrasse ein Militärkomplex heran.

Es entstanden zwei große Kasernenanlagen für die wachsenden Eisenbahntruppen. Außerdem Dienstgebäude für die Melde- und Wehrerfassungsbehörden. Auf kaiserlichen Erlass wurde die damals noch namenlose Straße 1897 nach General Pape benannt, einem Generalmajor, der sich im deutsch-französischen-Krieg bewährt hatte. Der Kaiser (Friedrich Wilhelm II) nannte ihn „Das Vorbild eines altpreußischen Soldaten“.

Aus dem ursprünglichen „Großen Feld“ mit landwirtschaftlicher Nutzung war ein riesiger Militärkomplex entstanden, der den wachsenden Militarismus Preußens symbolisierte. Mitten in den Resten dieses Komplexes befinden wir uns jetzt. Die Tafel weist darauf hin, dass sich hier die Gebäude für die Musterung und Einberufung der Soldaten befanden. Von hier zogen die Männer in den 1. Weltkrieg.

Geschichtsparcour-Tafel: Exerzierplatz

Von diesem Standpunkt hat man einen gewissen Eindruck von der Größe des Geländes. Das Zentrum bildete ein großer Exerzierplatz. Darum herum befanden sich ein regelmäßig angelegtes Gebäudeensemble sowie schmuckvolle Grünanlagen. Die Bombardements des Zweiten Weltkrieges haben viel davon zerstört.

Die Gärten in der Nähe des Schwerbelastungskörpers wurden im Ersten Weltkrieg zur Bekämpfung des Hungers angelegt – wir haben es gehört. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Exerzierplatz in Kleingärten umgewandelt – ebenfalls als Maßnahme gegen den Hunger.

Ebenso wie man einen Eindruck von der Größe und der ehemaligen Bedeutung des Geländes hat, so wirkt das Objekt heute eher vernachlässigt. Das Gelände gehört dem Bund und wird von der BIMA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) verwaltet. Es wird heute vor allem durch Kleingewerbe, Werkstätten und als Abstellfläche genutzt. Alles stellt sich etwas ungeordnet dar. In der Tat beabsichtigt die BIMA, das Gelände zu einer Gewerbe- und Kulturkaserne zu entwickeln, in der auch gewohnt werden soll. Solche Entwicklungen lassen sich allerdings nicht von heute auf morgen realisieren.

"Deutsche Orthopädische Werke"

Orthopädische Werke

Nach dem 1. Weltkrieg wurden als Folge des Vertrages von Versailles die Eisenbahntruppen und die dazugehörigen Verwaltungen aufgelöst. Das Gelände blieb in staatlichem Besitz und musste einer neuen Nutzung zugeführt werden.

1922 zog das Hauptversorgungsamt in die ehemaligen Militärbauten. Diese neue Behörde regelte die Rentenzahlungen an die vielen Kriegsopfer oder deren Hinterbliebene. Außerdem betreute sie die die zahlreichen Kriegsversehrten in Berlin, Brandenburg und Pommern.

Eine orthopädische Versorgungsstelle auf dem Gelände war zuständig für die Ausgabe und Instandhaltung von Prothesen. Entsprechende Herstellerbetriebe kamen hinzu. Eine bekannte Firma waren die „Deutschen Orthopädischen Werke“, die sich von 1929 bis 2000 in der Exerzierhalle niedergelassen hatten. Heute steht die Halle leer.

Geschichtsparcour-Tafel: Senatsreserve

Ich glaube, die meisten von Ihnen werden sich noch an den Begriff „Senatsreserve“ erinnern.

Nach der Berlin-Blockade 1948/1949 beauftragten die drei Stadtkommandanten West-Berlins den Senat, Lager für Grundnahrungsmittel, Medikamente, Kohle, Treibstoffe, Rohstoffe für die Industrie und viele andere Dinge des täglichen Bedarfs anzulegen. Beabsichtigt war, dass bei einer eventuellen neuen Blockade Berlins, ein „normales“ Leben in dem Westteil der Stadt für mindestens 180 Tage, also ein halbes Jahr, gesichert wäre.
Und so wurden jahrzehntelang in der Senatsreserve etwa vier Millionen Tonnen Güter gelagert. Neben Lebensmitteln gehörten dazu auch Zigarren, Glühbirnen, Toilettenpapier, Schuhe und sogar Fahrräder.
Zeitweise bestanden über 700 – meist geheime – Lager in West-Berlin und nur relativ wenige Menschen hatten detaillierte Kenntnisse darüber.
Eines davon war hier.

Geschichtsparcour-Tafel zum Thema Senatsreserve

Die Güter, vor allem die Lebensmittel, wurden regelmäßig ausgetauscht und so gelangten immer wieder Lebensmittel verbilligt in die Geschäfte. Besonders beliebt war das Schmalzfleisch in Dosen.
Die hohen Kosten der Lagerbestände und des ständigen Austausches wurden durch die Finanzhilfen der Bundesregierung beglichen.

Mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 und dem Ende des Kalten Krieges wurde die Senatsreserve aufgelöst. 90.000 Tonnen Lebensmittel, Medikamente und andere Güter wurden 1990/1991 der Sowjetunion kostenlos als humanitäre Hilfe überlassen.

SA Gefängnis

Von März 1933 bis Dezember 1933 hatte die sogenannte „SA-Feldpolizei“ in diesem Haus ein Gefängnis eingerichtet. Dies war eine Folge der Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933 und des kurz darauffolgenden Reichstagsbrands (27. Februar 1933).Als Reaktion wurde die Notverordnung „zum Schutze von Volk und Staat” erlassen und damit alle wesentlichen Grundrechte außer Kraft gesetzt.

Der Eingang zum Gedenk- und Ausstellungsort SA Gefängnis

Insgesamt waren hier über 2.000 Menschen inhaftiert. Viele von ihnen wurden gefoltert und eine nicht bekannte Zahl von Gefangenen ermordet. Auch Hertha Block war hier inhaftiert.
In langjährigen Recherchen konnten bis heute die Namen von über 500 Inhaftierten ermittelt werden. Unter ihnen befinden sich viele KPD- und SPD-Mitglieder, Gewerkschafter sowie jüdische Ärzte und Rechtsanwälte. Seit 1981 hängt an einem Haus am Werner-Voß-Damm an der Außenseite des Geländes eine Gedenktafel für die Inhaftierten dieses Gefängnisses. Aber erst 1992 konnte die Berliner Gesichtswerkstatt e. V. mit Hilfe von Zeitzeugen die in Vergessenheit geratenen Haftkeller im heutigen Gebäude Werner-Voß-Damm 54a wiederentdecken. Die damals als Haftstätte genutzten Räume sind größtenteils noch in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten. Zeichnungen, vereinzelte Wörter und Datumsangaben der Häftlinge sind deutlich an den Wänden zu erkennen. Zeugenaussagen belegen, dass Juden besonders brutal behandelt und schikaniert wurden.

Seit März 2013 befindet sich hier ein Gedenkort mit einer Ausstellung und regelmäßigen Führungen. Der Gedenkort und die Ausstellung konnte unter der Verantwortung des Bezirksamtes mit Hilfe von Geldern aus dem Stadtumbau West, EU-Mitteln und Mitteln der Stiftung Klassenlotterie Berlin eingerichtet werden.

In der Ausstellung befindet sich ein für mich besonders beeindruckendes Dokument.
Ein „Laufzettel“, also ein Gefangenen-Aufnahmeformular für einen jüdischen Arzt mit dem handschriftlichen Vermerk: „nicht misshandeln“. Die SA hatte den Arzt und Professor Erich Siemenauer, einen bekannten Chirurgen und Psychoanalytiker, aus dem Urban-Krankenhaus hierher verschleppt. Ein SA-Mann erkannte in Erich Siemenauer den Arzt, der ihn am Blinddarm operiert hatte und vermerkte auf dem Laufzettel: „nicht misshandeln“. Siemenauer verließ nach vier Wochen Haft und vorläufiger Entlassung sofort das Land und kehrte 1957 nach Berlin zurück. 1988 verstarb er.

Tafel Ballonfahrer

Geschichtsparcour-Tafel: Ballonfahrer

Zwischen 1885 und 1901 war hier die Wiege der deutschen Militärluftfahrt. In Frankreich gab es schon seit geraumer Zeit eine militärische Luftschifferabteilung, während die deutsche Militärführung zunächst zögerlich mit dieser Entwicklung umging.
Nach der Gründung des „Deutschen Vereins zur Förderung der Luftschifffahrt“ 1881 änderte sich die Haltung der Militärs. Daraufhin wurde zunächst eine Versuchsstation im alten Ostbahnhof gegründet, die dann aber 1885 an den Westrand des Tempelhofer Feldes verlegt wurde.
Zwischen 1885 und 1887 entstanden verschiedene Bauten zur Unterbringung von Mannschaften und Gerät der Luftschiffertruppe.

Bereits 1885 konnte der Ballon „Barbara“ in die Lüfte steigen. Es handelte sich um eine Eigenkonstruktion vom Schöneberger Gasthof „Zum Schwarzen Adler“ in der Hauptstraße. Aus diesem Ballon wurden 1886 Luftbilder aufgenommen, die als die frühesten Luftbildfotografien gelten, die es gibt.

Sowohl das Militär als auch der „Deutsche Verein zur Förderung der Luftschifffahrt” führten in den Folgejahren wissenschaftliche und technische Ballonfahrten durch. Sogar Gottlieb Daimler sah in den Luftschiffen eine Verwendung für seinen Benzinmotor, kam mit dieser Idee aber nicht zum Zuge.
Wegen der Giftigkeit und der leichten Entzündlichkeit der Gasfüllungen kam es immer wieder zu schweren Unfällen mit Sachschäden, Verletzten und Todesopfern. 1901 wurde die gesamte Luftschiffer-Abteilung zum Schießplatz in Tegel verlegt.

Zuvor gab es aber hier noch ein spektakuläres Ereignis:

Straßenname am Bahnhof Südkreuz

Artur Berson und Reinhard Sürung vom Königlichen Meteorologischen Institut starteten einen einzigartigen Höhenversuch. Lediglich mit einfachsten Sauerstoffgeräten ausgestattet und im offenen Korb stiegen sie mit dem Ballon „Preußen“ auf die Höhe von 10.800 Metern – ein Rekord, der in dieser Weise bis heute nicht übertroffen wurde.

Der Straßenname „Ballonfahrerweg“ am Bahnhof Südkreuz erinnert an diese Zeit.

Geschichtsparcour-Tafel: Außenlager Marienfelde

Wir stehen jetzt vor einem Gebäude, das von 1950 bis in die 1960iger Jahre als Flüchtlingslager für Menschen aus der damaligen DDR diente. Einige von Ihnen werden sich erinnern, dass wir im April 2013 im Rahmen des Kiezspazierganges das Notaufnahmelager Marienfelde besucht haben.

Außenstelle des Notaufnahmelagers Marienfelde

Seit 1948 zogen zunehmend Menschen aus der damaligen Sowjetischen Besatzungszone, später der DDR, in die Westzonen bzw. nach West-Berlin. Für Berlin war dieser Zustrom angesichts der katastrophalen Versorgung mit Wohnraum ein großes Problem. Nachdem zunächst eine Aufnahmestelle in Charlottenburg eingerichtet worden war, wurde im August 1953 das neu gebaute zentrale Notaufnahmelager in Marienfelde die zentrale Anlaufstelle für alle Flüchtlinge. Hier wurden sie untergebracht, verpflegt und durchliefen das Aufnahmeverfahren.
Die Zahl der Flüchtlinge wurde jedoch von Tag zu Tag größer, so dass der Standort Marienfelde bald nicht mehr ausreichte. In Marienfelde mussten zwar weiterhin alle das Aufnahmeverfahren durchlaufen, die Unterbringung erfolgte aber in Außenstellen. So gab es bis Mitte der 60-iger Jahre 90 Wohnheime und Außenlager in West-Berlin.

Hier hatte das Deutsche Rote Kreuz ein Wohnheim eingerichtet, in dem auch viele kinderreiche Familien lebten. Bis zu 500 Personen waren hier untergebracht. Nach dem Mauerbau versiegte der Flüchtlingsstrom und das Lager wurde noch 1961 aufgelöst.