Drucksache - 0318/XXI  

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Die Bezirksverordnetenversammlung ersucht das Bezirksamt, nachdem die Bezirksverordnetenversammlung den Antrag des Kinder- und Jugendparlaments beschlossen hat, an den bezirklichen Schulen und Jugendeinrichtungen Hygieneartikel bereitzustellen, nun tatsächlich kostenlose Menstruationsartikel in WCs aller Kinder- und Jugendeinrichtungen des Bezirks bereitgestellt werden – gleich welchem Geschlecht die WCs zugeordnet sind – und dass das Angebot bekannt gemacht wird.

Diese Bereitstellung begreifen wir als eine Testphase für die Ausweitung auf alle öffentlichen Gebäude (Behörden, Ämter, Museen), Schulen, Volkshochschulen und Stadtteilzentren.

Um die finanziellen und logistischen Herausforderungen besser koordinieren zu können, soll nach einer dreimonatige Testphase in den Kinder- und Jugendeinrichtungen eine Evaluation stattfinden. 

Der Bezirksverordnetenversammlung ist spätestens bis Mai 2023 zu berichten, wie die Testphase beurteilt wird und wie die weitere Planung gestaltet wird. Durch diese Datenlage können valide Haushaltsverhandlungen für den nächsten Bezirkshaushalt geführt werden.

Begründung:

Noch immer ist das Thema Periode/Menstruation ein schambehaftetes Thema. Auch deshalb bietet es sich an, einen erste Projektphase in Kinder- und Jugendeinrichtungen zu beginnen, um einen unkomplizierten Zugang zu Hygieneartikeln zu ermöglichen.

Schätzungen zufolge haben 30 Prozent der Menstruierenden in Deutschland schon mal die Schule oder die Arbeit wegen der Periode verpasst (vgl. Essentials Survey 2020 Market Specific Results; Germany) und 65 Prozent deswegen schon einmal ihre Verabredung abgesagt. Etwa 500 Mal im Leben menstruiert die Hälfte der Bevölkerung (Thomas, F. et al. (2001), American Academy of Pediatrics (2006), IQWiG, Berek, J.S. et al. (2021)). Die Periode lässt sich nicht beeinflussen. Sehr oft kommt sie überraschend und sehr oft benötigen Menschen Hygieneartikel in den unpassendsten Situationen. Leider gehören Hygieneartikel, anders als Seife, Desinfektionsmittel und Papierhandtücher, nicht zur Standardausstattung in WCs von öffentlichen Gebäuden, Schulen oder anderen Einrichtungen, auf die man verlässlich zurückgreifen könnte.

Manchmal reicht das Geld auch nicht für den Kauf von Hygieneartikeln. Fakt ist, dass der ALG-II-Regelsatz (ab Januar 2022) einer alleinstehenden oder alleinerziehenden Person für den Einkauf von Gesundheits- und Pflegeartikeln pro Monat 17,14 € bei einem Gesamtsatz von 449 € beträgt. Menstruationsartikel kosten im Durchschnitt 15 € monatlich, bleiben also 2,14 € für Zahnpasta, Duschgel etc.

Diese Problematik nennt man Periodenarmut. Etwa 12 Prozent der Menschen, die wegen der Periode die Schule oder Arbeit verpassen mussten, konnten sich diese Produkte finanziell nicht leisten (Quelle: Essity Hygiene and Health Report 2020). Oftmals behelfen sich diese Menschen dann mit Socken, Stoffresten, Toilettenpapier. Also unhygienischen Maßnahmen, die zu toxischen Schockreaktionen führen können oder anderweitig gesundheitsgefährdend sind, aber auch soziale Einschränkungen und psychische Probleme zur Folge haben.

In Schottland, Neuseeland, aber auch in Hamm (NRW) und nun auch in Berlin-Lichtenberg werden Automaten in öffentlichen Gebäuden, Schulen und Jugendzentren angeboten, so dass sich menstruierende diese Produkte gratis und ohne Scham abholen können.

Wir möchten, dass Tempelhof-Schöneberg diesen, oben genannten Beispielen folgt und Menstruationsartikel kosten- und schamfrei zur Verfügung stellt.