Drucksache - 0476/4  

 
 
Betreff: Soziale Erhaltungssatzungen für Charlottenburg-Wilmersdorf prüfen!
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Dr.Vandrey/Kaas Elias/Gusy 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
17.01.2013 
16. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Stadtentwicklung Beratung
30.01.2013 
21. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung vertagt   
13.02.2013 
22. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung vertagt   
27.02.2013 
23. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung vertagt   
13.03.2013 
24. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung vertagt   
27.03.2013 
25. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung mit Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
18.04.2013 
19. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Antrag
Änderungsantrag
Beschlussempfehlung
Beschluss
Vorlage zur Kenntnisnahme

Die BVV beschließt:

Die BVV hat in ihrer Sitzung am 21. Februar 2013 beschlossen:

 

Das Bezirksamt wird gebeten darzulegen, welche Voraussetzungen in finanzieller und personeller Hinsicht für den Erlass von (sozialen) Erhaltungssatzungen gem. § 172 (1) Satz 1 Nr. 2 "Milieuschutz" BauGB erforderlich sind.

Der BVV ist bis zum 31. Mai 2013 zu berichten.

 

Das Bezirksamt teilt hierzu Folgendes mit:

 

Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB zielen auf den Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, also der Zusammensetzung eines speziellen Milieus, und nicht auf den Schutz von Einzelpersonen wie beispielsweise Mietern ab. In die zivilrechtliche Beziehung zwischen Mieter und Vermieter kann mit diesem Instrument nicht eingegriffen werden. Vielmehr handelt es sich hier um ein Instrument aus dem Städtebaurecht.

 

Somit müssen besondere städtebauliche Gründe für den Erlass solch einer Verordnung vorliegen. Die vorhandene Struktur der Wohnbevölkerung, also eine ganz besondere Mischung in der Einwohnerstruktur, kann nur Anlass für den Erlass einer Milieuschutzverordnung sein, wenn dieses Milieu aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll. Hierbei geht es zum einen um die Bewertung der konkreten Sozialstruktur aus städtebaulicher Sicht und zum andern muss eine mögliche Verdrängung der Wohnbevölkerung städtebauliche Auswirkungen haben. Für jedes spezifische Gebiet müssen aber städtebauliche Gründe vorliegen, die für die konkrete Erhaltungssituation besonderes Gewicht haben. Hierunter sind alle sich aus der Verdrängung der Wohnbevölkerung ergebenen städtebaulichen Auswirkungen von Gewicht zu verstehen. Vage Befürchtungen allein reichen nicht aus, vielmehr müssen sich die nachteiligen Folgen mit der bei Prognoseentscheidungen erforderlichen Sicherheit abschätzen lassen. Wohnungs- oder mietenpolitische Ziele sind hiermit zumindest nicht unmittelbar umsetzbar.

Vor dem Erlass einer Verordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB ist zu prüfen, ob die hierfür notwendigen Voraussetzungen vorhanden sind. Diese komplexen, mit einem hohen Aufwand verbundenen Untersuchungen, beziehen sich u. a. auf die Bevölkerungs- und Einkommensstruktur, den Bestand an modernisierungsnotwendigen Gebäuden, den Ausstattungsstandard der Wohnungen, der Wohnungsnachfrage, dem zu erwartenden Verdrängungspotenzial und die sich aus der Verdrängung bzw. der Veränderung der Zusammensetzung der Bevölkerung ergebenden städtebaulichen Auswirkungen. Aufgrund dieser dezidierten Voraussetzungen wird das Instrument der Milieuschutzsatzung auch zukünftig nicht immer für jedes Gebiet einsetzbar sein.

 

Zur Erfassung des modernisierungsnotwendigen Gebäudebestands wären aufwändige Primäruntersuchungen durchzuführen. Neben dem hohen Untersuchungsaufwand zur Vorbereitung und Aufstellung erfordert auch die Umsetzung solch einer Verordnung personelle Voraussetzungen. Da die ehemalige halbe Stelle zur Bearbeitung von Erhaltungsverordnungen ersatzlos entfallen ist, ist eine systematische Untersuchung der Wohngebiete im Bezirk dem Bezirksamt derzeit nicht möglich. Der Bedarf an Gutachtermitteln kann nicht abgeschätzt werden.

 

Nach heutigem Kenntnisstand kann auch der notwendige Personalbedarf für die Erstellung, Beratung, Genehmigungspraxis und Kontrollen nicht vorab ermittelt werden. Allerdings handelt es sich hierbei um eine personalintensive Tätigkeit. So sind im Bezirk Pankow, mit der sozialen Erhaltungsverordnung für 11 Gebiete, sechs Stellen vorhanden.

 

Erfahrungen im praktischen Vollzug in anderen Städten zeigen, dass der zeitgerechte Ausstattungsstandard von Mietwohnungen, wie z.B. Fahrstühle, immer genehmigt werden muss. Auch sind Mieterhöhungen bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete mit Erhaltungssatzungen nicht zu verhindern. Deswegen können die Aufwertungs- und Verdrängungsprozesse, die zum Wegfall preiswerten Wohnraums führen, durch das Instrument einer Milieuschutzsatzung oder Umwandlungsverordnung nur begrenzt aufgehalten werden.

 

Erfreulicherweise beabsichtigt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt das Instrument der Erhaltungssatzungen zu schärfen und hat entsprechende Initiativen angekündigt. Hierzu gehört auch die Bereitstellung von finanziellen Mitteln für eventuelle Gutachten.

 

Das Bezirksamt bittet, den Beschluss damit als erledigt zu betrachten.


 

 
 

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