Auszug - Denkmalschutz als Baudenkmal für die ehemalige Reithalle in der Neufertstraße 19/21  

 
 
29. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung
TOP: Ö 7.1
Gremium: Ausschuss für Stadtentwicklung Beschlussart: ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen
Datum: Mi, 07.03.2018 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:25 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Minna-Cauer-Saal
Ort: Otto-Suhr-Allee 100, 10585 Berlin
0640/5 Denkmalschutz als Baudenkmal für die ehemalige Reithalle in der Neufertstraße 19/21
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Ausschuss für Stadtentwicklung 
   
Drucksache-Art:BeschlussvorschlagVorlage zur Kenntnisnahme
 
Beschluss
Abstimmungsergebnis


 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung

empfiehlt der BVV,

die BVV möge beschließen:

 

Das Bezirksamt wird aufgefordert, sich beim Landesdenkmalamt dafür einzusetzen, dass vom LDA geprüft wird, ob die ehemalige Reithalle in der Neufertstraße 19/21 aufgrund ihrer geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Bedeutung in die Denkmalliste als Einzeldenkmal eingetragen werden kann.

 

Der BVV ist bis zum 31.05.2018 zu berichten.

 

Begründung:

Empfehlung der Expertengruppe des Denkmalbeirats der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf

Empfehlung: Denkmalschutz als Baudenkmal für die ehem. Reithalle, Neufertstraße 19/21

Anlaßr die Empfehlung, die ehem. Reithalle des Königin-Elisabeth-Garde-Grenadier-Regiments No. 3 als Baudenkmal unter Schutz zu stellen, ist die vor kurzem erfolgte Veräerung des Grundstücks an einen Investor, der einen Abriß dieses Gebäudes bei der Baubehörde Charlottenburg-Wilmersdorf angefragt hat.

Bisher steht die Reithalle als „weiterer Bestandteil“ des Denkmalbereichs Klausenerplatz 2-9, 11-14, 18-23 etc. einschließlich Neufertstraße 19/21 (Listen-Nr. 09020688) unter Schutz. Nach der aufwendigen, engagierten, denkmalgerechten Wiederherstellung in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde durch den derzeitigen Mieter 2013 stellt sich das Gebäude derzeit in einem besseren qualitativen Zustand dar als zur Zeit der ursprünglichen Erfassung für die Denkmalliste Berlin 1993/94 innerhalb des Denkmalbereichs Klausenerplatz. Erst durch die denkmalgerechte Sanierung ist das Gebäude in seiner Bedeutung wieder erkennbar geworden.

Die ehem. Reithalle ist 1896/97 nach den Plänen von Ernst Gerhardt (1874-1923) und F. W. Bastian für das nigin-Elisabeth-Garde-Grenadier-Regiment No. 3 erbaut worden. Das Regiment wurde 1918 aufgelöst. 1923-32 diente das Gebäude als Notkirche der St.-Kamillus-Kirchengemeinde. 1932 erfolgte ein Umbau durch den Architekten F. W. Bastian zu einem Kino mit 530 Plätzen („Mali“-Kino). Die Nutzung als Kino bestand bis 1968. 1970 wurde das Gebäude zu einem Supermarkt umgebaut (mit abgehängter Decke unter dem Dachtragwerk, Einbau von Schaufenstern), der bis 2013 bestand.

Durch die Sanierung der ehem. Reithalle ist das Gebäude erstmals wieder seit 100 Jahren als Bestandteil des fisch-militärischen Komplexes zusammen mit den Bauten der Garde du Corps (Leibgarde) im Umfeld des Charlottenburger Schlosses erkennbar. Durch die Wiederfreilegung der historischen Fenster und des originalen, filigranen Dachtragwerks sowie einiger Wandmalereien an den Giebel-Innenwänden wird die geschichtliche und nstlerische Bedeutung des Gebäudes wieder in vollem Umfang erlebbar.

Die geschichtliche Bedeutung der ehem. Reithalle besteht insbesondere darin, daß der ursprünglich militärische Zweckbau seit seinem Bestehen seine typologische Flexibilität bewiesen und stets im Quartier als Großraum in öffentlicher Nutzung gedient hat und dadurch in das kollektive Bewußtsein der Bewohner eingegangen ist.

Die künstlerische Bedeutung der ehem. Reithalle liegt vor allem in ihrer flexiblen Typologie als stützenfreies Hallenbauwerk mit massiven Ziegelpfeilern, wandhohen Segmentbogenfenstern und einem damals modernen Dachtragwerk mit filigranen Fachwerkbindern aus Stahl. Die Maße der Grundfläche der Reithalle (ohne Anbau) betragen ca. 25 x 16 m, die Innenwandhöhe 6 m und die Firsthöhe 9,50 m. Die Proportionen der Hallen-Abmessungen (Länge : Breite, Innenwandhöhe : Firsthöhe) entsprechen annähernd dem Goldenen Schnitt.

Die städtebauliche Bedeutung besteht im vom Straßenraum her sichtbaren großgigen Hallenraum und der beeindruckenden Straßenfassade, die die heutige öffentliche Nutzung anzeigt. Als eine der wenigen erhaltenen Reithallen unterscheidet sich das Gebäude deutlich von der umgebenden Wohnbebauung.

Eine Abrißgenehmigung würde den Verlust des Denkmals mit sich bringen und die bisherigen Bemühungen der Unteren Denkmalschutzbehörde und des Mieters konterkarieren. Außerdem würde die Glaubwürdigkeit der Politik und der Verwaltung hinsichtlich des Denkmalschutzes noch stärker leiden. Die Expertengruppe des Denkmalbeirats empfiehlt deshalb die Eintragung der ehem. Reithalle als Einzeldenkmal in die Denkmalliste Berlin.

Reinhard Brüggemann Dr. Wilfried Fest Werner Jockeit Dr. Jürgen Lautsch
Prof. Dr. Wilfried Wang  PD Dr. Dietrich Worbs

Berlin, den 4.3.2018

Literaturverzeichnis

Harald Marpe: Reithalle, Notkirche, Kiezkino, Discountmarkt. Die wechselvolle Geschichte
des Gebäudes Neufertstraße 19-21. Kiez-Geschichten. Historische Hefte zum Kiez am Klausenerplatz, Heft 5. Berlin 2012.

 

 

 


Abstimmungsergebnis:

 

dafür:einstimmigdagegen:         Enthaltung:

 
 

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