Der Radverkehrsanteil hat sich in Charlottenburg-Wilmersdorf wie auch in Gesamt-Berlin erhöht. Mehr Wege zur Arbeit, Ausbildung und in der Freizeit werden mit dem Fahrrad zurückgelegt. Mit dem gestiegenen Radverkehr ist auch der Bedarf nach Radabstellanlagen im Bezirk gestiegen. Der bedarfsgerechte Ausbau der Abstellanlagen ist daher ein wichtiger Baustein des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf, um den Radverkehr zu fördern.
Das Berliner Mobilitätsgesetz fordert eine regelmäßige Überprüfung des Bedarfs und des Angebots von Radabstellanlagen. Mit der Aktualisierung der Machbarkeitsstudie zum Fahrradparken im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf aus dem Jahr 2009 wurde dem entsprochen und das derzeitige Angebot an Radabstellanlagen im Bezirk erhoben und der jetzige sowie zukünftige Bedarf validiert.
Im Sommer 2018 fanden im Bezirk innerhalb des S-Bahnrings sowie in einigen Bereichen außerhalb (Olympiastadion, Reichsstraße) eine flächendeckende Erfassung der Fahrradabstellanlagen, deren Auslastung sowie der tatsächlichen Nachfrage nach Abstellanlagen durch die Zählung und Verortung von frei abgestellten Fahrrädern statt („Wildparkern“). Die Auswertung der Erhebungen zeigt, dass der Bedarf nach Fahrradabstellanlagen im Bezirk räumlich unterschiedlich ausgeprägt ist. Insgesamt ist die Auslastung der vorhandenen Abstellanlagen aber auch das freie Abstellen von Fahrrädern („Wildparken“) stark gestiegen. Viele Fahrradabstellanlagen an Zielorten mit hohem Publikumsverkehr (Einkaufsbereiche, S- und U-Bahnhöfe) sind durch die hohe Nachfrage weitgehend ausgelastet, rund um die Anlagen wird deshalb wild geparkt, oft zum Nachteil des Fußgängerverkehrs und der Aufenthaltsqualität. Aber auch in den Wohngebieten ist eine Nachfrage nach Fahrradabstellanlagen nahezu
flächendeckend festzustellen.
Nach der Zählung von 2018 gibt es im Untersuchungsgebiet (innerhalb des S-Bahnrings, um das Olympiastadion und in der Reichstraße) insgesamt einen Bestand von rd. 18.600 Fahrradabstellplätzen an mehreren hundert Standorten. Davon entfallen auf öffentliche Anlagen (überwiegend Kreuzberger Bügel) rd. 13.500 öffentliche Stellplätze und rd. 5.100 private Stellplätze. 2009 wurden bei der Zählung insgesamt 9.600 öffentliche und private Fahrradstellplätze ermittelt. Das bedeutet, dass die Anzahl der Fahrradabstellplätze zwischen 2009 und 2018 fast verdoppelt wurde, wobei zu berücksichtigen ist, dass das Untersuchungsgebiet 2018 vergrößert wurde. Insgesamt ist festzustellen, dass in diesem Zeitraum mehrere tausend öffentliche Fahrradabstellanlagen neu errichtet wurden.
Von den rd. 13.500 erfassten öffentlichen Stellplätzen waren 2018 rd. 48% belegt (rd. 8.800 Fahrräder). Gleichzeitig wurden aber 7.500 frei abgestellte Fahrräder („Wildparker“) gezählt. Rein rechnerisch bedeutet dies ein Defizit von 2.800 Stellplätzen, wobei weder die weitere Zunahme in den vergangenen Jahren, der zukünftige Bedarf sowie die unterschiedlichen Nachfragen an den Standorten berücksichtigt wurden. „Wildparker“ sind oft an Standorten zu finden, wo durch hohe Nachfrage das Fahrradabstellanlagenangebot bereits stark ausgelastet ist.
Gegenüber 2009 ist die Anzahl an „Wildparkern“ zwar um rd. 1.500 Fahrräder zurückgegangen. Dennoch ist weiterhin nahezu jedes zweite Fahrrad, das im öffentlichen Straßenraum abgestellt war, an keiner Fahrradabstellanlage abgestellt.
Auf der Grundlage der Erfassungsdaten, der räumlichen Zuordnung von Nachfragen und Defiziten und einer zugrundegelegten Zuwachsrate von 20 % beim Fahrradparken wurde für den Zeitraum bis 2030 eine bedarfsorientierte Anzahl von zusätzlichen rd. 19.600 Fahrradabstellplätzen ermittelt, das entspricht etwa 9.800 Kreuzberger Anlehnbügeln. Diese sollen in den kommenden Jahren nach einer abgestimmten Prioritätenliste aufgestellt werden.
Neue Anlagen für das Fahrradparken werden außerhalb des Hauptstraßennetzes i. d. R. nicht mehr im Bereich der Nebenanlagen (Unterstreifen der Gehwege) errichtet sondern in den Seitenräumen der Fahrbahn, meistens durch die Aufgabe einzelner Pkw-Parkplätze. Dies entspricht den aktuellen Vorgaben der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz.
Bei der Planung neuer Fahrradabstellanlagen wurden Aspekte wie die Nähe zum Zielort, direkte Erreichbarkeit der Abstellanlage und Diebstahlschutz berücksichtigt. Außerdem war die Erhöhung der Verkehrssicherheit und des Komforts für den Fußverkehr ein wesentlicher Bestandteil der Maßnahmen. Deshalb sieht das Konzept vor, neue Standorte für das Fahrradparken ggf. mit Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit für Fußgänger
zu kombinieren:
- Die Freihaltung der Fußgängerübergänge in Kreuzungsbereichen von Wohnquartieren durch Sperrmarkierungen und Poller in Kombination mit Fahrradabstellanlagen vor den Kreuzungen.
- Herstellen von Querungsbereichen für Fußgänger in Kombination mit Standorten für Fahrradparken im Fahrbahnbereich in Straßenabschnitten mit dichtem beidseitigem Pkw-Parken (Entfernung von Pkw-Parkplätzen, beidseitige Fahrradanlehnbügel mit Durchgang für Fußgänger, Barrierefreiheit durch Bordabsenkung).
Außerdem sieht das Konzept Abstellbereiche für Lastenfahrräder vor.
Das Konzept wurde mit den zuständigen Ämtern des Bezirksamtes, der Senatsverwaltung und weiteren Institutionen abgestimmt (infraVelo, Verkehrs-AGs, ADFC). Eingereichte Hinweise und Vorschläge aus der Öffent-lichkeit wurden berücksichtigt. Am 08.05.2019 wurden die ersten Ergebnisse im Ausschuss für Straßen und Grünflächen vorgestellt. Der abschließende Behördentermin war am 14.08.2019.