210. Kiezspaziergang am 8.6.2019 mit Bezirksbürgermeister Naumann

Kartenskizze 210. Kiezspaziergang vom 8.6.2019

Vom Karmielplatz zum Mahnmal Gleis 17

Treffpunkt: Bushaltestelle Herthastraße, Bus M29 und 110
Länge : ca. 1,9 km

Herzlich willkommen zu unserem 210. Kiezspaziergang! Er führt uns entlang der Grunewaldseenkette zum Karmielplatz und zum Mahnmal Gleis 17 am S-Bahnhof Grunewald. Die vier Seen, die wir auf unserem Spaziergang streifen, sind Hubertussee, Herthasee, Koenigssee und Dianasee. Es erwartet uns nicht nur ein schöner Spaziergang am Wasser entlang, sondern auch einige institutionelle und architektonische Highlights.

Doch bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen den nächsten Kiezspaziergang mit meinem Stellvertreter Herrn Herz ankündigen. Er wird, wie immer am zweiten Samstag im Monat um 14 Uhr stattfinden, das ist im Juli der 13. Juli. Treffpunkt ist vor dem südlichen Ausgang des S-Bahnhofs Messe Süd. Der Spaziergang geht durch die Waldschulallee zum Mommsenstadion, zur Heinz-Galinski-Grundschule und zur Waldgrund- und -oberschule. Dort wird Frau Gold-Sander Ihnen den Schulgarten zeigen. Der weitere Spaziergang führt uns ein Stück durch den Wald und dann am Teufelsberg entlang zum Naturschutzzentrum Ökowerk. Dort empfängt Sie die Geschäftsführerin Frau Kehl, anschließend haben Sie Gelegenheit im Bistro des Ökowerks einzukehren.

Station 1: Herthastraße 25 A / Seniorenclub Herthastraße

Der Seniorenclub Herthastraße ist eine Begegnungsstätte für ältere Menschen in bezirklicher Trägerschaft. Hier treffen sich Gleichgesinnte, um gemeinsam ihren Interessen nachzugehen. Das können z.B. Foto- oder Computerkurse sein, aber auch Sport, Tanz, Vorträge, Lesungen, ein Konzert oder Ähnliches. Vor oder nach den Kursen und Veranstaltungen sitzt man dann gern noch zusammen, trinkt gemeinsam Kaffee oder anderes und pflegt die Geselligkeit. Viele Ehrenamtliche sorgen dafür, dass die Angebote in dieser Breite durchgeführt werden können.

In der Regel ist der Seniorenclub montags bis freitags zwischen 10:00 und 18:00 Uhr geöffnet und ist rollstuhlgerecht eingerichtet. Kurse finden sogar bis abends und am Samstag statt. Im Juli 2015 hat die Wilmersdorfer Seniorenstiftung die Leitung und Verwaltung des Seniorenclubs Herthastraße übernommen. Die Wilmersdorfer Seniorenstiftung wurde 1996 vom Bezirksamt Wilmersdorf gegründet.

Wir gehen nun geradeaus auf der Hubertusallee und biegen nach dem See nach rechts in den Park und treffen uns wieder auf der Plattform am östlichen Ende des Sees.

Hubertussee

Hubertussee

Station 2: Plattform am östlichen Ende des Hubertussee / Grunewaldseenkette

Wir gehen heute an einem Teil der kleinen Grunewaldseen entlang. Planungen zu einem Uferwanderweg entlang der Grunewaldseen bestanden bereits in den 1920er-Jahren, konnten jedoch nie realisiert werden. Ende der 1970er-Jahre griff der Bezirk Wilmersdorf die Idee im Rahmen eines Landschaftsplans auf und machte zunächst die Uferbereiche der landeseigenen Grundstücke öffentlich zugänglich. Durch Zukäufe kamen in den 1980er- und 1990er-Jahren weitere Teile dazu. Die Gesamtlänge des Uferwanderwegs Grunewald soll einmal 3,5 Kilometer betragen und die Innenstadt entlang der kleinen Seen auf einem durchgehenden Weg mit dem Forst Grunewald verbinden. Bis 2003 waren knapp zwei Kilometer fertiggestellt. Seitdem stagniert der Ausbau, da Mittel für weitere Ankäufe erst einmal nicht vorhanden sind. Teilweise muss daher der Weg mit einer Steganlage um private Ufergrundstücke herumgeführt werden. Daran sehen Sie, wie schwierig die Anlage eines solchen Uferwanderweges ist. Nähere Informationen zur bestehenden Wanderroute Kleine Grunewaldseen finden Sie auf der Internet-Seite unseres Umwelt- und Naturschutzamts.

Wir befinden uns hier auf der Ostseite des Hubertussees. Der Hubertussee ist einer der vier künstlichen Seen innerhalb des Nebenarmes einer Glazialen Rinne, die Grunewaldseenkette genannt wird. Wie die drei weiteren kleinen Seen, an denen wir heute noch vorbeispazieren, zählt auch der Hubertussee nicht zu den ursprünglichen Seen der Grunewaldkette, sondern wurde 1889 zur Trockenlegung des sumpfigen Gebietes beim Bau der Villenkolonie Grunewald ausgehoben, dazu später mehr. Die eiszeitliche Abflussrinne lässt sich an vielen Stellen noch erkennen, z.B. an den Böschungen des Hubertussportplatzes oder an den abschüssigen Liegewiesen des Sommerbads Wilmersdorf in der Forckenbeckstraße. Diese Rinne der Grunewaldseenkette setzt sich bis zum Volkspark Wilmersdorf fort.

Der Hubertussee hat 23.500 m² Wasseroberfläche und ist 3,90 m tief. Im See liegt eine kleine Insel. Die Gründungsväter der Kolonie Grunewald nannten den See nach dem Schutzpatron der Jagd, dem Heiligen Hubertus. Die Hubertusallee ist Teil des früheren Reitweges, auf dem die Kurfürsten vom Berliner Stadtschloss über den Kurfürstendamm zur Jagd in den Grunewald und zum Jagdschloss Grunewald ritten. Wie fast alle Berliner Seen gehören der Hubertussee und seine Nachbarn zu den Angelgewässern und werden regelmäßig mit Fischen besetzt. Man findet dort Weißfische, wie Plötze, Schleie und Karausche.

Unter der Plattform, auf der wir stehen, ist eine der vier Durchströmungspumpen der Seenkette. Das Wasser kommt aus dem Wasserwerk Beelitzhof am Wannsee. Dort wird es gereinigt und wird dann über Verbindungsgräben und Rohrleitungen durch die Seenkette gepumpt. Dadurch wird eine künstliche Durchströmung mit jährlich sage und schreibe 4 Mio. m³ erreicht. Alle Seen der Kleinen Grunewaldseenkette dienen seit ihrer Entstehung auch zur Straßenentwässerung des umliegenden Stadtgebiets. Da dieses Wasser stark verschmutzt ist, besteht in den Seen Badeverbot.

Auf dem Weg werden Sie immer wieder auf Schilder stoßen, in denen gewarnt wird, Fische, Enten und anderes Federvieh zu füttern. Ein wichtiger Grund ist, dass wenn Tiere mit Brot gefüttert werden, sie ihre natürliche Nahrung nicht mehr so gern fressen. Zudem wandern die Tiere, und zwar sowohl Fische als auch Schwäne und Enten, dann weniger und bleiben an Ort und Stelle, was zu einer Überbevölkerung und damit zu einer Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts führt. Das nicht aufgenommene Brot löst sich auf und sinkt zu Boden. Bei dem Abbau werden großen Mengen an Sauerstoff verbraucht. Die Fische ersticken. Durch den Sauerstoffmangel sterben auch Muscheln, Schnecken, Krebse und Würmer ab. Damit geht die natürliche Nahrung von Vögeln und Fischen zugrunde. Dicke Schlammschichten und Faulgase entstehen. Das durch die Verrottung des Brotes freigesetzte Kohlendioxid lässt die Algen übermäßig wachsen. Das Gewässer färbt sich grün, es „blüht“ und „kippt“ um. Die Ausscheidungen der Tiere verunreinigen zusätzlich die Gewässer und die Selbstreinigungskraft des Wassers wird reduziert. Also helfen Sie mit, dass die Seen klar und sauber bleiben. Füttern Sie keine Wasservögel und Fische!. Natürliche Nahrung gibt es genug.

Wir gehen nun am See entlang. Nächster Halt ist eine Treppe, die nach links oben führt.

Station 3: Delbrückstraße 20 a / Grunewald-Grundschule

Im Februar haben wir die Grunewald-Grundschule von der Delbrückstraße aus kennengelernt. Heute sind wir an ihrer Rückseite. Sie wurde 1899 mit 45 Kindern und 2 Lehrenden im Haus des Bildhauers Steinmann, Hubertusbader Straße 14, eröffnet. Als diese Schule dann aus allen Nähten platzte, wurde 1903 ein Wettbewerb für ein neues Schulgebäude hier in der Delbrückstr. 20 ausgeschrieben. Eingeweiht wurde es 1905. In dem neuen Schulhaus befanden sich, ungewöhnlich für damalige Schulverhältnisse, eine Bibliothek, ein Lesesaal und eine Badeeinrichtung. In den Klassenräumen hatten 50 Schüler und Schülerinnen Platz. Es gab 2 Wohnungen für Lehrende und 3 Wohnungen für „Schuldiener“. In der Grunewald-Grundschule war ein Drittel der Kinder jüdischen Glaubens. Heute werden etwa 500 Kinder an der Schule unterrichtet.

Wir setzen nun unseren Weg entlang des Sees fort und treffen uns hinter dem Bootshaus wieder.

Station 4: Hinterm Bootshaus

Station 4.1: Delbrückstraße 12 / Villa Klönne

Von unten und hinten können wir hier die Villa Klönne sehen. Sie wurde von Otto Rehmig geplant und von 1911 bis 1912 für Carl Klönne, dem damaligen Vorstand der Deutschen Bank, gebaut. In ihr kann man die Abkehr vom historisierenden Stil erkennen: Die neue Architektur sollte ausschließlich durch ihre Form wirken, auf Ornamente wurde weitgehend verzichtet.

Station 4.2: Delbrückstraße 10 / Villa

Die nächste Villa, an der wir gleich vorbeigehen, liegt in der Delbrückstraße 10 und wurde von der Architektengemeinschaft Hartmann und Lesser geplant. Bauzeit war fünf Jahre früher als bei der Villa Klönne. Bauherr war der Kaufmann und Grundstücksmakler Max Troplowitz. In dem Haus wohnte die Synchronsprecherin und Film- und Theaterschauspielerin Ruth Hellberg. Sie wurde 1906 geboren und starb 2001.

Station 4.3: Delbrückstraße 8 / Kindertagesstätte der Jüdischen Gemeinde

In dem Neubau danach befindet sich die Kindertagesstätte der Jüdischen Gemeinde. Hier werden Kinder ab 8 Monaten betreut. Die Kita verfügt über einen Garten mit Buddelkästen, Schaukeln, Rutschen und eine sehr beliebte Wassermatschanlage. Selbstredend wird Wert auf eine jüdische Erziehung gelegt, dazu gehört die Einhaltung der jüdischen Feiertage und koscheres Essen. Zwei Sprachlehrer unterstützen die Kinder spielerisch beim Erlernen der hebräischen und der deutschen Sprache. Weitere Schwerpunkte sind die musikalische Früherziehung, Sport, der Umgang mit Computern, Fotografieren, Basteln, Malen und Töpfern.

Wir gehen nun weiter, unter der Bismarckbrücke durch und treffen uns vor dem Aufstieg wieder.

Sphing Bismarckbrücke

Sphing Bismarckbrücke

Station 5: Hinter der Bismarckbrücke

Station 5.1: Bismarckbrücke über Hubertus- und Herthasee

Wie bereits eingangs gesagt, sind Hubertus- und Herthasee künstlich geschaffene Seen. Sie wurden bei der Gründung der Villenkolonie 1889 angelegt, um die sumpfigen und morastigen Gebiete zu entwässern, aber auch als Attraktion für die neuen Einwohner und Einwohnerinnen der Villenkolonie. Die Brücke über den Verbindungkanal vom Hubertus- zum Herthasee wurde 1893 gebaut. Die Konstruktion beruht auf einem von der Gemeinde ausgelobten Wettbewerb. Leider sind die Akten verloren gegangen, so dass der Architekt nicht mehr ermittelbar ist. Es ist eine Stahlkonstruktion, die von neobarocken Hausteinbögen getragen wird. Die Obelisken und die Vasen auf der Brücke sind von Max Klein und wurden 1895 geschaffen. Die Bismarckbrücke gehört mit ihren Sphingen zu den bedeutenden Berliner Brückenbauten im historisierenden Stil.

Station 5.2: Herthasee

Der Herthasee hat eine Fläche von 11.500 m“ und ist an seiner tiefsten Stelle 3,11 m tief. Von Natur aus ist der Herthasee eigentlich ein Grundwassersee, der aber heute von den Abwassern der Straßen gespeist wird. Fast alle Straßengullys in Wilmersdorf leiten ihr Abwasser direkt in die kleine Seenkette. Entsprechend schlecht ist seine Wasserqualität, mineralische und fäulnisfähige Schad- und Nährstoffe und Salze sind die häufigsten Übeltäter. 2010 wurde in einer gemeinsamen Anstrengung des Johannischen Sozialwerks und unseres Umweltamtes die Wasserqualität so verbessert, dass die bedrohte fleischfressende Wasserpflanze Utricularia wieder heimisch werden konnte.

Station 5.3: St.-Michaels-Heim / Palais Mendelssohn

Auf der anderen Seeseite sehen Sie die Rückansicht des St.-Michaels-Heims im ehemaligen Palais Mendelssohn, das wir ja ebenfalls im Februar besucht haben. Die die dabei waren, werden sich sicher daran erinnern. Das Palais Mendelssohn wurde 1896 bis 1898 von dem Architekten Ernst Ihne für den Bankier Franz von Mendelssohn gebaut. Das Palais liegt in einem Landschaftspark mit einer Fläche von 23.000 m². Das Herrenhaus hatte schloßartige Ausmaße und neben dem Stallgebäude und dem Pförtnerhaus auch eine separate Küche. Es war nahezu eine Kopie des Schlosses Kronberg im Taunus und sah dem Schloss Cecilienhof in Potsdam sehr ähnlich.

Franz von Mendelssohn starb 1935 im Alter von 70 Jahren. Die Familie Mendelssohn musste das große Palais am Herthasee bald nach dem Tod Franz von Mendelssohns verlassen. Es wurde 1938 von den Nationalsozialisten enteignet. Die Deutsche Reichspost richtete hier ein Gästehaus ein. 1943 wurde das Haus bei Bombenangriffen stark beschädigt. Noch in den letzten Kriegswochen installierte die Waffen-SS im Kellergeschoss ein gewaltiges Abhörsystem. Nach dem Krieg richteten die Engländer in dem Gebäude eine Schule für 260 Kinder der Soldaten der alliierten Besatzungsmächte ein. Später wurde es dann an die Familie der Mendelssohns zurückgegeben. Nach jahrelangem Leerstand verkauften die Mendelssohn-Nachkommen das stark heruntergekommene und beschädigte Anwesen 1957 an das Johannische Aufbauwerk, jetzt: Johannisches Sozialwerk e.V., der 1926 von Joseph Weißenberg gegründeten Religionsgemeinschaft Johannische Kirche. Diese beauftragte den Architekten Hans-Georg Heinrich mit dem Umbau. Große Teile des ursprünglichen Gebäudes wurden abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Am 6.3.1967 wurde das neue Haus eingeweiht.

Wir gehen nun nach oben und treffen uns wieder zwischen Brücke und Ecke Delbrückstraße.

Station 6: Zwischen Brücke und Delbrückstraße

Station 6.1: Villenkolonie Grunewald

Die Bismarckallee ist seit 1898 nach dem Reichskanzler Fürst Bismarck benannt. Bismarck machte König Wilhelm I. den Vorschlag, den Grunewald zum Erholungspark für die Berliner zu gestalten. Er sah die Bevölkerung Berlins rasant ansteigen, und er wollte den Menschen einen Zugang ins Freie verschaffen. Der Grunewald sollte für Berlin das werden, was der Bois de Boulogne für Paris war. Der Kurfürstendamm war bisher nur ein Pferdeweg, um das Jagdschloss zu erreichen. Über ihn sollten nach Bismarcks Vorstellungen die Leute in den Grunewald gelangen. Deshalb schlug er für die Neuanlage dieser Straße die üppige Breite von 53 Metern vor. Wilhelm I. stand diesem Plan sehr wohlwollend gegenüber und spendierte aus seiner Privatschatulle sogar 40.000 Privatschatulle für ein zunächst provisorisches Pflaster.

Dann geschah zunächst einige Jahre nichts, bis der Baumschulenbesitzer John Booth Bismarck anbot, den Damm in der geforderten Breite auszubauen – gegen einige hundert Morgen des Grunewalds zu einem moderaten Preis. Die folgenden endlosen Verhandlungen führten John Booth in finanzielle Schwierigkeiten, so dass letztendlich die Kurfürstendamm AG ab 1890 die Anlage der Villenkolonie Grunewald in Angriff nahm.

Ende 1891 wohnten in 23 Villen 41 Familien. Ende 1895 zählte die Kolonie bereits 1064 Einwohner und Einwohnerinnen. Da nur 3/10 der 1200 – 2000 m² großen Grundstücke bebaut werden durften, konnten sich hier nur wohlhabende Leute niederlassen. Am 1. April 1899 wurde durch die Wahl des Gemeindevorstehers die Gemeinde offiziell ins Leben gerufen. Der 1. Amtsvorsteher Bernhard Wieck schuf für die mittlerweile 3000 Einwohner und Einwohnerinnen öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Feuerwehr, Polizei und Gemeindeamt.

Station 6.2: Delbrückstraße / Ecke Bismarckallee

Die Straße wurde am 6.3.1891 nach dem liberalen Politiker Rudolph von Delbrück benannt. Delbrück wurde 1817 in Zeitz geboren, wo er 1903 auch starb. 1837 begann Delbrück seine Laufbahn als preußischer Beamter. Er wurde ein enger Mitarbeiter von Bismarck, den er im Parlament auch oft vertrat. Die Ausweitung des Deutschen Zollvereins Mitte des 19. Jahrhunderts ist sein Verdienst. Delbrück war dabei stets auf einen Ausschluss Österreichs und damit den Erhalt der preußischen Hegemonie im Zollverein bedacht. Er verstand seine liberale Handelspolitik, durchaus auch als Mittel, um Preußen die Vormachtstellung gegenüber Österreich zu sichern. Delbrück führte 1870 die Verhandlungen mit den süddeutschen Staaten, um sie zu einem Beitritt zum kommenden Deutschen Kaiserreich zu motivieren. Bismarcks Abwendung vom Freihandel führte 1876 zu seinem Rücktritt. Delbrück wurde dann Mitglied des Reichstages und kämpfte dort erfolglos gegen Bismarcks Schutzzollpolitk. Wenn man sich Trumps Zollpolitik anschaut, sieht man, dass dies in der Weltpolitik ein stetig wiederkehrendes Thema ist.

Station 6.3: Delbrückstraße 4b / Spielplatz

Der Spielplatz an der Ecke gegenüber kann mit folgenden Zahlen aufwarten: Er ist 718 m² groß und für Kinder von 0 bis 12 Jahren geeignet. Die Holzkletterkombinationen wurden in die Hanglage eingepasst. In den letzten beiden Jahren wurde der Spielplatz mit neuem Spielsand ausgestattet. Zudem gab es neue Aufstiegspodeste und eine neue Rutschbahn. Auch die Palisaden wurden ausgetauscht und erneuert. Finanziert wurde das alles aus dem Kindertagesstätten- und Spielplatzsanierungsprogramm der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.

Station 6.4: Delbrückstraße 9 / Bismarckallee 22 / Landhaus

An der Ecke schräg gegenüber sehen Sie ein Landhaus von Adolph von Wollenberg, Sie erinnern sich vielleicht an den Kiezspaziergang, den Sie letztes Jahr im Juni mit meinem Kollegen Bezirksstadtrat Herz gemacht haben, da konnten Sie zwei Villen von Adolf Wollenberg bewundern, die Villa Harteneck in der Douglasstraße 7/9 und die Residenz des türkischen Botschafters in der Koenigsallee 64. Das Landhaus hier an der Ecke wurde von 1910 bis 1911 für den Bankier Arthur Samuel gebaut.

Es gab aber auch noch weitere interessante Bewohner*innen.

Die Schauspielerin, Balletttänzerin und Chanson-Sängerin Hilde Hildebrand wohnte hier. Vielleicht erinnern sich einige unter Ihnen ja noch an sie. Sie wurde 1897 geboren und starb 1976. Zudem wohnte hier auch der Schauspieler und Regisseur Harry Meyen mit der Schauspielerin Anneliese Römer zusammen. Als Harry Meyen 1965 Romy Schneider kennenlernte und die beiden ein Paar wurden, trennte er sich von seiner ersten Ehefrau.

Station 6.5: Seniorenzentrum am Herthasee

Das Seniorenzentrum am Herthasee wurde 2010 von der Burchard-Führer-Gruppe übernommen. Im Moment leben 80 Bewohner und Bewohnerinnen im Seniorenzentrum, damit ist es voll besetzt. Die Wartezeiten nach einer Anmeldung betragen ein knappes Jahr. Es gibt hauptsächlich Einzelzimmer. Doppelzimmer können aber auf Wunsch eingerichtet werden. Fast alle Zimmer sind zum Herthasee hin ausgerichtet, nur wenige zur Straße. Es gibt einen Park und ein Café mit Gartenterrasse, einen Frisör, ein Bibliotheks- und Fernsehzimmer, falls man mal nicht allein fernsehen möchte. Tiere sind ja für alte Menschen sehr wichtig: Die Bewohner und Bewohnerinnen können sich hier über einen Einrichtungshund und einen Therapiehund freuen, letzterer kommt ein bis zweimal im Monat. Auch Vögel werden gehalten. Physiotherapeuten und Ergotherapeuten kommen regelmäßig ins Haus. Ein kleiner Laden ist vor Ort. Geschätzt wird auch die Möglichkeiten an den Ausflügen teilzunehmen, die vom Seniorenzentrum organisiert werden.

Wir gehen nun weiter bis zur Grünanlage gegenübr der Hausnummer 1 F und gehen dort rechts ein paar Stufen hinunter.

Station 7: Delbrückstraße 2 gegenüber der Hausnummer 1 F/ Villa Walther mit Gartenanlage

Der 1857 geborene Architekt Wilhelm Walther baute diese monumentale Villa von 1912 bis 1919 für sich und seine Familie. Da seine Firma 1918 in den Bankrott ging, wohnte er allerdings nie selbst darin. Bekannt wurde er als Architekt von Industrie- und Versicherungsgebäuden in Berlin. Walther ist einer der Hauptvertreter des eklektizistischen Sitls in der Architektur in Deutschland. Dies ist an diesem Beispiel hier gut zu sehen. Auch die Gartenanlage stammt von ihm selbst. Hier ein Zitat aus der Denkmaldatenbank:

bq. Auch die um 1912 entstandene Gartenanlage dürfte von Wilhelm Walther stammen. Innerhalb des Gartens sind starke Höhenunterschiede durch steile Böschungen aufgefangen, so daß stets ebene Flächen entstanden, die zumeist in formaler Weise gestaltet wurden. Insgesamt scheint dieser Garten die Funktion zu haben, als umrahmendes Grün zu dienen. Reicher plastischer Schmuck, z. B. eine hohe Bildsäule unterhalb des Terrassenbereichs, wurde hier zur Kompensation mangelnder Gartenfläche eingesetzt. Im Zuge der Wiederherstellung der Villa wurde auch der Garten instandgesetzt.

In der Gartenanlage hier wurde im Rahmen des Projektes Citybiotop ein Insektenhotel errichtet sowie eine Bienen- und Schmetterlingsweide angelegt.

Im Februar waren wir ja zusammen im Mendelssohn-Palais, was etwas älter ist, und trotz der Größe im Vergleich zu der Villa Walther einer eher zurückhaltenden Architekturauffassung folgt. Die Villa Walther greift mit ihren, hier nochmals die Worte aus der Denkmaldatenbank,

bq. aufragenden Baumassen, den dominierenden Baugliedern, der kaum steigerbaren Anhäufung von eklektischem Baudekor einschließlich der hohen Einfriedung mit stärkster Wirkung in das Straßenbild ein. Die Villa verbindet die Grundform des Landhauses mit Turm- und Risalitbauten unterschiedlichster Provenienz. Sie repräsentiert die für Wilhelm Walther charakteristische Richtung einer expressiven, “überladenen”, dafür aber handwerklich ausgewiesenen Architektur.

1985 wurde die Villa erweitert und restauriert. Heute sitzt hier ein Ableger des in der Wallotstraße angesiedelten Wissenschaftskollegs.

Wir gehen nun bis zur Koenigsallee, überqueren sie nach rechts. Dabei können Sie die Vorderseite der Villa Walther bewundern. Dann geht es links zum Koenigssee hinunter, bewundern Sie die prächtige Blutbuche, die unten am See steht und als Naturdenkmal geschützt ist. Wir treffen uns dann auf einer Landzunge, etwas um die Ecke.

Station 8: Koenigssee / Auf der Landzunge

Station 8.1: Koenigssee und Koenigsallee / Herkunft des Namens

Der deutsche Bankier Felix Koenigs wurde 1846 geboren und starb 1900 in Paris. Felix Koenigs gehörte zu den Gründern und Finanziers der Villenkolonie Grunewald und besaß hier mehrere Grundstücke. Sowohl der Koenigssee als auch die Koenigssallee sind nach ihm benannt. Koenigs war mit zahlreichen Künstlern befreundet und selbst Kunstsammler. Bei dem Besuch der Weltausstellung in Paris 1900 starb Koenigs unerwartet. Der Maler Max Klinger, der mit ihm reiste, porträtierte den Verstorbenen auf dem Totenbett. Die Kunstsammlung Koenigs‘ ging an die Nationalgalerie, darin waren unter anderem auch Werke von Auguste Rodin.

Station 8.2: Koenigssee

Der Koenigssee ist 22.000 m² groß und hat eine maximale Tiefe von 3,88 m.
Wir gehen nun die Böschung wieder hoch, biegen oben rechts ab, bis wir an die Koenigsallee 33 kommen, dort nehmen wir den rechten Weg nach unten zum See, wo wir noch einmal einen anderen Ausblick auf den See haben, und verlassen dann die Grünanlage. Wir treffen uns wieder vor der Brücke am Hasensprung.

Station 9: Vor der Brücke

Station 9.1: Hasensprung / Brücke über den Diana- und den Koenigssee

Die Brücke aus Stahlbeton wurde 1920 bis 1925 als Ersatzbau für die ursprüngliche in der Gründungszeit der Villenkolonie gebaute Brücke errichtet. Auf dem Brückengeländer rennen zwei Hasen aus Sandstein in die jeweils entgegengesetzte Richtung. Die Brücke und der zu ihr führende Weg heißt Hasensprung, warum? Vielleicht weil der Abstand zwischen den beiden Ufern so gering ist, dass ein Hase darüber springen könnte? So naheliegend dieser Gedanke auch sein mag, er ist nicht der Grund, sondern sie heißt nach einer Weinbaulage in der Nähe von Winkel im Rheingau.

Station 9.2: Koenigsallee 35 / Else-Ensemble

In dem großen Backsteingebäude befindet sich eine kleine Besonderheit. Dort residiert das Else-Ensemble, ein Kammerorchester mit Musiker und Musikerinnen aus Israel und Deutschland. Der Name Else ist eine Reminiszenz an Else Lasker-Schüler. Schwerpunkt des Repertoires liegt auf deutschen und israelischen Komponisten und Komponistinnen, vor allem versucht das Ensemble, vergessene und unbekannte Komponistinnen aufzuspüren und einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Station 9.3: Dianasee

Der Dianasee heißt nach der römischen Göttin für Jagd, des Mondes und der Geburt. Sie ist die Schutzgöttin für Frauen und Mädchen. Der See ist 25.000 m² groß und hat eine maximale Tiefe von 4,50 m. Im Diana- und Koenigssee findet alljährlich im Herbst eine Säuberungsaktion statt. In Kooperation mit unserem Umwelt- und Grünflächenamt fischen Anwohner und Anwohnerinnen Fadenalgen und Hornblatt zur Kompostierung aus den Seen. Das Hornblatt ist zwar im Frühling und im Sommer ein wichtiger Sauerstofflieferant im Wasser, aber wenn die Pflanzen im Herbst absterben, wirken sie sauerstoffzehrend. Für die in den Seen lebenden Organismen besteht dann Erstickungsgefahr, vor allem wenn die Seen länger zufrieren.

Wir gehen nun über die Brücke nach oben links in die Winkler Straße und treffen uns wieder gegenüber der Hausnummer 11.

Villa Noelle Winkler Str. 10

Villa Noelle Winkler Str. 10

Station 10: Winkler Straße

Station 10.1: Winkler Straße / Herkunft des Namens

Hier beginnt die Winkler Straße, in der wir von einer prächtigen Villa zur anderen spazieren werden. Ihren Namen erhielt sie 1898, sie ist nach dem Städtchen Winkel im Rheingau benannt.

Station 10.2: Winkler Straße 11 / Landhaus Eduard Bernhard

Das Landhaus des Fabrikanten Eduard Bernhard wurde 1905 von Hermann Muthesius entworfen. Muthesius hat zahlreiche Landhäuser und Villen in Berlin gebaut, dieses hier ist das einzige, was von ihm in Wilmersdorf erhalten ist. Muthesius war von 1896 bis 1903 Kulturattaché der deutschen Botschaft in England und hat seinen Aufenthalt dort genutzt, um die englische Reformarchitektur zu studieren. Die reformierte Landhausarchitektur ist eine deutliche Abwendung vom Historismus.

Wieder einmal zitiere ich aus Denkmaldatenbank:

bq. Der mehrfach gebrochene Mittelgiebel verleiht dem symmetrisch gewichteten Haus einen Höhenakzent, der seinen repräsentativen Habitus unterstreicht und dem mächtigen Mansarddach die Schwere nimmt. Der freie, heitere Charakter wird durch die breite, zum Garten offene Lagerung des Hauses bestimmt wie durch die Leichtigkeit der verschiedenen Sprossenfenster. Der spezifische Rauhputz verleiht der Oberfläche eine lebendige Textur. Ein sezessionistisches Quadratgitter hebt im Brüstungsbereich die Zäsur zwischen den Geschossen auf. Durch Multiplikation dieses geometrischen Rasters an Pavillon und Einfriedung wird es zur dekorativen Metapher für die von Muthesius angestrebte Transparenz zwischen Innen und Außen, Haus und Garten. Stets hat der Architekt die Gärten seiner Häuser selbst geplant. Erhalten ist der ebenerdig vom Haus zu betretende Vorgarten. Terrassierungen vermitteln zwischen der Hanglage des Hauses und dem Straßenniveau. Formale, regelmäßige Pflanzordnungen führen den Eintretenden von der Pforte zur Haustür. Die innere, der Wohnkultur und dem Lebensstil des Bürgertums vor dem 1. Weltkrieg angepaßte Raumstruktur ist durch spätere Wohnungsaufteilungen unterbrochen. Die “Halle”, mit der vom Architekten genau bedachten Führung der Treppe über ein Podium zum Obergeschoß, gehört zu den qualitätvollsten Innenraumgestaltungen von Hermann Muthesius.

Hermann Muthesius wurde 1861 in Großneuhausen in Sachsen geboren, er starb 1927 in Berlin. Er war nicht nur Architekt und Architekturtheoretiker, sondern auch preußischer Baubeamter, Geheimrat im Handelsministerium und Kulturattaché. Er gehörte zu den Mitbegründern des Deutschen Werkbundes, den er maßgeblich beeinflusste. Muthesius verfasste über 500 Schriften und veröffentlichte zahlreiche Ausätze in der Zeitschrift für Bauwesen und im Zentralblatt der Bauverwaltung. Vor allem stellte er sich gegen den Historismus in der Architektur, der in seinem Streben nach Repräsentation und erzwungenem künstlerischem Aussehen für ihn aufgesetzt und unecht wirkte. Stattdessen propagierte er einen an seiner Funktion ausgerichteten Baustil, wie er in der vor uns stehenden Villa gut zu erkennen ist.

Station 11: Winkler Straße 10

Station 11.1: Winkler Straße 13 / Landhaus Franz

Rechts daneben steht das Landhaus Franz, das von 1895 bis 1896 für Martin Franz, den Besitzer einer Buchdruckerei, gebaut wurde. Der Entwurf stammt von dem Magdeburger Stadtbauinspektor Emil Jähn. 1906 wurde das Haus erweitert, die Erweiterungsbauten stammen ebenfalls von Emil Jähn und dem Architekten Cornelius. Das Haus ist im Landhausstil gebaut, der ja offensichtlich Ende des 19. Jahrhunderts sehr beliebt war. Es ist stark gegliedert mit Loggien und Türmchen und unterschiedlichen Fensterformen. Zwischen 1940 und 1974 gab es zahllose Umbauten. Die letzte Sanierung 1983 stellte zumindest das Äußere des Hauses wieder im Sinne des Originalzustands her.

Station 11.2: Winkler Straße 10 / Villa Noelle

1901/02 ließ sich der Stahlbauunternehmer und Kommerzienrat Ernst Noelle das vor/hinter uns stehende Wohnhaus bauen, ein Werksteinbau mit Elementen der deutschen Renaissance. Architekten waren Hermann Solfs und Franz Wichards. Das Grundstück hatte ursprünglich 9.000 m², lag direkt am Dianasee und reichte bis zum Hasensprung. Es umfasste also auch die Häuser 6a bis 8, an denen wir gerade vorbeigegangen sind. Ernst Noelle zog 1901 mit seiner Frau und seinen 5 Kindern ein.

Ernst Noelle wurde 1854 in Mülheim an der Ruhr geboren und wuchs im Ruhrgebiet auf. Über den Stahlhandel bei Thyssen kam er nach Berlin und gründete hier mit seinem Freund Steffen die Stahlhandelsfirma Steffen und Noelle. Die Firma lieferte zum Beispiel den Stahl für den Bau des Funkturms. Zudem spendierte er die Kirchenfenster der Grunewaldkirche. 1916 starb er.

1937 wurde ein Teil des Grundstücks parzelliert und mit fünf Einfamilienhäusern im Stil der 1930er-Jahre bebaut. An ihnen sind wir ja eben vorbeigegangen. Architekten waren unter anderem Fritz August Breuhaus und Godber Nissen.

Breuhaus wurde 1883 in Solingen geboren und starb 1960 in Rodenkirch-Hahnwald. Er arbeitete international als Architekt, Innenarchitekt und Designer und war Mitglied des Deutschen Werkbundes. 1923 gründete er eine Firma für Kunstgewerbe unter dem Namen Mikado-Werkstätten, die in erster Linie handbedruckte Textilien fertigte. Zwar ging dieser Betrieb bald wieder ein, aber Breuhausr gestaltete weiterhin Objekte wie Bestecke, Lampen, Tapeten und anderen luxuriösen Hausrat, z.T. für bekannte Hersteller wie WMF. In der zweiten Hälfte der 1920er-Jahre entwarf Breuhaus wieder verstärkt Wohnhäuser für großbürgerliche Auftraggeber. Er gestaltete unter anderem die Inneneinrichtung der ersten Klasse im Ozeandampfer Bremen und die des Segelschulschiffs Gorch Fock.

1931/32 ging Breuhaus nach Berlin. Nach Aussagen von Zeitzeugen lehnte er spätestens 1935 den Nationalsozialismus ab, dennoch wurden seine bekanntesten Entwürfe aus den 1930er-Jahren von den Nationalsozialisten vereinnahmt. Breuhaus bekam bis 1939 auch staatsnahe Aufträge, die meisten seiner Bauten in der Zeit des Nationalsozialismus gehen aber auf seine gute Vernetzung mit dem Großbürgertum zurück.

Godber Nissen wurde 1906 in Wladiwostok geboren und starb 1997 in Hamburg. Sein erstes Büro nach dem Studium eröffnete er in Berlin. Als er die Einfamilienhäuser 1937 entwarf, stand er also noch am Anfang seiner Karriere. In dieser Zeit bekam er auch einige Aufträge für die Reemtsma-Cigarettenfabriken, 1952 konnte er dann den Sitz der Verwaltung des Konzerns bauen. Während des Nationalsozialismus‘ arbeitete Nissen für die Rüstungsindustrie. Nach dem Krieg kehrte er nach Hamburg zurück und spezialisierte sich auf Klinikgebäude. Er versuchte in seiner Architektur als Reaktion auf die zunehmend vorherrschende Apparatemedizin die menschlichen Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen.

Kehren wir zurück zu der eigentlichen Villa. 1972 ging das Haus in den Besitz des Malermeisters Uwe Schulz-Ebschbach über, der es liebevoll sanierte und die Geschichte des Hauses dokumentierte. Seine Firma war weitaus bekannt für seine gelungenen Restaurierungen.

Davon ist jetzt nicht mehr viel zu sehen. Seit mehr als 15 Jahren kümmern sich die Eigentümer nicht darum und alle Versuche des Bezirksamtes, etwas an dieser unrühmlichen Situation zu ändern, sind bisher fehlgeschlagen. Durch die Novellierung des Zweckentfremdungsgesetzes gibt es jetzt aber neue Möglichkeiten, ganz aktuell wurden die Anhörungen zu dem Vorgang um die Villa wieder aufgenommen.

Villa Maren Winkler Str. 12

Villa Maren Winkler Str. 12

Station 12: Winkler Straße 12

Station 12.1: Winkler Straße 12 / Villa Maren

Ein Haus weiter steht die Villa Maren. Sie wurde von 1896 bis 1897 vermutlich von dem Architekturbüro Zaar & Vahl im Stil der italienischen Renaissance für den Arzt Paul Maren gebaut. Die beiden Nachbarvillen sehen, obwohl beide im Stil der Neorenaissance, doch sehr unterschiedlich aus, denn einmal rekurriert der jeweilige Architekt auf die deutsche Renaissance bei der Villa Noelle, das andere Mal auf die italienische Renaissance bei der Villa Maren.

Hier ein Zitat aus der Landesdenkmaldatenbank zu der Villa Maren:

Eine überzeugende Ruhe und Klarheit, eine Konzentrierung auf die wesentlichen Formen kennzeichnet die Architektur. Bei dieser Villa besticht die Disposition der einzelnen Bauglieder, das Verhältnis von Wandfläche zu Fenster-, Loggia- und Portalöffnung. Mit dem breiten Sgrafittoband im Bereich des Mezzanins wurde ein seltenes Motiv der Berliner Baugeschichte in die Architektur der Kolonie eingeführt.

Station 12.2: Winkler Straße 15 / Villa Becher

Gegenüber steht die Villa Becher. Sie wurde von 1895 bis 1896 von dem Bauunternehmer und Architekten Ewald Becher für sich selbst gebaut. Becher entwarf auch für andere Bauherren zahlreiche Villen im Grunewald. Von seinen erhaltenen Villen ist dies hier die älteste. Die Villa in der Winkler Straße 7, die wir nach Überquerung der Brücke gesehen haben, wurde 1907 gebaut. Beide Villen haben im Bauschmuck Elemente der Renaissance. Daran erinnert bei dieser Villa hier die Art der Staffelung des Baus und der glockenturmähnliche Aufsatz an der Südostecke.

Station 12.3: Winkler Straße 15 a / Residenz des Botschafters des Königreichs Norwegen

Diese Villa wurde im Jahr 2000 von dem Architekturbüro Wahl und Bauer nach dem Entwurf des Architekten Stein Halvorsen aus Oslo für den Botschafter des Königreichs Norwegen gebaut. Das Grundstück ist 2.400 m² groß und die Wohnfläche etwas mehr als 1.000 m².

Norwegen mit seinen knapp 5,5 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen gilt als höchstentwickeltes Land der Erde mit einem Pro-Kopf-Einkommen von knapp 72.000 US-Dollar pro Jahr. Mit der Entdeckung und Erschließung von Gas- und Ölvorkommen Ende der 1960er-Jahre hat Norwegen eine enorme wirtschaftliche Entwicklung vollzogen, von der die ganze Bevölkerung profitierte und was sich in einem der besten Sozialsysteme der Welt niederschlägt. Norwegen gilt auch als das demokratischste Land der Welt. Nach Neuseeland, Australien und Finnland war Norwegen 1913 das vierte Land auf der Welt, das das Frauenwahlrecht einführte. In dem globalen Gleichstellungsreport, der die Gleichberechtigung von Männern und Frauen misst, steht Norwegen auf Platz 2 hinter Island. Norwegen gehört dem Europäischen Wirtschaftsraum an, ist aber nicht Mitglied der Europäischen Union. Die Mitgliedschaft wurde in Volksabstimmungen zweimal abgelehnt.

Wir gehen nun ein Stück weiter bis zur Hausnummer 20.

Station 13: Winkler Straße 20 / Residenz des Botschafters der Vereinigten Arabischen Emirate

Auch hier stehen wir vor der Residenz eines ölreichen Staates, nämlich der der Vereinigten Arabischen Emirate. Die Vereinigten Arabischen Emirate liegen auf der Arabischen Halbinsel am Persischen Golf und sind ein Zusammenschluss von sieben Emiraten. Das Pro-Kopf-Einkommen betrug kaufkraftbereinigt 2017 knapp 68.000 US-Dollar, die Emirate stehen damit an 8. Stelle weltweit, an erster Stelle steht Katar, Norwegen an 7. Stelle und Deutschland mit ca. 50.000 US-Dollar an 18. Stelle. Neben Erdöl und Erdgas hat sich in den Emiraten inzwischen eine diversifizierte Industrie entwickelt, wozu auch die Tourismusbranche zählt. 2016 besuchten knapp 15 Millionen Touristen das Land. Die Tourismusbranche trägt inzwischen mit knapp 20 Milliarden US-Dollar zur Wirtschaft des Landes bei. 85 % der Arbeitskräfte kommen aus dem Ausland, vor allem aus Indien, Pakistan, Bangladesch, Indonesien und anderen arabischen Ländern. Die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den sieben Emiraten sind sehr groß, da nur drei der sieben Emirate Öl fördern. Deshalb gibt es einen Finanzausgleich zwischen den ärmeren und reicheren Emiraten. Die Bevölkerung wuchs von 70.000 im Jahr 1950 auf 9,5 Millionen heute, die Lebenserwartung im gleichen Zeitraum von 44 auf 76,5 Jahren. Die Emirate investieren viel in Gesundheit, Bildung und Kultur.

Die Residenz des Botschafters der Vereinigten Arabischen Emirate, vor der wir stehen, wurde von 2002 bis 2004 also etwas später als die norwegische Residenz, im neo-arabischen Stil gebaut. Für den Entwurf zeichnet das Architekturbüro conceptplan verantwortlich. Das Gebäude mit 2.800 m² Wohnfläche hat drei Geschosse, ist voll unterkellert und hat ein Schwimmbad.

Aufgabe des Architekturbüros war es in der Architektur, wie es auf seiner Website schreibt:

bq. … die kulturelle Verbindung zweier Länder [auszudrücken]. Neben den Repräsentationsaufgaben der Ländervertretung dient die Residenz natürlich auch der Funktion des heimisch kulturellen Ortes der Privatheit.

Unser nächstes Ziel ist die Ecke Fontanestraße / Trabener Straße.

Station 14: Fontanestraße / Ecke Trabener Straße

Station 14.1: Trabener Straße 1 / Villa Stoltzenberg

An der Ecke steht die Villa Stoltzenberg. Sie wurde 1899 von Ludwig Otte für den Rittergutsbesitzer Richard Stoltzenberg gebaut. Die Villa besteht aus zwei Einzelgebäuden, die durch einen Pavillon miteinander verbunden sind. Das Wohnhaus ist zur Trabener Straße ausgerichtet und hat zwei Geschosse und einen Turm. Auch die zum Bahnhofsvorplatz liegenden ehemaligen Stall- und Wirtschaftsgebäude werden durch einen Turm in ihrer Ausrichtung hervorgehoben. Und hier die Beschreibung des Landesdenkmalamt:

bq. Im Wohngebäude springt vor allem die runde Gartenhalle mit schlanken ägyptisierenden Säulen ins Auge, die den reich durchfensterten Eckturm mit umlaufendem Balkon trägt. Alle Fassadenteile werden von Stuckornamenten hoher Qualität und origineller Gestalt geschmückt. Die Villa repräsentiert wie die meisten Otte-Bauten – vergleiche die Griebenow-Villa am Johannaplatz [die wir im Februar besucht haben]-einen eigenständigen Bautyp, der auf malerische Motive aus der Landhausarchitektur verzichtet und stattdessen durch individuelle, reiche Stuckornamentik zu überzeugen sucht.

Station 14.2: Karmielplatz

Wir sind hier am Karmielplatz, der auf Initiative der SPD-Fraktion seinen Namen anlässlich der 30jährigen Städtepartnerschaft am 18.10.2015 zwischen der Stadt Karmiel in Israel und Charlottenburg-Wilmersdorf erhielt. Seit 31 Jahren pflegt der Bezirk Wilmersdorf und jetzt Charlottenburg-Wilmersdorf eine lebendige Partnerschaft mit Karmiel. Neben gegenseitigen Besuchen politischer Delegationen liegt ein Schwerpunkt der partnerschaftlichen Aktivitäten im Jugendaustausch und dem Austausch von Fachkräften innerhalb der Verwaltungen. Aber auch im kulturellen sowie im Sportbereich gibt es Begegnungen und Projekte. Seit 1998 wird in Karmiel ein internationales traditionelles Tanzfestival mit überregionaler Ausstrahlung veranstaltet.

Karmiel liegt im Norden Israels und entstand ab 1961 im arabisch besiedelten Gebiet. Die Stadt ist ein Beispiel für zukunftsorientierte Stadtplanung. Sie wurde von Anfang an für 120.000 Einwohner und Einwohnerinnen geplant, und die verschiedenen Stadtviertel dem zukünftigen Bauplan entsprechend nach und nach gebaut. Heute leben in Karmiel etwa 50.000 Einwohner und Einwohnerinnen, während es 1989 noch 22.000 waren.

BzBm Reinhard Naumann am Mahnmal Gleis 17

BzBm Reinhard Naumann am Mahnmal Gleis 17

Station 15: Mahnmal von Karol Broniatowski

Station 15.1: Karmielplatz / Mahnmale

Die Vernichtung der deutschen jüdischen Bevölkerung wurde am 20. Januar 1942 auf der Wannsee-Konferenz formal beschlossen. Die Deportationen aus dem ganzen Deutschen Reich und den besetzten Gebieten in die Vernichtungslager begannen jedoch bereits im Oktober 1941 und wurden von der Deutschen Reichsbahn durchgeführt. Von den Berliner Deportationsbahnhöfen Moabit und Grunewald wurden mehr als 50.000 jüdische Mitbürger und Mitbürgerinnen wie Vieh in die Vernichtungslager transportiert. Der erste Deportationszug verließ den Bahnhof Grunewald am 18. Oktober 1941 mit 1.013 Personen, der letzte am 5.1.1945 nach Sachsenhausen. Die Reichsbahn verlangte von der SS pro Person und gefahrenem Schienenkilometer 4 Pfennige, pro Kind 2 Pfennige, nur die Hälfte wenn mehr als 400 Menschen transportiert wurden. Für die ersten Transporte wurden noch Personenzüge verwendet, später Güterzüge.

Die Rolle der Deutschen Reichsbahn im Holocaust blieb lange unbeachtet. Erst in den 1980er- und 1990er-Jahren wurden in Erinnerung an dieses Kapitel in der Vergangenheit des Bahnhofs Grunewald mehrere Mahnmale errichtet. Die ersten Mahnmale stammen daher von anderen Gruppen.

Die erste Gedenktafel zur Erinnerung an die Deportationen wurde 1953 am Signalhaus aufgestellt, allerdings wurde sie aus unbekannten Gründen wieder entfernt, auch der Zeitpunkt des Abbaus ist nicht dokumentiert. Die Einweihungsfeier wurde damals von Polizisten gestört, weil die Gruppe, die die Gedenktafel initiiert hatte, als kommunistisch galt.

Die zweite Tafel des Gedenkens wurde erst zwanzig Jahre später im Jahr 1973 angebracht und 1986 gestohlen.

Das erste Mahnmal, an dem wir gleich vorbeigehen, ist das Mahnmal mit den Eisenbahnbohlen und den kleinen Birken, das am 18. Oktober 1987, dem 46. Jahrestag des ersten Transportes, von einer Frauengruppe der evangelischen Gemeinde Grunewald errichtet wurde.

An der Rampe zum Güterbahnhof wurde auf Initiative des damaligen Bezirks Wilmersdorf am 18. Oktober 1991 ein von dem polnischen Künstler Karol Broniatowski geschaffenes Mahnmal enthüllt. Es besteht aus einer Betonmauer mit Negativabdrücken menschlicher Körper und einer erläuternden Bronzetafel. Auf der Tafel steht:

bq. Zum Gedenken
an die mehr als 50.000 Juden Berlins, die zwischen
Oktober 1941 und Februar 1945 vorwiegend vom
Güterbahnhof Grunewald aus durch den
nationalsozialistischen Staat in seine Vernichtungslager
deportiert und ermordet wurden.
Zur Mahnung an uns, jeder
Mißachtung des Lebens und der Würde des Menschen
mutig und ohne Zögern entgegenzutreten.

Station 15.2: Mahnmal Gleis 17

Für die Errichtung eines zentralen Mahnmals, das an die Rolle der Reichsbahn unter der nationalsozialistischen Diktatur erinnern soll, führte die Deutsche Bahn AG einen begrenzten Wettbewerb durch. Ausgewählt wurde der Entwurf des Architektenteams Nicolaus Hirsch, Wolfgang Lorch und Andrea Wandel, vor dem wir jetzt stehen. Beidseits des Gleises 17, von dem die meisten Deportationszüge abfuhren, wurden gusseiserne Platten verlegt. An den so entstandenen „Bahnsteigkanten“ dieser Platten sind in chronologischer Folge alle Fahrten von Berlin mit Anzahl der Deportierten und dem Zielort dokumentiert. Die Vegetation, die im Laufe der Jahre einen Teil des Gleises erobert hat, ist in das Mahnmal einbezogen worden. Es ist ein Symbol dafür, dass nie wieder ein Zug von diesem Gleis abfahren wird. Am 27. Januar 1998 wurde das Mahnmal enthüllt. Im Gegensatz zu dem großen Holocaust-Mahnmal am Brandenburger Tor ist der Bahnhof Grunewald ein authentischer Ort, der mit dem tatsächlichen historischen Geschehen des Holocaust in Verbindung steht. Deshalb hat dieser Ort eine besondere Bedeutung.

Station 15.3: Bahnhof Grunewald

Zum Schluss noch Wissenswertes über den Bahnhof Grunewald. Am 1. August 1879 wurde der Bahnhof unter dem Namen Hundekehle in Betrieb genommen. Dieser Name bezog sich auf das nahe dem Bahnhof im Grunewald liegende Hundekehlefenn. Zu dieser Zeit besaß der Bahnhof mit vier Bahnsteigen seine größte Ausdehnung. Am 15. Oktober 1884 erhielt er seinen endgültigen Namen.

Mit der Errichtung der Villenkolonie Grunewald erhielt der Bahnhof 1899 ein repräsentatives Empfangsgebäude nach Entwürfen von Karl Cornelius. Das Gebäude, ein verputzter Ziegelbau mit Sandsteinelementen, vermittelt den Eindruck eines Burgtores, über dem ein Flügelrad wie ein Wappen prangt. Gekrönt wird das Gebäude durch eine Windfahne in Form einer Dampflokomotive. Auch die restliche Bahnhofsanlage wurde zu dieser Zeit umgestaltet und die beiden Zugangstunnel, von denen heute nur noch einer in Betrieb ist, angelegt.

Zwei Bereiche des Bahnhofs Grunewald stehen jeweils als Gesamtanlagen unter Denkmalschutz. Zum einen der Komplex Ringbahn-Endstation Grunewald mit Stationsgebäude von 1879, Stellwerk, Funktionsgebäude und Gleisanlagen mit der Gedenkstätte Gleis 17, zum anderen der Komplex S-Bahnhof Grunewald, das Empfangsgebäude mit dem von Karl Cornelius entworfenen Bahnhofsgebäude von 1899, dem Tunnel und zwei Bahnsteigen.

Hier endet unser Kiezspaziergang. Mir hat es wieder sehr viel Spaß gemacht, mit Ihnen durch einen Teil unseres spannenden Bezirks zu wandern. Kommen Sie gut nach Hause! Wir sehen uns wieder im September, denn im Juli wird mein Kollege Bezirksstadtrat Arne Herz Sie führen. Der Juli-Spaziergang beginnt am 13. Juli um 14 Uhr auf der südlichen Seite des S-Bahnhofes Messe Süd und endet im Naturschutzzentrum Ökowerk am Teufelssee. Der Spaziergang wird etwas länger sein und führt auch durch den Wald, ist also nicht barrierefrei. Im August wird Sie voraussichtlich meine Bezirksamtskollegin Frau Schmitt-Schmelz führen. Ich freue mich auf ein Wiedersehen im September und wünsche Ihnen bis dahin alles Gute!