139. Kiezspaziergang am 13.07.2013

Vom Sophie-Charlotte-Platz zur Kirche am Lietzensee

Start am Kaiserdamm Ecke Suarezstraße, 13.7.2013, Foto: KHMM

Start am Kaiserdamm Ecke Suarezstraße, 13.7.2013, Foto: KHMM

Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann

Treffpunkt: Am U-Bahn-Ausgang Sophie-Charlotte-Platz, Kaiserdamm zwischen Suarezstraße und Witzlebenstraße
ca. 1,8 km

Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 139. Kiezspaziergang. Heute haben wir viel Neues und viel Abwechslung vor uns: Dicht bebaute Innenstadt, große Magistrale, Autobahn, idyllischer Park am See, großes Neubauprojekt und geschichtsträchtige Orte – das alles bietet Charlottenburg in knapp zwei Stunden auf engstem Raum.

Kartenskizze

Kartenskizze

Wir wollen zunächst zum ehemaligen Reichskriegsgericht und Kammergericht gleich hier um die Ecke gehen, dann am Lietzensee entlang über den Erwin-Barth-Platz wieder zum Kaiserdamm und zur Kaiserdammbrücke.
Dort werden wir an Giuseppe Marcone erinnern, der an dieser Stelle am 17. September 2011 aus dem U-Bahnhof Kaiserdamm heraus zu Tode gehetzt wurde. Am 14. Juni wurde für ihn auf dem Mittelstreifen des Kaiserdamms ein Baum gepflanzt und eine Gedenktafel angebracht. An der Ecke Kaiserdamm und Messedamm ist die Baustelle der neuen großen Berlin-Repräsentation von BMW zu sehen, die vor einigen Wochen Richtfest gefeiert hat. Über den Dresselsteg und die Riehlstraße werden wir den Lietzenseepark und zum Abschluss die Kirche am Lietzensee erreichen. Ich freue mich sehr, dass Pfarrer Sascha Weber uns eingeladen hat, seine Kirche zu besichtigen – und nicht nur das. Er ist bereits bei uns und will unseren Kiezspaziergang miterleben. Herzlich willkommen und vielen Dank!
Bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen den nächsten Treffpunkt mitteilen, wie immer am zweiten Samstag, des Monats, also am 10. August, um 14.00 Uhr.
Wie die meistern von Ihnen schon wissen, wird es im August erstmals zu einer bezirklichen Einrichtung außerhalb des Bezirks gehen, nämlich zum Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf. An unserer Umfrage dazu haben sich 120 Personen beteiligt, die alle ihr Interesse an diesem Spaziergang bekundet haben. Nur 18 von ihnen haben sich für einen Extra-Bus-Transfer ausgesprochen. Alle anderen wollen auf eigene Faust nach Stahnsdorf kommen. Deshalb haben wir auf die Organisation eines Reisebusses verzichtet. Wir hoffen, dass auch diejenigen, die einen Reisebus bevorzugt hätten, sich nicht abschrecken lassen.
Der Treffpunkt am 10. August um 14.00 Uhr ist am Eingang zum Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf am Ende der Bahnhofstraße, Ecke Alte Potsdamer Landstraße in Stahnsdorf. Wer einen Navi oder Google Maps benutzt, nutz am besten die Adresse Bahnhofstraße 1 in Stahnsdorf.
Wenn Sie den Friedhof mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen wollen, dann geht das entweder vom Hauptbahnhof Potsdam aus mit dem Bus 601 oder vom U-Bahnhof Krumme Lanke mit dem Bus 622. Beide halten an der Haltestelle Bahnhofstraße in Stahnsdorf. Von dort ist noch ein knapper Kilometer durch die Bahnhofstraße vorbei am Südwestkirchhof bis zum Eingang des Wilmersdorfer Waldfriedhofs zu laufen.
Der Bus 601 fährt um 13.14 Uhr ab Hauptbahnhof Potsdam und kommt um 13.40 Uhr an der Haltestelle Bahnhofstraße von Stahnsdorf an. Der Bus 622 fährt um 13.16 Uhr ab U-Bahnhof Krumme Lanke und kommt um 13.41 an der gleichen Haltestelle in Stahnsdorf an. Der Treffpunkt um 14.00 Uhr am Eingang zum Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf ist dann bequem zu erreichen. Sie finden alle Angaben ganz genau auf unserer Website im Internet unter www.kiezspaziergaenge.de und für alle, die keinen Zugang zum Internet haben, hat Herr Metzger bereits einen Infozettel verteilt.

Kaiserdamm 118 (Ecke Kaiserdamm und Suarezstraße)
Wir stehen hier vor einem Wohnhaus, das 1907/08 von Hermann Heider gebaut wurde. Es steht unter Denkmalschutz und wurde 1990 restauriert. Es ist ein mehrgeschossiges Mietshaus im Stil der Neorenaissance mit einer kolossalen Giebelfront, einer mit Mosaiken verzierten Ladenzone, einem über dem Eingangsportal auf mächtigen figürlichen Konsolen ruhenden Erker, sowie weiteren, grau verputzten Erkern. Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zogen Offiziere der Roten Armee in die bis zu 400 qm großen Wohnungen.

Kaiserdamm, 13.7.2013, Foto: KHMM

Kaiserdamm, 13.7.2013, Foto: KHMM

Kaiserdamm und Bismarckstraße
Hier am Sophie-Charlotte-Platz wird die Bismarckstraße zum Kaiserdamm – oder umgekehrt. Der Kaiserdamm erhielt seinen Namen 1906 nach dem damaligen Kaiser Wilhelm II. 1967 wurde der Kaiserdamm in Adenauerdamm umbenannt.
Aber nach vehementen Protesten der Bevölkerung erhielt er bereits nach einem knappen Jahr seinen alten Namen zurück. Ersatzweise wurde dann für Konrad Adenauer der Adenauerplatz am Kurfürstendamm gefunden.
Um die Jahrhundertwende entstand auf Initiative Berlins und des Militärs ein Verkehrsprojekt, das von Charlottenburg zunächst eher skeptisch betrachtet wurde: das “Heerstraßenprojekt”, eine geradlinige Prachtstraßenverbindung von Berlin durch den Tiergarten über Charlottenburg und das südliche Spandau bis zum Truppenübungsgelände bei Döberitz westlich von Spandau. Charlottenburg stimmte schließlich zu, nachdem es als Gegenleistung zu einem günstigen Preis Gelände südlich und südwestlich des Reichskanzlerplatzes (heute Theodor-Heuss-Platz) erwerben konnte, unter anderem das heutige Messegelände.
1902 wurden schließlich alle Häuser an der Südseite der Bismarckstraße abgerissen, um die Straße zu verbreitern und über den Kaiserdamm zur Heerstraße zu verlängern. Unter anderem entstand durch diesen Abriss auch der Bauplatz für das Schiller Theater.
Für die Nationalsozialisten wurde dieser Straßenzug zur Ost-West-Achse, die als riesige Paradestraße ausgebaut werden sollte und teilweise auch ausgebaut wurde. Albert Speer selbst hat die Straßenlampen entworfen, die noch heute entlang des Straßenzuges stehen.

Sophie-Charlotte-Platz
Der Sophie-Charlotte-Platz wurde 1892 benannt nach der Namensgeberin von Charlottenburg, der preußischen Königin Sophie Charlotte, der Gemahlin von König Friedrich I. Der Platz wurde 1910 mit Rasen, Rabatten, Hecken und Bäumen angelegt.

Kaiserdamm 1: Polizeipräsidium
Das Haus gegenüber am Kaiserdamm 1 wurde 1906 bis 1910 von Oskar Launer und Kloeppel für das damalige Polizeipräsidium Charlottenburg gebaut. Das Haus steht unter Denkmalschutz. Heute sind hier das Referat Umweltkriminalität des Landeskriminalamtes und der Polizei-Abschnitt 24 untergebracht.
Nach der Eingemeindung Charlottenburgs nach Berlin im Jahr 1920 wurde hier die Kriminalpolizei untergebracht, und in den 20er Jahren war dies der Sitz des von den Nationalsozialisten wegen seiner jüdischen Herkunft diffamierten Berliner Vizepolizeipräsidenten und Chefs der Kriminalpolizei Bernhard Weiß.
2008 haben wir an dem Wohnhaus am Steinplatz 3, wo Bernhard Weiß bis zum März 1933 lebte, eine Gedenktafel enthüllt, die an ihn erinnert.
Und 2010 wurde auch hier am Haus des ehemaligen Polizeipräsidiums Charlottenburg eine Gedenktafel für Bernhard Weiß enthüllt. Der Text lautet:
“Bernhard Weiß
1880 Berlin – 1951 London
Polizeivizepräsident in Berlin
von 1927 bis 1932
Preußischer Jude – Kämpferischer Demokrat
In diesem Polizeigebäude wohnte
Dr. Bernhard Weiß während seiner Amtszeit.
Er gehörte zu den Wenigen, die sich dem
aufkommenden Nationalsozialismus
mit rückhaltlosem Einsatz entgegenstellten.”

Bernhard Weiß wurde am 30. Juli 1880 in Berlin geboren. Sein Vater war Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in der Charlottenburger Fasanenstraße.
Im Sommer 1918 wurde er als Stellvertretender Leiter der Kriminalpolizei in Berlin in den Polizeidienst aufgenommen, 1925 wurde er Chef der Kriminalpolizei und 1927 Vizepolizeipräsident, was ihm den Spitznamen “Vipoprä” eintrug.
Weiß förderte gemeinsam mit seiner Frau Lotte auch die Kultur und war persönlich befreundet mit Künstlern wie Richard Tauber. Als Mitglied der liberalen DDP engagierte er sich für die Demokratie der Weimarer Republik. Als Beamter der Republik griff er gegen Rechtsbrüche konsequent durch.
Nachdem Joseph Goebbels von Hitler Ende 1926 zum Berliner Gauleiter der NSDAP ernannt worden war, fand er in Bernhard Weiß seinen Hautgegner. Er veranstaltete unablässig Diffamierungskampagnen gegen ihn und nannte ihn wegen seiner jüdischen Herkunft immer nur “Isidor Weiß”. Besonders in der Hetzzeitung “Der Angriff” wurde Weiß ständig in Texten und antisemitischen Karikaturen diffamiert.
Als Vizepolizeipräsident machte Weiß keinen Unterschied zwischen rechts und links. Er bekämpfte die Pöbeltruppen der SA ebenso wie die Kampfformationen der Kommunisten, die der Weimarer Republik ebenfalls feindselig gegenüberstanden.
In der Berliner Bevölkerung und in der Polizei war Weiß populär und geachtet.
Nach dem “Preußenschlag” Papens 1932 verlor Weiß – wie die gesamte Regierung Preußens – sein Amt. Nach kurzer Haft wurde er freigelassen und lebte bis zum März 1933 in Berlin. Als die Nazis ein Kopfgeld auf ihn aussetzten, ermöglichten ihm Kollegen die Flucht. Weiß floh 1933 über Prag nach London, wo er 1951 kurz nach der Wiedererlangung seiner deutschen Staatsbürgerschaft im Alter von 70 Jahren starb.
Wir gehen jetzt rechts um die Ecke in die Witzlebenstraße bis zur großen Infotafel vor der Hausnummer 6.

Witzlebenstraße
Die Witzlebenstraße und der Witzlebenplatz wurden 1905 nach dem Preußischen Geralmajor, Staats- und Kriegsminister Wilhelm von Witzleben benannt. Er wurde 1783 in Halberstadt geboren, starb 1837 in Berlin. 1827 kaufte er in Charlottenburg den Lietzensee mit Umgebung und schuf sich hier einen Sommersitz mit großem Park. Im gleichen Jahr erhielt er die Charlottenburger Ehrenbürgerrechte. Nach seinem Tod verkaufte die Familie 1840 den Charlottenburger Besitz.

Witzlebenstr. 34/35: Lietzensee-Grundschule
Das Gebäude wurde 1903/04 von Paul Bratring und Rudolf Walter für die 21. und 22. Gemeindeschule Charlottenburg für Knaben und Mädchen gebaut. Der Mauerwerkbau ist mit orangeroten Ziegeln verblendet. Die schmückenden und gliedernden Teile sind aus Muschelkalk und Sandstein. Heute ist hier die Lietzensee-Grundschule untergebracht.

Ehemaliges Reichskriegsgericht und Kammergericht, 13.7.2013, Foto: KHMM

Ehemaliges Reichskriegsgericht und Kammergericht, 13.7.2013, Foto: KHMM

Witzlebenstraße 6 / Witzlebenplatz 1-2: Ehemaliges Reichskriegsgericht, Reichsmilitärgericht, Kammergericht
Das Gerichtsgebäude wurde 1908-1910 erbaut. Von 1910 bis 1920 fungierte das Gebäude als Reichsmilitärgericht, danach bis 1936 als Reichswirtschaftsgericht und Kartellgericht. 1936 zog hier das von den Nazis gegründete Reichskriegsgericht ein, der höchste Gerichtshof der NS-Wehrmachtsjustiz.
Er war zuständig für Hoch- und Landesverrat von Militärangehörigen, “Kriegsverrat” und Wehrdienstverweigerung aus religiösen Gründen. Mit Kriegsbeginn 1939 wurde seine Kompetenz erweitert auf Spionage, Wirtschaftssabotage und “Wehrkraftzersetzung”. Aus den Jahren 1939 bis 1945 sind mehr als 1400 Todesurteile aktenkundig, von denen mehr als 1000 vollstreckt wurden. Insgesamt haben NS-Kriegsgerichte während des Zweiten Weltkriegs mehr als 30.000 Todesurteile verhängt, von denen die meisten vollstreckt wurden.
Zum Vergleich: Während des gesamten Ersten Weltkriegs hat die Militärjustiz des Kaiserreichs insgesamt 150 Todesurteile verhängt, von denen 48 vollstreckt wurden.
Am bekanntesten wurden die Verfahren gegen die Widerstandsgruppe “Rote Kapelle”. Mehr als 50 Mitglieder der Gruppe wurden hier zum Tode verurteilt und in Plötzensee ermordet.
Das Reichskriegsgericht war ein Instrument des Terrors des NS-Staates. 1943 zog das Gericht wegen der zunehmenden Luftangriffe nach Torgau um. Das letzte Urteil wurde am 10.4.1945 gefällt. Danach flohen die Richter in den Süden Deutschlands.
Keiner der Richter wurde nach dem Krieg verurteilt. Erst in den letzten Jahren wurden einige der von ihnen gefällten Urteile revidiert, und erst jetzt stellt sich auch die deutsche Justiz ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit.
Eine Tafel auf dem Gehweg vor dem Haupteingang erinnert seit einigen Jahren an die Geschichte des Hauses:
“Zum Gedenken
In diesem Hause, Witzlebenstraße 4-10,
befand sich von 1936-1943 das Reichskriegsgericht.
Die höchste Instanz der Wehrmachtjustiz
verurteilte hier
über 260 Kriegsdienstverweigerer
und zahllose Frauen und Männer des Widerstands
wegen ihrer Haltung gegen Nationalsozialismus und Krieg
zum Tode
und ließ sie hinrichten.”
Das Gerichtsgebäude wurde 1951 der Dienstsitz des für West-Berlin zuständigen Kammergerichtes, das sich heute wieder am Kleistpark befindet. Bis 2007 befand sich in einem Neben-Treppenhaus im Erdgeschoss eine Gedenktafel für den früheren Kammergerichtspräsidenten Günter von Drenkmann. Sie wurde im Zuge des Umbaus des Hauses abmontiert und im Kammergerichtsgebäude am Kleistpark in Schöneberg angebracht. Drenkmann wurde 1974 von Terroristen der Bewegung 2. Juni in seinem Haus in der Bayernallee 10 in Westend ermordet. Dort erinnert seit 2008 eine Gedenktafel an ihn.
Das bundeseigene Gerichtsgebäude wurde zuletzt bis zum Umzug nach Leipzig vom 5. Senat des Bundesgerichtshofes genutzt. Seit 1997 stand es leer. Im Juni 2005 kaufte ein niederländischer Privatinvestor das Gebäude. Im Juni 2006 wurde der Grundstein für den Umbau zu einem Mietwohnkomplex gelegt. Es entstanden rund 100 Mietwohnungen mit einer Durchschnittsgröße von 80 bis 100 qm. Auch das Dachgeschoss wurde ausgebaut.

Gedenktafel für Franz Jägerstätter, 13.7.2013, Foto: KHMM

Gedenktafel für Franz Jägerstätter, 13.7.2013, Foto: KHMM

Witzlebenplatz 1: Gedenktafel für Franz Jägerstätter
1997 wurde am Zaun eine Gedenktafel in deutscher und englischer Sprache für Franz Jägerstätter angebracht. Der österreichische Bauer und Katholik Franz Jägerstätter wurde hier wegen Kriegsdienstverweigerung am 6. Juli 1943 zum Tode verurteilt und einen Monat später, am 9. August, im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet. Am letzten Samstag habe ich hier an einer bewegenden Gedenkveranstaltung zu seinem 70. Todestag teilgenommen. In der amerikanischen Friedensbewegung ist Jägersätter eine Symbolfigur wie Martin Luther King und Mahatma Gandhi. Auch bei uns sollte er als Vorbild bekannter werden.

Der Text lautet:
“IN DIESEM GEBÄUDE WURDE DER
ÖSTERREICHISCHE BAUER
FRANZ JÄGERSTÄTTER (1907 – 1943)
VOM EHEMALIGEN REICHSKRIEGSGERICHT
WEGEN SEINER GEWISSENSENTSCHEIDUNG
GEGEN EINE KRIEGSTEILNAHME
AM 6. JULI 1943 ZUM TOD VERURTEILT.
MIT IHM GEDENKEN WIR ALL JENER,
DIE WEGEN EINER
GEWISSENSENTSCHEIDUNG OPFER
VON KRIEGSGERICHTEN WURDEN.

Gegenüber der Gedenktafel für Franz Jägerstätter befindet sich ein Verkehrsspiegel mit einer kleinen Erläuterungstafel. Sie informiert über das Mahnmal “Denkzeichen zur Erinnerung an die Ermordeten der NS-Militärjustiz am Murellenberg”.
Dieses Mahnmal wurde von der Berliner Künstlerin Patricia Pisani geschaffen und im Jahr 2002 entlang des Waldweges von der Glockenturmstraße am Olympiastadion bis in die Nähe des Erschießungsortes hinter der Waldbühne aufgestellt. Es besteht aus 106 Verkehrsspiegeln. Auf sechzehn Spiegeln informieren eingravierte Texte über das Geschehen in der Murellenschlucht. Unter den Nationalsozialisten wurde dort eine Wehrmachtshinrichtungsstätte errichtet. In der Murellenschlucht, am Hang des Murellenberges wurden zwischen dem 12. August 1944 und dem 14. April 1945 Deserteure, Wehrdienstverweigerer und Befehlsverweigerer standrechtlich erschossen, meist nach Urteilen des Reichskriegsgerichtes. Die genaue Zahl ist nicht bekannt. Mehr als 230 sind bisher namentlich ermittelt.

Bereits 1984 wurde am Zaun eine Gedenktafel für Dr. Karl Sack enthüllt, der von 1938 bis zum November 1939 Richter am Reichskriegsgericht war:
“Am Reichskriegsgericht wirkte hier
1938/39 Dr. Karl Sack als Widerstandskämpfer.
Am 9.4.1945 ermordet im KZ Flossenbürg.”
Im September 1942 wurde er zum Chef der Heeresjustiz ernannt. Er hatte Kontakte zu der Widerstandsgruppe der militärischen Abwehr um Canaris, Oster und Hans von Dohnanyi. In den Plänen der Verschwörer vom 20. Juli 1944 war er in einer zivilen Regierung als Justizminister vorgesehen. Nach dem Attentat wurde er im September 1944 verhaftet und am 9. April zusammen mit anderen Widerstandskämpfern wie Dietrich Bonhoeffer, Admiral Wilhelm Canaris und Generalmajor Hans Oster im Konzentrationslager Flossenbürg erhängt.

Lietzenseepark: Skulptur von Volkmar Haase
Am Eingang zum Lietzenseepark hier an der Ecke Witzlebenplatz und Witzlebenstraße wurde 1995 eine Skulptur von Volkmar Haase aufgestellt. Sie trägt den Titel “Woge mit Kugel – Der Anfang und das Ende”.
Wir gehen jetzt in den Lietzenpark hinunter, vorbei am Park-Café zur Schillerwiese.

Lietzenseepark, Parkcafé, 13.7.2013, Foto: KHMM

Lietzenseepark, Parkcafé, 13.7.2013, Foto: KHMM

Lietzenseepark
Der Lietzensee ist 6,6 ha groß und 3 bis 4m tief. Er hat keinen Zufluss, sondern wird allein durch Grundwasser gespeist. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war er nahezu verlandet, völlig verschilft und nur noch knapp 20 cm tief. Er wurde auf zwei Meter Tiefe ausgebaggert. Wegen der übermäßigen Nährstoffbelastung wurde hier schon damals – vermutlich weltweit zum ersten Mal – eine künstliche Sanierung durch Nährstoffdrosselung durchgeführt.
In den 1820er Jahren erwarb General von Witzleben das Gelände rund um den Lietzensee und ließ auf der Westseite einen großen Park nebst Landhaus anlegen. Nach seinem Tod erhielt dieser 1840 per Kabinettsorder den Namen Park Witzleben. Im gleichen Jahr verkaufte die Familie den Besitz. Er wurde 1899 von der Terrain-Gesellschaft Park Witzleben erworben, die den öffentlichen Lietzenseepark anlegen ließ.
Durch die Verlängerung der Kantstraße und die damit verbundenen Aufschüttung eines Dammes 1904 wurden See und Park zweigeteilt.
1910 kaufte schließlich die Stadt Charlottenburg den Lietzensee samt Park. 1912-13 bauten Erwin Barth und Heinrich Seeling die Lietzensee-Kaskaden am Dernburgplatz und an der Wundtstraße. Nach dem Ersten Weltkrieg, 1919-1922 gestaltete Erwin Barth den Park teils in regelmäßigen Strukturen zum Landschaftspark um. Ursprünglich waren die Uferränder mit Stauden eingefasst, später wurden Rasenflächen angelegt. Nach starken Kriegszerstörungen der Parkanlage wurde sie in den 1950er Jahren wieder hergestellt. 1954 wurde durch einen Fußgängertunnel unter der Lietzenseebrücke eine Verbindung der beiden Parkteile geschaffen, die wir nachher auch nutzen werden.
Vor dem Parkwächterhaus wurde ein großer Kinderspielplatz angelegt.
Seit 2009 gibt es den Senioren-Aktivplatz mit fest installierten Sportgeräten, die zu jeder Jahreszeit von Menschen jedes Alters kostenlos genutzt werden können.
Im Lietzenseepark ist ein guter Ausgleich gelungen zwischen Gartendenkmalpflege und vielfältigen Nutzungsangeboten. Mitten in der Innenstadt sind die Bedürfnisse nach Betätigung im Freien besonders groß. Aber gerade wenn viele Menschen einen Park nutzen wollen, dann sollte er auch möglichst schön und gut gepflegt sein.

Mit Herrn Wermer von der Initiative "Bürger für den Lietzensee", 13.7.2013, Foto: KHMM

Mit Herrn Wermer von der Initiative "Bürger für den Lietzensee", 13.7.2013, Foto: KHMM

Dabei wird die Arbeit des Grünflächenamtes zunehmend auch von Bürgerinnen und Bürgern unterstützt, die sich freiwillig für ihren Park engagieren. 2004 wurde der Verein Bürger für den Lietzensee e.V. gegründet, der sich seither um die Pflege und Sauberkeit des Parks kümmert.
Mit ihren Anstrengungen pflegen der Verein und unser Grünflächenamt das Erbe des großen Garten- und Parkgestalters Erwin Barth.
Er war von 1912 bis 1926 Gartendirektor von Charlottenburg und anschließend von Groß-Berlin. Wir haben ihm viele großartige Platz- und Parkanlagen zu verdanken, darunter den Savignyplatz, Brixplatz, Hochmeisterplatz, Klausenerplatz, Mierendorffplatz, den Volkspark Jungfernheide und den Lietzenseepark. Sein Credo lautete: “Wenn irgendwo eine reiche Ausstattung der Plätze mit verschwenderischer Blumenfülle, mit Brunnen und dergleichen angebracht ist, so ist es da, wo Leute wohnen, die sich keine eigenen Gärten leisten können.”
Über den Lietzenseepark schrieb Erwin Barth:
“Es war nicht immer eine reine Freude, diese Gartenanlage als Notstandsarbeit auszuführen; aber je größer die Schwierigkeiten wurden, desto größer wurde auch die Freude am gelungenen Werke. Die ungeheuer starke Benutzung des Parkes durch die Bevölkerung beweist, dass die Arbeiten nicht umsonst ausgeführt worden sind.
Mögen die kommenden Zeiten nicht dazu zwingen, die mit soviel Mühe geschaffene Arbeit wieder verfallen zu lassen.”
2005 haben wir die Grünfläche am Kaiserdamm, die wir gleich überqueren werden, nach Erwin Barth benannt. Übrigens hat Erwin Barth auch den Wilmersdorfer Waldfriedhof in Stahnsdorf gestaltet, der das Ziel des nächsten Kiezspazierganges ist. Und dort werden Sie auch sein Grab besichtigen können.

Park-Café
Das alte Bootshaus war 1924 nach Plänen von Erwin Barth errichtet worden. Es fiel 1973 einem Brandanschlag zum Opfer. Danach wurde ein Provisorium errichtet. Das Bezirksamt wollte ein neues Haus in Anlehnung an das historische Vorbild errichten lassen und hat dafür neue Betreiber gesucht. Diese haben das alte Holzhaus 2007 abreißen lassen und 2009 als “Bootshaus Stella Café am Lietzensee” in einem Neubau wieder eröffnet.

Schillerwiese
Hier, am nördlichen Ende des Lietzenseeparks befindet sich vom Kaiserdamm her gewissermaßen der Haupteingang in den Park und der Hauptzugang zum See. Eine große, hufeisenförmige Wiese empfängt den Spaziergänger. Sie wird an den Seiten von hohen Bäumen eingerahmt. Dieser Eingangsbereich hat sich seit der Eröffnung des Parks 1922 kaum verändert. Irene Fritsch zitiert in ihrem Buch “Leben am Lietzensee” aus einem Beitrag von Paul Klawun, der 1922 in der Zeitschrift “Gartenwelt” begeistert schrieb:
“Gleich vorn am Kaiserdamm eröffnet sich ein sanft abfallendes Rasenparterre als erstes Entree in den Park, das mit großem Geschick den Wanderer vom Straßenverkehr auf eine längliche Plattform überleitet, von wo er über saftiges Grün einen tiefen, diagonalen Einblick in den Park und auf die Wasserfläche gewinnt.
Der Schöpfer, Erwin Barth, hat es verstanden, mit feinem Takt gerade dieses erste Entree ganz diskret ohne lauten Blumenschmuck und ohne die kräftigen Akkorde seiner Steinarchitekturen zu behandeln, um so die eigentlichen Effekte nicht vorwegzunehmen.
Nur die beiden hohen Pappelgruppen, die als wuchtige Säulen zu beiden Seiten dieses Rasenparterre flankieren, lassen erkennen, dass hier eine wichtige Dominante des Parkes betont werden soll.”
Irene Fritsch erklärt in ihrem Buch auch die Bezeichnung “Schillerwiese”. Auf dem unteren Teil der Wiese stand nämlich von 1952 bis 1985 ein Marmor-Denkmal des Dichters Friedrich Schiller. Reinhold Begas hatte es geschaffen, und seit 1871 stand es vor dem Schauspielhaus auf dem Gendarmenmarkt. Die Nationalsozialisten entfernten es 1935.
Die Statue überdauerte den Krieg und wurde nach ihrer Restaurierung 1952 hier aufgestellt.
1986 wurde sie im Rahmen eines Austauschprogramms von Kulturgütern mit der DDR wieder an ihren alten Platz auf dem Gendarmenmarkt gebracht, wo sie bis heute steht. Allerdings heißt das Schauspielhaus inzwischen Konzerthaus, was nicht mehr unbedingt zu Friedrich Schiller passt, aber so ist der Gang der Dinge.
Irene Fritsch wohnt ganz in Nähe des Lietzensees, und sie hat sich sehr intensiv mit der Geschichte des Parks und seiner Umgebung beschäftigt. 2001 hat sie ihr erstes Buch veröffentlich: “Leben am Lietzensee”, eine sehr informative lokalhistorische Darstellung. Seither kamen vier Krimis dazu: 2006 “Finale am Lietzensee”, 2007 “Die Tote vom Lietzensee”, 2009 “Kalter Krieg am Lietzensee” und 2011 Charleston in der Drachenburg.
Alle vier Krimis sind sehr unterhaltsam zu lesen, und sie enthalten viele Einzelheiten zum Kiez und seiner Geschichte.

Kleine Kaskade
Die kleine Kaskade mit Rundbecken und Fontäne, eingerahmt von Laubengängen schufen Erwin Barth und Heinrich Seeling 1912 gleichzeitig mit der großen Kaskade am südlichen Ende des Parks. Um die kleine Kaskade wieder in Betrieb nehmen zu können, wäre eine Grundsanierung notwendig, deren Kosten im sechsstelligen Bereich liegen. Leider kann sich der Bezirk eine solche Sanierung derzeit nicht leisten.

Parkwächterhaus
1924-25 wurde das Parkwächterhaus von Rudolf Walter erbaut. Das kleine Haus am Rande des Parks wurde bis vor kurzem als Revier-Stützpunkt unseres Grünflächenamtes genutzt. Es wurde aus Kostengründen aufgegeben. Unsere Jugendabteilung prüft derzeit, ob es möglich ist, dass ein freier Träger, der bereits eine Kita in der Wundtstraße betreibt, das Haus für eine Erweiterung seiner Kita nutzen kann. Aber auch der Verein Bürger für den Lietzensee hat ein Interesse an dem Parkwächterhäuschen.
Wir gehen jetzt am Erwin-Barth-Platz entlang zum Kaiserdamm und dann links bis zum U-Bahnausgang hinter der Brücke.

Kaiserdamm 102: Gedenktafel für Ferdinand Bruckner
Die Berliner Gedenktafel für den Gründungsdirektor des Renaissance-Theaters, Ferdinand Bruckner, wurde 1987 enthüllt:
“Wohnhaus von
FERDINAND BRUCKNER
- Theodor Tagger -
26.8.1891 – 5.12.1958
Dramatiker, Lyriker, Gründer
und erster Direktor
des Renaissance-Theaters”

Kaiserdammbrücke
Die Kaiserdammbrücke wurde 1906 von Bernhard Schaede errichtet und 1962-65 erneuert. Sie überquert die Autobahn A 100, die Gleise der S-Bahn und der Fernbahn. Sie besteht aus Stahl, ist 87 m lang, 50 m breit, hat eine Fläche von 4.400 qm und ruht auf drei Reihen stählernen Säulen. Auf jeder Seite hat sie fünf Fahrspuren, einen Radweg und einen breiten Bürgersteig.

Mahnmal für Giuseppe Marcone auf dem Mittelstreifen, 13.7.2013, Foto: KHMM

Mahnmal für Giuseppe Marcone auf dem Mittelstreifen, 13.7.2013, Foto: KHMM

Mittelstreifen: Mahnmal für Giuseppe Marcone
Vor einem Monat, am 14. Juni wurde die von der Giuseppe Marcone Stiftung initiierte Gedenktafel auf dem Mittelstreifen des Kaiserdamms an einem neu gepflanzten Baum enthüllt. Aus dem U-Bahnhof Kaiserdamm heraus wurde Giuseppe Marcone hier am 17. September 2011 zu Tode gehetzt, als er auf der Flucht vor Schlägern aus dem U-Bahnhof Kaiserdamm rannte und ihn ein Auto auf der Straße überfuhr. Am 14. Juni wäre er 25 Jahre alt geworden.
Die Inschrift lautet:
“‘Ein Engel kam, lächelte und kehrte um.’
An dieser Stelle wurde Giuseppe Marcone
am 17. September 2011 im Alter von 23 Jahren durch gewalttätige Jugendliche in den Tod gehetzt.
Möge sein Schicksal den Menschen Mahnung sein, einander mit Achtung und Respekt zu begegnen.”

Die Giuseppe Marcone Stiftung für gegenseitige Achtung und Zivilcourage wurde von der Mutter Vaja und dem Bruder Velin Marcone gegründet, um die Erinnerung an ihren Sohn und Bruder wach zu halten und um sich gegen Gewalt in unserer Gesellschaft zu engagieren. Derzeit sammelt die Stiftung Spenden für ein Kunst-Licht-Installationsprojekt am Alexanderplatz zur Erinnerung an jugendliche Opfer von Gewalt im öffentlichen Raum.

Kaiserdamm 90-94: BMW-Niederlassung
Die damalige Landesversicherungsanstalt LVA baute auf dem Grundstück Kaiserdamm 90-94 Ecke Messedamm 1 1954/55 ein Verwaltungsgebäude, das Ende der 1980er Jahre wegen Baufälligkeit und Rissen in den Wänden aufgegeben und 1995 abgerissen wurde. Baupläne der Berliner Volksbank auf dem Gelände wurden nicht realisiert. Am 7. Mai feierte BMW hier das Richtfest für seine neue Niederlassung. Das 65 Millionen Euro teure Projekt soll im April 2014 fertig sein und die bisherige Berliner BMW-Zentrale an der Huttenstraße ersetzen.
Wir gehen zum Dresselsteg, auf dem wir, hoch über der Autobahn unseren nächsten Stopp machen Von dort aus werden wir auch etwas mehr von der BMW-Baustelle sehen können.

Dresselsteg, 13.7.2013, Foto: KHMM

Dresselsteg, 13.7.2013, Foto: KHMM

Dresselsteg und S-Bahnhof
Der S-Bahnhof wurde 1913-16 von August Bredtschneider als Bahnhof Witzleben gebaut und steht unter Denkmalschutz. Die Bahnsteige liegen acht Meter unter Straßenniveau. Empfangsgebäude gibt es an der Neuen Kantstraße und hier am Dresselsteg. Die gleichzeitig gebaute Fußgängerbrücke verbindet über den Stadtring und die Bahnanlagen hinweg die Dresselstraße mit der Bredtschneiderstraße. 1916 wurde der Bahnhof Witzleben als Teil der Ringbahn eröffnet, und 1918 wurde die Brücke entsprechend Witzlebensteg genannt, 1950 dann umbenannt in Dresselsteg. 1959-1963 wurde die Brücke erneuert. Sie ist aus Stahl, 75 Meter lang und 4,4 Meter breit. An den beiden Enden befinden sich Treppen. Von der Mitte des Stegs führt ein Eingangshaus zum Bahnsteig.
Im Juni 2002 wurde der Bahnhof zur Eröffnung der wieder kompletten Ringbahn umbenannt in Bahnhof Messe-Nord/ICC.

Stadtring
Der sechsspurige Stadtring A 100 wurde ab 1956 erbaut. Der Abschnitt Dreieck Funkturm – Kurfürstendamm ist mit einer durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke von rund 200.000 Fahrzeugen der am stärksten befahrene Autobahnabschnitt Deutschlands. Auf Platz zwei folgt der unter uns liegende Abschnitt Dreieck-Funkturm – Kaiserdamm.

Funkturm
Der Funkturm ist natürlich ein Baudenkmal. Er wurde 1924-26 von Heinrich Straumer auf dem Messegelände erbaut und am 3. September 1926 zur 3. Großen Deutschen Funkausstellung eröffnet. Der kleine Eiffelturm besteht aus einer offenen, 150 m hohen, 400 t schweren Stahlrahmenkonstruktion. In 55 m Höhe gibt es ein zweigeschossiges Restaurant mit 116 Sitzplätzen. In 125 m Höhe erreicht man die Aussichtsplattform. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Funkturm schwer beschädigt, 1951 nach aufwändigen Aufbauarbeiten wiedereröffnet.
Der “Lange Lulatsch” ist ein Wahrzeichen des Messegeländes und Berlins. Als Sendemast wird er heute nur noch für den Polizeifunk genutzt. Derzeit ist er wegen Renovierung gesperrt.

ICC
Das Internationale Congess-Centrum ICC wurde 1973-79 von Ursulina Schüler-Witte und Ralf Schüler gegenüber dem Ausstellungs- und Messegelände am Funkturm erbaut und ist mit diesem über eine Fußgängerbrücke verbunden. Die silbrig glänzende Aluminium-Ummantelung des Stahlbetonbaus und die sichtbare, freischwebende Konstruktion des Daches erwecken den Eindruck eines futuristischen Raumschiffes. Das ICC ist 320m lang, 80m breit und bis zu 40m hoch. Es beinhaltet rund 80 Säle und Räume mit einer Gesamtkapazität von 20.300 Plätzen. Zwischen den beiden größten Sälen befindet sich eine nach beiden Seiten zu öffnende komplett ausgestattete Bühne.
Es ist der wichtigste und größte Veranstaltungsort in Berlin für internationale Kongresse und viele andere Veranstaltungen.
Von 2004 bis 2007 wurde das ICC viermal in Folge mit dem renommierten World Travel Award als weltweit führendes Konferenzzentrum ausgezeichnet. Jährlich finden im ICC unabhängig von Messen rund 600 Tagungen mit mehr als 170.000 Teilnehmern statt, außerdem rund 50 große Konzerte und Shows mit rund 140.000 Besuchern. Trotzdem wurde und wird bei der Messe Berlin, im Berliner Senat und im Abgeordnetenhaus seit 13 Jahren über einen Abriss des ICC wegen der hohen Betriebskosten diskutiert. Inzwischen wurde, anstelle der abgerissenen Deutschlandhalle der City Cube als neues Kongresszentrum errichtet. Das Bezirksamt und die BVV Charlottenburg-Wilmersdorf haben sich für den Erhalt des ICC ausgesprochen. Aber nachdem die Gelder für die vom Senat beschlossene Sanierung des ICCs gestrichen wurden, wird jetzt wieder über Abriss, Umnutzung oder Bauruine diskutiert.

Dresselstraße, 13.7.2013, Foto: KHMM

Dresselstraße, 13.7.2013, Foto: KHMM

Dresselstraße
Die Dresselstraße ist mit 43 Metern eine der kürzesten in Berlin. Sie hat nur 4 Hausnummern. 1912 wurde die Straße benannt nach dem Theologen und Pfarrer Johann Christian Gottfried Dressel. Er wurde 1751 in Crossen geboren und starb 1824 in Charlottenburg, wo er seit 1778 Pfarrer an der Stadtkirche, der heutigen Luisenkirche, war. Er engagierte sich für den Bau der ersten Charlottenburger Schule in der Gierkezeile und für die Errichtung eines Armenkrankenhauses. Er schrieb eine Stadtchronik und eine Kirchenchronik. Beide Texte sind erhalten geblieben. Es sind die wichtigsten historischen Quellen zur frühen Geschichte Charlottenburgs.

Dresselstr. 1: Charlottenburger Baugenossenschaft
Die Charlottenburger Baugenossenschaft eG ist eines der großen Wohnungsunternehmen Berlins. Von ihren Mitgliedern und Freunden wird sie einfach “Charlotte” genannt.
Sie wurde am 8. Februar 1907 in der damals noch selbständigen Großstadt Charlottenburg gegründet, um im Gegensatz zu den damals viel kritisierten engen, finsteren und stickigen Hinterhauswohnungen gute Wohnqualität zu bezahlbaren Preisen zu schaffen. Ende 1907 hatte die Genossenschaft bereits knapp 600 Mitglieder, und 1909 konnten die ersten von ihnen in die ersten neu gebauten Wohnungen an der Eosanderstraße 4 einziehen. Heute betreut die Genossenschaft fast 11.000 Mitglieder und rund 6.500 Wohnungen in Charlottenburg, Spandau, Siemensstadt, Charlottenburg-Nord, Reinickendorf, Wilmersdorf, Steglitz und Weißensee. Genossenschaftliches Wohnen bedeutet vor allem lebenslanges Wohnrecht aber auch Mitbestimmungsrechte und enge Nachbarschaft.
Wir gehen jetzt durch die Dresselstraße, Riehlstraße und Herbartstraße bis zur Neuen Kantstraße und dort die Treppe hinunter in den Lietzenseepark.

Riehlstraße
Die Straße wurde 1906 nach dem Kulturhistoriker Wilhelm Heinrich von Riehl benannt. Er hat von 1823 bis 1897 gelebt und eine vierbändige “Naturgeschichte des deutschen Volkes” geschrieben.

Wundtstraße
Die Straße wurde 1936 nach dem Leipziger Philosophen und Psychologen Wilhelm Max Wundt benannt. Er hat von 1832 bis 1920 gelebt und eine Psychologie nach naturwissenschaftlichem Vorbild begründet. Von 1898 bis 1936 hieß die Straße Königsweg.

Wundtstr. 65: Gedenktafel für die Weltbühne
Die Berliner Gedenktafel an dem Haus Wundtstraße Ecke Herbartstraße für die Weltbühne wurde 2010 enthüllt:
“In diesem Haus befand sich von 1921 bis 1927
die Redaktion der
WELTBÜHNE
Sie war eine der wichtigsten
politisch-literarischen Zeitschriften der Weimarer Republik
und Wirkungsstätte von
Siegfried Jacobsohn, Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky”

Herbartstraße
Die Straße wurde 1905 benannt nach dem Göttinger Philosophen und Pädagogen Johann Friedrich Herbart. Er hat von 1776 bis 1841 gelebt und war einer der Begründer einer wissenschaftlichen Pädagogik.

Am südlichen Lietzensee, 13.7.2013, Foto: KHMM

Am südlichen Lietzensee, 13.7.2013, Foto: KHMM

Unterführung unter der Lietzenseebrücke
1904 wurde die Kantstraße zur Neuen Kantstraße verlängert, ein Damm aufgeschüttet, durch den der Lietzensee in zwei Teile geteilt wurde. Die Buntsandsteinbrücke wurde im gleichen Jahr 1904 durch die “Terrain-Aktiengesellschaft Park Witzleben” errichtet. So steht es auf einer Sandsteintafel oben am Brückengeländer.
1954 wurden die beiden Parkteile für Fußgänger durch einen Durchgang unter der Lietzenseebrücke wieder verbunden. Durch diesen Durchgang gehen wir jetzt.

Skulpturensockel, 13.7.2013, Foto: KHMM

Skulpturensockel, 13.7.2013, Foto: KHMM

Lietzenseepark: Skulpturensockel
Auf diesen Sockel gehört die Bronzeskulptur “Sandalenlösender Knabe” von Fritz Röll, der für diese Figur 1909 in Berlin den Großen Staatspreis erhielt. Sie gilt als sein Hauptwerk. Sie wurde der Stadt Berlin 1961 aus dem Nachlass geschenkt. Ein weiterer Abguss befindet sich im Folkwang-Museum in Essen. Hier im Lietzenseepark wurde die Figur 1962 aufgestellt. Nach Vandalismusschäden wird sie derzeit gerade restauriert und demnächst wieder aufgestellt.

gegenüber: Gedenktafel für die Notaufnahmestelle Kuno-Fischer-Straße 8
Das große Haus gegenüber an der Kuno-Fischer-Str.8 gehört dem Geschäftsführer der Firma META Productions, Ulrich Meyer, und seiner Frau Georgia Tornow. Die beiden haben 2007 eine Gedenktafel gestiftet, die an die Geschichte des Hauses erinnert:
“In diesem Haus befand sich
von 1950 bis 1953 die
Notaufnahmestelle
für Flüchtlinge aus der DDR
Sie war die erste Anlaufstelle
für rund 300.000 Menschen”
Nach der Auflösung der letzten sowjetischen Speziallager Sachsenhausen, Buchenwald und Bautzen stieg die Zahl der Flüchtlinge aus der DDR sprunghaft an. Zu ihrer Betreuung wurde am 18.1.1950 die Notaufnahmestelle eröffnet. Sie wurde im August 1953 von dem neu gebauten zentralen Notaufnahmelager in Marienfelde abgelöst.

Große Kaskade
Die Große Lietzenseekaskade wurde ebenso wie die kleine Kaskade 1912-13 von Erwin Barth und Heinrich Seeling errichtet. Sie steht unter Denkmalschutz.
Nach einer umfangreichen Sanierung wurde sie 2006 wieder der Öffentlichkeit übergeben. Dabei wurde die Technik umgerüstet, so dass kostensparend und ökologisch sinnvoll das Wasser aus dem Lietzensee zur Kaskadenbewässerung verwendet werden kann. Die angrenzenden Grünflächen wurden gartendenkmalpflegerisch überarbeitet und teilweise wie die Kaskadenanlage in historischer Anlehnung an Erwin Barth wieder hergestellt. Die von Barth 1912 konzipierten Hohlwege wurden von neuem angelegt, die Rasentreppen – in Anpassung an die Wasserstufen – und die Treppenanlagen neu modelliert sowie die Wegebeläge teilweise saniert.
Derzeit ist die Große Kaskade wegen des hohen Wasserstandes abgeschaltet, weil die elektrischen Anschlüsse zu tief liegen. Eine Anpassung soll spätestens zum nächsten Frühjahr erfolgen.

Kirche am Lietzensee, 13.7.2013, Foto: KHMM

Kirche am Lietzensee, 13.7.2013, Foto: KHMM

Herbartstr. 4-6: Kirche am Lietzensee
Die evangelische Kirche am Lietzensee wurde 1957-59 von Paul Baumgarten an der Herbartstraße 4-6 am westlichen Hang des Lietzenseeparks an Stelle einer im Krieg zerstörten hölzernen Notkirche von 1920 errichtet. Der Grundriss ist fünfeckig. die Eingangsfassade als leicht geneigtes Trapez gestaltet, das Faltdach ist aus Dreiecksflächen gebildet und teilweise bis zum Boden herabgezogen. Zum Park hin schaffen große Fenster die Verbindung zur Natur.
Die Kirche wurde am 27.9.1959 eingeweiht. Das Gemeindehaus rechts daneben wurde 1930-31 von Heinrich Straumer errichtet.
Wie Sie gesehen haben, feiert die Gemeinde im September ihr 100jähriges Bestehen, und ich freue mich sehr darüber, dass Pfarrer Weber uns seine Kirche jetzt vorstellen wird.