Neue Kantstraße 1: Ignatiushaus
1955/56 errichtete Johannes Jackel das Ignatiushaus mit Kapelle, Wohnheim, Tagungsräumen und Ladenzone. Mit seiner kleinteiligen farbigen Verplättelung der Außenwände ist es ein typischer 1950er Jahre Bau. Es war Sitz der norddeutschen Provinz der Jesuiten und der Christlichen Glaubens- und Lebensschule St. Ignatius, die 2003 in einen Neubau an der Witzlebenstraße 30, neben dem Kirchvorplatz der neuen St. Canisiuskirche umgezogen ist. Seither steht das Haus leer, und leider ist es dadurch nicht schöner geworden.
Neue Kantstraße 1: Stolpersteine für Johanna und Dr. Paul Reiche
(Im Pflaster rechts neben der Eingangstür)
Der 1947 in Berlin geborene Kölner Bildhauer Gunter Demnig hat 1996 in Köln die ersten Stolpersteine verlegt, die im Gehweg vor dem früheren Wohnort an Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen erinnern. Es sind 10 × 10 cm große aus Beton gegossene Steine mit eingelassener Messingtafel, in die der Künstler mit Hammer und Schlagbuchstaben “Hier wohnte”, Namen, Jahrgang und Stichworte zum weiteren Schicksal eines einzelnen Menschen einstanzt.
Charlottenburg und Wilmersdorf waren in den 20er und 30er Jahren die beiden Berliner Bezirke mit dem höchsten Anteil jüdischer Bevölkerung. Deshalb sind besonders viele Bürgerinnen und Bürger aus Charlottenburg-Wilmersdorf Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung geworden. In dieser Woche, am Montag, dem 4. Oktober, haben wir in Charlottenburg-Wilmersdorf den tausendsten Stolperstein verlegt. Ein Verzeichnis aller Stolpersteine in Charlottenburg-Wilmersdorf finden Sie im Internet unter www.stolpersteine.charlottenburg-wilmersdorf.de.
Die beiden Stolpersteine für Johanna und Dr. Paul Reiche wurden am 5.6.2004 verlegt. Sie tragen folgende Inschriften:
Hier wohnte
Johanna Reiche
geb. Wolff
JG. 1890
deportiert 3.10.1942
Theresienstadt
überlebt
Hier wohnte
Dr. Paul Reiche
JG. 1878
deportiert 3.10.1942
Theresienstadt
überlebt
Neue Kantstraße 10: Gedenktafel für Hubertus Prinz zu Löwenstein
Die Gedenktafel für Hubertus Prinz zu Löwenstein wurde am 14. Oktober 2001 zum 95. Geburtstag des Geehrten enthüllt. Sie enthält folgenden Text:
Hier lebte von 1931 bis zu seiner Emigration am 30.4.1933
Hubertus Prinz zu Löwenstein
14.10.1906 – 28.11.1984
Der Politiker, Historiker und Schriftsteller war Mitglied der Zentrumspartei
und des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold
Gemeinsam mit seiner Frau Helga Prinzessin zu Löwenstein
von den Nationalsozialisten ausgebürgert,
gründete er 1936 in den USA die Deutsche Akademie
der Künste und Wissenschaften im Exil
Er kehrte 1946 mit seiner Familie nach Deutschland zurück
1953 – 1957 Mitglied des Deutschen Bundestages
Hubertus Prinz zu Löwenstein war als Mitglied der Zentrumspartei und Abgeordneter im Reichstag zugleich führendes Mitglied des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold.
Diese Organisation wurde von der SPD, dem Zentrum und der Deutschen Demokratischen Partei gegründet, um die Demokratie zu schützen und sie gegen die Nationalsozialisten zu verteidigen.
Im April 1929 heiratete Hubertus Prinz zu Löwenstein Helga Maria Schuylenburg. Sie wurde nicht nur seine Frau, sondern auch seine engste Mitarbeiterin.
Sie emigrierte mit ihm zusammen 1933 zunächst nach Österreich, später in die USA und arbeitete aktiv mit in der von ihm gegründeten Deutschen Akademie der Künste und Wissenschaften im Exil. Auf Vortragsreisen und in Interviews warb sie für das bessere, demokratische Deutschland und wurde bekannt in den USA und im freien Teil Europas.
Nach der Rückkehr der Familie nach Deutschland im Jahr 1946 baute Helga Prinzessin zu Löwenstein mit Hilfe amerikanischer Spenden ein Hilfswerk für Flüchtlinge auf. Sie ist Ehrenmitglied im Freien Deutschen Autorenverband, in der Union Deutscher Widerstandskämpfer und Verfolgtenverbände und in anderen Organisationen. Seit dem Tod ihre Mannes 1984 betreut sie seinen literarischen Nachlass.
Sie war bei der Enthüllung der Gedenktafel dabei, die angeregt und finanziert wurde von der Tochter Konstanza Prinzessin zu Löwenstein.
Neue Kantstraße 12/13: Gedenktafel für Georg Heym
Die Berliner Gedenktafel wurde am 30.10.1987 zum 100. Geburtstag von Georg Heym enthüllt:
In dem hier vormals stehenden Hause
lebte der Dichter
GEORG HEYM
30.10.1887 – 16.1.1912
Einer der bedeutendsten Vertreter
des Frühexpressionismus
Georg Heym wurde 1887 in Hirschberg in Schlesien geboren. Er kam 1900 mit seinen Eltern nach Berlin in die Schöneberger Martin-Luther-Straße 5 und besuchte das Joachimsthalsche Gymnasium in der damaligen Kaiserallee, der heutigen Bundesallee in Wilmersdorf. Zu Ostern 1905 musste er die Schule wegen schlechter Noten und eines Schülerstreichs verlassen und in ein Internat nach Neuruppin wechseln, wo er 1907 das Abitur ablegte. Danach studierte er Jura in Würzburg, Jena und Berlin.
1910 wurden seine ersten Gedichte in der Zeitschrift “Herold” abgedruckt. 1911 veröffentlichte er den Lyrikband “Der ewige Tag” und 1913 die Novelle “Der Dieb”. Mit diesen Texten wurde Georg Heym zum führenden Vertreter des Frühexpressionismus in der deutschen Dichtung. Von 1909 bis Ende September 1911 wohnte er mit seinen Eltern hier in der Neuen Kantstraße 12/13. Dann zog die Familie ein paar Häuser weiter in den Königsweg 31, die heutige Wundtstraße. Am 16. Januar 1912 ertrank Georg Heym im Alter von 24 Jahren mit einem Freund beim Eislaufen auf der Havel bei Schwanenwerder. Vermutlich kam er ums Leben, als er vergeblich versuchte, seinen eingebrochenen Freund zu retten.
Freunde aus dem “Neuen Club” gaben nach seinem Tod 1912 seinen Gedichtband “Umbra vitae” heraus. In diesem Band findet sich auch das Gedicht “Der Krieg”. Dieses gehört zusammen mit “Der Gott der Stadt” zu Heyms bekanntesten Gedichten und wird häufig in Schulbüchern abgedruckt.
Lietzenseeufer
Die Straße wurde 1905 nach dem Lietzensee benannt.
Der Lietzensee ist 6,6 ha groß und 3-4m tief. Er hat keinen Zufluss, sondern wird allein durch Grundwasser gespeist. Heute gibt es einen Abfluss zur Spree, früher gehörte der Lietzensee zu dem Sumpfgelände des am Ende des 19. Jahrhunderts zugeschütteten “Schwarzen Grabens”.
Als General von Witzleben 1827 an der Westseite des Sees eine Parkanlage in dem umgebenden Wald- und Sumpfgelände und eine kleine Badeanstalt anlegen ließ, ergaben sich durch Aufschüttungen Veränderungen am See. Dennoch blieb sein Naturzustand noch lange Zeit weitgehend erhalten, bis er gegen Ende des 19. Jahrhunderts nahezu verlandet, völlig verschilft und nur noch knapp 20cm tief war und auf zwei Meter Tiefe ausgebaggert werden musste. Aufgrund der übermäßigen Nährstoffbelastung wurde hier – vermutlich weltweit zum ersten Mal – eine künstliche Sanierung durch Nährstoffdrosselung durchgeführt.
1904 wurde der See – wie bereits erwähnt – durch die Dammaufschüttung für die Verlängerung der Kantstraße zweigeteilt. In diesem Zusammenhang baute die “Terrain-Aktiengesellschaft Park Witzleben” im gleichen Jahr auch die Buntsandsteinbrücke. Sie überquert den Verbindungskanal zwischen den beiden Seehälften. Erst 1954 wurde durch eine Fußgängerunterwegung unter der Brücke wieder eine Verbindung der beiden Parkhälften für Fußgänger hergestellt.
Neue Kantstraße 14: Ziegler-Filmproduktion
In dem Haus an der Neuen Kantstraße 14, unmittelbar vor der Lietzenseebrücke, residiert die Ziegler Film GmbH & Co. KG. Die 1973 von Regina Ziegler gegründete Film-Produktionsfirma hat inzwischen mehr als 400 Filme aller Genres produziert. Viele von ihnen wurden mit Preisen ausgezeichnet. Seit 2000 ist die 1966 in Berlin geborene Tochter von Regina Ziegler, Tanja Ziegler, Geschäftsführerin. Derzeit läuft in der ARD, immer dienstags nach der Tagesschau die 6teilige Fernsehserie “Weissensee”, eine spannende “Romeo-und-Julia” Geschichte aus Ost-Berlin in der DDR-Zeit, die von Tanja und Regina Ziegler produziert wurde.
Lietzenseeufer 11: Ringhotel Seehof Berlin
Das Hotel Seehof ist idyllisch am Lietzensee gelegen und dennoch mitten in der Stadt. Besonders Messebesucher schätzen die Übernachtung in Reichweite der Messehallen unterm Funkturm. Frühstück gibt es im Sommer auf der Seeterrasse. Beliebt ist auch der Gobelinsaal oder der Wintergarten für Eheschließungen. Hier arbeitet das Hotel mit unserem Standesamt zusammen.
Lietzenseeufer 10: Haus See-Eck, Hotel Belle Etage
Das Haus See-Eck, direkt neben dem Hotel See-Hof am Lietzensee wurde 1908-10 von Hart & Lesser für den Geheimen Komerzienrat und Direktor der Terraingesellschaft Park Witzleben, Werner Eichmann, gebaut. Im September 2009 eröffnete der Ur-Urenkel des Bauherrn in der gut erhaltenen Belle Etage ein kleines Privathotel, in dem er auch regelmäßig den “Salon am Lietzensee” veranstaltet. Er hat uns zum 100jährigen Bestehen seines Hauses eingeladen und will uns auch sein Hotel vorstellen. Ich bin sehr gespannt darauf und bedanke mich herzlich bei Herrn Veit Jost.