151. Kiezspaziergang am 12.7.2014

Vom S-Bahnhof Messe Süd (ehem. Eichkamp) über City Cube, Messegelände und AVUS-Nordkurve zum S-Bahnhof Westkreuz

Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (links) am Bahnhof Messe Süd, 12.7.2014, Foto: KHMM

Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (links) am Bahnhof Messe Süd, 12.7.2014, Foto: KHMM

Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte
Treffpunkt: Im Bahnhofsgebäude an der Waldschulallee
ca. 1,2 km

Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 151. Kiezspaziergang. Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann ist heute in Paris. Deshalb habe ich sehr gerne seine Vertretung übernommen. Mein Name ist Marc Schulte. Ich bin Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Ordnungsangelegenheiten. Und ich freue mich sehr darauf, mit Ihnen gemeinsam den neuen City Cube zu erkunden. Die Messe Berlin hat uns dazu eingeladen. Deshalb bin ich gespannt und neugierig auf die heutige Führung durch den City Cube.

Kartenskizze

Kartenskizze

Wir werden im Anschluss daran durch die Unterführung unter der AVUS hindurch zur ehemaligen AVUS-Nordkurve gehen. Ich finde diesen Bereich mit dem ehemaligen Mercedes-Haus, der Tribüne und der Motorradfahrer-Skulptur von Max Esser besonders spannend, und man hat selten Gelegenheit, ihn genauer in Augenschein zu nehmen. Während das Autobahndreieck Funkturm sonst nur aus der Autoperspektive wahrgenommen wird, wollen wir es einmal zu Fuß erobern.

Bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen den nächsten Treffpunkt für unseren 152. Kiezspaziergang mitteilen. Es ist wie immer der zweite Samstag des Monats, also der 9. August, um 14.00 Uhr. Auch an diesem Tag wird Herr Naumann nicht in Berlin sein, und ich werde noch einmal seine Vertretung übernehmen. Dann soll es vor allem um Sport und Natur gehen. Wir wollen uns am Samstag, dem 9. August, um 14.00 Uhr vor dem Stadtbad Wilmersdorf am U-Bahnhof Heidelberger Platz treffen. Von dort werden wir zum Fennsee gehen, wo ich Ihnen den Baum des Jahres vorstellen möchte.
Dann gehen wir über den Hohen Bogen zum Sommerbad Wilmersdorf und zum Stadion Wilmersdorf. Über den Flinsberger Platz werden wir schließlich den Hubertus-Sportplatz erreichen, die Heimat des Berliner SC. Dort werden uns Vereinsmitglieder ihren Sportplatz präsentieren.

Bahnhof Messe Süd, 12.7.2014, Foto: KHMM

Bahnhof Messe Süd, 12.7.2014, Foto: KHMM

Bahnhof Messe Süd (Eichkamp)
Der Bahnhof Eichkamp wurde 1927-30 von Richard Brademann gebaut. Das Empfangsgebäude ist ein mit roten Klinkern verblendeter Mauerwerkbau im Stil der neuen Sachlichkeit mit expressionistischen Elementen. 1935 wurde die Anlage im Zusammenhang mit dem Bau der in unmittelbarer Nachbarschaft errichteten Deutschlandhalle von Fritz Hane und Hugo Röttcher erweitert. Und bis 1946 trug der Bahnhof jetzt auch den Namen “Deutschlandhalle”. Der Bahnhof ist Teil der ehemaligen Vorortbahn nach Spandau.
Diese gesamte Bahn steht einschließlich Brücken und Bahnhöfen unter Denkmalschutz. Von 1980 bis 1998 war der S-Bahn-Verkehr auf dieser Strecke eingestellt. Seit sieben Jahren verkehren hier die Züge der Linie S5 Spandau/Strausberg Nord und S75 Spandau/Wartenberg. Im Juni 2002 wurde der Bahnhof umbenannt in “Messe Süd”, was bei vielen Bürgerinnen und Bürgern nicht auf Begeisterung stieß.

Siedlung Eichkamp
Die Siedlung Eichkamp werden wir heute nicht besichtigen, und wie Sie an der Umbenennung erkennen können, ist der Bahnhof heute wichtiger für die Anbindung des Messegeländes als für die Erschließung der Siedlung Eichkamp. Dennoch will ich Ihnen einige Informationen zu der Siedlung geben, die hier unmittelbar an der Südseite der Waldschulallee beginnt.
Sie wurde nach dem Ersten Weltkrieg von 1918 bis 1929 von Max und Bruno Taut, Martin Wagner, Franz Hoffmann und anderen unmittelbar neben der AVUS angelegt und war als preisgünstiger Wohnraum für Angestellte und Beamte konzipiert. Benannt wurde sie nach der Revierförsterei Eichkamp im Forst Grunewald. Ludwig Marcuse sprach von “…einem lichten Berliner Dörfchen mit kindlich-schlichten Straßen und Häuschen…” Bei der Bildung von Groß-Berlin 1920 kam die Siedlung zum Bezirk Wilmersdorf. 1938 wurde sie bei einer Gebietsreform mit relativ geringfügigen Korrekturen dem Bezirk Charlottenburg zugeschlagen. Prominente Bewohner waren unter anderem Arnold Zweig, Ludwig Marcuse, Elisabeth Langgässer, Horst Krüger, Max Taut und die Erfinderin der Curry-Wurst, Herta Heuwer.

Messegelände
Vor allem die Automobilindustrie verlangte ein großes Messegelände und schlug vor, dieses unmittelbar im Anschluss an die seit 1913 gebaute AVUS anzulegen. Der “Verein Deutscher Motorfahrzeug-Industrieller” sicherte sich am heutigen Standort des Zentralen Omnibusbahnhofs nahe Kaiserdamm ein Gelände, auf dem er 1914 eine riesige Ausstellungshalle von 240 Meter Länge und 74 Meter Breite bauen ließ. In den Kriegsjahren wurde sie allerdings zunächst nicht genutzt.
Aber bald nach dem Ersten Weltkrieg, 1921, präsentierte die Automobilindustrie ihre erste Ausstellung in “Halle l”. Die Existenz dieser Halle und des freien Geländes in ihrer Nachbarschaft gab schließlich den Ausschlag dafür, dass die Wahl für den Ausbau des Berliner Ausstellungsgeländes auf Charlottenburg fiel.
Auf Anregung der Berliner Wirtschaft veranlasste Oberbürgermeister Böß 1923 die Gründung der gemeinnützigen Berliner Messe- und Ausstellungsgesellschaft” mit dem Zusatz “Berliner Messe-Amt”, wie es bereits 1924 hieß.
Noch im gleichen Jahr entstanden zwei neue Ausstellungshallen, die “Automobilhalle II” auf dem genannten Gelände und südlich davon am Messedamm die “Halle der deutschen Funkindustrie”, in der gleich nach ihrer Fertigstellung im Dezember 1924 die erste “Große Deutsche Funk-Ausstellung” durchgeführt wurde. Die Halle baute man ganz aus Holz, um Störungen des Sende- und Empfangsbetriebs zu vermeiden.
Daneben entstand nach den Plänen des Architekten Heinrich Straumer das 138 Meter hohe Stahlskelett des Funkturms, der am 3. September 1926 zur dritten Großen Deutschen Funkausstellung eröffnet wurde. Die 400 Tonnen schwere Stahlrahmenkonstruktion enthält in 55 m Höhe ein zweigeschossiges Restaurant und in 125 m Höhe eine Aussichtsplattform. Der “Lange Lulatsch” ist ein Wahrzeichen des Messegeländes und ganz Berlins. Als Sendemast wird er heute nur noch für den Polizeifunk genutzt.
1926 fand in den Hallen am Kaiserdamm erstmals die Grüne Woche statt, 1929 und 1930 wurden zwei weitere Hallen von Martin Wagner und Hans Poelzig gebaut. 1935 vernichtete ein Brand die hölzerne Funkhalle. Im gleichen Jahr eröffnete man weiter südlich die Deutschlandhalle, die als Sporthalle und Veranstaltungsstätte das Messegelände ergänzen sollte. Von den Nationalsozialisten wurde sie für Massenveranstaltungen genutzt.
Richard Ermisch baute an der heutigen Masurenallee die monumentale 32 Meter hohe Ehrenhalle, die 1937 fertig wurde. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Messehallen stark beschädigt. Die beiden Automobilhallen nördlich der Neuen Kantstraße und Masurenallee wurden später abgetragen und machten Platz für die Stadtautobahn und den Zentralen Busbahnhof.
Schon 1945 begann der Wiederaufbau der Hallen südlich der Masurenallee, und 1948 fand erstmals wieder eine Grüne Woche statt. Zur Ersten Deutschen Industrieausstellung im Oktober 1950 wurden bereits neue Hallen fertig gestellt. Aber erst 1957 hatte man wieder die gleiche Ausstellungsfläche wie in der Vorkriegszeit erreicht. 2003 wurde das Areal durch den Haupteingang Süd ergänzt.
Die in Charlottenburg ansässige Messe Berlin GmbH, wie sie heute heißt, gilt als Berlins größter Initiator von Geschäftsreisen. Sie stellt einen Konzern dar, der zu den zwölf umsatzstärksten Messegesellschaften der Welt zählt.
Die Messe Berlin organisiert und veranstaltet regionale, nationale und internationale Messen, Ausstellungen, Kongresse und sonstige Ereignisse, die mehr als zwei Millionen Menschen im Jahr nach Berlin bringen.
Die Veranstaltungen der Messe sind ein wichtiger Bestandteil der Funktion Berlins als Kommunikations- und Handelszentrum.

City Cube, 12.7.2014, Foto: KHMM

City Cube, 12.7.2014, Foto: KHMM

City Cube, ehem. Deutschlandhalle
Ich freue mich sehr, dass die Messe Berlin uns eingeladen hat, den City Cube zu besichtigen – kurz nach der Eröffnung und noch bevor alle Baumaßnahmen beendet sind.

Dr. Ralf G. Kleinhenz, Ingrid Maaß und Marc Schulte im City Cube, 12.7.2014, Foto: KHMM

Dr. Ralf G. Kleinhenz, Ingrid Maaß und Marc Schulte im City Cube, 12.7.2014, Foto: KHMM

Die Geschäftsführerin der Messe Berlin, Ingrid Maaß, wird uns gleich selbst begrüßen. Vizepräsident Dr. Ralf G. Kleinhenz und der Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Michael T. Hofer werden uns durch den City Cube begleiten. Herzlichen Dank dafür.
Lassen Sie mich zu vor noch ein paar historische Informationen zur Deutschlandhalle geben, an deren Stelle der City Cube errichtet wurde.
Die Deutschlandhalle wurde 1935 von Franz Orthmann und Fritz Wiemer zu den Olympischen Spielen von 1936 für 10.000 Zuschauer als “größte Mehrzweckhalle der Welt” in einer Stahlkonstruktion errichtet.
Sie diente der nationalsozialistischen Partei für Massenveranstaltungen und zur Durchführung diverser olympischer Disziplinen. Im Dezember 1935 gab es das erste Radrennen auf der 206 m langen Holzpiste. Es gab Boxturniere, aber auch Vorführungen mit einem Sportflugzeug in der Halle. 1943 schlugen während einer Vorstellung von “Menschen Tiere Sensationen” Bomben ein.

Im City Cube, 12.7.2014, Foto: KHMM

Im City Cube, 12.7.2014, Foto: KHMM

Nach der Kriegszerstörung wurde die Deutschlandhalle als Spannbetonbau wieder aufgebaut und 1957 neu eröffnet. Musik-, Show- und Sportveranstaltungen fanden statt, darunter “Holiday on Ice” und Sechstagerennen. Am 1. Januar 1998 wurde die Deutschlandhalle wegen Baufälligkeit geschlossen und zum Abriss vorgesehen. Im April 2001 wurde sie als Ersatz für die abgerissene Eissporthalle umgebaut zu einer temporären Eissportarena. Dafür wurde sie bis 2009 genutzt und 2011 schließlich abgerissen.
An Stelle der Deutschlandhalle entstand von 2012 bis 2014 der City Cube als kongresstaugliche Messehalle. Er wurde am 5. Mai dieses Jahres eröffnet. Die erste Tagung in dem Neubau war der Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes vom 11. bis zum 16. Mai. Und jetzt sind wir hier.

Unterführung
Wenn wir jetzt durch die Unterführung unter der AVUS hindurch zum LKW-Parkplatz und von dort zum Mercedes-Haus gehen, dann bitte ich Sie alle, sehr vorsichtig zu sein. Dieses Areal wurde nicht für Fußgänger, sondern für Autos geschaffen. Es gibt zwar Gehwege, und über Treppen gelangt man auch zu Straßenübergängen, aber diese Übergänge sind nicht durch Ampeln gesichert und auch nicht durch Zebrastreifen markiert. Sie werden üblicherweise von den LKW-Fahrern genutzt und nicht von größeren Gruppen. Deshalb seien Sie vorsichtig und achten Sie auf den hier zwar nur sporadischen aber dann eben doch nicht ungefährlichen Autoverkehr.

AVUS-Nordkurve, 12.7.2014, Foto: KHMM

AVUS-Nordkurve, 12.7.2014, Foto: KHMM

AVUS
Die heutige Bundesautobahn A 115 wurde 1913 bis 21 als Automobil-Verkehrs- und Übungs-Straße AVUS gebaut, und zwar als Privatstraße. Am 24. September1921 wurde sie mit einem Autorennen eröffnet. Sieger war Fritz von Opel auf einem Opel. Das erste Motorradrennen fand ein Jahr später, am 10. Juni 1922 statt. Die AVUS war die erste ausschließliche Autostraße Europas. Sie war auch Versuchsstrecke für den Straßenbau. Dort wurden viele Elemente des heutigen Straßenbaus erstmals getestet. Die Strecke war ursprünglich eine 10km lange Privatstraße und endete in zwei Schleifen, heute ist sie Teil der Bundesautobahn. 1999 fand das letzte Rennen auf der AVUS statt. Am 1.5.1999 wurde sie mit einer großen Abschlussparty als Rennstrecke geschlossen. Sie beginnt an der Nordkurve und verläuft zur Königswegbrücke in Nikolassee.
Hier können Sie sehr schön die ehemalige Nordkurve sehen. Sie wurde im Rahmen des Ausbaus zu einer Höchstgeschwindigkeitsrennstrecke 1937 mit einer 43,6 Grad überhöhten Steilkurve versehen. Diese wurde dreißig Jahre später, 1967 im Zusammenhang mit dem Bau des Autobahndreiecks Funkturm abgerissen und wieder als flache Kurve hergestellt.

Mercedeshaus, 12.7.2014, Foto: KHMM

Mercedeshaus, 12.7.2014, Foto: KHMM

Mercedeshaus
Das Mercedeshaus wurde 1935-37 von Walther Bettenstaedt als runder Turmbau mit vier umlaufenden Galerien zur Rennbeobachtung mit einem angegliedertem Verwaltungsbau am nördlichen Scheitelpunkt der AVUS errichtet. 1977 wurde es von Gerhard Rainer Rümmler für die Raststätte Avus umgebaut. Das Haus steht unter Denkmalschutz.

AVUS-Tribüne, 12.7.2014, Foto: KHMM

AVUS-Tribüne, 12.7.2014, Foto: KHMM

Tribüne
Die 200 Meter lange Tribüne wurde 1936 von Fritz Wilms und Walther Bettenstaedt errichtet. Sie steht unter Denkmalschutz 2006 wurde sie von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) an einen Investor verkauft, die Avus Tribüne GmbH. Dieser veröffentlicht im August 2007 seine Pläne, sie komplett zu verglasen, einen Autosalon und ein Restaurant einzurichten. Diese Pläne wurden allerdings nicht realisiert.

Busparkplatz am Mercedeshaus, 12.7.2014, Foto: KHMM

Busparkplatz am Mercedeshaus, 12.7.2014, Foto: KHMM

Wir gehen jetzt über die wenig befahrene aber dennoch gefährliche Zubringerstraße. Bitte seien Sie hier besonders vorsichtig!
Wir gehen am Mercedeshaus entlang über den Parkplatz bis zum Durchgang zur Halenseestraße. Dann links auf dem Gehweg entlang der Halenseestraße in Richtung Funkturm bis zur Motarradfahrer-Skulptur gegenüber der gelben Spirale.

Motorradfahrer-Skulptur, 12.7.2014, Foto: KHMM

Motorradfahrer-Skulptur, 12.7.2014, Foto: KHMM

Skulpturengruppe “Motorradfahrer”
Die Skulpturengruppe aus Bronze wurde 1938/39 von Max Esser (1885-1943) geschaffen, aber seinerzeit nicht aufgestellt. Zwei der drei Motarradplastiken blieben in der Bildgießerei Noack erhalten. Sie wurden 1989 aufgestellt. Sie zeigen zwei überlebensgroße Motorradrennfahrer, weit nach vorn über ihr Motorrad gebeugt, mit Helm und Schutzbrille. Sie stellen Ernst Henne auf einer BMW und Ewald Kluge auf einer DKW dar. Heiner Fleischmann auf seiner NSU fehlt. Die Skulpturen stehen auf einer schrägen Rennpiste, die auf einem Ziegelsteinsockel ruht. 2008 wurde die Skulptur auf Initiative der Geschäftsleute Frank Keidel und Andreas Weinstein restauriert.

Looping
Die auffällig gelbe Skulptur Looping wurde 1987-1992 von Ursula Sax geschaffen und auf dem Messegelände am Messedamm aufgestellt. Die gebogene Stahlskulptur hat einen Durchmesser von einem Meter, eine Gesamtlänge von 120 Metern und ist 18 Meter hoch. Die Entfernung vom Anfang- bis zum Endpunkt beträgt 50 Meter.

Funkturm, Rondell und ICC, 12.7.2014, Foto: KHMM

Funkturm, Rondell und ICC, 12.7.2014, Foto: KHMM

Rondell
Der runde Eckbau gehört zur gläsernen Galerie, die 1935/36 von Richard Ermisch errichtet wurde. Von ihr sind nur die äußeren Partien mit den beiden charakteristischen runden Eckbauten erhalten.

ICC
Wie Sie sehen, steht das ICC noch. Das Internationale Congress Centrum wurde 1973-79 von Ursulina Schüler-Witte und Ralf Schüler gegenüber dem Ausstellungs- und Messegelände am Funkturm erbaut und mit diesem über eine Fußgängerbrücke verbunden. Die silbrig glänzende Aluminium-Ummantelung des Stahlbetonbaus und die sichtbare, freischwebende Konstruktion des Daches erwecken den Eindruck eines futuristischen Raumschiffes. Das Gebäude ist 320 m lang, 80 m breit und bis zu 40 m hoch.
Es enthält ca. 80 Säle und Räume mit einer Gesamtkapazität von 20.300 Plätzen. Zwischen den beiden größten Sälen befindet sich eine nach beiden Seiten zu öffnende komplett ausgestattete Bühne. Das ICC war der wichtigste und größte Veranstaltungsort in Berlin für internationale Kongresse. Außerdem fanden hier Konzerte, Bälle, Shows und vieles mehr statt.
Seit Februar 2000 wurden Abrissüberlegungen seitens der Messe Berlin wegen der hohen Betriebskosten auch im Abgeordnetenhaus und beim Senat diskutiert, die zu empörtem Einspruch der Architekten führten.
Von 2004 bis 2007 wurde das ICC viermal in Folge mit dem renommierten World Travel Award als weltweit führendes Konferenzzentrum ausgezeichnet. 2005 fanden im ICC unabhängig von Messen 654 Tagungen mit mehr als 170.000 Teilnehmern statt, außerdem 48 Konzerte und Shows mit 132.000 Besuchern.
2008 verkündete der Senat seinen Beschluss, das ICC für rund 182 Mio Euro von 2010 bis 2016 bei laufendem Betrieb sanieren und modernisieren zu lassen. Im Oktober 2009 wurde von Finanzsenator Ulrich Nußbaum wegen erhöhter Kosten erneut ein Abriss ins Gespräch gebracht. Der Sanierungsplan des Wirtschaftssenators vom Oktober 2010 sah vor, das ICC ab 2014 zu sanieren, umzubauen und zu modernisieren. Stattdessen wurde das ICC inzwischen geschlossen. Am 9. März fand die letzte öffentliche Veranstaltung im ICC statt, ein Benefizkonzert. Das Stabsmusikkorps der Bundeswehr spielte zum Zapfenstreich auf. Nach der Daimler-Hauptversammlung am 9. April wurde das ICC geschlossen.

Marc Schulte, 12.7.2014, Foto: KHMM

Marc Schulte, 12.7.2014, Foto: KHMM

Jetzt wird über eine neue Nutzung nachgedacht. Weitgehend einig ist man sich darin, das Parkhaus, das man hier sehr gut sehen kann, abzureißen und beispielsweise durch einen Hotelbau zu ersetzen. Dieser ließe sich sehr gut mit einer erneuten Nutzung als Kongress- und Veranstaltungshaus verbinden. Eine überwiegende oder gar komplette Nutzung als riesiges Einkaufszentrum lehnen wir strikt ab, weil dies negative Folgen für sämtliche Einkaufsstraßen in der Umgebung hätte: Reichsstraße, Westfälische Straße und Wilmersdorfer Straße. Vor allem der mühsam erreichte Aufschwung dort wäre bedroht.
Ein Einkaufszentrum wollen vor allem diejenigen, die nur den finanziellen Aspekt im Blick haben. Denn das ICC wäre wohl nur als Einkaufszentrum ohne finanzielle Zuschüsse zu betreiben. Dazu muss man aber wissen, dass das ICC nie als kostendeckendes Haus konzipiert wurde. Es war von Anfang an klar, dass ein Kongresszentrum immer auf Zuschüsse angewiesen sein würde. Diese sind aber dadurch gerechtfertigt, dass die hier stattfindenden Kongresse immer sehr viel Geld in die Stadt gebracht haben. Deshalb wird man wohl auch in der Zukunft für eine sinnvolle Nutzung des ICC Geld ausgeben müssen.

Wir gehen jetzt durch die Unterführung unter dem Parkhaus hindurch zum S-Bahnhof Westkreuz. Wer nicht zur S-Bahn möchte, der gelangt von hier aus am Messedamm entlang zur Masurenallee oder zur Neuen Kantstraße.