Otto-Suhr-Allee 16-18: Ottilie-von-Hansemann-Haus
Das Ottilie-von-Hansemann-Haus wurde 1915 von der ersten selbständigen deutschen Architektin, Emilie-Winckelmann, als Studentinnen-Wohnheim gebaut.
Nachdem in Preußen 1908 die Universitäten endlich für Frauen geöffnet worden waren, beschloss der Verein ,,Victoria-Lyzeum” die Einrichtung eines Studentinnen-Wohnhauses, um “für die an Berliner Hochschulen studierenden Frauen eine Stätte zu schaffen, in der sie unter den Bedingungen häuslichen Zusammenlebens den Schutz, die Ruhe und die sonstigen Voraussetzungen erfüllt finden, die eine möglichst vollkommene Erreichung ihres Studienzweckes gewährleisten.”
Zum Wintersemester 1915/16 wurde das Haus in der damaligen Berliner Straße 37/38 eröffnet.
Das Gebäude verfügte über 96 Einzelzimmer, eine zentrale Warmwasserheizung und -Versorgung, Fahrstühle, Bäder, Wohn- und Empfangszimmer, Bibliothek, Arbeitsräume, Lesesaal, Projektionsvorrichtungen für Vorträge und Festlichkeiten, Turnsaal und Dunkelkammer. Außerdem gab es einen Garten mit Spielplätzen. Der Mietpreis betrug 40-80 Mark warm. 2 bis 3 Mark zusätzlich wurden von den Frauen verlangt, die sich den Luxus einer Bedienung wünschten. Um auch soziale Härtefälle aufnehmen zu können, gab es ganze und halbe Freistellen.
Finanziert wurde das Haus mit Geldern der Ottilie-von-Hansemann-Stiftung unter dem Protektorat der Kaiserin sowie aus Vereinsmitteln. Dieses Studentinnen-Wohnheim war das erste seiner Art in Europa. Bis in die 1960er Jahre blieb das Ottilie-von-Hansemann-Haus als Studentinnenwohnheim bestehen. Heute wird das Haus von der Deutschen Bank und diversen Gesellschaften genutzt.
Die Architektin Emilie Winkelmann lebte von 1875 bis 1951, war die erste Architekturstudentin in Deutschland und auch die erste selbständig arbeitende Architektin. Nach Erlernen des “Zimmermannberufs” studierte sie von 1901 bis 1905 an der Königlich Technischen Hochschule in Hannover. Da Frauen in damals noch nicht zum Studium zugelassen waren, brauchte sie dafür eine Sondergenehmigung des Kultusministers.
1908 eröffnete sie in Berlin als erste Frau ein eigenes Architekturbüro, in dem nach dem Ersten Weltkrieg 15 Zeichner beschäftigt waren. Ihre Karriere als selbständige Architektin begann mit Entwürfen für Landhäuser in Berlin und im Umland. Die Auftraggeber waren häufig Frauen. Auch gewann sie verschiedene Architekturwettbewerbe. In Charlottenburg, wo sie ihr Büro hatte und auch wohnte, entwarf sie verschiedene Häuser: unter anderem im Westend 1908 ein Landhaus für die Familie Karla Höckers in der Lindenallee 21 und 1909 bis 1910 das “Leistikowhaus”, ein Mietshaus in der Leistikowstraße 2.
1917 baute sie in der Fraunhoferstraße 25-27 ein ehemaliges Stallgebäude mit Kutscherwohnung zu ihrem Büro mit Wohnung um. Auch Ottilie von Hansemann zog dort ein.
Schon bald kamen weitere Projekte hinzu: neben Mehrfamilienhäusern und Pensionen umfasste das Spektrum ihrer Bautätigkeit auch landwirtschaftliche und Ausstellungsgebäude, Schulen und Fabrikanlagen.
Die stille, aber dennoch resolute Architektin lehnte es ab, in die nationalsozialistische Partei einzutreten, womit schließlich das Ende ihrer beruflichen Laufbahn besiegelt war. Auf dem Gut der befreundeten Familie von der Schulenherg in Hovedissen verbrachte sie ihren Lebensabend, bis zuletzt mit Entwürfen für Um- und Ausbauten des Guts beschäftigt. Sie starb 1951 in Elbe.
Otto-Suhr-Allee 18: Tribüne
Das Theater wurde 1918/19 erbaut und eröffnete 1919 unter Karl Heinz Martin mit “Die Wandlung” von Ernst Toller mit dem jungen Fritz Kortner in der Hauptrolle. In der Gründungsphase war es eine Avantgardebühne des szenischen Expressionismus, bald danach wandelte es sich zum kommerziellen Unterhaltungstheater. 1982 wurde es modernisiert. Nach mehrmaligen Unterbrechungen und Wiederaufnahmen wurde im August 2011 der Spielbetrieb aufgegeben.
Otto-Suhr-Allee 19 Private Mädchenschule
Hier wurde schon vor 1900 eine höhere Töchterschule von Ida von Klockow geleitet. Sie war Ehrenvorsitzende des Bundes private deutscher Mädchenschulen und vertrat als Abgeordnete in der Charlottenburger Stadtverordnetenversammlung die Interessen der Privatschullehrerinnen.
Marie-Elisabeth-Lüders-Straße
Die Straße wurde 1967 benannt nach der Politikerin und Frauenrechtlerin Marie-Elisabeth Lüders. Davor hieß die Staße Neue Grolmanstraße.
Marie-Elisabeth Lüders wurde 1878 in Berlin geboren. Sie studierte von 1906 bis 1910 Nationalökonomie und promovierte 1912 in Berlin als erste deutsche Frau im Fach Staatswissenschaften zum Dr. rer. pol. Seit 1901 war sie in der deutschen Frauenbewegung tätig und arbeitete vorrangig auf dem Gebiet der Sozialfürsorge. Von 1912 bis 1915 war sie als Wohnungspflegerin der Stadt Charlottenburg angestellt, das heißt sie inspizierte Wohnungen der armen Bevölkerung.
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges leitete sie ab 1914 zunächst die städtische Kriegsvorsorge in Charlottenburg, dann die Frauenarbeitszentrale im preußischen Kriegsministerium und gründete gemeinsam mit anderen Vertreterinnen des Bundes Deutscher Frauenvereine den Nationalen Frauendienst.
1919 wurde sie für die Deutsche Demokratische Partei DDP in die Nationalversammlung gewählt, von 1924 bis 1930 war sie Abgeordnete im Reichstag. Sie war eine Repräsentantin des Bundes Deutscher Frauenvereine und setzte sich nachdrücklich für die Gleichstellung der Frau in Staat und Gesellschaft ein. 1930 wurde sie zur Vorsitzenden des Deutschen Akademikerinnenbundes gewählt und im Januar 1932 in den Abrüstungsausschuss der Weltfrauenorganisation delegiert.
Von den Nationalsozialisten erhielt sie 1933 Berufs- und Redeverbot. 1936 veröffentlichte sie das Buch “Das unbekannte Heer – Frauen kämpfen für Deutschland 1914 – 1918”. Das Buch war den Nazis im Hinblick auf die Mobilisierung von Frauen für den Krieg willkommen. Trotzdem erhielt Marie-Elisabeth Lüders 1937 Publikationsverbot und wurde von Juni bis Oktober 1937 im Zuchthaus Moabit wegen angeblicher “Heimtücke” inhaftiert.
Danach tauchte sie kurzzeitig in Freiburg unter. Dann beteiligte sie sich an einer Hilfsaktion für jüdische Bürgerinnen und Bürger, die von Quäkern organisiert worden war. Sie nahm Verfolgte in ihrer Wohnung in Eichkamp auf. Im Dezember 1943 wurde ihre Wohnung ausgebombt, sie ging nach Baden.
Nach einer Tätigkeit als Lehrerin an einer amerikanischen Verwaltungsschule kehrte sie 1947 nach Berlin zurück und wurde in die Sozialverwaltung berufen. Von 1948 bis 1950 war sie Stadtverordnete von West-Berlin und von 1949 bis 1951 Stadträtin für Sozialwesen. 1953, im Alter von 75 Jahren, wurde sie für die FDP in den Bundestag gewählt und war von 1953 bis 1961 Alterspräsidentin. 1958 erhielt sie insbesondere für ihre Leistungen zur Förderung der Rechtsstellung der Frau im öffentlichen Leben, im Beruf und in der Familie als 80jährige die Berliner Ehrenbürgerschaft. Sie lebte bis 1928 in der Uhlandstraße 7, danach mit Unterbrechungen bis zu ihrem Tod 1966 in Eichkamp Im Hornisgrund 25.