Station 2: Ein Blick zurück auf die AVUS
Die AVUS ist heute Teil der Bundesautobahn A 115. Sie wur-de 1913 bis 1921 als Automobil-Verkehrs- und Übungs-Straße, abgekürzt AVUS, gebaut und am 24. September 1921 mit einem Motorradrennen eröffnet. Sie haben sicher gelesen, dass das berühmte Stück Straße also in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen gefeiert hat. Schon bei der feierlichen Eröffnung am 19. September 1921 war die Avus ein Pionier. Schließlich war sie die erste Straße der Welt, auf der nur Kraftfahrzeuge und Motorräder fahren durften. Bis dahin gab es nur Straßen, auf denen auch Fuhrwerk und Fahrräder erlaubt waren.
Auf der ursprünglich zehn Kilometer langen Strecke, die in zwei Schleifen endete, fanden viele spektakuläre Autorennen statt. Am 1. Mai 1999 wurde sie mit einer großen Abschlussparty als Rennstrecke geschlossen.
Station 3: Im Hornisgrund – Alte Allee
Die Siedlung Eichkamp
Wir tauchen jetzt hier in die Siedlung Eichkamp ein. “Ein lichtes Berliner Dörfchen mit kindlich-schlichten Straßen und Häuschen” so beschrieb der Philosoph Ludwig Marcuse die Siedlung. Er selbst wohnte dort in einem Haus am Eichkatz-weg.
1760 war hier noch ein Eichenwald, der zum Gutsbezirk Spandau-Forst gehörte. Mit dem Bau der Berliner Stadtbahn musste 1879 die in der Nähe des Lietzensees gelegene Försterei Charlottenburger Feld verlegt werden. Sie erhielt einen neuen Standort an der Ecke Eichkampstraße/Alte Allee. Nach dem alten Flurnamen “Willmersdorffischer Eichelkamp” wurde sie “Eichkamp” genannt.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde 1918 die Siedlungsgesellschaft Märkische Heimstätte gegründet. Vorkämpfer der in den 1890er-Jahren entstandenen Heimstättenbewegung war Adolf Damaschke, nach dem auch eine Seitenstraße des Kurfürstendamms benannt ist. Von der preußischen Landesregierung mit der Durchführung von Siedlungsprojekten gegen die herrschende Wohnungsnot betraut, vergab Damaschke den Auftrag zur Planung der Siedlung Eichkamp an Max Taut. Max Taut war es, der zusammen mit seinem Bruder Bruno Taut und den Architekten Martin Wagner und Franz Hoffmann den Bebauungsplan für die Siedlung erstellte.
Die ersten Planungen umfassten ein wesentlich größeres als das schließlich bebaute Areal. Die ersten ab 1920 fertiggestellten Häuser waren aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg mit Hühnerstall und Speicher für eine weitgehende Selbstversorgung der Bewohner eingerichtet.
Die Lage kann man gut dem aktuell nachgedruckten Buch von Manuela Goos und Brigitte Heyde: Eichkamp. Eine Sied-lung am Rande mitten in Berlin, von 1999 entnehmen:
“Die große Wohnungsnot und der Hunger des Großstädters nach eigenem Besitz und eigener Scholle, nach Wiederverbundensein mit der Natur; hat trotz der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse die Siedlungstätigkeit überall nach dem Kriege aufleben lassen. So sind in Wilmersdorf, Charlottenburg und Schöneberg, auch an der Peripherie, wie im Grunewald, eine ganze Reihe von Kleinhaussiedlungen entstanden, in denen die Ansiedler ihr kleines Häuschen und ihr Stückchen Land zu eigener Bebauung und eigener Kleintierzucht inneha-ben und sich nach getaner Berufsarbeit auf eigener Erde betätigen oder erholen können.”
Waren die ersten Häuser noch als Reihenhäuser errichtet worden, so wurden mit sich bessernder wirtschaftlicher Situa-tion bald Doppelhäuser typisch für den weiteren Ausbau der Siedlung.
Von der Bevölkerung her war die Siedlung gemischt. Im süd-lichen Teil, durch den wir gerade gekommen sind, wohnten die Betuchteren, die sich eher der Villenkolonie Grunewald zugehörig fühlten. Im nördlichen Teil, den wir am Ende des Spaziergangs sehen werden, Arbeiter und kleine Beamte, die auch politisch eher links standen, und im mittleren Teil die gutbürgerliche Mittelschicht.
Bei der Bildung von Groß-Berlin 1920 kam die Siedlung zum Bezirk Wilmersdorf. 1938 wurde sie bei einer Gebietsreform dem Bezirk Charlottenburg zugeschlagen. Seit 2001 gehört sie nun zum Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.
Auch Prominente zogen nach Eichkamp, viele von ihnen wa-ren jüdischen Glaubens – und hier schließt sich dann wieder der Kreis zu unserem November-Thema – an sie erinnern Stolpersteine, die man in fast allen Straßen der Siedlung fin-det.
In den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts wohnten in mehr als siebzig Häusern im Ortsteil Eichkamp Bürgerinnen und Bürger, die als Juden verfolgt wurden, darunter die Schriftsteller Arnold Zweig (Zikadenweg 59 und Kühlerweg 9) und Elisabeth Langgässer (Eichkatzweg 33), der Philosoph Ludwig Marcuse (Eichkatzweg 25) und der Gewerkschafter Siegfried Aufhäuser (Zikadenweg 72). Viele von ihnen konnten unter z.T. schwierigsten Umständen rechtzeitig fliehen. Um die Lebensgeschichte der oft namenlosen Opfer des na-tionalsozialistischen Regimes in Erinnerung zu rufen, haben Mitglieder des Siedlervereins Eichkamp e.V., Abiturienten der Wald-Oberschule unter Begleitung ihrer Geschichtslehrerin und Schülerinnen der Rudolf-Steiner-Schule seit 2008 an Re-cherchen über 31 Eichkamper mitgewirkt, die wegen ihrer jü-dischen Herkunft verfolgt wurden.
Eichkamp liegt heute “eingebettet” zwischen Avus, Messegelände und Grunewald in unmittelbarer Nähe zum Autobahndreieck Funkturm, das in den kommenden Jahren umgebaut werden soll. Eine aktive Bürgerinitiative wehrt sich gegen bestimmte Pläne der Umgestaltung.
Wir gehen nun weiter über den Eichkatzweg bis zum Maikäferpfad.