97. Kiezspaziergang am 9.1.2010
Rund um das Rathaus Charlottenburg
Bürgerdienstestadtrat Joachim Krüger
Treffpunkt: Vor dem Rathaus Charlottenburg, U-Bhf Richard-Wagner-Platz
Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 97. Kiezspaziergang.
Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen ist noch im Urlaub.
Deshalb habe ich heute die Vertretung übernommen. Mein Name
ist Joachim Krüger, und ich bin als Bezirksstadtrat im
Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf verantwortlich für die
Bürgerdienste, Ausbildungsförderung und Personal. Ich freue
mich, mit Ihnen heute die unmittelbare Umgebung unseres
Rathauses Charlottenburg zu erkunden. Denn es gibt hier eine
Menge Neues zu entdecken, unter anderem eine Russisch-Orthodoxe
Kirche, die Baustelle der Bildgießerei Noack direkt an der
Spree und das soziale Zentrum der Caritas, die hinter dem
Rathaus gemeinsam mit der Herz-Jesu-Kirche einen katholischen
Kiez mit vielen verschiedenen Einrichtungen aufbaut. Ich freue
mich sehr, dass der Regionalleiter der Caritas, Herr
Spellbrink, uns eingeladen hat und uns sogar Kuchen und etwas
Heißes zu trinken anbieten will.
Bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen mitteilen, wo der
Treffpunkt für den nächsten Kiezspaziergang sein wird. Wie
Sie wissen findet unser Kiezspaziergang immer am zweiten
Sonnabend des Monats statt, also das nächste Mal am 13.
Februar 2010, und Start ist wie immer um 14.00 Uhr, und zwar
auf dem Adenauerplatz am Kurfürstendamm. Von dort wird es zum
Fehrbelliner Platz und zur Kommunalen Galerie am
Hohenzollerndamm gehen. Dort können Sie sich dann nicht nur
aufwärmen, sondern die aktuelle Ausstellung unter dem Titel
“Kunstaffaire Charlottenburg-Wilmersdorf” studieren
und sich von der Leiterin Elke von der Lieth über die
Geschichte und die Zukunftspläne der Kommunalen Galerie
informieren lassen.
Otto-Suhr-Allee 100: Rathaus
Charlottenburg
Das Rathaus Charlottenburg wurde am 20.5.1905 eröffnet, und an
diesem Tag begann auch die 200-Jahr-Feier der Stadt
Charlottenburg. Der Erweiterungsbau, in dem heute die
Heinrich-Schulz-Bibliothek untergebracht ist, wurde 10 Jahre
später von 1911 bis 1916 für die Sparkasse gebaut.
Der Turm ist 89 Meter hoch. Angeblich soll Kaiser Wilhelm II es
abgelehnt haben, auf dem Weg zum Schloss Charlottenburg am
neuen Rathaus vorbeizufahren, weil der Turm die Kuppel von
Schloss Charlottenburg um einiges überragt. Er ist aus
Sicherheitsgründen nicht öffentlich zugänglich. Jeweils am
Tag des offenen Denkmals wird nach vorheriger Anmeldung im
Büro der Bezirksbürgermeisterin ausnahmsweise der Zugang auf
eigene Gefahr ermöglicht.
Ursprünglich wurde das Haus im gotischen Stil geplant, dann
aber entschied man sich für den so genannten Sezessionsstil
mit Jugendstilelementen. Neben vielen allegorischen
Schmuck-Figuren an der Fassade und im Innenbereich gibt es auch
eine Reihe von in Stein gehauenen und in Holz geschnitzten
Sinnsprüchen. Fast alle vermitteln Arbeitsethos und den Kampf
ums Dasein. Schwere Kriegsschäden entstanden in den letzten
Jahren des Zweiten Weltkriegs von 1943 bis 1945. Hans Günther
leitete die Wiederherstellung von 1947 bis 1958. Von den Fest-
und Sitzungssälen ist in ursprünglicher Gestalt nur der
Magistratssitzungssaal, der heutige Minna-Cauer-Saal (ehemals
Pommernsaal), erhalten.
Im zweiten Obergeschoss befindet sich außerdem eine
Gedächtnishalle für die Gefallenen der Weltkriege und die
Opfer der NS-Gewaltherrschaft. In der Rathausgalerie in der
zweiten Etage werden regelmäßig Ausstellungen gezeigt.
Der schönste Raum im Rathaus ist wohl der Intarsiensaal im
Untergeschoss, den unser Standesamt seit einigen Jahren auch
für Eheschließungen nutzt. Er wurde 1914 als Ratsstube
eröffnet. Die Täfelungsarbeiten stammen von Wilhelm Kimbel.
Für die Wände verwandte er deutsches mattiertes Nussbaumholz,
für die eingelegten Zierleisten Palisander und
Mooreiche.
Im Rathaus haben die Bezirksbürgermeisterin mit der Abteilung
Finanzen und Kultur und die Abteilungen Bürgerdienste,
Ausbildungsförderung und Personal und Wirtschaft,
Ordnungsangelegenheiten und Weiterbildung ihren Sitz. Sie
finden hier unter anderem ein Bürgeramt, das bezirkliche
Bafög-Amt und die Heinrich-Schulz-Bibliothek.
Wintersteinstraße
Die Wintersteinstraße hieß von 1824 bis 1950
“Spreestraße”, dann wurde sie nach dem Berliner
Architekten Hans Winterstein benannt. Er lebte von 1864 bis
1946, studierte und promovierte an der Technischen Hochschule
in Charlottenburg und war langjährig als Stadtbaurat in
Charlottenburg und als Professor für Architektur an der
Technischen Hochschule tätig.
Alt-Lietzow
Die Straße wurde 1937 nach dem alten Dorfnamen benannt. Zuvor
hieß sie Lützower Straße.
Das Dorf Lietzow wurde im Jahr 1239 erstmals erwähnt, damals
noch unter der Bezeichnung “Lucene”, und zwar in
der Stiftungsurkunde des Nonnenklosters in Spandau, dem es 300
Jahre lang gehörte, bis es 1542 von Kurfürst Joachim II
enteignet wurde. Es war die Zeit der Säkularisation: Ein
großer Teil des Kirchenbesitzes ging an den Staat über.
Damals gab es in Lietzow 13 Höfe. Das Dorf wurde 1720 in die
neu gegründete Stadt Charlottenburg eingemeindet.
Wintersteinstr. 24: Russisch-Orthodoxe Kirche
“Schutz der Gottesmutter”
Am 7.3.2008 war die feierliche Schlüsselübergabe für die
neue Russische Orthodoxe Kirche. Erzbischof Mark von Berlin und
Deutschland war extra gekommen, und Gemeindepriester André
Sikojev nahm den Schlüssel in Empfang. Die älteste
christliche orthodoxe Gemeinde Berlins “Schutz der
Gottesmutter” (russ.: Pokrov Bogorodizy) nutzte zunächst
nur das Erdgeschoss des Gebäudes, in dem früher eine Kita
untergebracht war, während das obere Stockwerke und das Dach
in den folgenden Monaten umgebaut wurden. Am 13.10.2009 wurden
zwei vergoldete Zwiebelturmspitzen aufgesetzt.
Pfarrer Sikojev hat uns eingeladen und wird uns seine Kirche
vorstellen. Herzlichen dank dafür.
Caprivibrücke
Die Brücke führt von der Wintersteinstraße über die Spree
zur Sömmeringstraße und ist benannt nach dem in
Charlottenburg geborenen Leo Graf von Caprivi (1831 – 1899),
Nachfolger Bismarcks als Deutscher Reichskanzler von 1890 bis
1894 und bis 1892 preußischer Ministerpräsident.
Die Brücke entstand zwischen 1919 und 1923 als
Stahlbogenbrücke und wurde 1945 zerstört. 1954 begann der
Neubau der Spannbetonbrücke mit einer Stützweite von 62 m und
einer Tragfähigkeit von 60 t. Sie wurde im September 1956
eröffnet. Die Brücke hat acht Fahrspuren, breite
Bürgersteige und acht 10 m hohe Lampen.
Spreebord
Auf einer Karte von 1835 ist an dieser Stelle der Spree die
Bezeichnung “Spree Port” eingezeichnet, also
Spreehafen. Später entwickelte sich daraus der Name
“Spreebord”.
Am Spreebord 9: Baustelle der Bildgießerei
Noack
Am 4.9.2009 wurde der Grundstein für das neue
Skulpturenzentrum am Spreebord gelegt. Schon in diesem Jahr
soll der erste Bauabschnitt fertig werden. Die Bildgießerei
Noack baut auf dem ehemaligen Kohlenlagerplatz des Kraftwerkes
Charlottenburg ihre neue Gießerei. Das 1897 gegründete
Familienunternehmen hat viele berühmte Skulpturen in Berlin
hergestellt darunter die rekonstruierte Schadowsche Quadriga
auf dem Brandenburger Tor, die Goldelse auf der Siegessäule,
die Henry-Moore-Plastik für der Kongresshalle und in
Charlottenburg-Wilmersdorf das Reiterstandbild des großen
Kurfürsten vor dem Charlottenburger Schloss, die
Adenauerplastik auf dem Adenauerplatz und die
“Flamme” am Ernst-Reuter-Platz. Dies sind nur
einige wenige Beispiele. Aber die Bedeutung der Gießerei Noack
geht weit über Berlin hinaus, und es gibt kaum einen
bedeutenden Bildhauer, der seine Skulpturen nicht bei Noack
gießen lässt.
Die Firma Noack zieht aus der Fehlerstraße in Friedenau
hierher nach Charlottenburg, um sich zu vergrößern, und der
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf betrachtet es als große
Ehre, in Zukunft eine so bedeutende kulturelle und
wirtschaftliche Einrichtung zu beheimaten.
Am Spreebord 5: Kraftwerk Charlottenburg
Die Gesamtanlage des Kraftwerks Charlottenburg steht unter
Denkmalschutz. Die Errichtung eines eigenen Kraftwerkes für
die Stadt Charlottenburg geht auf einen Magistratsbeschluss von
1898 zurück. Die Maschinenhalle für das Kraftwerk wurde
1899/1900 von Georg Klingenberg als roter Ziegelbau mit weißen
Putzfeldern zeitgleich mit der Fußgängerbrücke Siemenssteg
errichtet und am 1.8.1900 eröffnet. Das Kraftwerk wurde von
Anfang an als Kraft-Wärme-Kopplungsanlage betrieben. Die erste
Heizwärme floss in das Rathaus Charlottenburg. Die
Kraftwerksanlage wurde von der Frankfurter Firma Lameyer &
Co betrieben. Die Generatoren wurden durch Kolbendampfmaschinen
angetrieben. Die Kohle, die für die Dampfproduktion in großen
Mengen benötigt wurde, kam über die Spree auf großen
Lastkähnen, die direkt am Kraftwerk entladen wurden. Die
Förderbänder wurden erst vor einigen Jahren abgerissen.
1922 wurde das Kraftwerk in die “Berliner Städtischen
Elektrizitätswerke” eingegliedert und 1925/26 zum ersten
deutschen Hochdruck-Großkraftwerk mit Hochdruckturbinen
umgebaut.
Damals wurde das erste Fernheiznetz Berlins eingerichtet. Es
gab mehrfach Erweiterungsbauten: 1925 wurde das Schalthaus im
Stil der neuen Sachlichkeit errichtet, 1953 wurde das alte
Kesselhaus abgerissen und ein neues als vertikal gegliederter
Kubus gebaut. 1954-66 entstand neben dem mit Wasserdampf als
Wärmeträger arbeitenden Heiznetz ein Heißwasser-Heiznetz.
1989 kamen die Rauchgasentschwefelungsanlagen dazu und 1994 die
großen Rauchgasentstickungsanlagen. 2001 war das Ende des
“Dampfkraftwerkes”. Die letzten der drei
kohlebefeuerten Dampfblöcke wurden stillgelegt. Die heutige
Anlage arbeitet mit drei leichtölgefeuerten Gasturbinen. Im
September 2006 ließ der Betreiber Vattenfall den 125 Meter
hohen Schornstein abtragen.
Am 27.4.2007 wurde der von Vattenfall gestaltete neue Uferweg
„Am Spreebord“ eröffnet. Im Januar 2008 beschloss
Vattenfall, die Energieproduktion an diesem Standort
aufrechtzuerhalten. Pläne für ein Wellnesshotel und
Thermalbad wurden damit hinfällig.
Siemenssteg
Der Siemenssteg steht unter Denkmalschutz. Er führt als
Fußgängerbrücke von der Straße am Spreebord über die Spree
zum Lüdtgeweg. Er wurde 1899/1900 im Zusammenhang mit dem Bau
des Kraftwerks Charlottenburg als Metallkonstruktion mit
Sandsteinrahmungen errichtet und am 1.8.1900 gemeinsam mit dem
Kraftwerk eröffnet. Er diente als Verbindung vom
Industriestandort zum alten Lützow. 1902 erhielt der Steg
seinen Namen. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde
der Steg 1960 erneuert. Er ist 77 m lang und 3,5 m breit. Die
Sandsteintürme an den Brückenköpfen sind 10 m hoch.
Lüdtgeweg
Der Lüdtgeweg wurde 1937 nach dem Erfinder Robert Lüdtge
benannt. Er lebte von 1845 bis 1880. Er schrieb eine
Doktorarbeit über Magnetismus und entwickelte einen
Vorläuferapparat des Telefons, den er
“Universal-Telephon” nannte und patentieren ließ.
Er starb bereits mit 35 Jahren und konnte deshalb seine
Erfinderrechte nicht verteidigen.
Alt-Lietzow 30: Evangelische Kirche
Alt-Lietzow
Die evangelische Kirche Alt-Lietzow wurde 1960-61 von Ludwig
von Walthausen als Zeltartiger Saalbau mit einem freistehenden
Glockenturm errichtet, teilweise in Fertigteilbauweise. Dieses
Gebäude ist seit der dörflichen Feldsteinkirche des 15.
Jahrhunderts der fünfte Kirchenbau an dieser Stelle. Der
dritte Vorgängerbau wurde 1848 von August Stüler errichtet
und 1910 wieder abgerissen, um eine größere neobarocken
Kirche nach den Plänen von Jürgen Kröger zu bauen. Sie wurde
im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die Kirche gehört zur
evangelischen Luisengemeinde.
Alt-Lietzow 33 Malteser Hilfsdienst
Die Feuerwache wurde 1888/99 von Paul Bratring als
viergeschossiger Ziegelbau an der Stelle gebaut, an der etwa
600 Jahre zuvor der Bauernsohn Peter Behrend seinen Hof Lusze
angelegt und das Dorf Lietzow gegründet hatte. Die Feuerwache
wurde am 1.4.1889 eröffnet. Charlottenburg hatte damals 47
Feuerwehrmänner, 10 Feuermelder und 400 Hydranten.
Auf dem 3.131 qm großen Gelände wurden neben dem eigentlichen
Dienstgebäude ein Stall für 16 Pferde, eine Kutscherstube,
ein Hauswartsgebäude, ein Schuppen für 21 Sprengwagen der
Straßenreinigung und eine Werkstatt eingerichtet. Im
Erdgeschoss des Hauptgebäudes entstand eine gewölbte, durch
eiserne Säulen in zehn Unterstände geteilte Wagenhalle, die
durch zweiflügelige Tore in der Vorder- und Hinterfront
geschlossen wurde.
Später entstanden zahlreiche Erweiterungsbauten: 1895 ein
Zwischenflügel, 1899 ein hölzerner Steigeturm, 1903/04 eine
nach Norden ausgerichtete Dreiflügelanlage und 1924 ein
Wohnhaus, beide von Rudolf Walter.
1983 bis 1986 wurden die Gebäude saniert, modernisiert und den
Bedürfnissen des neuen Nutzers, des Malteser Hilfsdienstes
e.V., angepasst. In dem denkmalgeschützten Gebäude befinden
sich heute unter anderem die Diözesan- und die
Bezirksgeschäftsstelle des Malteser Hilfsdienstes.
Alt-Lietzow 25: Gefallenendenkmal für die preußischen
Kriege
Das Gefallenendenkmal für die preußischen Kriege 1864, 1866
und 1870/71 wurde 1873-75 von Hubert Stier und Albert Wolff
errichtet. Hubert Stier schuf den Sockel als
sarkophag-ähnlichen Podest mit Säulen und Treppen aus
Sandstein. Albert Wolff schuf die Tierfigur, einen stolz
blickenden Löwen. Das Denkmal soll an die preußischen Kriege
mit Dänemark 1864, Österreich 1866 und Frankreich 1870/71
erinnern. Später wurden Tafeln zur Erinnerung an die
Gefallenen der beiden Weltkriege ergänzt.
Von den ursprünglichen vier Bronzetafeln blieb eine übrig mit
der Inschrift:
“Den in den glorreichen Kämpfen für König und
Vaterland
1864, 66 und 71 gefallenen Kriegern dieser Stadt.
Die Bürgerschaft Charlottenburgs 1875.”
Alt-Lietzow 31: Caritas-Zentrum
Das Zentrum der Caritas umfasst ein Mehr-Generationen-Haus, das
Bernhard-Lichtenberg-Haus, das Kardinal-Bengsch-Zentrum, die
Aktivschule Berlin, eine Kita und vieles mehr. Hier soll
gemeinsam mit der Herz-Jesu-Kirche ein katholischer Kiez
entstehen, und ich freue mich sehr, das der Regionalleiter der
Caritas, Herr Spellbrink heute extra zu uns gekommen ist, uns
eingeladen hat, uns dieses große Projekt der Caritas
vorstellen wird und sogar etwas zur Stärkung und zum
Aufwärmen für uns vorbereitet hat. Herzlichen Dank
dafür.
Das erste, jetzt nicht mehr existierende Gebäude wurde hier im
Jahre 1858 errichtet und damals noch “Kloster zum Guten
Hirten – Rettungsanstalt für Gefallene Mädchen”
genannt. Die “Rettungsanstalt” sollte nicht nur
Mädchen und Frauen aus Charlottenburg, sondern aus der
gesamten Umgebung Berlins aufnehmen.
Die Errichtung und Existenz des Hauses waren immer stark
umstritten, da man von protestantischer Seite aus ein Anwachsen
des Katholizismus befürchtete. Schwer getroffen wurde das Haus
durch das preußische Kloster-Aufhebungsgesetz von 1875.
Die meisten Schwestern verließen das Haus, die Mädchen wurden
anderweitig untergebracht oder entlassen. Durch
Statutenänderungen konnte erreicht werden, dass das Kloster
als Krankenanstalt mit 44 Patientinnen weitergeführt wurde.
Wie andere Städte auch war Charlottenburg auf die kostenlosen
Pflegedienste der Schwestern erpicht. 1887, nach Zurücknahme
des Gesetzes, erhielt das Haus wieder seinen ursprünglichen
Charakter.
Seit dem Jahre 1894 beteiligte sich die Anstalt auch an der
Ausbildung von Gefängniswärterinnen. Bis 1900 wurden dort 20
Frauen in einem sechsmonatigen Kurs für diesen neuen Beruf
ausgebildet.
1905 zogen die Schwestern zum Guten Hirten in ein größeres
Haus nach Marienfelde. Das Gebäude in Charlottenburg wurde von
Carmelitinnen vom “Göttlichen Herzen Jesu” aus
Schöneberg übernommen. Ihr Heim nannte sich jetzt St.
Josefsheim mit dem Zusatz “Heimat für heimatlose
Kinder”; es wurden nun auch Jungen aufgenommen.
1943 wurden große Teile des Hauses zerstört, die Kinder waren
schon evakuiert. 1945 wurden wieder Flüchtlingskinder
aufgenommen.
1952 wurde der Schwesterntrakt fertig gestellt.
Alt-Lietzow 23: Herz-Jesu-Kirche
Die katholische Herz-Jesu-Kirche wurde 1875-77 von Hubert Stier
als dreischiffige Basilika im gotischen Stil ohne Turm und ohne
Querhaus erbaut. 1883 wurden der Chor und die Sakristei
angefügt. Die Kirche wurde im Krieg beschädigt und 1953
wiederhergestellt.
Eine Gedenktafel für Bernhard Lichtenberg wurde im Juni 2002
enthüllt:
In dieser Kirche wirkte von 1913 bis 1930
BERNHARD LICHTENBERG
3.12.1875 – 5.11.1943
als Pfarrer
Seit 1932 Dompfarrer an der St. Hedwigs-Kathedrale,
seit 1938 Dompropst in Berlin,
im Vorstand des Friedensbundes Deutscher Katholiken,
predigte engagiert gegen den Nationalsozialismus,
rettete Verfolgte vor der Gestapo,
wurde 1941 verhaftet und zu 2 Jahren Gefängnis
verurteilt,
starb in Hof auf dem Transport ins KZ Dachau.
Ich freue mich, dass Pfarrer Erlenmeier sich Zeit genommen hat, um uns seine Kirche vorzustellen. Herzlichen Dank dafür.